Raúl Aguayo-Krauthausen's Blog, page 16
April 14, 2019
Die digitale Weltkarte, die Rollstuhlfahrern jeden Zugang ermöglichen will
Menschen im Rollstuhl wissen oft nicht, ob sie das Ziel erreichen. Für sie hat ein gewiefter Berliner mit Glasknochenkrankheit die digitale «Wheelmap» erfunden, auf der rollstuhlgerechte Orte weltweit markiert werden sollen. Selbst Google ist begeistert.
April 9, 2019
Über Spuckattacken, Elektroroller, Schwachstellen im Fördersystem, neue Berufsbezeichnung für „Heilerziehungspflege“, neue Vorbilder und Autismus. Vom 9. April 2019
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Kolumne
Constantin Grosch
ist Student der Soziologie an der Universität Bielefeld, als Kommunalpolitiker in seiner Heimatstadt Hameln tätig und nennt sich selbst Inklusions-Aktivist. Sein Inklusions-Podcast wurde hier schon des Öfteren vorgestellt. Das medizinische Modell von Behinderung sagt, dass er Rollstuhlfahrer sei. Das soziale Modell von Behinderung gibt wiederum an, er sei Mitglied der SPD.




Netflix and chill als Teilhabeziel oder die Suche nach Autonomie
Wie oft plant Ihr eigentlich so Eure „Teilhabe am Leben in der Gesellschaft“? Und ist es überhaupt erstrebenswert, an dieser Gesellschaft teilzuhaben?
Diesen provokanten Fragen liegt eine ernsthafte Problematik zugrunde. Sie hat mit der Systematik der Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderungen zu tun. Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Hilfen, die behinderte Menschen oftmals vom Staat erhalten.
Einerseits sind dies sogenannte existenzsichernden Leistungen. Sie richten sich größtenteils nach denselben Regeln wie für Nicht-Behinderte und sollen grundlegendste Bedürfnisse befriedigen, für die der Empfänger gerade selbst nicht aufkommen kann. Das sind z.B. Kosten für Unterkunft, Essen, Kleidung usw.
Andererseits gibt es Fachleistungen, die aus der Idee heraus geboren wurden, dass Menschen mit Behinderungen bestimmte Bedürfnisse haben und Hilfen benötigen, die sich ausschließlich aus der Behinderung begründen. Sie sollen also Nachteile, die aufgrund einer Behinderung entstehen, ausgleichen.
In der Praxis ist es allerdings so, dass natürlich auch diese sogenannten Fachleistungen existenziell für Menschen mit Behinderungen sind. Immer da, wo Leistungen zur medizinischen Behandlung oder Pflege nicht ausreichen, um ein möglichst selbstständiges Leben zu führen, wird auf Leistungen der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege zurückgegriffen. Diese müssen aber immer einen spezifischen Zweck erfüllen. Übergreifend ist von der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft die Rede. Dummerweise besteht das Leben 24/7 die Woche aber nicht nur aus medizinisch-pflegerischen Tätigkeiten oder der sozialen Teilhabe in Arbeit, Bildung oder sozialer Kontaktpflege. Als jemand der auf 24h-Assistenz angewiesen ist, benötige ich aber jene auch dann, wenn ich ein Wochenende auf der Couch verbringe. Welchen Leistungszweck erfülle ich in dieser Zeit? Und was machen jene Personen, die einfach nicht genug Zwecke finden, um die Leistungen zu erhalten, die sie brauchen. Menschen also, die weder einem zeitfressenden Ehrenamt, Arbeit oder Bildungstätigkeit nachgehen oder diesem auch bewusst nicht nachgehen wollen. Überspitzt gefragt: Gehört nicht auch das selbstbestimmte Nicht-Teilnehmen an der Gesellschaft zur Autonomie dazu? Darf ich nicht selbstbestimmt ein Eigenbrötler sein?
Leider verlieren so der Begriff und das Konzept von Teilhabe in der derzeitigen Systematik seinen emanzipatorischen Aspekt. Teilhabeziele, die es zu erreichen oder zu erhalten gilt, werden zur existenziellen Ressource. Sie formulieren und zu besitzen ist ein wertvolles Gut auf dem Weg zu einem möglichst selbstbestimmten und autonomen Leben. Und doch nimmt die Bürokratie mit ihren Wirksamkeitskontrollen und Zweckbestimmungen einen Teil der zu erlangen Autonomie gleich wieder weg.
Ist es nicht an der Zeit, endlich ein Unterstützungssystem zu schaffen, dass zur Gewährung nicht die Frage stellt, was man als Mensch mit Behinderung mit seiner Zeit anfangen will? Ist es nicht irrelevant, ob mir meine Assistenzperson in der Universität, im Kinobesuch mit einem Freund, auf der Toilette oder beim Faulenzen auf der Terrasse behilflich ist? Wenn wir aber die jetzige Systematik nur haben, damit sich Behörden und Ämter Kosten besser teilen können, dann gehört das radikal geändert. Inklusion fordert die Anpassung der Gesellschaft an die Bedürfnisse seiner Minderheiten. Das gilt auch für die Bürokratie und Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderungen!
Handgepflückte Links
Klasse für Alle: Von Spuckattacken und einem spektakulären Dickkopf
https://www.diekinderderutopie.de/spuckattacken
In unserer Reihe “Klasse für Alle” zeigen wir Beispiele aus dem inklusiven Schulalltag zum Thema SchülerInnenkompetenz: Diesmal geht es um Konfliktlösungen unter Kindern.
Hans-Werner Bick, Lehrer an der Montessori-Gesamtschule in Borken, erzählt über die Schülerin Lisa und ihre Klasse.
ABiD und ADFC fordern Dialog zu Elektrorollern
https://kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/39950
Das Bundeskabinett hatte in der vergangenen Woche die erste gesetzliche Grundlage für die Nutzung von Elektrokleinstfahrzeugen auf Gehwegen veranlasst. Marcus Graubner, Vorsitzender des Allgemeinen Behindertenverbandes in Deutschland und Werner Hartig vom ADFC Stendal machen in einer gemeinsamen Stellungnahme darauf aufmerksam, dass gerade für Menschen mit körperlichen Einschränkungen, Sinnesbehinderungen oder für kleine Kinder geräuschlose Kleinstfahrzeuge auf Gehwegen zu einem Unfallrisiko werden.
Gesetzestexte in Leichter Sprache
https://kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/39923/Gesetzestexte-in-Leichter-Sprache.htm
Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages sieht Bedarf, den Gebrauch der sogenannten Leichten Sprache auch seitens der Bundesregierung auszubauen. Gesetze und Verordnungen sollen auch in Leichter Sprache veröffentlicht werden um damit den Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention zu entsprechen.
Gleichberechtigte Teilhabe trotz Behinderung
https://www.iwd.de/artikel/gleichberechtigte-teilhabe-trotz-behinderung-426113/
Vor zehn Jahren, im März 2009, ist in Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft getreten. Die Bundesregierung setzt diese mit den Nationalen Aktionsplänen von 2011 und 2016 um und will so die gleichberechtigte Teilhabe der mehr als zehn Millionen Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben in Deutschland verwirklichen. Eine Bestandsaufnahme.
Inklusion: Mutter sucht verzweifelt eine gute Schule für ihr behindertes Kind
Lotta, 9, ist schwer behindert. Sie kann nicht laufen oder sprechen und kommuniziert mithilfe eines Computers. Ihre Mutter, Sandra Roth, erzählt, wie zermürbend es war, einen guten Schulplatz für sie zu finden.
Der Fall „N.“ – Schwachstellen bei Förderschwerpunkten
https://bildungsklick.de/schule/meldung/der-fall-n-schwachstellen-bei-foerderschwerpunkten/
Der Fall eines in NRW jahrelang grundlos in einer Förderschule für geistige Entwicklung beschulten Jungen hat zu einer Verurteilung des Landes zur Leistung von Schadensersatz geführt. Der Fall zeigt, dass das System der Förderschwerpunkte Schwachstellen aufweist.
Aus HEP wird TEP? Auf der Suche nach einer neuen Berufsbezeichnung für die Heilerziehungspflege
Ende Januar 2019 fand auf Einladung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Ausbildungsstätten für Heilerziehungspflege (BAG HEP) ein Workshop mit VertreterInnen verschiedener Verbände statt. Das Ziel: eine neue Berufsbezeichnung für die Heilerziehungspflege. Am Ende stand ein eindeutiges Votum: Die Berufsbezeichnung soll sich in Fachkraft für Teilhabe und Pflege weiter entwickeln.
Inklusion: „Wir brauchen neue Vorbilder“
https://www.zeit.de/2019/14/inklusion-arbeitsmarkt-martin-sonnenschein-interview/komplettansicht
Was sich ändern muss, damit auch die Arbeitswelt inklusiver wird. Ein Gespräch mit dem Unternehmensberater Martin Sonnenschein.
„Alle Menschen sind früher oder später behindert“
Zwischen Vielfältigkeit, Berührungsängsten und großen Chancen: Wir haben mit dem Inklusionsaktivisten Raúl Aguayo-Krauthausen über Behinderung und Inklusion im Arbeitsleben gesprochen und spannende Antworten auf unsere Fragen bekommen. Du solltest also – egal, ob du nun behindert oder nicht behindert bist – auf jeden Fall weiterlesen und mehr über den Umgang mit Menschen mit Behinderung im Job lernen.
88 Vermittlungen ins Budget für Arbeit aus einer Werkstatt
https://kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/39833
Karsten Lutz arbeitet seit 1997 für die Westpfalz-Werkstätten im rheinland-pfälzischen Landstuhl und wirkt dort seit 2005 im Rahmen einer Stabsstellenfunktion als Fachkraft für die betriebliche Inklusion. Was möglich ist, wenn die betriebliche Inklusion sozusagen zur Chefsache in einer Werkstatt für behinderte Menschen erklärt wird, zeigen die 88 Vermittlungen ins Budget für Arbeit seitdem dieses im Jahr 2006 in Rheinland-Pfalz gestartet wurde. Ottmar Miles-Paul führte daher folgendes Interview mit Karsten Lutz zu den Möglichkeiten und Grenzen des Budget für Arbeit.
Kolumne Blind mit Kind: „Guck mal“ bedeutet „Fass mal an“
Kinder haben keine Ahnung von Schwerbehinderung und stereotypen Vorstellungen. Für sie ist das Leben mit blinden Menschen normal.
„Barrierefrei aufgerollt“-Sendung 22: Elternschaft und Behinderung
https://www.barrierefrei-aufgerollt.at/sendung-22-elternschaft-und-behinderung/
Eine Familie zu gründen und Kinder zu haben, ist für viele Menschen ein wichtiger Teil des Lebens. Das gilt natürlich auch dann, wenn man eine Behinderung hat.
Persönliche Assistenz und persönliche Aktivitäten – teilnehmen oder im Hintergrund halten?
Bestimmt kennt jeder mit persönlicher Assistenz die Situation, man möchte an Aktivitäten teilnehmen, wie zum Beispiel ein Freizeitprojekt, ein Sportverein oder eine Theatergruppe. Der Assistent ist immer dabei. Regelmäßig wird die Frage gestellt, ob der Assistent sich mit einbringen oder ob er im Hintergrund bleiben soll.
Selbsthilfe auf Arabisch
https://kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/39944
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe und der in Berlin lebende Syrer Firas Alshater erklären das Prinzip der gegenseitigen Unterstützung, der Vernetzung von Betroffenen und den Zugang zu wichtigen Informationen in arabischer Sprache. Die Selbsthilfe will Menschen mit Migrationshintergrund das Selbsthilfeprinzip auf dem YouTube-Kanal „ZUKAR" näherbringen und zur Teilhabe einladen.
DGB fordert offene Untertitel in Kinos
https://gehoerlosenzeitung.de/dgb-fordert-offene-untertitel-in-kinos/
Der Deutsche Gehörlosen-Bund (DGB) hat in einer Stellungnahme die Novellierung des Filmförderungsgesetzes kritisiert. Seit 2013 müssen alle Filme, die Fördergelder von der Filmförderungsanstalt* oder dem Deutschen Filmförderfonds erhalten, barrierefrei sein. Konkret bedeutet dies, dass für die geförderten Filme Untertitel und Audiodeskriptionen für blinde Menschen bereitgestellt werden müssen. Theoretisch schreibt das Filmfördergesetz nur vor, dass Untertitel erstellt werden müssen, damit ein Film gefördert wird. Das würde aber nicht heißen, dass sie auch in Kinos zu sehen sein müssen.
Interview mit Grimme-Preisträger Marco Giacopuzzi
Marco Giacopuzzi ist mit der Kamera immer ganz nah dran. Für die KiKa-Serie "Schau in meine Welt" erzählen ihm Kinder über ihr Traurig- und Glücklichsein. Oder wie es war, als sie nicht mehr leben wollten. Dafür wird der hr-Dokumentarfilmer mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet.
Kinderbuchwettbewerb „haptiBOOK 2019“: Siegerin steht fest
https://www.dbsv.org/kinderbuchwettbewerb.html
Pädagoginnen, Studentinnen und Eltern blinder und sehbehinderter Kinder beteiligten sich deutschlandweit mit insgesamt 15 Büchern. Die Jury hatte es nicht leicht, denn alle Bücher sind mit viel Engagement, Kreativität und Wissen um die Bedürfnisse der Kinder gestaltet worden. Schließlich entschied die Jury, neben dem Hauptpreis, zwei Sonderpreise zu vergeben. Alle drei Bücher werden im Rahmen des Projektes "Ein Buch für jeden Tag" in einer Auflage von jeweils 200 Exemplaren vom DBSV produziert.
Autismusmythen
https://onkelmichael.blog/2019/04/05/autismusmythen-ein-gastbeitrag-von-mela-eckenfels/
"Autisten sind männlich, stehen auf Züge und Listen." Ein altes Vorurteil. Tatsächlich kann man bei Männern die typischen Anzeichen oft leichter erkennen. Sie entsprechen eher – aber nicht immer – dem gängigen Klischee. Mädchen werden auch schon im frühen Kindesalter stärker unter Druck gesetzt, für Mädchen erwünschtes Verhalten zu zeigen. Ein Gastbeitrag von Mela Eckenfels.
Ich bin Autistin – und das ist auch gut so
https://www.freitag.de/autoren/elisanowak/ich-bin-autistin-und-das-ist-auch-gut-so
Asperger-AutistInnen werden als empathielose und psychisch kranke Mitmenschen bezeichnet. Dabei sind sie einzigartige RationalistInnen.
Silkes Sohn nutzt als Autist die Gebärdensprache
https://www.gehoerlosblog.de/silkes-sohn-nutzt-als-autist-die-gebaerdensprache/
Silkes Sohn ist hörender Autist und nutzt die Gebärdensprache für seine Kommunikation. Sie erzählt in ihrem Gastbeitrag, was sie und ihre Familie alles für ihren Sohn tun.
Video: Katja Hauck schreibt über ihren depressiven Vater
https://swrmediathek.de/player.htm?show=517f7a80-5706-11e9-a7ff-005056a12b4c
Nach einem harten Schicksalsschlag müssen alle Familienmitglieder die Krankheit des Vaters akzeptieren. Tochter Katja Hauck verarbeitet ihre Erfahrungen in einem Buch.
Inklusion: Wie Österreich Menschen mit Behinderung im Stich lässt
https://www.profil.at/gesellschaft/inklusion-oesterreich-menschen-behinderung-10718667
Österreich lässt junge Menschen mit Behinderung systematisch im Stich. Die Konsequenzen treffen uns alle. Ein Beispiel unter vielen: die Geschichte von Emil, Teenager mit Down-Syndrom.
Google Chrome: Neues Feature soll Bilder für sehbehinderte Menschen in Text umwandeln
https://www.googlewatchblog.de/2019/04/google-chrome-neues-feature/
Bild- und Objekterkennung gib es schon seit vielen Jahren. Im Chrome-Browser soll sie schon bald einen sehr sinnvollen Einsatz bekommen.
Why Autism Awareness Isn’t Enough
https://themighty.com/2019/04/autism-awareness-isnt-enough/
"Autism has always been with us, always will be with us, and we are a richer, better society because of neurodiversity."
Live Music Accessibility Guidance Now Available in 11 Languages
Practical guidance on creating accessible live music events translated into 11 languages, thanks to British Council support.
Show disabled people in stories, authors urge on World Book Day
https://www.theguardian.com/books/2019/mar/07/disabled-people-world-book-day
Oscar winner Rachel Shenton and Gruffalo author Julia Donaldson call for diversity.
Thando Hopa Makes History as the First Woman with Albinism on a Vogue Cover
https://www.okayafrica.com/south-african-thando-hopa-vogue-portugal-cover-history-albinism/
The South African model, lawyer and activist graced the cover of Vogue Portugal.
All My Life, People Have Told Me I’m „An Inspiration.“ Here’s Why It’s So Harmful
As a kid, Imani Barbarin was obsessed with being a ballerina — but when she looked at the world of ballet, it was tough to dream of a future as a dancer. Black ballerinas were something we rarely got to see, period, but ones on crutches? Ones who walked on their toes not due to years of pointe practice, but because of how tight their tendons were? She would never get to see that.
Anna Morris: How my deafness made me a comedian
https://www.theguardian.com/stage/2019/apr/01/how-deafness-made-me-a-comedian
"As I’m deaf in one ear, I have always had to watch people extra closely – the perfect preparation for character comedy."
Candis Welch Working Her Way Up
https://www.unitedspinal.org/candis-welch-working-her-way-up/
Candis Welch has seen all sides of life in Tinsel Town. Whatever the job, Welch succeeds thanks to a strong work ethic and the confidence that she has the skills.
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April 8, 2019
Netflix and chill als Teilhabeziel oder die Suche nach Autonomie
Wie oft plant Ihr eigentlich so Eure „Teilhabe am Leben in der Gesellschaft“? Und ist es überhaupt erstrebenswert, an dieser Gesellschaft teilzuhaben?
Diesen provokanten Fragen liegt eine ernsthafte Problematik zugrunde. Sie hat mit der Systematik der Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderungen zu tun. Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Hilfen, die behinderte Menschen oftmals vom Staat erhalten.
Einerseits sind dies sogenannte existenzsichernden Leistungen. Sie richten sich größtenteils nach denselben Regeln wie für Nicht-Behinderte und sollen grundlegendste Bedürfnisse befriedigen, für die der Empfänger gerade selbst nicht aufkommen kann. Das sind z.B. Kosten für Unterkunft, Essen, Kleidung usw.
Andererseits gibt es Fachleistungen, die aus der Idee heraus geboren wurden, dass Menschen mit Behinderungen bestimmte Bedürfnisse haben und Hilfen benötigen, die sich ausschließlich aus der Behinderung begründen. Sie sollen also Nachteile, die aufgrund einer Behinderung entstehen, ausgleichen.
In der Praxis ist es allerdings so, dass natürlich auch diese sogenannten Fachleistungen existenziell für Menschen mit Behinderungen sind. Immer da, wo Leistungen zur medizinischen Behandlung oder Pflege nicht ausreichen, um ein möglichst selbstständiges Leben zu führen, wird auf Leistungen der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege zurückgegriffen. Diese müssen aber immer einen spezifischen Zweck erfüllen. Übergreifend ist von der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft die Rede. Dummerweise besteht das Leben 24/7 die Woche aber nicht nur aus medizinisch-pflegerischen Tätigkeiten oder der sozialen Teilhabe in Arbeit, Bildung oder sozialer Kontaktpflege. Als jemand der auf 24h-Assistenz angewiesen ist, benötige ich aber jene auch dann, wenn ich ein Wochenende auf der Couch verbringe. Welchen Leistungszweck erfülle ich in dieser Zeit? Und was machen jene Personen, die einfach nicht genug Zwecke finden, um die Leistungen zu erhalten, die sie brauchen. Menschen also, die weder einem zeitfressenden Ehrenamt, Arbeit oder Bildungstätigkeit nachgehen oder diesem auch bewusst nicht nachgehen wollen. Überspitzt gefragt: Gehört nicht auch das selbstbestimmte Nicht-Teilnehmen an der Gesellschaft zur Autonomie dazu? Darf ich nicht selbstbestimmt ein Eigenbrötler sein?
Leider verlieren so der Begriff und das Konzept von Teilhabe in der derzeitigen Systematik seinen emanzipatorischen Aspekt. Teilhabeziele, die es zu erreichen oder zu erhalten gilt, werden zur existenziellen Ressource. Sie formulieren und zu besitzen ist ein wertvolles Gut auf dem Weg zu einem möglichst selbstbestimmten und autonomen Leben. Und doch nimmt die Bürokratie mit ihren Wirksamkeitskontrollen und Zweckbestimmungen einen Teil der zu erlangen Autonomie gleich wieder weg.
Ist es nicht an der Zeit, endlich ein Unterstützungssystem zu schaffen, dass zur Gewährung nicht die Frage stellt, was man als Mensch mit Behinderung mit seiner Zeit anfangen will? Ist es nicht irrelevant, ob mir meine Assistenzperson in der Universität, im Kinobesuch mit einem Freund, auf der Toilette oder beim Faulenzen auf der Terrasse behilflich ist? Wenn wir aber die jetzige Systematik nur haben, damit sich Behörden und Ämter Kosten besser teilen können, dann gehört das radikal geändert. Inklusion fordert die Anpassung der Gesellschaft an die Bedürfnisse seiner Minderheiten. Das gilt auch für die Bürokratie und Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderungen!
April 2, 2019
Newsletter: Über Türstopper für den Kopf, UN-BRK ein Etiketten-Schwindel? Warum Gymnasien geopfert werden sollten, Inklusion trotz kleinem Budget & Disability Representation Is Seriously Lacking In TV And Movies. Vom 2. April 2019
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Kolumne
Lydia Zoubek
wurde als Kind arabischer Eltern in Jordanien geboren. Im Alter von vier Jahren kam sie nach Deutschland, besuchte die Schule und machte das Abitur. Auf ihrem Blog schreibt sie über den praktischen Alltag als blinde Frau. Theoretische Inhalte werden nebenbei vermittelt.



Sprecht einfach normal mit mir!
Ich stehe an einer Akustischen Ampel. Das ist eine Ampel mit einer Vorrichtung, die mir durch einen Piepton signalisiert, dass die Ampel grün ist. Und auf dieses Signal warte ich. Ich habe keinen Zeitdruck. Daher stürme ich nicht sofort los, als das akustische Signal zu hören ist. Entsprechend erschrocken bin ich, als mir eine laute Männerstimme in mein Ohr brüllt: „Sie können gehen, die Ampel ist grün“.
Solche Situationen kennen viele blinde Menschen, die sich allein im Straßenverkehr bewegen, nur zu gut. Diesen sei gesagt: In der Regel sind blinde Menschen lediglich im Sehen eingeschränkt. Die Ohren funktionieren sehr gut. Sie können also den Straßenverkehr hören, akustische Ampeln hören und einem Gespräch in normaler Lautstärke uneingeschränkt folgen. Und blinde Menschen sind aufgrund einer Sehbehinderung allein nicht kognitiv eingeschränkt, oder automatisch sprachbehindert. Es besteht also keine Notwendigkeit besonders laut, besonders langsam und besonders gut artikuliert mit uns zu sprechen. Und einem anderen Menschen buchstäblich ins Ohr zu brüllen ist ein Nogo.
Dazu fällt mir eine lustige Story ein: Ich laufe unter der Überdachung unseres Einkaufszentrum entlang, als ich höre, dass es stark regnet. Ich wohne nur ein paar Minuten Fußweg entfernt. Unentschlossen stelle ich mich an die Seite, und wäge meine Optionen ab. Entweder bleibe ich hier stehen, und warte den Regenschauer ab, oder ich laufe durch den Regen nach Hause, und nehme in Kauf, dass ich mich dann erst mal umziehen darf. Während ich so mit mir selbst diskutiere, reist mich eine laute Stimme aus meinen Gedanken und sagt ganz langsam zu mir: „Also, Sie sehen es ja nicht. Deshalb sage ich es Ihnen: Es regnet“. Diese Äußerung war ganz sicher gut gemeint. Doch noch heute sorgt diese Geschichte bei uns für Erheiterung in Blindenkreisen.
Normal sehende Menschen nehmen 80 % ihrer Informationen über das Auge auf. Da das bei blinden Menschen nicht so geht, lernen wir einen Großteil der Informationen über die anderen Sinne wahrzunehmen. Unsere Sinne sind nicht automatisch besser, sondern einfach nur trainiert. Ich nehme also einen Regenschauer nicht durch das Sehen wahr, sondern durch das Geräusch. Und ein Regenschauer, der auf eine Überdachung plätschert, ist einfach nicht zu überhören. Außerdem fühlt man die Luftfeuchtigkeit. Und wenn man darauf achtet, kann man Regen sehr gut riechen. In meinem Beitrag Orientierung im Regen habe ich darüber geschrieben.
Also, liebe hilfsbereite Menschen, redet bitte normal mit uns. Wenn wir etwas anders haben wollen, werden wir das benennen. Ich denke, davon haben wir alle etwas.
Handgepflückte Links
Die große Unbequemlichkeit
https://www.diekinderderutopie.de/die_grosse_unbequemlichkeit
Inklusion funktioniert nicht nach Schema F. Das ist unbequem, aber es stärkt das Miteinander und macht die Gesellschaft lebendiger.
Was fehlt: Türstopper für den Kopf
https://www.diekinderderutopie.de/tuerstopper_fuer_den_kopf
Inklusion ist mehr als bauliche Barrierefreiheit, Aufzüge und Rampen. Bei Inklusion geht es um den Abbau der Barrieren in den Köpfen.
Wie aus den Kindern der Utopie Erwachsene werden
https://deutsches-schulportal.de/schulkultur/wie-aus-den-kindern-der-utopie-erwachsene-werden/
In dem neuen Dokumentarfilm Die Kinder der Utopie treffen sich sechs junge Erwachsene wieder, die gemeinsam in einer der ersten inklusiven Schulen zusammen gelernt haben. Inklusions-Aktivist Raúl Krauthausen war selbst Schüler dieser Berliner Grundschule. Mit einer ungewöhnlichen Kampagne will er gemeinsam mit dem Filmemacher Hubertus Siegert dafür sorgen, dass am 15. Mai ganz Deutschland über den Film spricht und darüber wie die einst gesellschaftliche Utopie der Inklusion zehn Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention Wirklichkeit wird.
Kein Etiketenschwindel
https://kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/39887
Auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft braucht es nach Ansicht von Theresia Degener einen regelrechten Systemwechsel. „Und der steht noch aus“, sagt die Professorin an der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe in Bochum. Michael Kalthoff-Mahnke vom Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben für den Regierungsbezirk Arnsberg hat anlässlich des Festakts zum zehnjährigen Bestehen der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland ein Interview mit dem Titel „Kein Etikettenschwindel“ veröffentlicht.
Angela Merkel: Noch lange nicht barrierefrei
Angela Merkel hat in ihrem Podcast betont, wie wichtig die Integration von Menschen mit Behinderungen ist. Doch auf dem Arbeitsmarkt haben sie es immer noch schwer.
Grüne: Behörden dürfen Menschen nicht länger in Heime zwingen
Am 26. März 2009 ist in Deutschland die Behindertenrechtskonvention in Kraft getreten. Es gebe „wenig Grund zu feiern“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Die Behörden zwängen noch immer tausende Betroffene in Heime. Eine Reform soll das ändern.
Zehn Jahre Behindertenrechtskonvention – Wie weit ist die inklusive Gesellschaft?
Seit zehn Jahren gilt Inklusion als Menschenrecht mit verbindlichen Regeln in Deutschland. Doch bei der Umsetzung sieht es ziemlich düster aus, meint Politikwissenschaftlerin Hadija Haruna-Oelker. Den Umgang mit Verschiedenheit müsse man noch lernen.
Bilanz: Was hat sich für Menschen mit Behinderung verbessert?
https://www.mdr.de/religion/bilanz-un-behindertenkonvention-100.html
Seit dem 26. März 2009 gilt die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland. Doch nicht nur der Bundesbeauftrage, Dusel, sieht wenig Grund zum Feiern. Er beklagt die mangelnden Chancen auf dem regulären Arbeitsmarkt und zur Teilhabe insgesamt. Bundesminister Heil forderte bei einem Festakt in Berlin weitere Anstrengungen.
Inklusion : Opfert das Gymnasium!
Zehn Jahre UN-Behindertenkonvention, zehn Jahre Inklusion: Das deutsche Schulsystem steht der guten Idee im Weg. Wir brauchen endlich eine Schule für alle.
Zu niedrig eingestuft? Viele Schwerbehinderte klagen gegen Behörden
https://rollingplanet.net/zu-niedrig-eingestuft-viele-schwerbehinderte-klagen-gegen-behoerden/
Betroffene in Brandenburg fühlen sich von Sozialämtern unfair behandelt. Verbände klagen, dass es oft nur mangelnde Informationen zu Entscheidungen gibt.
Wenn Eltern mit schwerkranken Kindern Hilfe brauchen
https://rollingplanet.net/wenn-eltern-mit-schwerkranken-kindern-hilfe-brauchen/
Ramona Luckhardt vermittelt ehrenamtliche Helfer für den stressigen Alltag. Im Interview erzählt sie vom täglichen Kampf – und der Angst vor dem Tod.
Deutschland hinkt beim selbstbestimmten Leben behinderter Menschen europaweit hinterher
https://wohnsinn.org/news/226-10-jahre-un-brk
Vor genau 10 Jahren trat in Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft. Damit sprach die Bundesregierung seinen BürgerInnen mit Behinderungen ein Recht auf auf ein selbstbestimmtes Leben und die Einbeziehung in die Gemeinschaft zu. Anlässlich des Jubiläums hat sich Wohn:sinn genauer angeschaut, wie weit Deutschland im europäischen Vergleich mit der Umsetzung dieses Menschenrechts ist.
@54Kontraste
https://twitter.com/54Kontraste
54 behinderte Menschen twittern bei 54 Wochen über Ansichten und Themen aus ihrem Leben – bei @54Kontraste. Ein Projekt von Tanja Kollodzieyski.
Inklusiv!? – Trotz kleinem Budget
https://museumskulturen.de/blog/2019/3/28/inklusiv-trotz-kleinem-budget
Museen lassen sich bereits mit kleinen Maßnahmen barrierefreier und inklusiver gestalten. Deshalb haben wir ein paar Praxistipps zusammengestellt, die zeigen, dass auch kleine Schritte große Wirkung haben können.
Ein Tor zu eurer Welt von Aaron Wahl
https://www.droemer-knaur.de/buch/9620741/ein-tor-zu-eurer-welt
In seiner Autobiografie „Ein Tor zu eurer Welt – Wie ich als Autist meine Gefühle lieben lernte“ beschreibt Aaron Wahl die innere Gefühlswelt und die lange Suche eines Autisten nach authentischen Emotionen und Wegen um sie ausdrücken zu lernen. Als er findet, was er solange suchte, schrieb er ein Buch darüber um anderen Menschen in ähnlichen Situationen Mut zu machen. Das Buch beschreibt einen tiefen Fall durch Fehldiagnosen in Arbeitsunfähigkeit, Berentung, Entmündigung und in eine soziale Phobie. Und den Kampf eines Menschen, der entgegen aller fachlichen Einschätzungen einen Weg aus diesem Tal herausfindet, weil er an sich glaubt und sich selbst nie aufgab. Das Buch erschien pünktlich zum Welt-Autismus-Tag, welcher jährlich am 02. April stattfindet.
Dennis und wie er die Welt sieht – Ein Leben mit Autismus
https://www.mdr.de/selbstbestimmt/selbstbestimmt-dennis-leben-mit-autismus100.html
Gefühle zeigen und verstehen – das ist für Dennis nicht immer einfach. Der Film erzählt aus seiner Perspektive als Autist, wie er die Welt sieht und darin erwachsen zu werden versucht.
Sex mit Behinderung
http://wheelymum.com/sex-mit-behinderung/
Wheelymum vermist, die spontane Flirterei mit ihrem Partner, die sich zu Rumfummelei, und dann zu wildem Sex entwickeln konnte. Sich mit und aufeinander wälzen, ärgern, spielen und Sex an unterschiedlichen Orten haben fanden sie und ihr Partner immer spannend. Jetzt mit den erworbenen vielen Behinderung ist Sex haben ganz anders, oft komplizierter als früher. Aber konnte Sex ohne Behinderung nicht auch oft kompliziert sein? Ist er jetzt nicht nur anders kompliziert?
Handicap im Rampenlicht – „Cheer Out Loud“ im Grips Theater
https://www.rbb-online.de/zibb/archiv/20190328_1830/cheer-out-loud-gripstheater.html
Die Schauspielerin und Bloggerin Carina Kühne hat Down-Syndrom. Bekannt wurde sie mit dem mehrfach ausgezeichneten Film „Be my Baby“. Zurzeit steht sie in „Cheer Out Loud“ auf der Bühne des Grips Theaters und zeigt, wie Inklusion aussehen kann.
Blindenverband kritisiert Mangel an Filmen mit Hörfassung
https://rollingplanet.net/blindenverband-kritisiert-mangel-an-filmen-mit-hoerfassung/
Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband wünscht sich mehr Filme mit Hörbeschreibungen. „Wir sind in einer guten Entwicklung bei den öffentlich-rechtlichen Sendern“, sagte Geschäftsführer Andreas Bethke. Nachholbedarf sieht er bei privaten Fernsehsendern und Streamingdiensten.
Klicksonar: Wie blinde Menschen sich mit Echoortung orientieren
Mit der Klicksonar-Technik bewegen sich blinde Menschen erstaunlich sicher durch den Alltag. Sie lernen diese am besten von anderen blinden Menschen – was in Deutschland aber leider behördlich erschwert wird.
Vom Missbrauch an gehörlosen Kindern in Heim und Schule
https://gehoerlosenzeitung.de/missbrauch-gehoerlose-kinder-schulen-anstalten/
Vor allem in den ersten Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg hatte es zahlreiche Misshandlungen an gehörlosen Kindern und Jugendlichen gegeben. Nun arbeitet eine neue Stiftung die Geschehnisse auf und zahlt Entschädigungen an die Opfer.
Dogsharing für Menschen mit Behinderung
http://www.rehatreff.de/dogsharing-fuer-menschen-mit-behinderung/
Was tun, wenn man sich einen Hund wünscht, aber allein kein Tier halten kann? Der Berliner Verein Hunde für Handicaps e.V. hat für dieses Dilemma eine Lösung entwickelt und das Pilotprojekt wissenschaftlich begleiten lassen: eine neue Variante des Dogsharing – ein Hund mit zwei Haltern.
„Ding des Jahres“: Rollikup
https://bike-bep24.com/Rollikup
Eduard Wiebe und Andreas Neitzel haben etwas Tolles für Gehbehinderte erfunden: Der Rollikup ist eine Anhängerkupplung für Rollstühle, die ganz leicht zu benutzen ist. Damit können Rollstuhlfahrer problemlos und ohne Hilfe mit Anhänger unterwegs sein.
Sex ed video tackles myths about sexuality and disability
https://mashable.com/video/sex-ed-teens-disabilities-sexuality/?europe=true#ClsCf0uZgZqH
This video represents young people with disabilities and educates their peers.
Why It’s Important to Teach Kids About Disabilities
https://themighty.com/2019/03/teach-kids-about-disabilities/
„Once we understand our differences, they become less scary.“
Including Characters With Disabilities in ‘The Sims 4’
https://themighty.com/2019/03/characters-disabilities-sims-4/
Sims 4 is a game about life, and although it has fantasy elements to it like vampires, disabled people are nowhere to be seen.
Apple’s new feature a step towards digital apartheid – Axess Lab
https://axesslab.com/digital-apartheid/
On the Early Web, People With Disabilities Found Community and Autonomy
https://gizmodo.com/on-the-early-web-people-with-disabilities-found-commun-1833425205
Growing up in rural Oregon, Erin Lauridsen didn’t have a lot of contact with blind people like herself. She recalls there being one other blind person in her town, but they were much older and, unlike Lauridsen, had lost their vision later in life. So when her family got dial-up internet during her high school years in the late ‘90s, she said the first thing she did was find other blind students online, people she could relate to who were already out in the world living their lives. She read their stories. She got to know them.
‘Angel’ investor seeks entrepreneurs to transform life for disabled people
Disabled entrepreneurs with technology-based business ideas that could transform life for other disabled people have a chance to secure up to £100,000 of funding through an “angel” investment programme.
Travel Without Limits magazine out now
https://travelwithspecialneeds.com.au/travel-without-limits/
This week we published the first Travel Without Limits magazine – the first disability-specific, print, travel magazine.
Do wheelchairs belong on hiking trails? – SFChronicle.com
https://www.sfchronicle.com/travel/article/Do-wheelchairs-belong-on-hiking-trails-13709018.php
The effort to open California’s parks to people of every ability has raised important questions about the proper balance of nature and civilization in public parks. Should trails be paved? Can a path formed thousands of years ago violate a 29-year-old law?
Designing for accessibility: From Frida Kahlo’s corsets to Franklin Roosevelt’s leg braces
https://www.popsci.com/designing-accessibility-frida-kahlo-franklin-roosevelt
To make the most out of life, people turn to design. Here are the stories of some of history’s most famous individuals and the state-of-the-art designs that helped them live to the fullest.
Project #ShowUs
https://www.dove.com/us/en/stories/campaigns/showus.html
70% of women don’t feel represented in media. Dove is partnering with Getty Images & GirlGaze, to create a new beauty definition.
People Living With Disabilities Review Characters With Disabilities
https://www.youtube.com/watch?v=4ykXguKWqy4
„…when they cast someone who actually has a disability, almost always we get a more dynamic story.“
#CriticalAxis: a community driven project from The Disabled List
Critical Axis collects and analyzes disability representation in the media.
Road Map for Inclusion: Changing the Face of Disability in Media
The culmination of a year of intensive research and meetings, this report highlights the scale of a problem that has been overlooked for far too long: Media’s failure to adequately represent the one-in-four Americans who live with disabilities. Ford Foundation Senior Fellow Judy Heumann methodically documents the evidence and consequences of this problem, and puts forth a radically simple argument: People with disabilities should be represented proportionally, both in front of and behind the camera. To get us closer to that goal, she offers a set of clear, practical recommendations for change.
Film „Us“ Portrays People with Disabilities as Evil, Furthering Stigmas – Respect Ability
https://www.respectability.org/2019/03/film-us-disability-evil/
Playing two roles in Jordan Peele’s new horror film, Us, Lupita Nyong’o used a disability to create the “creepy voice” for Adelaide Wilson’s doppelgänger.
Disability Representation Is Seriously Lacking In TV And Movies
https://www.huffpost.com/entry/disability-representation-movies-tv_n_5c9a7b85e4b07c88662cabe7
A study calls for 1 in 4 people on screen and behind the camera to be disabled.
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April 1, 2019
Sprecht einfach normal mit mir!
Ich stehe an einer Akustischen Ampel. Das ist eine Ampel mit einer Vorrichtung, die mir durch einen Piepton signalisiert, dass die Ampel grün ist. Und auf dieses Signal warte ich. Ich habe keinen Zeitdruck. Daher stürme ich nicht sofort los, als das akustische Signal zu hören ist. Entsprechend erschrocken bin ich, als mir eine laute Männerstimme in mein Ohr brüllt: „Sie können gehen, die Ampel ist grün“.
Solche Situationen kennen viele blinde Menschen, die sich allein im Straßenverkehr bewegen, nur zu gut. Diesen sei gesagt: In der Regel sind blinde Menschen lediglich im Sehen eingeschränkt. Die Ohren funktionieren sehr gut. Sie können also den Straßenverkehr hören, akustische Ampeln hören und einem Gespräch in normaler Lautstärke uneingeschränkt folgen. Und blinde Menschen sind aufgrund einer Sehbehinderung allein nicht kognitiv eingeschränkt, oder automatisch sprachbehindert. Es besteht also keine Notwendigkeit besonders laut, besonders langsam und besonders gut artikuliert mit uns zu sprechen. Und einem anderen Menschen buchstäblich ins Ohr zu brüllen ist ein Nogo.
Dazu fällt mir eine lustige Story ein: Ich laufe unter der Überdachung unseres Einkaufszentrum entlang, als ich höre, dass es stark regnet. Ich wohne nur ein paar Minuten Fußweg entfernt. Unentschlossen stelle ich mich an die Seite, und wäge meine Optionen ab. Entweder bleibe ich hier stehen, und warte den Regenschauer ab, oder ich laufe durch den Regen nach Hause, und nehme in Kauf, dass ich mich dann erst mal umziehen darf. Während ich so mit mir selbst diskutiere, reist mich eine laute Stimme aus meinen Gedanken und sagt ganz langsam zu mir: „Also, Sie sehen es ja nicht. Deshalb sage ich es Ihnen: Es regnet“. Diese Äußerung war ganz sicher gut gemeint. Doch noch heute sorgt diese Geschichte bei uns für Erheiterung in Blindenkreisen.
Normal sehende Menschen nehmen 80 % ihrer Informationen über das Auge auf. Da das bei blinden Menschen nicht so geht, lernen wir einen Großteil der Informationen über die anderen Sinne wahrzunehmen. Unsere Sinne sind nicht automatisch besser, sondern einfach nur trainiert. Ich nehme also einen Regenschauer nicht durch das Sehen wahr, sondern durch das Geräusch. Und ein Regenschauer, der auf eine Überdachung plätschert, ist einfach nicht zu überhören. Außerdem fühlt man die Luftfeuchtigkeit. Und wenn man darauf achtet, kann man Regen sehr gut riechen. In meinem Beitrag Orientierung im Regen habe ich darüber geschrieben.
Also, liebe hilfsbereite Menschen, redet bitte normal mit uns. Wenn wir etwas anders haben wollen, werden wir das benennen. Ich denke, davon haben wir alle etwas.
March 26, 2019
Newsletter: Über 10 Jahre UN-BRK und ihre Probleme in Deutschland, Körperbilder, Menschen mit Down-Syndrom, die sich zu Wort melden & behinderte SchauspielerInnen. Vom 26. März 2019
Jeden Dienstag gibt es von mir kuratierte Links zu den Themen Inklusion und Innovation. Ihr könnt ihn auch als Newsletter abonnieren. Kein Spam. Versprochen! Hier gibt es die vergangenen Ausgaben.
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Kolumne
Natalie Dedreux
ist 20. Jahre alt und wohnt in Köln. Sie hat das Down-Syndrom. „Das Down-Syndrom ist cool.“ sagt sie. Dedreux möchte Journalistin werden und ist auch gleich Redakteurin beim Ohrenkuss geworden, ein Magazin für Menschen mit und auch ohne das Down-Syndrom, in dem Menschen mit Down Syndrom schreiben. Natalie Dedreux kämpft gegen Abtreibungen von Menschen mit Down-Syndrom und startete eine Petition unter dem Titel: „Menschen mit Down-Syndrom sollen nicht aussortiert werden!“



Doppelstrategie: Selbsthilfe und inklusives Engagement
Ich war in der Ukraine, in Odessa und davor zwei Mal in Kiew. Da haben wir die Touchdown Ausstellung mit dem Goethe Institut eröffnet. Der Titel der Ausstellung ist: Was wichtig ist! Das haben Ukrainer mit Down Syndrom gemacht, auch mit Künstlern aus der Ukraine. Da habe ich Menschen mit Down Syndrom kennen gelernt und gesehen wie da das Leben ist. Manchmal haben wir ein bisschen Englisch gesprochen, für Smalltalk. Der Übersetzter hat oft übersetzt, was die sagen.
Die haben da keine Arbeit, die Menschen mit Down Syndrom. Also ich finde das nicht gut. Und ich finde, dass es wichtig ist eine Arbeit zu haben und das ist auch wichtig auch Geld zu verdienen. Ohne das Geld geht sonst nichts. Wenn die mal einkaufen gehen wollen, was die selber kaufen wollen, dann brauchen die Geld.
Und ich finde es auch wichtig, dass Menschen mit Down Syndrom ein Recht auf Arbeit haben. In der ganzen Welt. Menschen mit Down Syndrom haben Interesse an der Arbeit und wollen was lernen. Die wollen nicht so viel alleine am Handy sitzen. Auf der Arbeit trifft man auch andere Leute.
Und ich kann mir es auch nicht vorstellen, dass es die Menschen mit Down Syndrom in der Wohnung in der Ukraine so eng haben und auch keinen Platz haben. Die wohnen als Familie zusammen. Die können nicht einfach ausziehen. Dann kann man mehr selber machen und von selber entscheiden, wenn man alleine wohnt. Dann hat man nicht so viel Kontrolle und kann alleine bestimmen. Für mich ist das schon wichtig.
In der Ausstellung habe ich einen Film gesehen. Den Film hat ein ukrainischer Künstler mit Down Syndrom gemacht. Manche Scenen sind ein bisschen brutal. Es geht um ein Paar, wo es um das Thema Liebe und Gefühle geht. Und so wie ich das verstanden habe und auch gesehen habe, dass die Menschen sich streiten, dass die da auch ein Gefühl haben. Den Film finde ich gut gemacht. Er zeigt, wie das Leben in der Wohnung in der Ukraine ist.
Hier in Deutschland ist das Leben für Menschen mit Down Syndrom besser. Hier in Deutschland kann man doch arbeiten. Aber es sollen mehr Menschen mit Down Syndrom hier eine Arbeit haben, auf dem Außenmarkt, nicht in der Werkstatt.
Für mich sind die Menschen mit Down Syndrom in der Ukraine wie meine Freunde. Ich wünsche denen, dass sie mehr Arbeit haben und auch alleine wohnen können. Und Frieden ist ja auch wichtig.
Handgepflückte Links
10 Jahre UN BRK – Ist Deutschland rollstuhlgerechter geworden?
https://news.wheelmap.org/10-jahre-un-brk-ist-deutschland-rollstuhlgerechter-geworden/
Anlässlich des Jubiläums der UN-BRK hat Wheelmap verglichen, ob und wie sich die Rollstuhlgerechtigkeit in Deutschland in den letzten 5 Jahren entwickelt hat.
Situation von Markus Igel bleibt Thema im Saarland
https://kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/39843
Das nunmehr zweite Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das Markus Igel auf seinem Kampf für ein selbstbestimmtes Leben mit Assistenz recht gibt, hat auch im Saarland für Schlagzeilen gesorgt und beschäftigt dort nun wieder verstärkt die Politik.
UN-Behindertenrechtskonvention: „Hochkritische“ Entwicklung
Die UN-Behindertenrechtskonvention galt als Meilenstein zur Selbstbestimmung. Doch zehn Jahre später sieht es damit nicht gut aus.
Opposition – Inklusives Wahlrecht auch für Europawahl gefordert
Mit dem Gesetz zum inklusiven Wahlrecht sollen künftig Menschen, die auf Vollbetreuung angewiesen sind, ihr Stimme abgeben können. Die Reform soll aber erst nach der Europawahl in Kraft treten. Dagegen haben FDP, Grüne und Linke eine einstweilige Anordnung des Bundesverfassungsgerichts beantragt – die Zeit drängt.
Behinderte Jurist*innen stellten Vorschläge vor
https://kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/39871
Die aktuelle Diskussion um die Abschaffung von Wahlrechtsausschlüssen von Menschen, die gesetzliche Betreuung in allen Bereichen nutzen oder wegen Schuldunfähigkeit im Strafvollzug sind, ist nach Ansicht des Forums behinderter Juristinnen und Juristen nur ein Beispiel dafür, welcher gesetzliche Handlungs-bedarf zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention noch besteht.
Mein Körper und ich
https://raul.de/allgemein/mein-koerper-und-ich/
Es ist kompliziert. Menschen mit Behinderung haben so stark mit komischen Bildern über sich zu tun, dass auch die eigene Wahrnehmung darunter leiden kann.
Umfrage: Frauen mit einer sichtbaren Körperbehinderung zum Thema Körperidentität gesucht
https://ww3.unipark.de/uc/KIS/5054/
Mit der Umfrage möchte Katja Alekseev herausfinden, ob eine sichtbare, chronische Körperbehinderung die Körperidentität von Frauen mit einer körperlichen Behinderung beeinflusst und welche Auswirkungen das auf das Selbstwertgefühl dieser Frauen hat.
Spendenkampagne: behindert & verrückt feiern! Pride Parade Berlin
https://www.gofundme.com/f/behindert-amp-verruckt-feiern-pride-parade-berlin
Das Bündnis „behindert und verrückt feiern“ Pride Parade Berlin. kämpft für eine Welt, in der Menschen nicht ausgeschlossen werden. Dazu organisieren sie seit 2013 jährlich die Parade in Berlin. Sie wollen damit erreichen, dass behinderte und verrückte Menschen in der Gesellschaft mehr wahrgenommen werden. Sie wollen die Öffentlichkeit sensibilisieren und über Erfahrungen, Ausgrenzungen und Forderungen von behinderten und verrückten Menschen aufklären. Dafür werden Spendengelder gesammelt, um die benötigten GebärdensprachdolmetscherInnen bezahlen zu können.
Helpers Helper – Projekt Leben
https://projektlebenaktiv.com/helpers-helper-dummies/
Die Einarbeitung persönlicher AssistentInnen in leichte, pflegerische Maßnahmen ist, um die Qualität der Pflege zu sichern, von großer Bedeutung. Durch Versorgungsfirmen passiert das ganze meistens auf rein, theoretischer Basis. Laura Mench bekam das Feedback, von diversen AssistentInnen, dass sie sich nicht zutrauen würden, ihr den sog. Button zu wechseln. Daraus entwickelte sie spontan eine Idee…
Christiane Link im Leitmotiv-Podcast
Christiane Link berichtet seit Jahren von London aus für verschiedene Agenturen und Publikationen über die politische Lage in Großbritannien. Als Rollstuhlfahrerin berät Sie Fluggesellschaften und Flughäfen zur Barrierefreiheit. Als Bloggerin zeigt sie die zugänglichen Seiten von London und als Podcasterin denkt sie über den Brexit nach. Mit Clemens Mierau redet sie im Leitmotiv-Podcast über ihren Weg.
„JA“ zur Vielfalt des menschlichen Lebens!
https://gen-ethisches-netzwerk.de/stellungnahmen/maerz-2019/ja-zur-vielfalt-des-menschlichen-lebens
Gemeinsame Stellungnahme gegen die Kassenfinanzierung des Bluttests auf Trisomie 21.
Wie sehen Menschen mit Down-Syndrom die Welt?
https://perspective-daily.de/article/763/GaxxnaFw
Und wie wollen sie von der Welt gesehen werden? Das sagen sie dir in diesem Text selbst.
Frankfurt Hessen: So werden behinderte Kinder in unserer Gesellschaft ausgegrenzt
Zum Welt-Down-Syndrom-Tag erzählte FNP-Chefredakteur Matthias Thieme, wie er den Alltag mit seiner Tochter erlebt, die mit Trisomie 21 zur Welt kam.
Verschieden sein, gemeinsam leben
http://www.radiobremen.de/bremenzwei/aktuell/schwerpunkte/schwerpunkt-inklusion100.html
„Alle Menschen haben das Recht, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.“ So steht es in der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen. Seit zehn Jahren gilt sie in Deutschland. Anlass für bremen zwei, zu fragen, wie es Menschen mit Handicap und ihren Familien in den verschiedenen Phasen ihres Lebens geht.
10 Jahre UN-BRK: Bilanz und Perspektiven
https://bildungsklick.de/schule/meldung/10-jahre-un-brk-in-nrw-bilanz-und-perspektiven/
Klaus Klemm hat statistisch nachgewiesen, dass Deutschland das Inklusionsziel der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) verfehlt. Dass NRW in der Inklusionsbilanz noch schlechter abschneidet als der Bundesdurchschnitt, zeigt eine Sonderauswertung.
Inklusion: DGB und GEW beklagen „Stillstand statt Weiterentwicklung“
Die Bilanz des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nach zehn Jahren Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK) fällt für die Bildung ernüchternd aus. „Zwar haben einige Bundesländer Anstrengungen unternommen, um die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Unter dem Strich ist die UN-BRK im Bildungsbereich aber zu zögerlich und ohne großen Elan umgesetzt worden. Aktuell erleben wir Stillstand und in einigen Ländern sogar einen Rückwärtsgang statt Weiterentwicklung“, sagt Ilka Hoffmann, GEW-Vorstandsmitglied für Schule, am Montag in Frankfurt am Main.
Der Streit um die Inklusion wird grundsätzlich – ist gemeinsamer Unterricht eine Idee von Träum…
Es jährt sich zum zehnten Mal, dass die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen in Deutschland in Kraft trat und damit Gesetzeskraft erlangte. Umgesetzt ist die Inklusion damit noch lange nicht – im Gegenteil: Der gemeinsame Unterricht von behinderten und nicht-behinderten Schülern ist längst nicht überall verwirklicht; der Umsetzungsprozess scheint bundesweit ins Stocken geraten zu sein. Das hat einerseits mit unzureichenden Bedingungen zu tun, unter denen die Lehrer arbeiten müssen. Andererseits aber auch mit einem wachsenden Widerstand gegen eine “Radikal-Inklusion”, die das tatsächlich realisieren möchte, was die Behindertenrechtskonvention (Artikel 24) vorschreibt: ein “integratives Schulsystem auf allen Ebenen”. Exemplarisch setzt sich Prof. Hans Wocken mit einer solchen Grundsatzkritik auseinander.
Menschenrechtsinstitut fordert „Pakt für inklusive Bildung“
Anlässlich des 10. Jahrestags des Inkrafttretens der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland erklärt der Leiter der Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Valentin Aichele: „Mit einem ‚Pakt für Inklusion‘ könnte der Bund die Länder langfristig beim Aufbau der inklusiven Schule unterstützen und einen entscheidenden Anstoß für den flächendeckenden Ausbau eines inklusiven Bildungssystems geben. Gut gemachte inklusive Bildung kommt allen zugute, Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf wie Hochbegabten.“
Aktueller Dokumentarfilm zur Inklusion – Lehrerverbände zeigen sich „tief betroffen“
Vor zwei Jahren hat der Dokumentarfilm „Ich. Du. Inklusion“ von Thomas Binn, in dem von den Schwierigkeiten mit dem gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht-behinderten Kindern in personell schlecht ausgestatteten Schulen berichtet wurde, Betroffenheit ausgelöst. Jetzt, aus Anlass des zehnten Jahrestags des Inkrafttretens der UN-Behindertenrechtskonvention, ist ein sechsminütiger Nachspann erschienen – kaum weniger eindrücklich. „Die Kinder selbst kommen zu Wort und es ist ein Elend, ihnen zuzuhören“, sagt der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann. Der VBE hatte seinerzeit den Kinostart des Dokumentarfilms unterstützt und Diskussionsveranstaltungen dazu ausgerichtet.
Online-Gymnasium Bayern für Schüler*innen mit Handicap eine Chance?
http://www.online-gymnasium-bayern.de/
Ärztin, Rechtsanwalt, Ingenieurin – es gibt viele Berufe, für die man ein Studium absolvieren muss. Um dafür zugelassen zu werden, braucht es das Abitur. Das Online-Gymnasium Bayern bietet Menschen mit Behinderung die Möglichkeit, die Allgemeine Hochschulreife auf dem zweiten Bildungsweg zu absolvieren – online und zuhause.
Jugendaktionscamp – seid dabei!
https://www.aktion-mensch.de/aktionstag-5-mai/aktionstag-2019/jugendaktionscamp.html
Im Mai kommen 100 junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren aus ganz Deutschland in Bonn unter dem Motto #MissionInklusion zusammen. Das Ziel: Gemeinsam eine gerechte und vielfältige Gesellschaft für alle gestalten. Egal, ob man ganz neu in dem Thema ist oder schon Erfahrung mitbringt, hier kann man sich anmelden.
Liebe Uni oder: Wie Inklusion an Hochschulen gelingen kann
https://www.bluetenstille.com/liebe-uni-oder-wie-inklusion-an-hochschulen-gelingen-kann
Julia Faulhammer ist krank. Seit ihrer frühen Jugendzeit hat sie eine chronische Erkrankung, mit der sie sich abfinden muss. Sie bringt sie nicht um, sorgt aber für einen schnelleren körperlichen Verfall und ganz nebenbei für starke Symptome, die an manchen Tagen kaum aushaltbar sind. Trotzdem ist sie hier und ich möchte ihr Leben selbst gestalten. Dazu gehört für sie auch die freie Berufswahl. Für ihren Traumberuf braucht sie einen Hochschulabschluss, den sie gerne an einer Uni machen wollte…
Bitte kein Mitleid, sondern gute Rollen
https://rollingplanet.net/bitte-kein-mitleid-sondern-gute-rollen/
SchauspielerInnen mit Behinderungen haben meistens keine Chance, auch wenn sie richtig gut sind. Warum ist das eigentlich so? Fragt sich Cordula Dieckmann.
Ernie und Bert erobern die Herzen des Hörfilm-Publikums
Rund 1,4 Millionen Blinde und Sehbehinderte in Deutschland erleben Film und Fernsehen mit Hilfe von Hörfilmen. Die besten unter ihnen wurden am Dienstagabend zum 17. Mal in Berlin prämiert.
DGUV German Paralympic Media Award
https://www.dguv.de/gpma/index.jsp
Am 20. März 2019 wurde zum 19. Mal der German Paralympic Media Award vergeben. Mit ihm zeichnet die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) herausragende Berichterstattungen über den Breiten-, Rehabilitations- und Leistungssport von Menschen mit Behinderung aus.
Team Wallraff – Reporter undercover in Psychiatrien und Jugendhilfen
https://www.rtl.de/cms/sendungen/real-life/team-wallraff.html
„Ich habe dort sehr viele traurige Schicksale mitbekommen“, sagt Torsten Misler über seinen Einsatz. „Das sind Recherchen gewesen, die nicht spurlos an einem vorübergehen.“
Unternehmen sollten sich für Schwerbehinderte öffnen
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/ausbildung-behinderung-vorurteile-arbeit-1.4375506
Patrick Lauerwald fehlt das rechte Bein vom Knie abwärts, für seinen Bürojob spielt das keine Rolle. Und doch haben es viele junge Menschen mit Behinderung schwer, eine Stelle zu finden.
How to Make Design Thinking More Disability Inclusive
https://ssir.org/articles/entry/how_to_make_design_thinking_more_disability_inclusive
A three-tiered framework for making human-centered design more inclusive of people with disabilities can help organizations improve their own programs.
Stroller Options for Wheelchair-Using Parents
https://www.spinalcord.com/blog/stroller-options-for-wheelchair-using-parents
Parents who use wheelchairs may be rare, but they are just as capable as any parent who can walk. It’s all about the right adaptive technology that can make parenting a possibility for everyone. When it comes to pushing a stroller from a wheelchair, the perfectly right equipment is needed.
This new disability-friendly brand is making beauty accessible for everyone
Grace Beauty will be launching this year and has already had an overwhelming response from beauty lovers with disabilities.
Children who are blind learn how to code with Code Jumper
https://www.cnet.com/news/children-who-are-blind-learn-how-to-code-with-code-jumper/
The innovative technology teaches children who are blind or visually impaired how to code.
The British investors betting big on disability tech
https://www.telegraph.co.uk/technology/2019/03/21/british-investors-betting-big-disability-tech/
When Steve O’Hear takes out car insurance, he has to pay extra for one that allows anyone over the age of 25 to be able to use his car.
Celebrating People With Down Syndrome Regardless of Accomplishment
https://themighty.com/2019/03/celebrate-down-syndrome-not-accomplishments/
Until we celebrate the aspects of Down syndrome that aren’t quite photo-op worthy, our children will remain among this world’s most vulnerable population.
#AbledsAreWeird: People With Disabilities Share Uncomfortable Encounters
„There’s really no common sense attached when able-bodied people approach disabled people,“ says activist Imani Barbarin, who started the hashtag.
The taboos around disability and sex put limits on everyone, disabled or not
Not only do they deny disabled people their right to a fulfilling sex life, they perpetuate rigid norms for the rest, says health and sexuality writer Aly Fixter.
What’s So Scary About Disability?
https://medium.com/the-establishment/whats-so-scary-about-disability-98b05a5c2dab
Horror movies still insist that the scariest thing of all is being disabled.
Ableism Is the Go-To Disguise for White Supremacy. Too Many People Are Falling for It
Agents of white supremacy count on society’s existing behaviors toward the mentally ill—and by extension, all disabled people—to aid and abet their agenda without anyone taking a closer look.
Changing How The World Sees Disability One Photo At A Time
It’s time to get started seeing the disability differently. Here’s how three leading organizations are making that happen. Learn more, take look and see what you think.
Woman Born Without Any Arms Refuses to Wear Prosthetics, Learns to Fly Plane with Feet
“I think society often tells people with disabilities that they do not have the capability to do things,” Jessica Cox said. “But to me, the more you practice something, the better you get at it.”
What the Media Got Wrong About Selma Blair
https://rootedinrights.org/what-the-media-got-wrong-about-selma-blair/
If you follow pop culture at all, you’ve probably seen recent coverage about Selma Blair, an actress diagnosed with Multiple Sclerosis (MS) who attended the Oscars with her cane. While Blair has said some important things, much of the media coverage surrounding her diagnosis and public use of an assistive device has done a disservice to many of us in the disability and chronic illness communities.
Happy Face Gives Viewers an Emotional Rollercoaster Ride, Providing an Entertaining Story for All
https://www.respectability.org/2019/03/happy-face-movie/
At its heart, Happy Face is a film about a teenage boy, Stan, attempting to reconnect with his mother who is dying from cancer.
Oscars: audio description brings film to life for blind people, it deserves an award too
Audio description began as an accessibility aid but has developed into an art form.
What You Should Know About the European Accessibility Act (EAA)
https://www.3playmedia.com/2019/03/22/european-accessibility-act-eaa/
The European Accessibility Act (EAA) establishes accessibility requirements for a number of key products and services to benefit individuals with disabilities and elderly people in the European Union. The goal of the legislation is to eliminate the barriers that people with disabilities confront when accessing modern day technologies.
New Data Shows US Airlines Damage About 25 Wheelchairs per Day
https://thepointsguy.com/news/new-report-shows-us-airlines-damage-about-25-wheelchairs-per-day/
More than 701 and wheelchairs and scooters were mishandled from Dec. 4 through Dec. 31. American Airlines and Envoy Air (an American Airlines subsidiary) were the worst offenders top spots, mishandling a 7.22% and 14.68% of wheelchairs, respectively.
Even in Grief, I Still Have Pride
https://www.nytimes.com/2019/03/21/opinion/disability-death-coping.html
Being part of the disability community means constantly losing friends and allies. Robyn Powell doesn’t expect that to change.
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March 25, 2019
Ukraine
Ich war in der Ukraine, in Odessa und davor zwei Mal in Kiew. Da haben wir die Touchdown Ausstellung mit dem Goethe Institut eröffnet. Der Titel der Ausstellung ist: Was wichtig ist! Das haben Ukrainer mit Down Syndrom gemacht, auch mit Künstlern aus der Ukraine. Da habe ich Menschen mit Down Syndrom kennen gelernt und gesehen wie da das Leben ist. Manchmal haben wir ein bisschen Englisch gesprochen, für Smalltalk. Der Übersetzter hat oft übersetzt, was die sagen.
Die haben da keine Arbeit, die Menschen mit Down Syndrom. Also ich finde das nicht gut. Und ich finde, dass es wichtig ist eine Arbeit zu haben und das ist auch wichtig auch Geld zu verdienen. Ohne das Geld geht sonst nichts. Wenn die mal einkaufen gehen wollen, was die selber kaufen wollen, dann brauchen die Geld.
Und ich finde es auch wichtig, dass Menschen mit Down Syndrom ein Recht auf Arbeit haben. In der ganzen Welt. Menschen mit Down Syndrom haben Interesse an der Arbeit und wollen was lernen. Die wollen nicht so viel alleine am Handy sitzen. Auf der Arbeit trifft man auch andere Leute.
Und ich kann mir es auch nicht vorstellen, dass es die Menschen mit Down Syndrom in der Wohnung in der Ukraine so eng haben und auch keinen Platz haben. Die wohnen als Familie zusammen. Die können nicht einfach ausziehen. Dann kann man mehr selber machen und von selber entscheiden, wenn man alleine wohnt. Dann hat man nicht so viel Kontrolle und kann alleine bestimmen. Für mich ist das schon wichtig.
In der Ausstellung habe ich einen Film gesehen. Den Film hat ein ukrainischer Künstler mit Down Syndrom gemacht. Manche Scenen sind ein bisschen brutal. Es geht um ein Paar, wo es um das Thema Liebe und Gefühle geht. Und so wie ich das verstanden habe und auch gesehen habe, dass die Menschen sich streiten, dass die da auch ein Gefühl haben. Den Film finde ich gut gemacht. Er zeigt, wie das Leben in der Wohnung in der Ukraine ist.
Hier in Deutschland ist das Leben für Menschen mit Down Syndrom besser. Hier in Deutschland kann man doch arbeiten. Aber es sollen mehr Menschen mit Down Syndrom hier eine Arbeit haben, auf dem Außenmarkt, nicht in der Werkstatt.
Für mich sind die Menschen mit Down Syndrom in der Ukraine wie meine Freunde. Ich wünsche denen, dass sie mehr Arbeit haben und auch alleine wohnen können. Und Frieden ist ja auch wichtig.
March 24, 2019
Mein Körper und ich
Es ist kompliziert. Menschen mit Behinderung haben so stark mit komischen Bildern über sich zu tun, dass auch die eigene Wahrnehmung darunter leiden kann.
Es ist der Kellner, der im Restaurant nicht mich fragt, sondern meinen Gegenüber, was ich essen will. Es ist das dritte Mal binnen einer Stunde, dass jemand mir Hilfe anbietet; dabei sitze ich nur friedlich in meinem Rollstuhl. Es ist auch Alltag, dass Leute mich eine Inspiration nennen, nur weil ich – friedlich in meinem Rollstuhl sitze.
Rennt bitte nicht weg, auch dieser Text beginnt mit Jammern, aber ich verspreche die Kurve zu kriegen. Es ist halt so, dass Menschen mit Behinderung zumindest einen Vollzeit-Job täglich verrichten, nämlich das Wegräumen der komischen Bilder über sie.
Wir können uns drehen und wenden, aber die Behinderung macht einen großen Teil des Bildes ab, welches von Menschen gemacht wird, wenn sie eine haben. Ist ja auch auffällig, so eine Sache.
Wir checken Menschen binnen eines Wimpernschlags, können gar nicht anders. So viele Informationen. So wenig Zeit. Dummerweise eignet sich eine sichtbare Behinderung bei Menschen als besonders erfolgreicher Eye-Catcher, und dies vergrößert den Spalt zwischen Bild und Wahrheit.
Klar, wir leben in einer Zeit definierter Schönheitsideale. Eine sichtbare Behinderung gewinnt da keinen Blumentopf. Umso stärker droht die Verlockung den eigenen Körper auch kritisch zu sehen oder ihn möglichst wegzudenken. Doch dies ist kein guter Ratgeber.
Der Blogger Tony Kurian hat eindringlich beschrieben, wie er langsam ein positives Verhältnis zu seinem Körper aufbaute. Er ist blind und war viele Jahre davon überzeugt nicht schön zu sein. Kurian engagiert sich in Bewegungen, kämpft für Rechte von Menschen mit Behinderungen, kapselte aber den persönlichen Körper von diesem gesellschaftlichen Akt ab. So viel Mist war ja auch beiseite zu räumen. Da blieb das eigene auf der Strecke. Kurian bilanziert, wie dann ein langer und schmerzhafter Prozess der Annäherung begann, zuerst über Literatur zu Behinderung und Sexualität. Er durchdrang, wie klischeebedingt Schönheitsideale sind und wie wenig sie sich darin von den Bildern über Behinderung unterscheiden. Die Befreiung kam für Kurian über den Sport. Der ließ ihn seinen Körper wahrnehmen, also für wahr nehmen; irgendwann auch abseits gesellschaftlich definierter Normen. Da ist es keine Hilfe, wenn Behinderungen über einen Kamm geschoren werden, wie die Bloggerin Jessica Gimeno bilanziert. Das gesamtgesellschaftliche Phänomen des „Victim-Blaming“ mache auch nicht vor Behinderungen halt, oder: „Die Kraft des positiven Denkens hat absurde Ausmaße angenommen.“ Denn die Kehrseite der Verkettung des Menschenbildes mit einer Behinderung ist jene, in der die Behinderung abgetan wird. Gimeno spricht davon, wie Menschen mit mentalen Problemen ein „Freude ist eine Wahlmöglichkeit“ an den Kopf gehauen wird, oder in den Worten eines mit ihr befreundeten Bloggers: „Leute töten mit Sonnenschein.“
Solch ein Prozess der Emanzipation von all diesem Zeug ist schwierig, weil Behinderung durchaus in erster Linie ein gesellschaftliches Thema ist, kein persönliches. Die Behinderung taucht auf, wenn ein Zugang verwehrt wird und die Erwartungen an Menschen mit Behinderung automatisch zu gering sind. Das behindert. Die Behinderung gießt sich in Beton, wenn sie anderes überlagert, wie in der autobiografischen Erzählung der Bloggerin Jess Marion, in der sie sich an ihre Schulabschlussfeier in der achten Klasse erinnert: Obwohl sie Bestnoten hatte, erhielten ihre MitschülerInnen Preise in diesem und jenem Fach, während sie am Ende einen „Spezialpreis“ erhielt, für ihre „Inspiration“. Wenn Leistung ignoriert wird, setzt sich die geringe Erwartungshaltung fort; laut der blinden Marion sind 60 Prozent aller blinden und sehbehinderten Amerikaner arbeitslos. Liegt das wirklich an fehlenden Talenten und Qualitäten?
Diese Erfahrungen machen zuweilen hart. Auch blind für den eigenen Körper, der einem den Schlamassel zwar nicht eingebrockt hat, sondern mehr die Umgebung, aber wer ist schon Champion im Differenzieren? Inspiration kann dann sein: in einer Welt Erfolg gehabt zu haben, die nicht für einen gebaut worden ist.
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March 19, 2019
Newsletter: Über Innovationen, Greta Thunberg, einer Schule für Alle, Kinofilme, mehrere gute Gerichtsurteile & Entscheidungen, den 1. Arbeitsmarkt und Inklusion. Vom 19. März 2019
Jeden Dienstag gibt es von mir kuratierte Links zu den Themen Inklusion und Innovation. Ihr könnt ihn auch als Newsletter abonnieren. Kein Spam. Versprochen! Hier gibt es die vergangenen Ausgaben.
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Kolumne
Franz-Josef Hanke
wurde 1955 in Bonn geboren. Der blinde Journalist lebt seit 1977 in Marburg. Er engagiert sich in der Bürgerrechtsorgaisation Humanistische Union und ist Mitbegründer des Arbeitskreises Barrierefreies Internet (AKBI).


Doppelstrategie: Selbsthilfe und inklusives Engagement
Alle reden von Inklusion. Ich versuche, sie mit meinem Engagement zu verwirklichen.
Deshalb betätige ich mich sowohl in der Selbsthilfe für Menschen mit Behinderungen als auch in anderen gesellschaftlichen Organisationen. Seit gut 40 Jahren praktiziere ich diese Doppelstrategie.
Beide bereiche brauche nicht nur ich zur Verwirklichung meiner Bedürfnisse, sondern auch die Gesellschaft zur Verwirklichung gelebter Demokratie. „Der Stand der Demokratie in einer Gesellschaft erweist sich an ihrem Umgang mit den Schwächsten“, hat Lebenshilfe-Gründer Tom mutters einmal bei einer Veranstaltung im Marburger Rathaus gesagt. Diese Aussage, die er nur zitiert hat, kann ich uneingeschränkt unterschreiben.
Meine aktuellen Aktivitäten konzentriere ich vor Allem auf den Arbeitskreis Barrierefreies Internet (AKBI) als Organisation inklusiver Behindertenselbsthilfe und auf die Humanistische Union (HU) als Bürgerrechtsorganisation. Nachdem ich dort seit mehr als 35 Jahren aktiv bin, muss ich auch kaum mehr um die Berücksichtigung meiner besonderen Belange als Blinder kämpfen. In anderen Organisationen, wo ich mich früher engagiert habe, war das teilweise nicht so einfach.
Ich finde es gut, wenn Menschen mit Behinderungen sich in der Gesellschaft engagieren. Nicht jede und jeder hat aber die Kraft dazu, neben seinen –leider immer wieder notwendigen – behinderungsbedingten Kämpfen um das eigene Wohlergehen auch noch Zeit für ehrenamtliches Engagement aufzubringen. Aber ich kenne nur sehr wenige Behinderte, die sich überhaupt nicht für Veränderungen in der Gesellschaft einsetzen.
Handgepflückte Links
Das komische Spiel zwischen nah und fern
https://raul.de/leben-mit-behinderung/das-komische-spiel-zwischen-nah-und-fern/
Mal rückt man behinderten Menschen auf die Pelle, mal sind sie weit weg – bei den Gedanken und überhaupt. Das illustriert für uns Menschen mit Behinderung auch der Umgang mit neuen Robotertechnologien. Okay, jedes Menschen Leben ist voller Widersprüche. Gewisse Gegensätze erfahren Menschen mit Behinderung indes öfters. Da ist zum Beispiel der komische Umgang mit Distanzen – oft passt es nicht wirklich. Mit drei Beispielen will ich diese beleuchten.
Greta Thunberg: „Ich spreche nur, wenn ich es für nötig halte.“
https://www.diekinderderutopie.de/greta_thunberg
Die Aktivistin Greta Thunberg wird vielfach nicht ernst genommen – weil sie Autistin ist. Aber vielleicht können uns gerade Menschen mit Behinderung in diesen chaotischen Zeiten helfen, die wesentlichen Fragen anzugehen.
„Willkommen in einer Schule für alle!“
https://www.diekinderderutopie.de/willkommen_in_einer_schule_fuer_alle
“Das System Schule muss sich ändern und dabei nicht mehr auf die Defizite, sondern auf die Stärken der SchülerInnen schauen”, fordert der Regelschullehrer Jan M.
Videos: Leidmedien im Gespräch über den neuen Kinofilm „Die Goldfische“
https://leidmedien.de/imgespraech/
Im Format Leidmedien im Gespräch trifft die Redaktion AktivistInnen, PolitikerInnen KünstlerInnen oder Filmschaffende, um über die Darstellung und Position von behinderten Menschen in den Medien und der Gesellschaft zu sprechen. Den Auftakt der Reihe machen wir mit dem Film Die Goldfische. In den Interviews spricht die Redaktion mit den SchauspielerInnen Luisa Wöllisch und Tom Schilling über ihre Rollen in dem Roadmovie und über Inklusion im Mainstream-Kino. Produzentin Justyna Müsch und Regisseur Alireza Golafshan verrieten ihre Beweggründe, dieses Filmprojekt in Angriff zu nehmen.
Erfolg: Bundesverfassungsgericht gibt Markus Igel erneut recht
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der Beschluss mit dem Markus Igel im sozialgerichtlichen Eilverfahren der Rechtsschutz überwiegend verweigert worden ist, einen Verstoß gegen das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz darstellt.
Erfolg: Mobilitätsservice wieder für gesamte Reiseplanung
https://kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/39819
"Mobilitätsservice-Zentrale unterstützt Reisende bei der gesamten Planung ihrer Bahnreise", diese Schlagzeile der gestrigen Pressemeldung der Deutschen Bahn hat selbst die DemontrantInnen vor dem Bahntower erreicht, als dies nach Abschluss der Kundgebung von einer Bahnsprecherin verkündet wurde. Anlässlich des 10jährigen Inkrafttretens der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland hatten die aus verschiedenen Teilen Deutschlands angereisten DemonstrantInnen die konsequente Umsetzung der Konvention eingefordert und der Deutschen Bahn die goldene Krücke symbolisch überreicht, weil diese u.a. zum 1. Februar 2019 der Mobilitäts-Service der Deutschen Bahn nicht mehr für sämtliche Bahnfahrten zuständig war. Dies ist nun vom Tisch, denn anscheinend hat sich die Bahn mit einer Reihe von Privatbahnen einigen können.
Der neue Fernverkehrszug „ECx“ mit ebenerdigem Einstieg
https://www.deutschebahn.com/de/presse/suche_Medienpakete/medienpaket_ECx-3932956
Der Zug ist stufenlos, das heißt der Einstieg befindet sich auf Bahnsteighöhe. Rollstuhlfahrern ist es so möglich, selbständig ein- und auszusteigen. Aber auch Reisenden mit Gepäck oder Familien mit Kinderwagen wird der Einstieg erleichtert. Dies ist auch der Beginn eines neuen Standards: Zukünftig werden alle neuen Fahrzeugausschreibungen im Fernverkehr die besonders kundenfreundlichen Einstiege aufweisen.
Video: Rocken Kochen Abwaschen – der Youtube Kanal aus Mönchengladbach
https://www.youtube.com/watch?v=0a9sFXsZCIE
Hier werden Musiker in die Küche von Luisa Sole und André Sole-Bergers eingeladen. Die Musiker spielen zwei Songs, dann geht es an den Herd. Neben der Musik findet beim Kochen ein Interview statt. Am Ende, na klar, folgt der Abwasch. Ein herrliches Küchenchaos! Steffi, eine junge Frau mit einer geistigen Einschränkung, moderiert seit Dezember 2018 die Sendung. Sie stellt die Fragen aus dem Bauch heraus, völlig ungezwungen. Ein Talent! In der neuen Folge spricht sie mit der Kapelle Petra. Die Band aus Hamm bringt ihr neues Album mit dem Namen „Nackt“ heraus.
Wahlrecht soll erst nach Europawahl geändert werden
https://kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/39827
Die Diskussion um die Abschaffung der Wahlrechtsausschlüsse hat in der letzten Woche einige Kapriolen geschlagen. Am Freitag hat der Deutsche Bundestag schließlich, entgegen mancher Meldungen in der Presse, die Wahlrechtsausschlüsse nicht abgeschafft, sondern lediglich einen Antrag von CDU, SPD und CSU verabschiedet, dass das Wahlrecht zum 1. Juli 2019 geändert werden soll – also nach der Europawahl.
Inklusion passt!
https://inklusionsfakten.de/inklusion-passt/
Inklusion in der Schule wird oft als fataler Fehler, Utopie oder als gescheitert dargestellt. Oder es heißt: bei Kindern im Rollstuhl ist Inklusion okay, vielleicht auch noch bei Kindern mit Down-Syndrom, jedoch nicht bei Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten oder sogar mit „schwerer Mehrfachbehinderung“ oder Autismus. Doch Menschenrechte machen keine Unterschiede nach Fähigkeiten oder Behinderungsgraden. Sie gelten für alle.
Inklusion, das lerne ich von meinen Schülern
https://lydiaswelt.com/2019/03/18/inklusion-das-lerne-ich-von-meinen-schuelern/
Lydia Zoubeks Gastautorin Sunnybee berichtet eindrucksvoll von den Dingen, die sie von ihren Schülern mit und ohne Behinderung lernt.
Behinderte Eltern als Zusatzarbeit in der Schule?
Was ist Inklusion, wenn behinderte Eltern, nicht behinderte Schüler haben? Eine vielleicht philosophische Frage, zugleich wirft sie jedoch eine bislang nicht sehr breit diskutierte Frage auf: Wer oder was ist dann für die Unterstützung der Eltern zuständig, dass sie am Schulleben normal teilnehmen können?
Kolumne Blind mit Kind: Sie sieht was, was ich nie seh‘
Viele bekannte Kinderspiele sind nicht barrierefrei. Hannah Reuter spielt trotzdem mit ihrer Tochter „Ich sehe was, was du nicht siehst“.
Für Bodo Ramelow sind Werkstätten Inklusionsbetriebe
https://kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/39820
Am Freitag sorgte eine Meldung auf der Facebookseite des Freistaates Thüringen für erhebliches Kopfschütteln. Dort heißt es zum Besuch des Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow bei der Zweigwerkstatt der Werkstätten des Erfurter Christophoruswerks: "In seinem Grußwort ging der Ministerpräsident auch auf die aktuelle Debatte über die Behindertenwerkstätten ein. So sagte Ramelow, man könne heftig darüber diskutieren, ob das Wort Werkstatt das ausdrückt, was solche Behinderteneinrichtungen heute sind: ein Inklusionsbetrieb."
Video: Weg aus der Behindertenwerkstatt: Traumjob trotz Handicaps
Cedric Sütterlin ist der erste Jugendliche mit Beeinträchtigung in Ludwigshafen, der nach einer Ausbildung nun als Stationshelfer im Seniorenheim fest angestellt ist.
Traumjob mit Budget für Arbeit nach 30 Jahren Werkstatt
https://kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/39790
Marianne Münz aus Bad Kreuznach hat 30 Jahre in der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) gearbeitet. Heute ist sie Mitarbeiterin des Projektes inklusiv leben lernen des Bistum Trier, das mit einer Reihe von Organisationen kooperiert. Die Beschäftigung wurde u.a. deshalb möglich, da der Arbeitgeber den Zuschuass aus dem Budget für Arbeit bekommt.
Mehr Unterstützung für Azubis
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/mehr-unterstuetzung-fuer-azubis-1588780
Gute Nachricht für Berufsanfänger: Zum Beginn des Ausbildungsjahres am 1. August 2019 steigen die Berufsausbildungsbeihilfe für Auszubildende und das Ausbildungsgeld für junge Menschen mit Behinderung. Das Kabinett hat den Gesetzentwurf auf den Weg gebracht.
Seiichi Miyake: Animiertes Google-Doodle ehrt den Erfinder des Blindenleitsystems
https://www.googlewatchblog.de/2019/03/seiichi-miyake-animiertes-google/
Gestern ehrte Google auf einigen internationalen Startseiten den japanischen Erfinder Seiichi Miyake mit einem animierten Doodle. Seiichi Miyake hat vor etwas mehr als 50 Jahren erstmals das Blindenleitsystem eingesetzt und damit bis heute das Leben vieler sehbehinderter und blinder Menschen weltweit erleichtert. Seiichi Miyake hat das Blindenleitsystem erdacht, das heute vor allem auf Bahnhöfen und Busstationen zu finden ist, aber sich auch an vielen anderen Stellen etabliert hat.
SignDict.org jetzt auch mit Gebärdenschrift
https://www.taubenschlag.de/2019/03/signdict-org-jetzt-auch-mit-gebaerdenschrift/
SignDict ist ein offenes Wörterbuch von Bodo Tasche für Gebärdensprache, bei dem alle mitmachen können. Fehlt eine Gebärde oder gibt es andere Varianten? Dann kann diese einfach mit einem Klick aufgenommen und hinzugefügt werden.
ThisAbles und Careables: Maker-Projekte für mehr Barrierefreiheit
Ikea Israel hat Designs zum 3D-Drucken veröffentlicht, die ihre Möbel barriefreier machen. Auch andere Projekte setzen auf Maker-Technik zum Selberbauen.
Free Online 3D Printing Class For Assistive Technology
http://assistivetechnologyblog.com/2019/03/free-3d-print-class.html
The course consists of case studies, CAD tutorial videos, and activities that involves identifying a user and brainstorming challenges the user faces.
Accessible Brand Colors by Use All Five
This tool shows you how ADA compliant your colors are in relation to each other. By adding your brand’s colors on the right, you can generate a chart to see how they can be used together for accessibility, and find similar colors that work better.
Google’s Lookout app says what it sees for blind users in the US
https://www.engadget.com/2019/03/13/google-lookout-app-us-release/
Google's Lookout app can help the visually impaired navigate the world, but it's only compatible with Pixel devices set to English in the US for now.
Interabled Couples Reply to Dr. Phil’s Remarks Using #100OutOf100
https://themighty.com/2019/03/interabled-couples-dr-phil-100outof100-disability-dating-caregiving/
"It won't work, 100 out of 100 times this won't work."
YouTube’s Discriminatory New Policies are Destroying our Mission of Inclusion
https://www.youtube.com/watch?v=Wy7Tvo-q63o
YouTube has taken the discriminatory action of disabling all of SBSK's comment sections despite their overwhelming positivity. We need your assistance in persuading them to reverse this decision that will be extremely harmful to our movement towards inclusion.
Video: March 21 – World Down Syndrome Day #LeaveNoOneBehind
We don’t have so many reasons to celebrate World Down Syndrome Day. When all of us – not only a few of us – have more opportunities at school, more opportunities in our communities, more opportunities at work, then, we’ll have plenty of reasons to celebrate this day.
Parasport: Find a local club, activity or event
Inspire, inform and signpost disabled people and those interested in disability sport to high quality opportunities. Use the Parasport website to find a disability sport or find a local disability sports club in UK.
Amazon removes books promoting misinformation on autism cures
https://mashable.com/article/amazon-books-health-misinformation/?europe=true#hJMhr5.y7gqJ
Amazon has reportedly pulled books relating to autism cures and anti-vaccination misinformation.
How Some of L.A.’s Most Privileged Kids Fake Disability to Cheat the System
According to parents and counselors, it’s common practice for parents at elite schools to pay for a doctor’s diagnosis that allows their children extra test-taking time, whether or not they need it.
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March 16, 2019
Das komische Spiel zwischen nah und fern
Mal rückt man uns auf die Pelle, mal sind wir weit weg – bei den Gedanken und überhaupt. Das illustriert für uns Menschen mit Behinderung auch der Umgang mit neuen Robotertechnologien.
Okay, jedes Menschen Leben ist voller Widersprüche. Gewisse Gegensätze erfahren Menschen mit Behinderung indes öfters. Da ist zum Beispiel der komische Umgang mit Distanzen – oft passt es nicht wirklich. Mit drei Beispielen will ich diese beleuchten.
Beispiel 1: Nähe
Sitze ich in meinem Rollstuhl, erfreue mich des Lebens oder mach anderen Unsinn, wird es plötzlich ganz nah. Dann reicht eine Hand heran und berührt meinen Rollstuhl, schiebt ihn an, manövriert ihn, natürlich um zu „helfen“, aber ohne vorher zu fragen. Es kann sein, dass mir dies nicht gefällt, doch dann ist es zu spät – und hat es nicht geklappt, mit der Kommunikation. Man kann dies auch übergriffiges Verhalten nennen. Es passiert manchen Menschen im Rollstuhl ferner, dass ihnen überraschend der Kopf gestreichelt wird, ihnen Dinge von Fremden anvertraut werden, deren persönlicher Inhalt eher für ein intimes Gespräch unter besten Freunden taugte. Schließlich kommt es vor, dass wir zu Beginn eines Smalltalks mit Leuten, die wir kaum kennen, Auskunft über Herkunft, Grad und Auswirkung unserer Behinderung geben sollen, als würde man ein Gespräch mit der Frage nach Schuh-, Körbchen-, oder Hemdengröße beginnen. Möchte ich zum Beispiel nicht immer. Es gäbe ein einfaches Gegenmittel: Checke vorher, ob dein Reden, Fragen oder Verhalten dir selbst gefiele, täte man es mit dir. Wenn nicht, warum sollte es mir?
Beispiel 2: Ferne
Andererseits sind wir auch mal schnell weit weg. Dann finden wir uns in Förderschulen wieder, in Werkstätten oder anderen exklusiven Orten. An der Spitze von Unternehmen, in der Politik, bei Film und Theater sind wir Randerscheinungen. Vielleicht sind wir zu blöd dafür, aber bestimmt nicht zu behindert. Auch bei intimen Beziehungen, bei Sex sprengt es manche Vorstellungswelt im Leben von Menschen ohne Behinderung, sowas inklusiv anzugehen: also daran zu denken, dass die Behinderung einen Menschen nicht automatisch unattraktiver macht. Diese Ferne drückt sich auch im Umgang mit neuen Robotertechnologien aus – und weil diese die Fähigkeit in sich tragen, das Spiel zwischen Nähe und Ferne besser zu ordnen, sind sie mein:
Beispiel 3: Wir Cyborgs
Das Forschungsfeld rund um Robotik ist weit und beflügelt unsere Phantasien seit Jahrzehnten. Oft schwingt die Angst mit, irgendwann von Maschinen beherrscht zu werden, und diese Furcht mag alle Menschen betreffen. Allerdings hegen Leute mit Behinderung womöglich eine konkretere und pragmatischere Einstellung dazu: Immerhin können viele dieser neuen Technologien uns ermächtigen. Die Bloggerin Karin Wilson berichtet von einem Café in Tokio, in dem Roboter von Menschen mit Behinderung gesteuert werden und welche damit Gäste bedienen. In diesem Fall werden nicht nur Jobs für jene geschaffen, die ohne Roboter diesen nicht hätten. Die Robotik schafft auch nicht nur Unabhängigkeit, sondern eine Wechselbeziehung: Menschen mit Behinderung, die oft physische Hilfe in Anspruch nehmen, geben diese wieder zurück. Ich sage euch, der Gedanke daran ist gut; bis zu diesem Punkt. Denn natürlich kommt auch mir der Gedanke einer Entfremdung, wenn ich meinen Kaffee von einem Androiden mit programmierter Ansage bekomme. Solche Cafés drücken eine auf uns alle zukommende Problematik aus.
Moderne Technologie kann uns also näher heranbringen, an das Miteinander mit anderen. Komischerweise dominiert aber auch in diesem Umfeld ein Gedanke der Ferne: Bei den meisten Erfindungen rund um Künstliche Intelligenz für den menschlichen Alltag geht es um soziale Interaktion, um Gesundheitschecks oder Erinnerungen – sie agieren also unabhängig und seltener wird daran gedacht, sie vom Menschen kontrollieren zu lassen, zum Beispiel von einem mit Behinderung.
Moderne Technologie, oder besser deren Gebrauch birgt auch die Gefahr der Bevormundung in sich, und dieser unterliegen Erkrankte, Senioren und eben auch Menschen mit Behinderung. Das kann bedeuten, dass in der Zukunft der ausbleibende Gebrauch einer gewissen den Menschen kontrollierenden Technologie von der Krankenkasse bestraft wird: Schon jetzt gibt es Pillen, deren Einnahme ein Signal an Ärzte senden kann. Wilson erinnert an die TV-Serie „Humans“, in der ein pflegender Android seinem „Herrn“ das Kochen einer gewissen Speise verweigert, weil sie zu fettig und salzig ist. Ist erzwungene Vernunft erstrebenswert? Übrigens ist Vernunft nicht immer, wie in diesem Fall, leicht zu definieren.
Die Bedenken der Menschheit bei Robotern werden auch beflügelt, wenn es um Sex geht. Sowas könne zur gegenseitigen Entfremdung führen, heißt es. Mag sein. Aber dann wird öfters angeführt, „aber“ für Menschen mit Behinderung, die einsam und ohne Sex sind, wäre das ja etwas. Nun, die Barrieren beim Sex für uns sind oft nicht physisch, sondern, wie Wilson korrekt anmerkt, sozialer und kultureller Natur. Wir sollten besser die Stereotypen bekämpfen anstatt Sex-Spielzeuge damit zu beauftragen, die fehlende Nähe zwischen Menschen mit und ohne Behinderung auszugleichen.
Ich glaube also schon, dass mich weniger Angst bei der Vorstellung befällt, ein Cyborg zu werden. Die modernen Technologien geben uns Hände und Füße, Arme und Beine wieder. Sie sind tolle Werkzeuge des Lebens. Warum sie nicht nutzen? Wilson schreibt, schon jetzt empfinde sie ihren Rollstuhl auf psychologischer Ebene wie einen Teil ihres Körpers. Das fühle ich ähnlich.
Auch hier bedarf es eines gedanklichen Perspektivwechsels. Viele Hersteller von Produkten für Menschen mit Behinderung denken mehr über ihre Kunden als mit ihnen. Sie lassen das Konzept „Sicherheit“ das von „Freiheit“ dominieren. So sind Rollstühle in bestimmten Situationen einfach nicht schnell genug – und hier geht es nicht um das Erlebnis, welches so manche Jugendliche hatten, wenn sie versuchten ihr Mofa zu frisieren. Es geht um das Agieren auf Augenhöhe.
Um ein richtiges Maß zwischen Nähe und Ferne hinzukriegen, können moderne Technologien einen großen Beitrag leisten. Das muss die Gesellschaft sich natürlich etwas kosten lassen; auf die Debatten der nächsten Jahrzehnte bin ich gespannt, oft weigert sich die Krankenversicherung ja schon, einen halbwegs vernünftigen Rollstuhl zur Verfügung zu stellen.
Was Robotik aber niemals ändern wird, ist die Einstellung der Menschen. Wann nah und wann fern richtig ist, müssen wir lernen. Durch Abbau von Vorurteil, Paternalismus und Gefühllosigkeit.
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