Raúl Aguayo-Krauthausen's Blog, page 42
December 16, 2013
Über Geld spricht man nicht? Doch!

photo credit: Nils Geylen via photopin cc
Über die unsichtbaren Barrieren in der Bürokratie und warum mein Weihnachtswunschzettel immer länger wird.
In der Vorweihnachtszeit wird mir immer wieder bewusst, dass es eigentlich nur einen Vorteil des Erwachsenen gegenüber dem Kind gibt, der besser ist: wenn ich mir Süßigkeiten im Laden kaufen will, dann kann ich das tun. Ich brauche nicht darum zu betteln oder zu weinen oder mich ganz lange bei den Eltern einzuschleimen, bis ich einen Schokoweihnachtsmann verputzen kann. Vorausgesetzt ich habe das Geld dazu, und da hört der Spaß als Erwachsener meist schon wieder auf.
Bürokratische Hürden – auch beim Geldverdienen
In den letzten Monaten wurde ich vermehrt darauf angesprochen, wie das denn allgemein mit dem Geldverdienen bei Menschen mit Behinderungen und bei mir im Speziellen ist. Die Frage ist nicht so leicht zu beantworten und schon gar nicht allgemein, weil es auch hier verschiedene Besonderheiten gibt. So hatte ich an anderer Stelle schon mal dazu geschrieben, dass es für Menschen mit Behinderungen, die eine Assistenz benötigen, zurzeit schwer ist, nicht als Sozialhilfeempfänger eingestuft zu werden. Dadurch kommt es zu bürokratischen Barrieren beim Geldverdienen, was sich in auch auf die Altersvorsorge auswirken kann.
Vom Entwurf zum großen Wurf? Hoffentlich!
Schon in der letzten Legislaturperiode wurde deswegen ein Entwurf zu einem Teilhabegesetz ins Leben gerufen, und vielleicht nimmt sich die Große Koalition des Themas an. Obwohl im Koalitionsvertrag noch nichts Konkretes zum Thema Teilhabegesetz zu lesen ist, sollten über 87.000 Stimmen nicht ungehört bleiben, die sich für eine Gesetzes-Novellierung ausgesprochen haben.
Damit sich auch was an der Armut nicht nur in Deutschland, sondern weltweit ändert, hat die Christoffel-Blindenmission vor einiger Zeit mit einer Petition Stimmen gesammelt. Das Ziel dieser Unterschriftenaktion war und ist, uns für Menschen mit Behinderungen weltweit stark zu machen, in der Politik etwas zu bewegen und den Kreislauf von Armut und Behinderung zu stoppen.
Weiter geht’s – aber wie?
In den letzten Jahren sind wir bei dem Abbau von sichtbaren Barrieren ein kleines Stück weiter gekommen, und Städte wie Berlin gewinnen schon Preise für ihre Bemühungen. Bei den unsichtbaren Barrieren, wie in der Bürokratie, hat sich wenig verändert. Bestimmt auch, weil es für Betroffene nicht immer einfach ist, darüber zu sprechen. “Über Geld spricht man nicht”, aber wie kann man noch wirksamer auf das Thema aufmerksam machen? Petitionen und Unterschriftenlisten liegen den Entscheidungsträgern schon lange vor, es wurde demonstriert, und im Netz wird sich ausgetauscht. Aber wie machen wir jetzt weiter?
Weihnachtszeit ist ja bekanntlich auch Wunschzettelzeit, und so wünsche ich mir keinen Schokoweihnachtsmann von meinen Eltern, sondern einen barrierefreien Weg für Menschen mit Behinderung aus der drohenden Armut.
Dieser Text entstand für das Inklusions-Blog der Aktion Mensch.
December 3, 2013
Mitten im Leben? – Der lange Weg zur Inklusion – 3sat
Menschen mit Behinderung sollen in allen gesellschaftlichen Bereichen gleichberechtigt teilhaben, von Anfang an. So sieht es die UN Behindertenrechtskonvention vor. Doch bis zur vollständigen Inklusion ist es noch ein weiter Weg, vor allem für Menschen mit einer schweren Behinderung. Anhand von vier Protagonisten wird aufgezeigt, welche gesellschaftlichen Herausforderung das bedeutet und welche Möglichkeiten die Betroffenene haben.
Auf kreative Weise setzt sich der Aktivist Raul Krauthausen mit der Frage auseinander, wie Menschen mit Behinderung mitten ins Leben kommen. Der 33-Jährige hat die Glasknochenkrankheit und ist auf einen Elektrorollstuhl angewiesen. Für seine Ideen, wie man Barrieren im Alltag und in den Köpfen beseitigen kann, hat er inzwischen zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Als Gründer des Vereins “Sozialhelden e.V.” initiierte er unter anderem “Wheelmap.org”, eine Online-Karte zum Finden und Markieren rollstuhlgerechter Orte.
Schätzungsweise 10 % der Menschen in Deutschland leben mit einer Behinderung. Der größte Teil dieser Behinderungen ist im Laufe des Lebens erworben, durch Krankheit und Unfall. Jeden kann es treffen. Und noch immer geraten Menschen mit Behinderung schnell ins gesellschaftliche Abseits. Dabei sieht auch in Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention die Inklusion vor, das heißt eine Teilhabe von behinderten Menschen am öffentlichen Leben. Die Dokumentation “Mitten im Leben?” stellt Betroffene auf ihrem langen Weg zur Inklusion vor.
November 27, 2013
Gebt den Kindern das Kommando…

Barrierefreiheitscheck beim KiKA-Nachhaltigkeitstag:
Die Kinder testen mit Augenbinden, Kopfhörern und Rollstühlen auf Barrierefreiheit.
Seit dem Jahr 2011 wird der Nachhaltigkeitstag des Kinderkanals KiKA jährlich veranstaltet. Viele engagierte Kinder kommen seitdem zusammen, um Ideen und Forderungen für eine bessere Zukunft zu entwickeln. Die gesammelten Forderungen wurden in einer Zukunftsdeklaration an den Rat für nachhaltige Entwicklung und an die UNEP übergeben.
Neben den Themen Datenschutz im Internet, nachhaltiger Papierkonsum und fair gehandelte Schokolade ging es auch um die Frage, wie behinderte und nicht-behinderte Menschen besser und inklusiv zusammenleben können.
“Kann es Johannes?“-Moderator Johannes, Christoph aus der Sendung mit der Maus, das Team der Aktion Mensch und ich planten und gestalteten für die Kinder gemeinsam den Inklusionsworkshop. Zusammen mit den Schülern überlegten wir, wie Inklusion besser gelingen kann.
Barrierefreiheit checken
Teil der Aktion war auch ein Barrierefreiheitscheck des Gebäudes, in welchem die Konferenz stattfand. Mit Augenbinden, Kopfhörern und Rollstühlen ausgerüstet, zogen wir als blinde, gehörlose oder mobilitätseingeschränkte Menschen durch die Räume und entdeckten, wie (un)zugänglich ein Konferenzort sein kann und was man noch verbessern könnte zu sehen in der (KiKA-Sendung über den Nachhaltigkeitstag – ab Minute 4:50).
Die Kinder waren zwischen 8 und 14 Jahren alt. Was mich besonders berührte, waren die Geschichten und Erfahrungen, die sie zum Thema Behinderung zu erzählen hatten. Viele von ihnen waren an ihren Schulen in neu eingerichteten Inklusionsklassen und berichteten, dass es “ganz normal” sei, dass die Sitznachbarin das Tafelbild vorgelesen bekommt, weil sie eine Sehbehinderung hat, oder der kleinwüchsige Klassenkamerad in der Schule einfach “nur klein” sei und in Mathe die besten Noten schreibt.
Als es an das Experimentieren und Erkunden des Hauses auf Barrierefreiheit ging, bemerkten wir, wie schwierig es für blinde, mobilitätseingeschränkte oder gehörlose Menschen sein muss, zu reisen und sich an neuen Orten zurecht zu finden. Eine große Ungerechtigkeit, wie die Kinder feststellten.
Wir fordern!
Also schlugen sie vor, in ihrer Zukunftsdeklaration die Forderung aufzunehmen,
dass es mehr Aufzüge und Rampen an öffentlichen Gebäuden wie z. B. Schulen geben sollte.
Unternehmen, die keine oder zu wenige behinderte Menschen beschäftigen, sollten höhere Strafen zahlen.
Und überhaupt soll es mehr Menschen mit Behinderung in der Werbung und den Medien geben.
Aber meine Lieblingsforderung war eine ganz andere:
Alle Politiker und Chefs von Unternehmen müssen sich für eine Woche im Jahr als Mensch mit Behinderung durch den Alltag bewegen, um die Barrieren selber zu erleben, die uns umgeben.
Eine großartige Idee, wie ich finde. Was fordert ihr?
Dieser Text entstand für das Inklusions-Blog der Aktion Mensch.
November 22, 2013
“Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erleben…” – Die Deutsche Bahn und ihr Mobilitätsservice.
Sehr geehrte Damen und Herren,
via twitter baten Sie mich, den Sachverhalt zu:
#Fail des Tages: Ich wollte #Düsseldorf Flughafen aussteigen aber der Mobilitätsservice war zu langsam. Zug fuhr mit mir drin einfach weiter
— Raul Krauthausen (@RAULde) 22. November 2013
genauer zu schildern. Das tue ich hiermit gerne:
Für einen Workshop im Rahmen des “Nachhaltigkeitstages des Kinderkanals” (Beginn 10:30 Uhr) im Maritim Hotel am Düsseldorfer Flughafen reiste ich heute, am Freitag, den 22.11. von Berlin Hbf nach Düsseldorf Flughafen Terminal mit der Bahn.
Zuvor buchte ich, wie gewohnt, am 17.11. via Telefon über die Mobilitätszentrale der Bahn eine Mobilitätshilfe für den ICE 946. Ein anderer Zug einen Tag vorher oder eine Stunde eher war nicht möglich, da die Rollstuhlplätze (es scheint nur einen zu geben) angeblich bereits belegt seien. Für mich ging also NUR NOCH dieser Zug. Schließlich musste ich um 10:30 da sein.
Am Telefon bestätigte man mir, dass es kein Problem sei, am Düsseldorfer Flughafen auszusteigen und dass das Personal vor Ort informiert werde.
Ein paar Minuten später erhielt ich eine Bestätigungsmail zur Buchung mit der Aussage:
Ausstieg aus ICE in Düsseldorf Flughafen nicht möglich, da kein Hublift vorhanden ist, deshalb Reise und Umstieg über Düsseldorf Hbf nötig und dann Weiterfahrt Düsseldorf Flughafen Terminal
Na super. Da es ja keine andere Fahrtmöglichkeit gab entschied ich mich, dennoch den Zug zu nehmen und während der Fahrt mit dem Bahnpersonal zu klären ob ich nicht doch am Düsseldorfer Flughafen aussteigen könne.
Ich stieg also in den Zug ein. Und fragte beim Bahnpersonal, ob die nochmal in Düsseldorf nachfragen könnten.
Die Zugchefin bestätigte mir, dass es möglich wäre, Düsseldorf Flughafen auszusteigen, nachdem Sie mit dem Düsseldorfer HBF telefonierte, die die Information an den Flughafen weitergab. Dieser bestätigte, nach Aussage der Zugchefin, abschließend sogar alles via SMS.
Während der Zugfahrt dann gab es einen Personalwechsel und der Zug hatte darüber hinaus wegen eines Notarzteinsatzes eine halbe Stunde Verspätung.
Am Düsseldorfer Flughafen Terminal kamen wir ca. 30 Minuten verspätet an. Die Türen öffneten sich. Leute stiegen ein und aus. Am Bahnsteig war keine Mobilitätshilfe zu sehen. Die Tür wollte wieder schließen. Wir hielten sie auf, weil am Bahnsteigende ein Bahnmitarbeiter mit Hebebühne herbeieilte. Plötzlich schloss die Tür wieder und ließ sich nicht mehr öffnen bzw. aufhalten. Der Zug fuhr mit mir drin weiter. Es gab also, entgegen der Behauptung in der Bestätigungsemail, einen Hublift am Bahnsteig. Wäre das Bahnsteig-Servicepersonal nicht verspätet gewesen, hätte ich prima aussteigen können.
Ärgerlicherweise kam noch hinzu, dass ich nach dem Personalwechsel im Zug keinen Bahnmitarbeiter mehr im Zug auffinden konnte, der im Notfall hätte einschreiten und den Zug für ein paar Sekunden noch aufhalten können. Die Zugbegleiterin die ich antraf verwies mich immer an die Zugchefin, die aber nirgends und nie auftauchte und der Zug einfach losfuhr. Der halbe Wagon war in Aufruhr um mir behilflich zu sein. Nichts tat sich. Niemand von der Bahn erschien und tauchte auf. Die Türen schlossen sich und der Zug fuhr einfach weiter. Die Notbremse wollten wir dann doch nicht ziehen…
Wie kann so etwas passieren? Was gedenken Sie als Unternehmen dagegen zu tun?
Summasumarum kam ich insgesamt 1,5 Stunden zu spät zu meinem Termin. All das hätte vermieden werden können, wären die Bahnmitarbeiter zur richtigen Zeit da gewesen, wo man sie erwartet. Sowohl im Zug als auch am Bahnsteig.
Ich fahre sehr viel Bahn. So viel, dass sich für mich eine BahnCard 100 rechnet. Im Grunde bin ich mit dem Service der Bahn auch relativ zufrieden. Aber die Aktion heute hat für mich dann doch den Vogel abgeschossen, dass ich es einfach twittern musste.
Der Transparenz halber habe ich diesen Brief auch unter: www.raul.de/bahn veröffentlicht.
Liebe Grüße,
Raul Krauthausen
+++UPDATE+++
Es ist Dienstag, der 26. November 2013:
Heute morgen um 8:30 klingelte mein Handy. Eine Frankfurter Telefonnummer. Zum Glück war ich schon wach und unterwegs. Am anderen Ende der Leitung: Die Bahn. Ich staunte nicht schlecht, als es Herr Grube persönlich war. Das scheint er häufiger zu machen, wie ich beim googlen herausfand. Er entschuldigte sich bei mir für die Unannehmlichkeiten und sprach von einer unglücklichen Verkettung von Umständen die so eigentlich nicht vorkommen sollten. Ich habe ihm gesagt, dass für mich die Sache damit erledigt sei. Von nun an wollen wir im Dialog stehen.
November 21, 2013
Wie ich lernte, meine Behinderung zu akzeptieren…
Wenn man mich heute nach dem Umgang mit meiner Behinderung fragt, dann vergleiche ich es oft mit einer Haarfarbe: Ich habe sie, und manchmal ist sie okay – und manchmal nervt sie einfach. So entspannt bin ich nicht immer mit meiner Behinderung umgegangen. Als ich jünger war, ist es mir oft schwer gefallen, Hilfe anzunehmen, und ich fühlte mich auch das ein oder andere Mal mehr als unwohl, wenn es in Gesprächen plötzlich um Behinderungen, Rollstühle oder Ähnliches ging.
Ich weiß noch ganz genau, wie die Vorstellung, ein Fremder würde meinen Rollstuhl schieben, kalte Schauer über meinen Rücken getrieben hat. Doch heute sieht das alles etwas anders aus. Inzwischen bin ich besser darin, mich so zu akzeptieren, wie ich bin. Dadurch ist das Leben um einiges leichter geworden. Was genau ich anders mache als früher? Hier ein Versuch, es zu erklären:
Ich schäme mich nicht mehr für meine Behinderung
Früher kam es vor, dass es mir unangenehm war, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Ich wollte nicht derjenige sein, für den der Busfahrer aufstehen, die Rampe ausklappen und die Rampe wieder einklappen muss. Besonders, wenn ungeduldige Fahrgäste mich dafür mit bösen Blicken straften, war das schlimm für mich. Heute sehe ich das etwas anders. Wir brauchen alle mal an bestimmten Stellen Unterstützung, und ich bin in den Situationen einfach auf eine Rampe angewiesen.
Lächle, wenn es zum Weinen nicht reicht…
Leider gibt es auch immer wieder Menschen, die negativ auf mich reagieren, mich nicht ernst nehmen oder sogar Schlimmeres. Mein Handy wurde mir schon öfter geklaut – und in den Momenten fühle ich dann wirkliche Angst. Denn ich kann mich einfach in dem Moment nicht wehren, und das wissen wohl auch diese Idioten. Ein paar Tage später sage ich mir dann immer: “Okay, das ist wohl auch Inklusion”.
Ich kann Hilfe annehmen
Ich weiß inzwischen, dass ich selbstständig sein kann, auch wenn ich mal Hilfe annehme. Es gibt – sogar in einer Stadt voller Miesepeter wie Berlin – auch eine Menge hilfsbereite Menschen. Wenn ich ganz offen nach Hilfe frage, dann finde ich so gut wie immer eine helfende Hand. Am besten geht das, wenn ich einfach deutlich sage, wann ich Hilfe brauche und wann nicht. So weiß meine Umgebung schnell Bescheid, und ich bin am Ende der, der selbstbestimmt handelt.
Für zwei Menschen denken
Meine Behinderung bringt es mit sich, dass ich in einigen Fällen eine Assistenz brauche, und was sich am Anfang als kompliziert herausgestellt hat, ist jetzt eine schöne Sache. Denn ich muss meine Terminplanung immer für zwei Personen machen. Wenn ich beispielsweise nach Köln fahre, muss ich wissen, ob und wann ich eine Assistenz brauche. Dieses Mitdenken kann ich jetzt auch in Projekten anwenden und schnell einen Plan B entwickeln.
Ich gehe locker damit um, wenn Leute sich wegen meiner Behinderung unwohl fühlen
Ich möchte nicht, dass die Menschen um mich herum sich von mir oder meiner Behinderung eingeschüchtert fühlen.
Niemand soll unnötig unsicher sein. Deswegen habe ich ein paar Taktiken entwickelt, die es für mich und andere leichter machen. Das kann zwar auch anstrengend sein, wenn ich einfach keine Lust auf „gute Laune“ habe, aber es funktioniert. Habe ich nichts mit den Leuten zu tun, dann ignoriere ich sie einfach. Und wenn ich jemand Neues kennen lerne, dann helfen viel Humor und vielleicht sogar ein Rollstuhlfahrer-Witz oft weiter! So wissen gleich alle, dass sie nichts Falsches sagen können. Bei besonders hartnäckigen Fällen und allzu neugierigen Menschen lasse ich einfach Sätze wie „Es sind nur Glasknochen“ einfließen. So ist der größte Wissensdurst gestillt, und ich habe meine Ruhe.
Jetzt kennt ihr ein paar meiner Alltagstricks, aber wie sieht es mit euch aus? Wie geht ihr mit Alltagssituationen um, wovor habt ihr Angst, und was macht ihr jetzt anders als früher?
Dieser Text entstand für das Inklusions-Blog der Aktion Mensch.
November 10, 2013
Kinderkanal – Barrierefreiheit – Design für Alle
Für die KiKa-Sendung Erde an Zukunft ist Felix mit Raúl Krauthausen in Berlin unterwegs. Raul hat die wheelmap entwickelt. „Wheelmap” steht für Rollstuhlkarte, denn “wheel” ist Englisch und bedeutet „auf Rädern rollen” und „map” bedeutet Straßenkarte. Es ist eine Online-Rollstuhlkarte, auf der Freiwillige weltweit rollstuhlgerechte Orte sammeln und verzeichnen können, wie zum Beispiel Restaurants, Geschäfte, Kinos oder öffentliche Gebäude. Diese Informationen stehen im Internet allen Nutzern zur Verfügung. Jeder – nicht nur Rollstuhlfahrer – kann im Internet nachlesen, welche Orte einer Stadt barrierefrei sind. Die wheelmap gibt es auch als App fürs Handy.
October 22, 2013
“Ich kann nicht anders” — TV-Spot für Chrismon
Raúl Krauthausen ist das Gesicht der Kampagne „Ich kann nicht anders. Menschen, die sich engagieren“. Warum? Weil auch er so ein Mensch ist. Für seinen Verein „SOZIALHELDEN“, der hilfreiche Projekte unterstützt, erhielt der Berliner das Bundesverdienstkreuz. Das Online-Portal „Leidmedien.de“, das für klischeefreie Berichterstattung über Menschen mit Behinderungen sensibilisiert, wurde für den Grimme Online Award nominiert.
Krauthausens jüngstes Projekt ist die Wheelmap, eine interaktive Karte im Internet, auf der jeder anzeigen kann, welche öffentlichen Gebäude rollstuhl- oder kinderwagengerecht sind. Krauthausen, der wegen der so genannten Glasknochenkrankheit (Osteogenesis Imperfecta) selbst im Rollstuhl sitzt, ist ausgebildeter Telefonseelsorger, studierte Design Thinking, entwickelte eine Kampagne für den Alternativen Nobelpreis und moderierte Radioshows. Er sagt von sich:
Ich bin immer schon fragend durch die Welt gefahren. Wenn ich etwas sehe, was mich stört, denke ich: Muss das wirklich so sein? Und versuche, Lösungen zu finden.
October 1, 2013
Überall nur blaue Autos

trepelu
via photopin ccEs soll Menschen geben, die Inklusion nicht kennen. Aber wenn man sich ständig damit beschäftigt, hat das Konsequenzen.
Wenn ich manchmal mit Freunden unterwegs bin, erlaube ich mir einen kleinen Spaß und sage einfach: „Mensch, es sind immer mehr blaue Autos unterwegs.“ Wenn dann der Kumpel oder die Kumpeline anfängt, den Verkehr zu beobachten, dann sagen sie meist: „Stimmt“, aber eigentlich ist es nur ein selektiver Prozess der Wahrnehmung, der bei uns einsetzt, und wir sehen mehr von dem, was wir auch beobachten. Das Phänomen kann vielleicht jeder von seinen Hobbys oder aus der Arbeitswelt nachvollziehen: Über kurz oder lang glaubt man nur noch, dass die Welt aus den Themen besteht, mit denen man sich selbst beschäftigt.
Nischenthema Inklusion
Fußballer und Fußballfans kennen alle Vereine und Spieler und glauben vielleicht viel mehr, dass man in jedem Small-Talk über den Ballsport diskutieren kann, weil sich auch andere damit beschäftigen. Ich ertappe mich zum Beispiel oft dabei, dass ich nur noch über Behinderungen und Inklusion rede, aber im Gegensatz zum Fußball ist es immer noch ein Thema, was in der Nische ist und von dem viele Menschen noch nie gehört haben. Ich glaube, in dem Moment ist es immer ganz wichtig zu wissen, dass wir uns alle in „Filter-Bubbles“ bewegen und den anderen keinen Vorwurf machen dürfen, dass sie sich noch nicht mit dem Thema beschäftigt haben – außer es ist deren Job. Vielmehr sollte es dann die Aufgabe sein, das Interesse zu wecken.
Genauso wie ich mit den blauen Autos können im großen Rahmen auch Medien und Multiplikatoren funktionieren, die gewisse Relevanzen für ein Thema erzeugen. Die Paralympics 2012 in London waren dafür ein gutes Beispiel, bei dem „Behinderungen“ in den Massenmedien angekommen sind. Jetzt stellt sich jedoch die Frage, wie man solche Momente nicht nur alle vier (bzw. zwei) Jahre schaffen und auch die Themen weiter führen kann als nur Sport. Ich glaube, dass wir Aktivisten und Organisationen zum Thema Barrierefreiheit und Inklusion mehr Demut und Verständnis brauchen, dass unsere Themen zwar jeden betreffen können, aber noch nicht jeder damit zu tun hatte, und es auch nicht hilft, wenn wir dann fordern: „Es hat dich aber zu interessieren!“
Interesse wecken
Ein Fußballfan wird mich auch nicht einfach so überzeugen können, warum ich mich für 90 Minuten Rasenschach interessieren soll. Wenn er mir aber erzählen könnte, warum es für ihn wichtig und so interessant ist, dann würde ich ihm schon eher zuhören. Vielleicht nimmt er mich ja auch mal in ein Stadion mit? Deswegen verwende ich auch immer öfters den Begriff „Vielfalt“ statt „Behinderung“, um damit das Interesse zu wecken. Natürlich nerven mich als Rollstuhlfahrer Stufen, aber viel lieber werbe ich damit, dass mein Rollstuhl mein iPhone aufladen kann. Auf Konferenzen war ich damit schon manch einmal der Retter für einige in Stromnot. Auch Julia Probst hat damit viel Interesse geweckt, weil sie mit ihrer Fähigkeit, Sportlern und Politikern von den Lippen abzulesen bzw. die Körpersprache zu deuten, Menschen hilft, die in diesem Moment „behindert“ sind. Die Sportberichterstattung oder Kanzlerinnenansprachen bereichert sie damit um vieles. Das ist für mich ein gutes Beispiel für „Disability Mainstreaming“.
Auf der Wahlchecker-Tour habe ich dazu auch vieles von Petra Groß und Michael Wahl gelernt, die mir noch mehr Einblicke in ihre alltäglichen Behinderungen gegeben haben, und auch ich merkte da: „Wow, Raul, du musst dich noch viel mehr mit Menschen austauschen, die auf andere Art behindert werden.“ Und bei dem Projekt der Aktion Mensch habe ich einfach gemerkt, wie gut es tut und wie viel einfacher es fällt, aus dem Nischenthema zu kommen, wenn wir noch mehr zusammenarbeiten, um gemeinsam das Interesse zu wecken. Denn genau wie die blauen Autos gibt es doch auch sehr viele unterschiedliche Themen, auf die wir zeigen können. Oder?
Dieser Text entstand für das Inklusions-Blog der Aktion Mensch.
September 22, 2013
Das Wahllokaltest-Finale
Heute war ich wieder in meinem Wahllokal in Kreuzberg. Vor gut vier Wochen habe ich hier mit Michael Wahl, Petra Groß und Guildo Horn für die Aktion Mensch gestanden und den Auftakt unserer Wahllokaltest-Tour gestartet.
Anlass für mich, eine kleine Bilanz zu ziehen, was sich geändert hat, bzw. noch ändern muss:
Wie ich damals schon forderte, sollte das Tor zum Aufzug zum Wahllokal geöffnet sein. Als Rollstuhlfahrer hatte ich also heute überhaupt keine Probleme, selbstbestimmt zu wählen.
Einziges Manko:
Die Wahlurne war, im Vergleich zu Köln, nicht für kleine Menschen erreichbar, sodass ich einem Wahlhelfer meinen Stimmzettel in die Hand drücken musste, damit er diesen für mich einwirft. Ein unangenehmes Gefühl.

Wahlurne für kleine Menschen in Köln
Was mich aber viel mehr besorgte:
Unsere damaligen Tipps und Hinweise, wie man die Wahlen für Menschen mit sogenannten “Lernschwierigkeiten” besser gestalten könnte, wurden scheinbar nicht berücksichtigt . Die Schilder zum Wahllokal bestanden nur aus Texten mit Wahlkreisnummern. Es gab keine Icons oder Piktogramme, wie Menschen wie Petra Groß sie forderten. Eine Maßnahme, die pro Wahllokal höchstens 1 € mehr gekostet hätte. Schade.

Wahllokal-Ausschilderung, wie sie sein sollte.
Für Menschen mit Sehbehinderung sah ich leider ebenfalls keine taktilen Leitlinien bzw. Wahlschablonen ausliegen. Ich fürchte, es gibt noch viel zu tun…
September 19, 2013
SPIEGEL.TV – Raul Krauthausen: “Mitleid bringt uns nichts!”
Er ist einer der bekanntesten Deutschen mit Behinderung: Der Web-Gründer Raul Krauthausen aus Berlin. Er kämpft für Inklusion im Alltag und gegen Mitleid für Menschen mit Handicap.