Albrecht Behmel's Blog: über Bücher, Filme und Publikationen, page 7

August 8, 2013

Samiel Award Jury


Der Samiel-Award für Schurken in neuen Publikationen des Jahres 2013 wird von einer hochkarätigen Jury vergeben. Bis Dezember, zur Bekanntgabe der Gewinner, stelle ich hier die Juroren vor.

Den Auftakt macht der Berliner ZDF und RBB Moderator und UNICEF Botschafter Harald Pignatelli.

Er wird zusammen mit anderen Mitgliedern der Jury  aus den vorgeschlagenen Neuerscheinungen wichtige Schurken, Monster und Antagonisten nominieren. Der Gewinner erhält den Samiel-Award, benannt nach der teuflischen Dämonengestalt aus der Oper "Freischütz" - dem Herrn der Freikugeln, die immer treffen. Das macht Samiel zu einem würdigen Schutzpatron der literarischen Schurken.

Der Samiel Award steht allen Autoren offen, die im Jahr 2013 einen bedeutenden Schurken publiziert haben und ihn oder sie in maximal 111 Wörtern hier in den Kommentaren (und einem Link zu Amazon oder einer anderen Plattform) beschreiben.













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Published on August 08, 2013 07:31

August 3, 2013

Ankündigung: 2013 - Samiel Award für Antagonisten



Samiel Award
Schurken, Monster, Gegenspieler
in E-Books aus dem Jahr 2013

Im Dezember 2013 verleihen wir den Samiel-Award: Er geht an besonders faszinierende Schurken aus der gegenwärtigen deutschen oder englischen Literatur aller Genres, vorausgesetzt, die Werke sind im Jahr 2013 (nur oder auch) als E-Book neu erschienen und über mindestens eine der großen Plattformen erhältlich.

Autoren können der Jury ihre Antagonisten hier in den Kommentaren mit maximal 111 Worten und einem Link (z.B. zu amazon) beschreiben und damit der Jury vorschlagen.

... mehr demnächst hier.










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Published on August 03, 2013 15:39

August 2, 2013

Was muss man wissen, um alte Geschichten zu verstehen?

Wer die Themen von Geschichten festlegt, ist einflussreich und wer die Kultur des Erzählens an sich bestimmen kann, wie zum Beispiel die großen Studios in Hollywood oder die großen Nachrichtenagenturen, ist überaus mächtig. 

Es geht um sozialen Zusammenhalt, gemeinsame Perspektiven, gemeinsame Feindbilder, Festigung von Werten und das gemeinsame Erlebnis beim Genuss der Erzählung. Nicht umsonst engagieren sich in vielen Ländern die Streitkräfte für die Filmindustrie, um sicherzugehen, dass die entstehenden Bilder auch im Sinn der nationalen Sicherheit sein werden. 

Das gleiche tun Glaubensgemeinschaften, Unternehmen, Institutionen, Parteien und Verbände. Dabei geht es weniger um einzelne Geschichten, wie zum Beispiel "Top Gun", sondern vielmehr um eine ganze Erzähltradition, die beeinflusst werden muss, wenn eine gesellschaftliche Wirkung entstehen soll. Erst aus der Summe vieler Geschichten, die dem Publikum einen, meist schmeichelhaften, Spiegel vorhalten, entsteht kulturelle Identität, die wiederum konkrete Machtpolitik unterstützen kann. Die so genannten "Durchhaltefilme" der Nationalsozialisten, meist heitere Stoffe, die nach den propagandaschweren Wochenschauen vorgeführt wurden, oder die Action-Serien aus der Zeit des Kalten Krieges, wie etwa Kampfstern Galactica, tragen entsprechende Züge. 

Es ist nur eine Frage des Hintergrundwissens, wie tief ein Zuschauer oder Zuhörer in diese stets vorhandene Dimension eindringen kann. Die berühmten Gesänge des Homer, Illias und Odyssee haben ebenso eindeutig politischen Charakter wie die Lieder des Walter von der Vogelweide oder, für uns leichter zu erkennen, die Chansons des Kurt Tucholsky, denn zu allen Zeiten haben Dichter Partei ergriffen und sich für oder gegen bestimmte Inhalte engagiert, wie Ovid, der für sein literarisches Engagement ins Exil gehen musste, auch wenn heute der tatsächliche Grund für seine Verurteilung nicht mehr bekannt ist.

In den alten orientalischen Mythen und Berichten geht es um die Kämpfe von Königen und Pharaonen, in der Bibel um die Auseinandersetzungen der Menschen untereinander, mit der Natur oder, was oft das gleiche ist, mit Gott, beziehungsweise die Kämpfe Gottes mit anderen Göttern und deren Anhängern. Auch die Kämpfe der Menschen mit sich selbst, mit ihren inneren Dämonen oder ihrem Gewissen finden sich bereits in den frühesten Erzählungen, die überliefert sind, etwa, was die Menschwerdung des wilden Enkidu betrifft oder die Gewissensqualen seines Freundes Gilgamesch. 

Die Werte der handelnden Figuren sind dabei eine zentrale Botschaft jeder Geschichte. Auch dies ist ein Instrument der Macht, und es erklärt, warum zu allen Zeiten Geschichten umgeschrieben, verändert, verboten oder bewusst gefördert worden sind. Der Effekt, den ein aufgeladenes Umfeld auf den Marktwert einer Geschichte haben kann, darf also nicht unterschätzt werden. Genau dies meinen Autoren, Produzenten und Regisseure, wenn sie davon sprechen, dass ein Stoff "in der Luft liegt".
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Published on August 02, 2013 23:09

July 31, 2013

Literarische und historische Figuren und ihre Autoren


Grab in ParisLiterarische Figuren ähneln historischen Personen vergangener Epochen in mancherlei Hinsicht, etwa Napoleon, von dem wir auch glauben, ihn "irgendwie zu kennen", selbst, wenn wir keinen seiner zahlreichen und teilweise sehr originellen Briefe gelesen haben oder,  schwieriger, ihm jemals persönlich begegnet sind. Man vergisst so was zu leicht: Es gibt nicht einmal Fotos von ihm.

Der historische Napoleon, bekannt aus dem Schulunterricht und aus Filmen ist natürlich nicht identisch mit dem tatsächlichen historischen Menschen, der vielseitiger ist als das Bild, das sich das Publikum auch seine Zeitgenossen über die Zeit von ihm gemacht hat. Das ist offensichtlich. 

Der Witz dabei besteht aber darin, dass das Publikum und die Zeitgenossen die Aufgaben von Autoren erfüllen, denn ein ähnliches Verhältnis besteht zwischen dem, was ein Schriftsteller über seine Figuren weiß und was ein Leser über die Figur in Erinnerung behält. 
Das Internet ist eine hervorragende Quelle für solche schöpferischen Akte. Das hat der inzwischen überaus berühmt gewordene In the Way Guy erfahren, ebenso wie viele Opfer des Share buttons bei Facebook.

Grab auf St. HelenaWährend ein typischer Leser vielleicht einige Dutzend Stunden mit einem Roman verbringt, hat der Autor viele hundert Stunden damit verbracht, Figuren, Welt und Handlung in Einklang zu bringen. Literarische Figuren sind immer das Ergebnis von planmäßigen Reduktionen nicht nur durch den Betrachter, sondern auch durch ihren Schöpfer. 
Genau wie im realen Leben gibt es auch in Geschichten Figuren, die im Hinblick auf das Thema und die Perspektive mehr oder weniger wichtig sind, wobei es in der Hand des Schöpfers liegt, diese Gewichtung über den Verlauf der Geschichte hinweg zu verändern.
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Published on July 31, 2013 02:51

July 30, 2013

Plato und die Angst vor der Literatur

Kunst ist entweder Plagiat oder Revolution - Paul Gaugin

Geschichten haben (auf einer geistigen Ebene) immer mit Macht zu tun. Sie lenken die Aufmerksamkeit des Publikums auf einen Sachverhalt, der vom Erzähler oder den Erzählern für relevant gehalten wird. 
Andere Sachverhalte, die vielleicht zu der Geschichte gehören, aber weniger erwünscht sind, werden gekürzt oder gestrichen. 

Die Geschichte solcher Auseinandersetzungen reicht weit zurück, zum Beispiel in die späte Antike und das frühe Mittelalter, als sich die Kirchenväter zu fragen begannen, welche Texte kanonisiert werden sollten und welche nicht. 
Die heutige Gestalt der meisten bekannten Bibeln ist das Resultat heftiger und generationenlang währender Auseinandersetzungen. 

Genau wie die Werke des Thomas von Aquin oder des Karl Marx erfuhren auch
die Werke des griechischen Dichters Homer politisch "inspirierte" Bearbeitungen. 

Der nach diesen lebende Philosoph Platon erstellte ganze Listen von entsprechenden Vorschlägen in seinem Werk "Politeia".
Darin argumentierte er folgendermaßen: Da Kunstwerke die Wirklichkeit nur nachahmen und somit von der Wirklichkeit entfernt sind, sprechen sie vor allem das Gefühlsleben an und nicht die Vernunft, die von allein zum richtigen Verhalten führt. Und Schwupps, schon waren alle, die sich für einigermaßen vernünftig hielten, geradezu berufen, Richter über die Kunst zu spielen - manche Dinge ändern sich eben nie.

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Published on July 30, 2013 12:40

July 29, 2013

Das Erzählen und die Macht

Der Akt des Erzählens selbst ein Akt der Machtausübung, indem der Erzähler das Publikum diszipliniert und dazu zwingt, sich mit den Gedanken des Erzählers für eine bestimmte Zeit auseinander zu setzen. 

Selbst, wenn die Zuhörer sich diesem Monolog freiwillig aussetzen und oftmals sogar bereit sind, dafür zu bezahlen, so bleibt das Erzählen dennoch ein Instrument der Manipulation und der Disziplinierung - seit uralten Zeiten. Auf dem Cover des Nibelungenliedes ist so eine Szene schön dargestellt:

Wer das Schicksal einer Figur wie Siegfried oder Hagen von Tronje schildert, hat nicht nur die Geschichte in der Hand, sondern auch die Ohren, Augen und oftmals sogar die Herzen seiner Zuhörer. Dieser Effekt tritt vor allem in der konservativsten Erzähl-Umgebung auf, die die westliche Kultur erschaffen hat, nämlich die festliche Oper. Ganz im Gegensatz zum Theater der Shakespeare-Zeit sitzt man dort ohne Bewegungsfreiheit für eine lange Zeit fest auf dem Stuhl und ist einer relativ strengen Kleider-Ordnung und Verhaltensnorm unterworfen. 

Die Zuschauer dürfen sich allein zu sehr klar definierten Momenten äußern und dies nur, indem sie wenige Bewegungen ausführen dürfen, klatschen oder "Bravo" rufen. Das Aufstehen ist nur zum Schlussapplaus üblich, und geredet werden darf allerhöchstens im Flüsterton. Alles andere gilt als schlechtes Benehmen. Nirgendwo wie in der bürgerlichen Oper wird der Umstand so deutlich, dass Geschichtenerzählen mit Macht und Disziplinierung mithin mit Zwang zu tun hat.

Auch im Kino oder am feierlichen Familientisch gelten ähnliche, wenn auch schwächere Regeln, die selten oder nie ohne Sanktion gebrochen werden können. Bislang sind fast alle Versuche, die Partizipation der Zuschauer wieder zu stärken gescheitert, was vielleicht daran liegt, dass Zuschauer nicht die Handlung einer Geschichte beeinflussen wollen, sondern eher - aber das ist Spekulation - unmittelbar urteilen wollen...


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Published on July 29, 2013 11:17

July 27, 2013

Warum Helden oft Waisen sind ...


Besonders einflussreiche Geschichten verbinden die Erzählperspektive mit einer Figur, die so konstruiert ist, dass möglichst viele Zuhörer sich mit ihr identifizieren können. 

Aus diesem Grund wird eine derart auffällige Zahl von Hauptfiguren als elternlos dargestellt. Ein Kind, das keine Eltern hat, ist auf sich selbst gestellt, was wiederum eine Erfahrung ist, die von jedem Menschen nachvollzogen werden kann. Harry Potter, Moses, Grenouille, Ödipus, die wolfgesäugten Brüder Romulus und Remus, Bruce Wayne alias Batman, der kleine David Copperfield, Oliver Twist, Heidi, der Mutant Wolverine oder auch Schneewittchen sind solche Waisenkinder. 

Aus der Sicht des Schriftstellers indessen sind Waisenkinder aus einem anderen Grund interessant: Sie befreien den Autor von der Pflicht, ein soziales Umfeld oder eine ausgefeilte Herkunft der Figur zu entwerfen, was wiederum die Möglichkeit mit sich bringt, die Welt der Figur, gemeinsam mit dem Leser oder
Zuschauer von Null auf neu zu errichten. Waisenkinder sind auch deswegen geeignet, weil sie eine weitgehend ungestörte Projektionsfläche für die Identifikationswünsche des Publikums zulassen und einen erheblichen Sympathiefaktor in sich tragen.

Literarische Figuren geraten in Konflikte, die sie zu Entscheidungen zwingen, wobei die inneren Werte der Hauptfigur eine zentrale Rolle bei der Entscheidung spielen, so dass es häufig zu einer Krisensituation kommt. Im Verlauf der Krise kann alles, was bisher auf dem Spiel stand durch ein Ja oder ein Nein eingelöst werden, wie etwa in der Geschichte der Versuchung Christi in der Wüste oder dem Aufeinandertreffen von Darth Vader und Luke Skywalker. Die Größe der Entscheidung, beziehungsweise deren sozialer Wert als Instrument sozialer Macht misst sich an der Stärke des Widerstandes, dem eine Hauptfigur ausgesetzt ist. Fast immer, und vor allem im Film, tritt dieser Widerstand personifiziert auf, zum Beispiel: als Teufel...

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Published on July 27, 2013 03:02

July 26, 2013

Wissen + Perspektive = Geschichte

Die Frage, wie man Geschichten definieren, also, wie man sie von anderen Formen der Informationsübertragung abgrenzen soll, ist angesichts der Vielfalt literarischer Genres keine einfache. Wo verlaufen zum Beispiel die Grenzen zwischen Anekdoten und Geschichten, Berichten und Nachrichten? Sind Geschichten an eine bestimmte Länge und Ausführlichkeit gebunden, und wenn ja, ab wie viel Wörtern beginnt eine Geschichte? Ab wie vielen Wörtern hört eine Kurzgeschichte auf, "kurz" zu sein?

Eine vorläufige und daher sehr weit gefasste, Definition von "Geschichten" kann lauten, dass sie ein Thema haben, welches sie aus einer speziellen Sicht heraus darstellen. Diese Perspektive kann an eine Person oder mehrere innerhalb der Geschichte gebunden sein, oder über den Ereignissen schweben. 

Geschichten haben einen Erzähler, der mehr oder weniger dominant auftritt und eine Serie von Ereignissen in einen bestimmten Kontext setzt. Dies tut er mit einem erheblichen Aufwand an Beschreibungen, Wörtern, sprachlichen oder tatsächlichen Bildern und Hilfsmitteln, die der Erzähler einsetzt, um einen bestimmten Effekt zu erzielen. Klassischerweise gehören dazu Handpuppen, Schautafeln, Musikinstrumente oder Verkleidungen, aber auch stets Gestik und Mimik.

Ein zweites Kriterium ist, dass Geschichten immer sowohl verkürzt als auch ausgearbeitet funktionieren können. Sie können durch Nebenhandlungen ausgeschmückt oder sehr reduziert dargeboten werden. Dies ist zum Beispiel bei den Märchen der Gebrüder Grimm zu beobachten, die in ihrer Textform oft geradezu erschreckend spartanisch und schmucklos erscheinen. 

In Erinnerung bleiben jedoch meist viel farbenfrohere Eindrücke, die sich zwar nicht in den Texten, wohl aber in den Darbietungen der Vorleser und Darsteller und in der Phantasie des Zuhörers finden lassen. Geschichten müssen daher unterschieden werden von folgenden anderen, verwandten literarischen Sub-Formen, die jedoch ihrerseits Bestandteil von Geschichten sein können.


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Published on July 26, 2013 05:24

July 24, 2013

Ein Netz, sie zu knechten, sie alle zu finden...


Nicht allzu oft, aber hin und wieder übertrifft die Realität die Fiktion. Dass wir immer transparenter werden, wissen wir schon seit es das Internet gibt. Emails waren nie sicher, Surfen war noch nie anonym und Daten wurden immer schon gesammelt - seit Fouché.
Der Umfang allerdings und die unmittelbare Beteiligung der Regierungen hat sogar hardcore Verschwörungstheoretiker zum Staunen gebracht. Es handelt sich bei dem Schock nicht um einen Verlust, sondern um ein Erwachen.

Die Fiktionalistik, eine Disziplin der Ideengeschichte, beschäftigt sich mit der Frage, inwiefern erfundene Dinge die Realität beeinflussen - etwa in Bezug auf Erfindungen oder gesellschaftliche Entwicklungen wie die Spionagetätigkeit von gewählten Regierungen gegenüber ihrer Bevölkerung.

Also, wie sieht es mit literarischen Stoffen aus, die sich mit der Frage der Transparenz befassen? Aus Deutschland stammen erstaunlich wenige Werke, die eine entsprechende Zukunft schildern, weil - oder obwohl - wir eine entsprechende Vergangenheit haben? Interessanterweise stammt der einzige deutsche Film über eine erfundene, totalitäre Zukunft, der internationalen Rang erreichte, aus den zwanziger Jahren und damit vor dem Dritten Reich und der SED-Zeit: Metropolis von Fritz Lang.

George Orwell erschuf in seiner Horrorvision 1984 einen totalitären Staat, der unter der Führung des "Big Brother" absolut alles über seine Untertanen in Erfahrung zu bringen versuchte und direkt in die Wohnzimmer blicken konnte. 
Als Schriftsteller wusste Orwell von der Macht der Sprache und so erschuf er jenen infamen Jargon, Neusprech, dessen Ableger wir heute in der Sprache der Political Correctness wiederfinden können. Man muss nur hinhören.
Auch in V for Vendetta existiert ein derartiger Staat, ähnlich wie in Terry Gilliams Brazil - Regierungen und so genannte Nachrichtendienste verbünden sich zynisch gegen die Bürger, mit deren Steuern und Wertschöpfungen der Staat und seine Institutionen finanziert wird. 
Den Bürgern bleibt allenfalls die Möglichkeit bei Wahlen neues Personal für ihre eigene Unterdrückung zu bestimmen, wenn überhaupt. Jeder Verstoß gegen die Denkverbote und jegliche Kritik am System rückt automatisch in die Nähe des Terrorismus.

Es ist auffallend, dass viele dieser Visionen aus England stammen, einem Land, dessen letzte diktatorische Phase in die Mitte des 17. Jahrhundert fällt, in die Zeit Oliver Cromwells, als öffentliches Tanzen verboten war und Theater niedergebrannt wurden.
Wie enden diese Geschichten im Film? Während Hollywood uns oft den schönen und beruhigen Ausweg liefert, dass die Despoten am Ende in die Luft gesprengt werden, wie in Running Man, enden die europäischen Darstellungen fast alle irgendwie düster...



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Published on July 24, 2013 13:02

July 22, 2013

Fiktive Wohnungen im TV: Fast wie zuhause!


Klar, man muss ein Serien-Junkie sein, wie es so unschön heißt, ein Freund von Erzählungen, die sich über Episoden und Staffeln hinweg winden, viel länger als jede andere Kunstform das ermöglicht, um sich in Wohnungen auszukennen, die es an sich gar nicht gibt.

Dennoch ist der Einfluss von fiktiven Wohnungen aus erfolgreichen Serien sehr groß. Das reicht von Gegenständen der Einrichtung bis hin zu der Art und Weise, wie man eine Wohnung betreten kann - man denke an Cosmo Kramer aus Seinfeld, der - fast unnachahmlich - immer buchstäblich mit der Tür ins Apartment fällt oder Rose aus Two and a Half Men, die fast immer nur über die Veranda klettert und auf dem Heimweg mehr oder weniger elegant darüber hinweg flankt. Wenn dann noch Computerspiele hinzukommen, wie etwa im Fall der Simpsons, dann steht dem virtuellen Einzug der Fans in das Haus der Stars nichts mehr im Wege.

Hier ist ein Grundriss einer besonders gut gemachen und durchdachten fiktiven Wohnung: 



Der spezielle Reiz in diesem Fall besteht darin, dass die Wohnung (oder eigentlich die zwei Wohnungen) direkt in die Struktur der Geschichte integriert ist, einmal dadurch, dass die zentralen Figuren in fast allen denkbaren Konstellationen darin wohnen und wieder und wieder umziehen, und dann natürlich durch die Art, wie die Figuren ihre Räume einrichten und nutzen. Das Innenleben der Figuren wird auf diese Weise direkt nach außen transportiert, was einen komischen Effekt nach dem anderen hervorruft.

Billy Wilder hat dem Phänomen "fiktive Wohnung" sogar einen ganzen Film gewidmet, The Apartment, das sogar in dem Film selbst gewissermaßen fiktiv ist, da C.C. Baxter, "Buddy Boy", seine eigene Wohnung nicht wirklich nutzen kann.

Seit den achtziger Jahren und dem Siegeszug des Product Placement sind dann die fiktiven Wohnungen immer mehr zu Schauräumen für Produkte geworden; ein Meister übrigens dieser Disziplin ist, oder war, Spielberg, dessen langsame Kamerafahrten durch voll ausgerüstete Küchen oder Kinderzimmer jeden Werbespot an Wirkung in den Schatten stellen.


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Published on July 22, 2013 12:40

über Bücher, Filme und Publikationen

Albrecht Behmel
Albrecht hat in Heidelberg und Berlin Geschichte, Philosophie und Politik studiert. Seit 1999 ist er Autor für Film, Print, Radio und TV, unter anderem für UTB, SR, ARTE, Pro7Sat1 und den RBB. Er lebt ...more
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