Albrecht Behmel's Blog: über Bücher, Filme und Publikationen, page 10

May 19, 2013

Erfundene Alphabete


Ein Alphabet zu erfinden kann die Welt verändern...

In gewisser Weise sind natürlich alle Alphabete erfunden oder "konstruiert". Doch durch ihr teilweise sehr hohes Alter und ihre evolutionäre Entstehung kommt vielen Alphabeten in unseren Augen beinahe etwas Gottgegebenes zu. So sehr, dass die inhärenten Fehler kaum mehr wahrgenommen werden. Im deutschen Alphabet, das eine ganze Reihe von Symbolen für den Laut "F" kennt (PH, V und eben F) fehlt zum Beispiel andererseits eine Unterscheidung zwischen dem stimmhaften und dem stimmlosen S - wenn man einmal in einigen Sonderfällen vom ß und dem doppelten S absieht... 

Alphabete sind stets in Entwicklung begriffen, was sie mit den erfundenen Alphabeten verbindet, die sich nicht über Generationen hinweg entwickelt haben, sondern von einzelnen Denkern, Künstlern oder Erzählern erschaffen wurden, etwa von Max Ernst oder von Grandville, der die Reisen Gullivers illustrierte und, sehr gründlich, das Alphabet des Riesenreiches Brobdingnag ersann. Gulliver lernte diese Schrift von seiner Aufpasserin und Freundin, der Riesin Glumdalclitch. In Lilliput, wo es ebenfalls Schrift gab, waren die Buchstaben allerdings so klein, dass Gulliver sie kaum erkennen konnte.

Morse, Braille oder der Binär-Code sind überaus mächtige und fruchtbare  Systeme. Sie stehen im Gegensatz zu erfundenen Alphabeten oder Zeichensystemen, zum Beispiel der Stenographie oder das "Shaw Alphabet", ein Prinzip, das erfunden wurde, um die Schwierigkeiten, bzw. die logischen Kalamitäten des traditionellen englischen Buchstabierens zu umgehen - Je unabhängiger ein erfundenes Alphabet von natürlichen Sprachen ist, desto einflussreicher kann es werden.
 
Neben den Alphabeten der außerirdischen Klingonen und den berühmten Zeichen der Elben aus Tolkiens Herr der Ringe ist auch das Alphabet oder Zeichensystem der Predators zu einem gewissen Pop-Status gekommen - das früheste mir bekannte künstliche Alphabet im Film stammt aus "Nosferatu" und erscheint in der Szene der Vertragsverhandlung über den Kauf einer Immobilie.


Viele erfundenen Alphabete faszinieren durch ihre fast kindliche Magie der Geheimsprachen und verändern das Antlitz unserer Städte in Form von Glyphen, Tags, der Sprayer und Street-Artists inzwischen derart ubiquitär, dass ihre Abwesenheit an Brückenpfeilern und Betonwänden entlang von Zugstrecken auffälliger ist als ihre Anwesenheit.







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Published on May 19, 2013 04:28

May 15, 2013

böse Bücher - verteufelte Bücher



Es gibt Bücher, die für unsagbar Böses in der Welt gesorgt haben, wobei es natürlich nicht die Bücher an sich waren, sondern deren Leser, Herausgeber und vor allem diejenigen, die den geschilderten Lehren blind folgten ohne jemals einen einzigen kritischen Blick in das Buch geworfen zu haben. 

Im geistesgeschichtlichen Rückblick ist von Interesse, inwiefern sich die Wahrnehmung dieser Werke verändert hat, zum Beispiel im Fall des berüchtigten Hexenhammers von Heinrich Kramer aus dem Jahrzehnt vor der Entdeckung Amerikas, also zu Beginn der Neuzeit.

Kramer, ein Dominikaner und Inquisitor, schrieb das Buch 1486, um zweierlei zu erreichen, nämlich erstens einen misslungenen Prozess im Nachhinein zu rechtfertigen und sich, zweitens, den Kirchenoberen in Rom anzubiedern, wo das Thema "Hexen und Dämonen" gerade en vogue war. 

Das Buch wurde daher schnell geschrieben, hastig editiert und massenweise verbreitet. Von dieser redaktionellen Hast zeugen übrigens zahlreiche editorische Fehler, die freilich in späteren Ausgaben korrigiert wurden. Ähnlich wie ein anderes böses Buch, nämlich Adolf Hitlers Mein Kampf, ist auch der Hexenhammer von Zeitgenossen bald als relativ einfältiges Machwerk durchschaut worden, ohne dass dies an seiner praktischen Wirksamkeit irgendetwas geändert hätte.

Beide Werke verbindet noch eine zweite Eigenschaft: Sie sind in erster Linie eine vermeintlich wissenschaftlich gestaltete Sammlung von Bemerkungen mit autobiographischem Element, die sich zu einem geschlossenen logischen Gebilde formen, innerhalb dessen Prämissen und Schlussfolgerungen zirkelförmig ineinander übergehen - was typisch für Verschwörungstheorien ist. 

Böse Bücher sind häufig dadurch gekennzeichnet, dass sie als Apologien beginnen, die aber dann in unkritischer, dummer Gewissheit, sodann in Hass und Aufrufen zur Vernichtung oder zur Revolution münden, wie zum Beispiel auch das Kommunistische Manifest oder die Protokolle der Weisen von Zion.

Auch Thomas Hobbes Leviathan und Macchiavellis Fürst sind Werke, die in Anbiederung an einen Monarchen publiziert wurden, im ersten Fall James II. von England, und im zweiten Fall an Lorenzo von Medici; später, in einer moralischeren Zeit, wurden sie zu Machwerken des Teufels erklärt. Friedrich der Große schrieb in seiner Jugend sogar (lustigerweise) einen Traktat gegen Macchiavelli, zeigte sich aber in seiner späteren Machtpolitik als durchaus gelehriger Schüler.

Beide Werke sind ausführliche Handlungsanweisungen, Handbücher für absolute Monarchen, Menschen, die die Macht haben, über Leben und Tod anderer zu entscheiden ohne selbst Rechenschaft darüber ablegen zu müssen. Die Apologie besteht darin, dass Chaos und Bürgerkrieg stets schlimmer seien als jedwede Tyrannei - eine Sichtweise, die Hannah Arendt in Vita Activa ad absurdum führte.


Böse Bücher sind zu unterscheiden von "verteufelten Büchern" wie etwa die Entstehung der Arten von Charles Darwin (hier im Bild) - ein Werk, auf das die oben beschriebenen Kriterien sicher nicht zutreffen, das aber gleichwohl eine Menge Hass erzeugte. Auch das überaus einflussreiche Buch Friedrich Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" gehört eher zu den Verteufelten Büchern als zu den Bösen Büchern. Beide, Nietzsche und Darwin, Zeitgenossen, zerstörten Gewissheiten anstatt sie zu zementieren, was freilich in den Augen der Masse stets der allergrößte Frevel ist. Die einen streuen Skeptizismus; die anderen proklamieren Wahrheiten - und sie stiften dadurch gleichermaßen Unfrieden. (Fast beginnt man sich zu fragen, was die Leser eigentlich überhaupt wollen. Geht es denn allen Ernstes stets um Unfrieden?)

Verteufelte Bücher sind also ebenfalls dadurch charakterisiert, dass sie Hass auslösen, genau wie die Bösen Bücher, wobei es im Fall der verteufelten Bücher eher die Gegner sind, die sie nicht unbedingt gelesen haben und sich über den Inhalt empören. Im Lauf der Zeit können Bücher von der einen Gruppe in die andere wechseln und wieder zurück; sie können zur gleichen Zeit beiden Gruppen angehören, je nachdem welchen Standpunkt die Leser einnehmen wollen.

In unserer Zeit gibt es solche bösen-verteufelten Werke auch, etwa The Satanic Verses von Salman Rushdie oder The God Delusion von Richard Dawkins, die beide zu gewaltigen Überreaktionen in den Medien aber auch zu Todesdrohungen und brutalen Übergriffen geführt haben. Auch im Fall des Buches von Thilo Sarrazin war dies so: Während sich die einen darüber freuten, dass "endlich mal einer sagt wie es ist" empörten sich die anderen über den Unfrieden, den das Buch mit sich brachte. Über die Frage aber warum das Buch eigentlich entstand, wurde, wie so oft, fast nicht nachgedacht. 
Alfred Polgar sagte, in einer ähnlichen geistigen Sackgasse angekommen, einmal seufzend: "Mit den Menschen kann man halt einfach nicht reden."

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Published on May 15, 2013 16:51

May 12, 2013

Gibt es in Deutschland gute Schriftsteller?


Ein Volk der Dichter und Denker, heißt es seien die Deutschen, aber, gibt es eigentlich gute deutsche Schrifsteller? 

Und wenn ja, was unterscheidet sie von
ihrem amerikanischen und britischen Kollegen? Warum werden so wenige deutsche Romane verfilmt und, wenn sie verfilmt werden, warum sind sie oft so furchtbar öde?


Was ist überhaupt ein guter Schriftsteller? Ist das jemand, der ein Thema gut schriftlich behandeln kann oder der in der Lage ist, seine Publikationen gekonnt zu vermarkten? Oder ist das auf der anderen Seite jemand, der die Sprache, in der er schreibt weiter voranbringt, sie weiterentwickelt und neue Welten und gedankliche Archetypen erschafft? 


Für mich sind die ersteren "Autoren" und erst die zweiten eigentliche "Schriftsteller". Das Wort Autor bezeichnet ja einfach nur einen Urheber, das Wort Schriftsteller andererseits bringt das zum Ausdruck, was auch das Wort Bildhauer zum Ausdruck bringt, nämlich gestaltende, visionäre Kraft kombiniert mit Wissen und Fertigkeit.

Natürlich kann man beides zugleich sein, Schriftsteller und Autor - das ist kein Widerspruch. Vor allem nicht in unserer sich immer mehr professionalisierenden Gegenwart der digitalen Revolution.

Doch die Frage bleibt: Haben wir in Deutschland gute Schriftsteller, die neue Welten erfinden, neue Logiken und fantastische Entwürfe vorlegen, so wie es der Baron Münchhausen uns einst vormachte (oder auch Chamisso, der ja eigentlich Franzose war).
Die deutsche Kultur hat ohne Frage eine Menge großer Musiker und Komponisten hervorgebracht, viele wunderbare Poeten, Interpreten und Maler. 

Die großen Namen der neueren deutschen Literatur, die überaus prägenden Böll, Canetti, Grass, Literaturnobelpreisträger, sind Autoren, die hauptsächlich, und oftmals versteckt, über ihr eigenes Leben geschrieben haben, Autobiographen, Beobachter, Moralisten mit einer Botschaft. Sie hatten eine Mission in Bezug auf die Gesellschaft - und sie waren alle ziemlich wehleidig. Neue Welten oder Archetypen, die ein literarisches Eigenleben entwickelten, haben sie im Grunde nicht entworfen. 

Aus der neueren deutschen Literatur entstammen nur sehr wenige Figuren, die in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen sind und ikonisiert wurden, wie Zazie, Harry Potter, James Bond oder Tarzan; wie Oblomov, Sherlock Holmes, Mme Bovary, Humbert Humbert oder Molly Bloom.

Oskar Matzerath aus der Blechtrommel ist am nächsten dran an so einer fiktiven Figur. Aber er blieb ein One-Hit-Wonder aus dem Zweiten Weltkrieg. Die junge Generation von deutschen Autoren folgte den Alten Meistern auf diesem autobiographischen Weg. Auch Karl May ist es gelungen, einige solcher Figuren zu erschaffen, doch ihre Wirkung hat die Grenzen des deutschen Sprachraums kaum überschritten - zu Recht, denn die Prosa von Karl May ist ziemlicher Pfusch und heute zumindest so gut wie unlesbar.

Je näher man sich mit der neueren deutschen Belletristik beschäftigt, desto klarer wird, dass uns die großen Fabulierer und Erfinder fehlen. Kaminer, Zaimoglu und Stuckrad-Barre zum Beispiel, so begabt sie sind, beschäftigen sich vor allem mit sich selbst, sie sind Journalisten im Belletristengewand. Autoren.

Ist der deutsche Roman eine tote Kunstform, so ähnlich wie die Oper? Ich hoffe nicht.

Die deutschen Kinderbuch-Autoren sind da weit voraus. Michael Ende steht auf gleicher Stufe wie Astrid Lindgren, Otfried Preussler ist ihr sogar, denke ich, weit überlegen; aber es gibt keine deutschen Entsprechungen zu Stephen King oder den großen Thriller-Autoren wie Lee Child, Baldaci, Ian Fleming und Patterson. Liegt es am Markt oder liegt es an unserer ernsten, teutonischen Tradition, die besagt, dass nur schwere Themen und historische Authentizität zählen? Dieses Erbe reicht bis hin zu Hauptmann und lässt sich ideengeschichtlich sogar bis auf Schiller zurückführen. Gibt es aus diesem Grund keine deutschen Entsprechungen zu Tolkien, Pratchett und George R.R. Martin?

Ist uns Deutschen die Lust am Fabulieren während des Hysterischen 20. Jahrhunderts endgültig vergangen oder können wir, und das ist meine Hoffnung, auf eine Art Renaissance des Fabulierens um seiner selbst willen spekulieren? Eine Renaissance, die dadurch eintreffen wird, dass es immer leichter wird, Bücher im Eigenverlag zu publizieren und dadurch, dass der hemmende Einfluss der germanistisch "ausgebildeten" auf den Literaturbetrieb glücklicherweise immer schwächer wird.





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Published on May 12, 2013 12:29

May 11, 2013

Faust und Mephisto - oder die Teufelsreise

Prolog

Es lebte einmal in Heidelberg am Neckar vor grob geschätzt fünfhundert Jahren ein unglaublich genialer Mann, und der hieß …

Doktor Faust
Nun, es war nicht so einfach zu sagen, was dieser Mann eigentlich war, denn er hatte gleich eine ganze Reihe von Berufen, jede Menge Berufe sogar: Wissenschaftler und Geniestreicher, Goldkocher, Apothekenmeister, Archivhocker und Klugschnacker - jeweils mit Doktorgrad, Magisterhut, Professorenstuhl und Mentor einer riesigen Horde Studenten - um nur ein paar der Dinge zu nennen, mit denen er sich täglich so herumzuschlagen hatte.Dieser Mann war, kurz gesagt, ein Genie und deswegen bekannt und gefragt im ganzen Reich. Aber weil den normalen Leuten in Heidelberg das viel zu komplex war, nannten sie ihn einfach nur "Doktor Faust" oder in ihrer maulfaulen Mundart: "Dr Dogder".Sein voller Name lautete "Doktor Heinrich Johann Immanuel Georg Faust", und er arbeitete damals in erster Linie für einen Fürsten dort aus der Gegend. Ein Fürst - das ist so eine Art Prinz, nur besser - und die Universität von Heidelberg mit allen ihren Fakultäten und Schlaglöchern war Privateigentum dieses Fürsten. Ein ziemlich teurer Spaß, alles in allem. Aus diesem Grund hatte der Fürst dem Doktor Faust schließlich auch den Auftrag erteilt, aus Dreck Gold zu machen.Also, wenn ihr mich fragt, das Goldmachen war einfach so eine Art Mode in Deutschland, damals, als der gute alte Kaiser Maximilian noch lebte: Alle waren ganz verrückt danach, aber keiner kriegtees hin.Denn mit dem Dreck ist es ja so: Überall ganz leicht zu finden: Unter den Fingernägeln, in den Haaren, zwischen den Zehen und auf der Straße. Da musste man gar nicht so lange suchen, und das hatte den Fürsten schließlich auf die Idee gebracht.Nun ist es aber auch so, dass es viel einfacher ist, mit Gold Dreck zu produzieren, als andersrum. Das war die wissenschaftliche Grundhypothese, die Doktor Faust aufgestellt hatte. Kein Wunder, dass es nicht geklappt hat. Die Wahrheit ist: Doktor Faust war pleite, aber so richtig doll, leergesaugt, trocken, finanziell gesehen komplett im Eimer.

Fortsetzung folgt
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Published on May 11, 2013 12:58

May 9, 2013

Mitte Band 1

Soeben erscheint der erste Band meiner Comedy-Reihe "Mitte" als e-Book bei 110th.

Es geht darin um einen enthusiastischen Schussel. Ich nenne ihn Albrecht. Seine Wohnung am Oranienburger Tor verwandelt sich nach und nach in eine WG wider Willen, als ein übergewichtiger Guru bei ihm einzieht - und mit ihm jede Menge Trubel - in Gestalt von Freunden, Geliebten, Verwandten und Mitbewohnern auf Zeit.

Es ist eine Komödie über Berliner Exzentriker im Bezirk Mitte, die sich gegenseitig das Leben schwer machen, Partner suchen, finden und verlieren, Karrieren bauen und zerstören. Ich habe versucht, das Gefühl von Soap-Operas und Comedy-Serien in Romanform zu übersetzen und die biographischen sowie anatomischen Kurven der Akteure über vier Bände hinweg episodenhaft miteinander zu verflechten.

In erster Linie wollte ich den improvisierenden Geist der späten Neunziger Jahre, also vor dem Advent des Hipsters, einfangen und zu leichter Lektüre machen, lustig, fies, frivol, realistisch - mit viel Berliner Lokalkolorit: Sex, Clubs, Gym, Musik, Mode, Drogen, Alkohol, Kunst... der ganz alltägliche Mix eben. Es ist damit auch ein ironischer Blick auf mich selbst geworden, wobei ich natürlich schwören könnte, dass sämtliche Figuren rein fiktiv sind, inklusive des Erzählers. Allein die Kulisse der Stadt sei real - wenn auch nicht immer ganz realistisch. 

Und deswegen liebe ich das Cover von Karsten Sturm. Es bringt die Episoden des Romans genial auf den Punkt: Großstadt, Bewegung und eine Vielzahl von Akteuren, deren Wege sich kreuzen und deren Blick auf die gemeinsame Welt gerichtet ist. Mich hat der Entwurf auf Anhieb überzeugt, auch, weil mich die (fiktive) Architektur der Illustration an die Friedrichstraße nördlich der Linden erinnert, wo viele Szenen aus dem Roman spielen. Wenn man genau hinschaut, kann man sogar Jenny und die unglaubliche Wibke Schmidt erkennen.
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Published on May 09, 2013 11:11

May 7, 2013

Unmögliche und denkbare Sprachen

Die Tradition Sprachen zu erfindenSchriftsteller bearbeiten ihre Sprachen in dem gleichen Maß wie sie sie einsetzen. Wie in fast allen anderen menschlichen Betätigungen auch geht es darum, Grenzen nach außen zu verschieben und Neuland zu erobern. Dabei sind nicht alle Autoren gleichermaßen kreativ. Einige, wie Lee Child und Ernest Hemingway verwenden ihre Sprachen relativ genau in dem Umfang, wie sie ohnehin bestehen. Diese Tradition ist in Deutschland besonders stark, wo sich die Mehrheit der Autoren (und auch der Verlage) scheinbar mehr oder weniger exakt an den Duden hält. Natürlich gibt es Ausnahmen, zum Beispiel Arno Schmidt und Kurt Tucholsky, aber auch Ernst Jandl und die Dadaisten.

Vor allem in England jedoch gibt es eine Tradition, in der Terry Pratchett und Douglas Adams aber auch George Martin ("Dothraki") stehen: Sie erweitern ihre Muttersprache um neue Wörter und grammatische Optionen konsequent. 


Václav Havel konstruierte für sein Stück "Memorandum" eine eigene fiktive Sprache, "Ptydep", das ähnlich wie Orwells "Neusprech" dazu diente, die tödliche Verlogenheit realer bürokratischer Sprachgewohnheiten zu demaskieren.  

Wiederum andere Schriftsteller sind noch weiter gegangen und haben eigene Sprachen entworfen, freie Kunstsprachen, aus denen heraus sie ihre Stoffe entwickelten. Die beiden berühmtesten sind Tolkien, der gleich mehrere Sprachen Mittelerdes entwarf und daraus seine Stoffe ableitete, wobei er sich bekanntlich von dem Korpus der Sagen der Edda inspirieren ließ.

Die Tradition, ganze Sprachen zu erfinden, lässt sich unter anderem auf Thomas Morus, hier im Bild, und Jonathan Swift zurückverfolgen. John Dee versuchte im 16. Jahrhundert, die Sprache der Engel zu rekonstruieren und nannte sein Ergebnis "Enochian", nach dem biblischen Enoch, dem Ur-Großvater (oder so) von Noah. Diese erfundene, aber wenig anspruchsvolle Sprache inspirierte Aleister Crowley und H.P. Lovecraft zu ihren okkulten Werken.

Dennoch: Einige dieser Kunstsprachen oder Ausdrucksweisen sind geradezu ansteckend, wie etwa die Art und Weise, wie Master Yoda aus Star Wars spricht, oder der große Diktator von Charlie Chaplin. Auch die nicht sehr anspruchsvolle Schlumpfsprache hat diese Qualitäten. Sie wirkt auf Kinder besonders stark, beziehungsweise auf das Kindliche im Leser. 
Wesentlich komplexer ist das Klingonische, eine fiktive Sprache aus dem Weltraum. Sie ist inzwischen umfassend erforscht und hat, wenn man den Angaben irdischer Klingonen vertrauen will, mehr Anhänger als Esperanto und Volapük zusammen. Diese fiktive Sprache ist tatsächlich als eigenständige Sprache anerkannt mit eigener ISO-Kodifizierung und Dokumentation.

Wie immer hat die amerikanische Unterhaltungsindustrie den umfassendsten Blick auf dieses Phänomen. So gab etwa Disney dem Linguisten Marc Okrand, der in den Achtzigern auch das Klingonische erschaffen hatte, den Auftrag eine Muttersprache aller Sprachen zu erfinden, um den Film, Lost Empire (2001) zu bedienen. Dieses grandiose und linguistisch vieldiskutierte Vorhaben führte dazu, dass eine komplett fiktive Sprache entstand, auf die eine große Zahl real bestehender Sprachen zurückzuführen sei, und seien sie so verschieden wie Chinesisch, Hebräisch oder Griechisch.

















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Published on May 07, 2013 23:21

May 6, 2013

iPad, Atombombe und Mondlandungen

Eine Wissenschaft vom Erfundenen Die Fiktionalistik ist eine Hilfswissenschaft für die erzählenden Künste. Sie fragt nach welchen Gesetzen erfundene Gegenstände funktionieren, also zum Beispiel Bücher, die es (noch) nicht gibt, aber die irgendwo erwähnt werden: Welche Eigenschaften müssen erfundene Sprachen oder fiktive Städte haben, um das Lesevergnügen des Publikums zu erhöhen?

Damit ist die Fiktionalistik streng zu trennen von dem ähnlich klingenden philosophischen oder juristischen Fiktionalismus, bei dem es darum geht, den Wert von Gedankenexperimenten für die wirkliche Welt zu erörtern und zu fragen, wie die widerspenstige Realität mit Hilfe von Idealvorstellungen oder Fiktionen zu regieren sei.


Die Fiktionalistik hingegen beschäftigt vielmehr sich mit der Frage, nach welchen Regeln erfundene Dinge beschrieben werden müssen, so dass innerhalb der Kunst im weitesten Sinne Unterhaltungswert entsteht. 

Anders als reale Erfindungen, also zum Beispiel das iPad, sind "erfundene Erfindungen", Erfindungen, die es nur in der Literatur gibt, nicht an die Gesetze des Marktes, der Physik oder Chemie gebunden. Damit fehlt ihnen ein wesentlicher evolutionärer Selektionsfaktor, der jedoch durch das Interesse der Konsumenten der Geschichten ausgeglichen wird. Je theoretisch möglicher eine erfundene Erfindung ist, desto leichter fällt es dem Publikum, sich seiner Faszination zu öffnen.

Die Fiktionalistik fragt also welche fiktiven Dinge glaubhafter dargestellt oder konstruiert sind als andere - und warum dies so empfunden wird. Damit ist diese Disziplin unmittelbar relevant für Autoren und Produzenten, die neue Welten erschaffen wollen und die sich fragen, wie sie ihre Schöpfungen zugleich plausibel und fantastisch ausbauen können.

Zum Beispiel geht es um 
erfundene Personen, Völker, Kulturen (Mr. Spock) erfundene Länder, Orte und Städte (Metropolis)erfundene Institutionen und Organisationen (Jedi Ritter)erfundene Sprachen und Religionen (Klingonisch)erfundene Transportmittel, Medien und Gerätschaften (die Nautilus)erfundene Sportarten und Wissenschaften (Quidditch)erfundene Tier- und Pflanzenarten (Yeti)erfundene Gifte, Drogen und Waffen (Pfefferpistole)Dabei hilft die Fiktionalistik, die gemeinhin relativ eng verstandenen Grenzen von Fantasy, fantastischer Literatur und Science-Fictionliteratur auszuweiten: Die Odyssee, das Nibelungenlied, Gullivers Reisen, Goethes Faust, das Gilgamesch Epos, Don Quijote, Gargantua und viele andere Klassiker der Weltliteratur sind übervoll mit Gegenständen der Fiktionalistik. Nach welchen Regeln funktionieren diese "Erfindungen" und welche erzählerischen Zwänge entstehen dadurch? So etwa lautet eine typisch fiktionalistische Fragestellung.


In einem tieferen Sinn befasst sich die Fiktionalistik mit der Analyse virtueller Gegen-Realitäten - denn solche zu erschaffen ist die Aufgabe der Künstler und der Kreativen, die genau wie ihre Werke auch, häufig ihrer Zeit voraus sind. Damit ist die Fiktionalistik ein Unterbereich der Literaturwissenschaften, Geistesgeschichte und der Kulturwissenschaften.

Mark Twain zum Beispiel beschreibt in einer Kurzgeschichte für die London Times 1904(!) eine Art Internet, das über Telefonleitungen betrieben wird und das dazu dient, Informationen, zum Beispiel Voice Memos, auszutauschen, wobei er den Unterschied zwischen Copyright und public domain nennt.
Der High-Tech Prophet und Literat Robert Heinlein beschrieb in "Stranger in a Strange Land", 1961, rund zehn Jahre bevor es den PC gab, den Screen saver:

Opposite his chair was a stereovision tank disguised as an aquarium; he switched it on, guppies and tetras gave way to the face of the well-known Winchell Augustus Greaves.

Ähnlich ist es mit Erfindungen wie dem erwähnten iPad (bereits in Next Generation), dem Radar (Hugo Gernsback, 1911) und der Atombombe (H.G. Wells, 1914). 
Sie alle entstammen den literarischen Werken von Autoren, die die Welt veränderten, indem sie logisch schlussfolgernd vorgingen und die Überschneidung der olympischen Ringe von Phantasie, Traum und Realität analysierten.


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Published on May 06, 2013 03:08

May 2, 2013

Was ist Fiktionalistik?

Konkreter Nutzen aus fiktiven Welten Realität und Künste überschneiden sich - ähnlich wie die olympischen Ringe. Die Fiktionalistik beschäftigt sich mit denjenigen Bereichen der Kunst, in denen sie sich nicht mit der Realität deckt. Es geht um Erfundenes, Ausgedachtes und  Erträumtes; um Parallel-Universen und technische oder soziale Visionen. Dadurch, dass diese Visionen die Tendenz haben, vom Reich der Phantasie in die Realität hinüberzuwechseln, man denke an Jules Verne, ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit fiktiven Innovationen sehr konkret mit der Realität verbunden.

Als Jonathan Swift die Reiche Liliput und Brobdingnag erschuf, musste er konsistente Regeln aufstellen, um sich nicht in narrative Widersprüche zu verwickeln. Vor dem gleichen Problem stand Jules Verne mit seinen technologischen Visionen und näherte sich damit zwangsläufig der Realität an: Er beschrieb die erste Mondlandung geradezu gespenstisch exakt - 100 Jahre vor Apollo 11.

Diese narrative Konsistenz ist, wenn man so möchte, der erste Plausibilitäts-Test für künftige Innovationen in der realen Welt. Je widerspruchsfreier diese virtuellen Innovationen sind, desto größer ist nicht nur die Chance, dass sie eines Tages tatsächlich umgesetzt werden können, sondern auch die Chance, dass die Geschichte, in der von diesen Innovationen erzählt wird, auf dem Markt erfolgreich ist.

Einer der Erfinder des modernen Handys, Martin Cooper sah sich von den Kommunikatoren der Serie Star Trek inspiriert, die man genauso aufklappen konnte, wie später die Handys. Der tschechische Autor Karel Capek ist der Erfinder des Wortes "Robot" - wenn auch die Idee des Maschinenmenschen bereits in der Antike bekannt war. Heute existieren Roboter fast schon auf selbstverständliche Weise. Als Ray Bradbury 1953 den Roman "Fahrenheit 451" schrieb, erfand er darin die Home Entertainment Systeme, die heute in fast jedem Wohnzimmer stehen. Die Auswirkungen der erzählerischen Künste auf Wirtschaft und Gesellschaft sind eine - wenig erforschte - Tatsache.

Dem Fiktionalisten stellen sich daher Aufgaben wie diese:

- Katalogisierung erfundener Dinge (z.B. erfundene Sprachen und Gegenstände)
- Gliederung dieser Kataloge in Kategorien
- Analyse der geistesgeschichtlichen Verwandtschaften der Erfindungen

Daraus ergeben sich, gar nicht so erstaunlicherweise, überaus konkrete Anwendungsbereiche für die reale Welt. Die Erkenntnisse der Fiktionalistik helfen Künstlern "bessere" neue Welten zu konstruieren und ihr Genre voranzubringen. Die Fiktionalistik ist aber auch, und hier geht es um Geld, eine Hilfe bei der Suche nach neuen Patenten für die reale Welt, indem sie die Sphäre des Fantastischen durchforstet und imaginäre Innovationen analysiert.


Die Überlegung, dass es sich auch im realen Leben lohnen könnte, eine fiktive Sprache wie Klingonisch zu lernen, um eine Geheimsprache zu haben, ist solch ein fiktionalistischer Ansatz, der die Brücke zwischen Phantasie und sozialer Realität schlägt.

Dass aus den Künsten heraus Anregungen für Techniker und Ingenieure entstehen liegt nicht nur daran, dass alle geistige Tätigkeit nach Art der olympischen Ringe miteinander verbunden ist, sondern auch daran, dass es Künstlern oftmals genügt, die Innovation beschrieben zu haben, ehe sie sich neuen gedanklichen Feldern zuwenden. Sie überlassen es dann anderen, für die Umsetzung zu sorgen, die - und das muss man hinzufügen - oft Jahre auf sich warten lässt. 

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Published on May 02, 2013 10:22

Fiktionalistik: wo lagert man erfundene Bücher?



in Bibliotheken, die es nicht gibt... Büchersammlungen sind ein faszinierender Topos in der Literatur, nämlich als Schauplatz von Morden, Intrigen und Recherchen, Geistererscheinungen, Erleuchtungen und - wenn man an Ross Geller aus Friends denkt - auch romantischer Verwicklungen, die (in seinem Fall "natürlich") schief gehen. Die Fiktionalistik, also die Wissenschaft vom Erfundenen, ist zutiefst mit diesem Topos verbunden. In fiktiven Bibliotheken stehen erfundene aber teilweise auch durchaus reale Bücher - denn dies sind die beiden Grundtypen erfundener Bibliotheken.

Die (vergleichsweise kleine) Bibliothek des Don Quijote gehört zur ersten Gruppe: Im Roman sind dort reale Bücher zu finden, jedoch nur solche, die ausgedachte Geschichten präsentieren, im Wortsinn Fantastische Literatur: Heldenmärchen von Rittern wie Amadis von Gallien, Lanzelot, Galahad und König Artus - über Riesen, magische Schwerter und Schätze, über Hexen und Liebestränke.

Zur zweiten Gruppe gehört das Archiv der Jedi Ritter auf dem Stadt-Planeten Coruscant: Die Vorstellung, dass es einen Ort im Universum gibt, an dem alles Wissen der Galaxie gespeichert ist, hat etwas Beruhigendes für alle Eskapisten unter den Lesern. Die Bibliothek von Hogwarts gehört ebenfalls zu dieser Gruppe. 

In Doctor Who taucht sogar eine planetengroße Bibliothek dieser Art auf, erschaffen von einem Vater, der seiner sterbenden Tochter Charlotte den letzten Wunsch erfüllte und ihren Geist digitalisierte und in die Bibliothek einspeiste, um damit den Tod zu überwinden. Nun kann das bibliophile Mädchen als digitaler Bücherwurm bis ans Ende aller Zeiten Bücher lesen. Bibliotheken sind in der Tat Orte, in denen man sich verlieren kann - und zwar gedanklich ebenso wie physisch. Über die Architektur der Bibliothek der Unseen University der Scheibenwelt heißt es:

The layout of the Library of Unseen University was a topographical nightmare, the sheer presence of so much stored magic twisting dimensions and gravity into the kind of spaghetti that would make M.C. Escher go for a good lie down, or possibly sideways.

Deutlich abstrakter als diese ist die Bibliothek des Lucien aus dem Comic "Sandman", wo sämtliche Bücher stehen, die jemals jemand zu schreiben beabsichtigte oder träumte. Man könnte sagen, dies ist Fiktionalistik des  zweiten Grades, die Erforschung einer erfundene Sammlung von Büchern, die nur möglicherweise einmal erfunden worden wären - aber niemals erfunden worden sind. Wird nämlich eines dieser erträumten Bücher tatsächlich einmal geschrieben, so geht das Exemplar in Luciens Sammlung in Flammen auf.

Das bringt uns zum nächsten Thema, nämlich den Brennenden Bibliotheken - seit dem Brand von Alexandria, eine reale aber verklärte Bibliothek, ist dies der Alptraum aller Bibliothekare und Archivare.

Berühmte brennende, erfundene Bibliotheken sind das Aedificium aus Umberto Ecos Der Name der Rose und die riesige Sammlung des wahnsinnig werdenden Sinologen Peter Kien aus Elias Canettis Roman Die Blendung. Auch Don Quijotes Bibliothek ist ein Ort des Wahnsinns, wie die Illustration Gustave Dorés zeigt. Da den Besuchern jeglicher Bibliotheken körperliche Langsamkeit und Ruhe auferlegt werden, erreicht der innere geistige Wahn umso stärkere Kontrastwirkung. 

In Ecos labyrinthischem Bücherturm sitzt ein uralter, blinder, psychopathischer Mönch (oder Sith-Lord?) mit den Namen Jorge von Burgos, der an (den ebenfalls blinden) Jorge Luis Borges anklingt, den Schöpfer der unendlich und daher entsetzlich großen Bibliothek von Babel, mit der sich der Kreis erfundener Bibliotheken schließt, denn dort, im Garten der Pfade, die sich verzweigen, sind alle vorstellbaren Bücher zu finden, alle möglichen Kombinationen aller Buchstaben, Symbole und Satzzeichen in jeder Länge - aber kein Katalog und keine Systematik.

 
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Published on May 02, 2013 03:43

April 29, 2013

Das Eigenleben erfolgreicher literarischer Figuren


Direkt ins Zentrum Zwischen Pilotfilm und erster Folge liegen oft erhebliche erzählerische Unterschiede. Das ist bei Büchern, Comics und Spielen oft ganz genau so. Zum Beispiel bei Asterix und Obelix, deren erstes Abenteuer "Asterix der Gallier" im Vergleich zu den folgenden noch ziemlich blass war. Die Illustration zeigt die Entwicklung des Obelix von einem schwer arbeitenden Hinkelsteinlieferanten hin zu einer echten Comic-Figur, die immer stärkere Cartoon-Eigenschaften zeigt. Damit spiegelt Obelix die Entwicklung des gesamten Asterix Universums wider. Der Hinkelstein streckt sich; Obelix verliert seine Waffe und wird immer rundlicher. Es entsteht ein Archetyp oder eine Idealform - geschliffen im Windkanal des kreativen Prozesses.
Auch bei Harry Potter kann man  beobachten, wie sich bereits zwischen Band eins und Band zwei die Erzählstimme enorm verändert: weg von Erklärungen und Faustregeln hin zu Spannung und Charakter. 

Folgt daraus die Empfehlung an Autoren, erst mit dem zweiten Band einzusteigen und den ersten Band zurückzustellen und vielleicht ex post noch einmal zu schreiben? Kann sein! Muss aber nicht.

Es liegt ja auch ein großer Reiz genau darin, die Entwicklung der Sicht des Autors auf sein eigenes Werk mitzuverfolgen. Welche Schwerpunkte setzt er oder sie? J.K. Rowling versuchte im ersten Band noch Schulregeln und Wissen über die reale Welt zu vermitteln ("Was ist der Unterschied zwischen Stalagmiten und Stalaktiten?") Später vermittelte sie fast nur noch die Regeln der magischen Welt.

Man könnte sagen: Das ist auf einem quasi strategischen Niveau: Welche Figuren und Inhalte werden dem Autor wichtiger, welche treten langsam zurück? Im Fall der Big Bang Theory ist natürlich Sheldon Cooper ein solcher Break-Out Charakter, eine Figur, die ursprünglich als Nebenfigur geplant war, deren Wirkung aber immer dominanter wird ... Popeye, Wolverine, die Schlümpfe, Inspector Clouseau, Kapitän Jack Sparrow, J.R. Ewing und natürlich Darth Vader sind solche Figuren, die sich gegen das umfassende Werk durchsetzen konnten und etwas ganz Eigenes wurden. Sie sind, wenn man so möchte, Usurpatoren der Literatur, die sich ihren Schöpfern aufzwingen und aus dem Werk heraus den Schaffensprozess und die kreative Perspektive der Autoren beeinflussen.








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Published on April 29, 2013 04:23

über Bücher, Filme und Publikationen

Albrecht Behmel
Albrecht hat in Heidelberg und Berlin Geschichte, Philosophie und Politik studiert. Seit 1999 ist er Autor für Film, Print, Radio und TV, unter anderem für UTB, SR, ARTE, Pro7Sat1 und den RBB. Er lebt ...more
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