Maximilian Buddenbohm's Blog, page 402
November 1, 2012
Buchtipp für Eltern
Allerheiligen, Allerseelen, Halloween, Ewigkeitssonntag, Volkstrauertag – befragen Sie willkürlich ein paar Leute im Freundeskreis und sie erhalten die wildesten Deutungen zu den Festtagen, die jetzt gerade anstehen oder eben erst waren. Zuckerfest, auch in dieser Jahreszeit, worum geht es denn da noch einmal? Hubertustag? Martinstag?
Ich bin sicher nicht der einzige Ratlose, der bei erschreckend vielen Festtagen im Grunde keine Ahnung hat, was noch einmal dahintersteht oder stand. Es schadet aber weder unserer eigenen Allgemeinbildung noch der unserer Kinder, hier etwas nachzulesen und zum Beispiel jeweils am Monatsanfang einmal durchzugehen, was da so kommt. Christliche, römische, heidnische, muslimische und jüdische Feste und Traditionen, alles zusammen, denn es wird ja alles um uns herum in alten Formen oder modernen Anpassungen gelebt.
Christa Holteit: Das große Familienbuch der Feste und Bräuche. Mit vielen Bildern von Tilman Michalski.
Zugegeben, der Titel klingt jetzt nicht so wahnsinnig verlockend. Aber dann liest man kurz hinein und denkt sich „Ach? Guck mal an“ und „So? Wirklich?“ und „Nanu!“ und „Ach, daher!“, das ist nämlich tatsächlich alles sehr interessant und das kann man alles auch wirklich gerne wissen. Mit Liedern und Gedichten, schadet auch nichts.
Ich fand es sehr erhellend.
October 31, 2012
Woanders – Sonderausgabe
Weil mir das Thema so am Herzen liegt, weil die etablierten Medien es so unfassbar gründlich ignorieren und weil hier drüben alles Wichtige drinsteht, verweise ich mal außer der Reihe auf diesen Artikel bei Kiki. Bitte lesen.
ABC
“Abessé Deje Effgeh Hachijot Kalemmopé Kuh Erster Uvauwé Iksüppsilom Zett. Alphabet! Katze.”
Sohn II lernt das Alphabet. Die Katze wird beständig mit erwähnt, weil sie ABC im Schnee lief. Das ist ein ganz anderes Lied, aber es gehört für ihn einfach dazu.
October 30, 2012
Wohnen in bester Lage
In unserem kleinen Bahnhofsviertel wird gerade lebhaft diskutiert, was Gentrification und Tourismus hier anrichten. Die Mieten steigen in absurde Bereiche, eine 25-qm-1-Zimmer-Wohnung wurde hier um die Ecke gerade ernsthaft für 625 Euro kalt angeboten. Da kann man schon einmal einen Augenblick länger drüber nachdenken, über solche Dimensionen. Neben ein Hotel kann natürlich immer noch ein weiteres Hotel gebaut werden, in den Straßen dieses sehr, sehr kleinen Stadtteils übernachten mittlerweile mehr als ein Drittel aller Gäste, die Hamburg besuchen. Wir sind also das Gästezimmer der Stadt. Die einen finden das toll, weil die Touristen auch Geld im Stadtteil lassen, der vor nicht allzu langer Zeit noch ziemlich heruntergekommen war. Die anderen finden das überhaupt nicht toll, weil die Infrastruktur für die Touristen eine andere ist als die, welche man als Anwohner gerne hätte. Touristen haben gerne in jedem zweiten Haus einen Coffeeshop oder eine Trattoria, Anwohner hätten aber gerne einen Käseladen oder ein Schreibwarengeschäft oder ähnlich nützliche Einrichtungen, man ahnt das naheliegende Konfliktpotential. Die Betreiber der Coffeeshops können mehr Miete zahlen als die alteingesessenen Lädchen, der Häuserkampf wird über den Mietpreis ausgetragen und es ist klar, wer das gewinnt. Nostalgiker schwärmen von der guten, alten Armut und von damals, als noch nicht jeder Altbau im Viertel edel renoviert war. Das ungeheizte Klo im Treppenhaus, die auf der Straße herumliegenden Spritzen der Junkies, die offene Drogenprostitution und die Dealerszene, das alles haben sie längst vergessen oder verdrängt. Früher war es schöner, früher war es netter, früher hat man noch beim abendlichen Rundtanz um die brennenden Mülltonnen im Hof Hand in Hand in fröhlichem Reigen „Kein schöner Land“ gesungen. Oder so. Und da ist, bei allem Spott, sogar etwas dran. Aber egal, das war damals, heute wird hier alles aufgeräumt, ein gründlicher Frühjahrsputz, nur ganzjährig. Der Pastor der Kirche vor meinem Balkon sagt hier gerade in der Presse etwas Richtiges dazu, so etwas liest man viel zu selten.
Man hätte den Stadtteil jetzt gerne medium – ein wenig renoviert, ein wenig schick, ein wenig romantisch verkommen, ein wenig launisch bunt, ein wenig multikulti, ein wenig schwul, aber alles genau im mittleren, korrekten Wohlfühlbereich. Aber medium können Städte nun einmal nicht oder immer nur ganz kurz, Stadtteile sind entweder raw oder well-done. Und unser kleines Sankt Georg ist allmählich in der Tat gut durch. Und gut durch, das will dann am Ende immer keiner bestellt haben, das kennt man ja. Und es schmeckt auch wirklich nicht.
Für mich ist das hier aber auch ein wenig Travemünde reloaded. Eine ähnliche Situation wie in meiner Jugend. Es ist alles voller Touristen und die Einwohner kennen sich anscheinend alle und umkurven die Hauptanlaufpunkte der Gäste weiträumig im Zustand dauernden Kopfschüttelns und ganztägig gehobener Brauen. Es gibt zu wenig Wohnungen, aber sehr viel Platz für Gäste. Das war damals an der Ostsee genauso. Und heute wie damals komme ich in Restaurants besser weg, weil ich den Wirt kenne und oft komme und nicht mit Rollkoffer und Stadtplan in der Hand auf dem Weg zum Bahnhof bin. Die Straßen sind hier immer voller Fremder, der Zusammenhalt der Eingeborenen ist dabei vielleicht ein wenig besser als in anderen Vierteln. Mag sein. Manchmal. Schwer zu sagen.
Für mich jedenfalls amüsant, dass die Kinder des Stadtteils die in der Gegend herumstehenden Touristen ähnlich wahrnehmen wie ich damals die zahllosen Strandbesucher an der Ostsee. Ich holte Sohn I am Freitag vom Kindergarten ab, er hatte einen Kumpel dabei, der bei uns übernachtete. Dafür schlief Sohn II bei dessen Bruder, da muss man als Elternteil übrigens aufpassen, dass man sich alles richtig merkt, sonst hat man am Ende die falschen Kinder zu Hause, sehr ärgerlich, aber darum geht es gar nicht. Die beiden Jungs gingen also vor mir her, wir schlängelten uns durch die Massen auf den Straßen, denn am Wochenende ist es hier immer besonders voll, da kommen die zahllosen Kurzreisenden. „Wollen wir Touristen spielen?“ fragte der Kumpel von Sohn I und „Ja!“ rief Sohn I begeistert.
Ich erkundigte mich, wie das Spiel denn wohl funktionierte und wurde aufgeklärt: Man geht zu dritt oder noch besser zu viert nebeneinander, so dass garantiert keiner mehr an einem vorbeikommt. Dabei fasst man sich an den Händen und schreitet so langsam, dass alle hinter einem wahnsinnig werden.
Ich habe gleich mitgemacht – ein tolles Spiel. Probieren Sie es ruhig auch einmal. Aber vielleicht doch lieber in einem anderen Stadtteil.
October 29, 2012
Woanders – heute mal sehr journalismuslastig
Ein englischer Artikel über die Kommentare auf der amerikanischen Seite Huffington Post. Lesenswert wegen der hier noch gänzlich unvorstellbaren Zahlendimensionen. 70 Millionen Kommentare bisher in diesem Jahr, einzelne Artikel mit mehr als 100.000 Kommentaren – das ist schon mal einen Gedanken wert, was das eigentlich bedeutet.
Im Tagesschau-Blog ein Text über Menschen mit Migrationshintergrund in deutschen Redaktionen. Enthält den schönen Begriff „Biodeutsche“.
Und gleich noch einmal zum Journalismus. Ein Bericht über einen ganz normalen Fototermin und die ganz normale Unwahrheit. Interessante Frage, ob das nun wirklich normal ist, ob es dann eben eine normale Lüge ist, oder aber verständlich und verzeihlich – oder was?
Das hier ist amüsant, die Geschichte über den „Großen Linkfrieden“ der deutschen Onlinemedien, der gerade auf Twitter verhandelt wurde. Man muss dabei immer im Kopf behalten: Die im Artikel abgebildete Diskussion auf Twitter ist keine Parodie, das ist alles echt.
In ähnlichem Kontext ein Artikel über den Zustand deutscher Onlinemedien, man möchte viel nicken beim Lesen: Online Tristesse.
Je nachdem, welchen Medien man folgt, bekommt man zur Zeit vieles zum Thema Flüchtlinge mit. Oder eben auch nicht. Flüchtlinge in Europa, Flüchtlinge in Deutschland. Man sollte nicht vergessen – unsere Großeltern waren auch Flüchtlinge. Oder deren Eltern. Oder unsere Eltern. Oder die Tanten und Onkel. Sehr lange müssen in Deutschland die wenigsten nachdenken, um den eigenen Familienbezug zur Flucht zu finden. Das letzte “Weißt Du noch” dürfte nicht sehr lange her sein. Haben Sie von den 58 Toten vor Gibraltar vor ein paar Wochen gehört? Vermutlich nicht. Ist auch nur ein Beispiel von vielen. Hier ein Blog zur Flüchtlingsfrage, auch nur eines von vielen.
Und dann noch: Glumm über Heroinsucht.
Journelle über das Leben auf dem Land. Der Titel des Beitrags, „Stadt, Land und kein Fluss“, wäre auch als Buchtitel sehr brauchbar gewesen. Klingt schon so nach Literaturpreis. Sehr feuilletonfreundliche Wortwahl, fast möchte man ihn klauen, den Titel. Aber das würden wir ja nicht tun.
Sibylle Berg über das Schreiben als Arbeit.
Neu entdeckt: SteglitzMind mit Interviews über Buchblogger und Literaturseiten. Kann man ruhig ein wenig zurück lesen, lohnt sich.
Und drüben bei Isa ein kleiner Einblick in die Arbeit der literarischen Übersetzung. Kommentare mitlesen, lohnt sich.
Probleme, die ich früher noch nicht hatte
Das Team der Frauenarztpraxis der Herzdame möchte ihr kein neues Rezept für die Pille mehr ausstellen. Man äußerte Bedenken, damit eventuell Stoff für ein neues Buch von mir zu verhindern, und das ginge ja nicht.
Ich denke ja, ich finde auch andere Buchinhalte – aber das war das vermutlich süßeste Kompliment des Jahres, herzlichen Dank.
October 28, 2012
Es gibt Tage…
… an denen einem die Stadt schon morgens auf dem Weg zum Bäcker seltsam coelho-mäßige Botschaften zuraunt. Und ich so, im Weitergehen: “Sehe ich aus, als wäre ich Esoteriker? Hm?”
October 27, 2012
Puppentheater
Als ich Kind war spielten Jungs nicht mit Puppen, das war vollkommen unüblich. Autos, Pistolen, Werkzeug, alles war in Ordung, Puppen waren es nicht. Heute ist das natürlich anders, heute haben die Väter wesentlich mehr Anteil an der Aufzucht der Kinder. Sie wickeln, sie füttern, sie machen alles, was früher den Müttern vorbehalten war. Logisch, dass Jungs jetzt mit Puppen spielen, die Väter haben ja auch Babys auf dem Arm. Andere Vorbilder, andere Spiele, so schnell geht das. Keine 50 Jahre sind vergangen und alles ist ganz anders. Das Sorgende im Mann, das hegende Element, das Kümmernde, es ist alles aktiviert und wird ausgelebt. Ich habe die Söhne gewindelt, also können die auch ihre Puppen oder Stofftiere windeln, da fällt denen jetzt kein Zacken mehr aus der Krone, da ist alles im grünen Bereich. Sollte man meinen.
Stimmt aber gar nicht. Oder stimmt, aber doch nur ein wenig. Nämlich nur bis zum Kindergarten. Sobald die Jungs dort Freunde finden, ist es vorbei mit den Puppen, dann wird immer noch klar, dass die nur für Mädchen sind, für diese ein wenig suspekte andere Gruppe Mensch. Und dann eben doch wieder Autos, Pistolen, Werkzeug, alles wie gehabt. Vielleicht können Jungs in 50 Jahren schon bis zum Alter von 6 Jahren mit Puppen spielen, und in 100 Jahren dann sogar bis 12? Geschichte geht weiter, man darf nicht zu schnell entmutigt sein.
Sohn I übrigens pflegt die von seiner Mutter geerbten Barbies hingebungsvoll. Er zieht sie adrett an, er kämmt ihr Haar und hält sie in einem stets spielbereiten Zustand. Wirklich erstaunlich, für einen 5-Jährigen. Neulich fragte er sogar nach mehr Barbie-Puppen.
„Du willst mehr Puppen haben?“
„Ja, ich möchte viel mehr Puppen haben. Weißt Du, Papa, dann besuchen mich mehr Mädchen und bleiben auch viel länger.“
Doch, doch, die Geschichte geht wirklich voran.
(Dieser Text erschien als Kolumne in den Lübecker Nachrichten und in der Ostsee-Zeitung)
Bauarbeiten beendet
So, wir sind erst einmal durch. Ein paar Kleinigkeiten noch, aber im Prinzip kann es so bleiben. Das Design ist jetzt responsiv, das heißt die Seite sollte auch auf einem Smartphone, einem iPad oder sonst wo gut aussehen und prima lesbar sein, und zumindest auf meinen Geräten klappt das auch.
Das Design „Blaskan“ stammt übrigens von Per Sandström, wir sind jetzt also ein Fall von skandinavischem Schick, man kann das Theme hier finden, es kostet nichts.
Danke
An die Leserin E.S. für die Lego-Sendung an die Söhne! Ich finde diese Zusendungen nach wie vor absolut wundervoll. Die Söhne natürlich erst recht. Und ich bin mir immer nicht ganz sicher, aber so lange es jemand nicht ausdrücklich wünscht, nenne ich hier keine Namen. Ich hoffe, das ist recht so.
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