Maximilian Buddenbohm's Blog, page 279
June 22, 2016
Woanders – Der Wirtschaftsteil
Es geht in dieser und vermutlich auch in der nächsten Woche um unsere Lebensräume, um Städte und um Landflucht. Im ersten Text kommt das Thema noch gar nicht so prominent vor, er ist dennoch hochinteressant und gleich an manchen Stellen zitierfähig mit tiefgründigen Sätzen zu unserer Gesellschaft und zu unserem Zusammenleben. In der Stadt und auch anderswo. “Wir können den ganzen Tag darüber reden, dass die Welt nicht funktioniert, aber sie kümmert sich überhaupt nicht darum.” Keine ganz leichte Lektüre, aber es ist vermutlich doch lohnend, dem Interview zu folgen.
Einige Aspekte aus dem Interview werden in einem Projekt aufgegriffen, dass in Hamburg gerade testweise eingesetzt wurde. “City Scope” ist ein Instrument der Stadtplanung, vielleicht auch der Demokratisierung. Auf jeden Fall scheint es ein Instrument zu sein, das Stadtmenschen kreativ mit ihrer Umgebung umgehen lässt.
Ein anderes Stichwort, das man heute beim Thema Stadtplanung im Smalltalk wohl kennen sollte, ist “Slow Urbanism”, das wird hier am Beispiel von Antwerpen erklärt.
Wobei es natürlich nicht so ist, dass man nur in der Stadt kreativ mit dem Umfeld umgehen könnte. Auch in kleineren Gemeinden gibt es interessante Ideen. Und man kann auf weitere, auch auf drastischere Ideen kommen, um der Landflucht zu begegnen oder ihr vorzubeugen. In der SZ werden Beispiele gesammelt. In der gleichen Zeitung übrigens auch ein nicht ganz so optimistisches Special zum Thema.
Apropos kreativ und apropos Siedlungen – man muss auch zur Kentnis nehmen, dass man Häuser mittlerweile drucken kann (englischer Text). Das hat gar nicht groß für Schlagzeilen gesorgt, ist es nicht seltsam? Ändert das nicht sehr viel, wenn man sich das etwas weiter ausmalt?
Und ist es nicht immer wieder faszinierend, wie die Städte auf die Menschen und die Menschen auf die Städte wirken, wie Änderungen in der Stadtplanung für viele, viele Änderungen sorgen, man sehe sich hier etwa ein Beispiel aus Kolumbien an. Oder hier, Barcelona, da geht es um Verkehr und Straßenraum (englischer Text) und um einen Ansatz, von dem man immer mehr liest, nämlich den BürgerInnen die Straße wiederzugeben. Die übrigens, das gehört auch dazu, die Straßen oft auf ihre eigene und eigentlich nicht vorgesehene Art verzieren.
Schließlich noch ein Artikel zur Frage, warum jede Stadt anders tickt und warum sich jemand vielleicht in Frankfurt am Main wohlfühlt, in Berlin aber nicht. Oder umgekehrt. Haben Städte denn tatsächlich einen wahrnehmbaren Charakter, der über die Bausubstanz hinaus nachweisbar ist? Was ist dran, wenn uns Städte unerklärlich unsympathisch sind?
In der nächsten Woche u.a. Etwas zum Thema Urban Gardening, das dürfte dann zu dem passen, was auf einigen Balkonen gerade erntereif wird.
Für dem Freundeskreis Fahrrad zum Ende aber noch eine Meldung, bei der schon die Überschrift interessant ist, alleine schon die Tatsache, dass man darüber überhaupt nachdenkt – über die grüne Welle für Radfahrer.
June 20, 2016
Kurz und klein
Junge (ca. 7J.) fragt an Information vom Kaufhaus: “Haben Sie vielleicht Eltern gesehen ohne einen kleinen Jungen, der so aussieht wie ich?”
— Loewin im Hasenpelz (@Hasenloewin) 2. Juni 2014
Bitte bedenken Sie, dass Sie als Mutter in Elternzeit einen großen Flur brauchen, um die Pakete für die ganze Straße annehmen zu können.
— Elefantenkuckuck (@Eulenkuckuck) 2. Juni 2016
Der Sohn hat sich Haar ins Gel gemacht.
— Y (@Gehirnkram) 1. Juni 2016
Nichte (15) snapchattet nur im UK Internat, „weil da keiner WhatsApp hat.“ (Das „wie die Tiere“ hat sie höflicherweise nicht laut gesagt.)
— Kiki (@e13Kiki) 3. Juni 2016
Wochenends bevölkern Väter Spielplätze. Auch bekannt als Scheitern der Veränderung stereotyper Arbeitsteilung.
— Y (@Gehirnkram) 4. Juni 2016
Ich glaube ja an die Vereinbarkeit von Familie und Job. Aber ich glaube nicht an die Vereinbarkeit von Familie, Job und Haushalt.
— Goldvreneli (@froumeier) 6. Juni 2016
"Guckt mal hier, wo der Papa sich gestern im Freibad verletzt hat. Ist voll schlimm geworden."
"Gehen wir heute wieder schwimmen?"
— der_handwerk (@der_handwerk) 6. Juni 2016
Bringt euren Kindern nicht "Mama" bei. Nennt euch Krstkrkubuluzipirulilitrz. Bestimmt rufen die Kinder sowas kompliziertes nicht ständig
— Patricia Cammarata (@dasnuf) 7. Juni 2016
Mama! MAMAAA! Mama? Maaama! Mama!!! Mamaaaa! Mama! MAMAAA! Mama? Maaama! Mama!!! Mamaaaa! Mama! MAMAAA! Mama? Maaama! Mama!!! Mamaaaa!
— Patricia Cammarata (@dasnuf) 7. Juni 2016
Der Sohn nimmt nun immer sein Buch mit in die Schule, um in den Hofpausen zu lesen. So langsam hat er das mit den Menschen verstanden.
— Mensch Anne! (@Huebscherei) 8. Juni 2016
"Immanuel Kant wurde in Königsberg geboren, und als er groß wurde, wurde er 1,57m."
5a.
— Kerstin Brune (@BruneKerstin) 8. Juni 2016
Es gibt 3 Möglichkeiten etwas zu erledigen. Tue es selbst, engagier jemanden, oder verbiete es den Kindern!
— Shellfollower (@MichaelJur) 24. April 2014
"…801, 802, 803, 804, 805, 806, 807, Hallo Mama!"
Schätze, der Sohn ist schon eine Weile wach.
— Madame de Larenzow (@Larenzow) 9. Juni 2016
Aus der beliebten Reihe absurder Elternsätze ist das einer meiner Favoriten:
"Aber der Sand bleibt im Sandkasten!"
— Ute Weber (@UteWeber) 10. Juni 2016
Überlege, mein Handarbeitsbusiness wieder aufzunehmen. "Wer soll das kaufen? Historiker?" – Kinder. So motivierend.
— Pia Ziefle (@FrauZiefle) 11. Juni 2016
Lebensweisheit Nr. 268: "Überlege es dir vorher gut, bevor du einem Kind zeigst, wo an deinem Rollstuhl die Klingel ist."
— Raul Krauthausen (@raulde) 11. Juni 2016
Sehr gut. Sohn kann erst zwanzig Wörter, dafür schon Gänsefüßchen in die Luft hängen. Er ist bereit für die Großstadt.
— Saša Staniši? (@sasa_s) 12. Juni 2016
Auf dem Spielplatz.
"Wo ist unser Kleinkind?"
"Ich habs in den Sand gesetzt!"
— ??? (@ungehalten) 13. Juni 2016
Die 3. Einladung für das Schulfest bekommen. Langsam liest es sich wie eine Drohung.
— Tomster (@namenlos4)
Kind weint in der Nacht. Lege mich dazu. Morgens wacht er auf und fragt:Was machst du in meinem Bett?
Hach,wie früher während des Studiums.
— Pfefferine (@Pfefferine) 7. Oktober 2013
Die Tochter erzählt auf dem Kinderfest, wo die Mama sich überall Haare wegmacht und nichtmal mein doppelter Salto kann die Massen ablenken.
— Lilli Marlene (@MarleneHellene) 5. Juni 2016
Falls das Internet langsamer wird, möchte ich mich entschuldigen: unser Elternrat plant per Email ein Grillfest.
— Rike Drust (@Muttergefuehle) 10. Juni 2016
"Sie sind verurteilt!"
"Wozu?"
"Sie werden 380 Stunden Ihres Lebens mit Kindern in Umkleidekabinen von Schwimmbädern verbringen."
"Neeeein!"
— Madame de Larenzow (@Larenzow) 15. Juni 2016
"Mama, ich hab dir ein Geschenk gebastelt."
Wenn ihr nichts mehr von mir hört, es war der Siebenjährige. pic.twitter.com/suKN0quG6T
— Mensch Anne! (@Huebscherei) 15. Juni 2016
"Papa, wer hat hier aufgeräumt?"
"Ich"
"So geht das nicht!"
"Dann zeig mir wie"
"Ok"
Der Hellste ist er nicht, aber ordentlich.
— Rita Kasino (@RitaKasino) 16. Juni 2016
Du weißt gar nicht wie viele Leute Du nicht leiden kannst, bist Du für Deinen Sohn einen Namen suchst.
— Andi Substanz (@jotemha) 16. Juni 2016
4-year-old: My best friend is a dragon.
Me: I thought your best friend was a magic pony.
4: The dragon ate him.
— Exploding Unicorn (@XplodingUnicorn) 16. Juni 2016
Blumen bei den kinderlosen Nachbarn gegossen. So ordentlich und ruhig können Wohnungen also sein. Leider rief meine Frau nach 4 Stunden an.
— Gebbi Gibson (@GebbiGibson) 18. Juni 2016
Der anrufende Vater, der nach Doktorandenstellen für seine Kinder mit Magister sucht – hat Helikopterelternschaft keine Altersgrenze?
— kaltmamsell (@kaltmamsell) 20. Juni 2016
June 18, 2016
Woanders – Mit Integration, Island, Lokaljournalismus und anderem
Mennory über Integration und Italiener und Müll und Deutschland. Sehr einleuchtend, das alles. Und sowieso lesenswertes Blog.
Und dann eine immer lesenswerte Kolumne, diese Sammlung nicht witziger Tweets beim Herrn Spiegel.
Im Landlebenblog wird eine Slideshow versucht – und zwar sehr erfolgreich, toll umgesetzt.
Pia Ziefle über Schrauben und Menschen und Lackluft.
Das aktuelle Scheitern zweier lokaljournalistischer Projekte in Hamburg kann einen auch zur der Frage bringen, wieso es eigentlich immer nur ums Geld geht.
Lena Gorelik über Island, wo man irgendwann auch mal hin muss, nicht wahr.
Auf Kwerfeldein ein Artikel über FotografInnen auf Snapchat. Im Text wird Pramudiya erwähnt, den finde ich auch interessant und ziemlich einmalig in der Art der Nutzung.
Außerdem war, ich was wirklich selten vorkommt, zum Essen verabredet, so abends, wie bei normalen Menschen. Da war ich in dieser Trattoria und möchte das kurz für den Freundeskreis Pizza erwähnen – sehr gute, sehr große Pizza, verblüffend günstig.
Und nun noch ein zusammenhangsloser Vogel.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 15. Jun 2016 um 6:30 Uhr
June 17, 2016
Zwischendurch ein Dank …
… an Michael H. , der den Söhnen Superbruno von Håkon Øvreås geschickt hat – aus dem Norwegischen von Angelika Kutsch, illustriert von Øyvind Torseter. Wir haben noch nicht angefangen, aber es sieht vielversprechend aus und hatte sehr gute Besprechungen. Hier die Verlagsseite zum Buch. Herzlichen Dank!
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 17. Jun 2016 um 22:34 Uhr
June 15, 2016
Woanders – der Wirtschaftsteil
Übers Wetter haben Menschen schon immer geredet, über das Klima reden wir erst seit einiger Zeit – dafür aber immer häufiger. Wenn man die Medien beobachtet, wie wir das hier tun, kann man sagen: es erscheinen seit etwa einem Jahr signifikant mehr Artikel zum Thema Klima, in seltsamen Unwetterperioden wie in den letzten Wochen natürlich noch viel mehr. Der Deutsche Wetterdienst hat in der letzten Gewitterphase 3.000 Warnungen herausgegeben – nicht nur das Wetter ist extrem, auch solche Zahlen sind es. Hier eine wissenschaftliche Einschätzung der aktuellen Situation in Nordeuropa.
Etwas polemischer macht das natürlich mehr Spaß, das finden wir hier. Aber polemisch hin oder her, in den Beitrag ist ein Film eingebettet, und den sollte man ruhig mal bis zum Ende ansehen, das sind 11 gut investierte Minuten, dann versteht man wieder ein wenig mehr vom Thema. Im Text wird ein eher schmaler Temperaturkorridor erwähnt, in dem wir uns wohlfühlen. Dazu bitte auch diese Meldung aus Indien zur Kenntnis nehmen, das hat dann mit Wohlfühlen nämlich rein gar nichts mehr zu tun.
Polemik erreicht die Rezipienten auf einer anderen Ebene als die Logik, und wie man beim Thema Klimawandel wen erreicht, das ist eine Frage, die auch nicht ganz unwichtig ist. Denn wir reagieren ja einfach nicht (englischer Text). In dem SZ-Text ist auch die Rede von der Trauer um das Zeitalter der fossilen Energie, was vermutlich ein Satz ist, der nur auf den ersten Blick wie ein Scherz klingt. Wenn man direkt dahinter diese Meldung über Norwegen liest (englischer Text), wird das vielleicht etwas deutlicher, es ist eben ein Zeitenswechsel, da endet also auch etwas. Da wird z.B. der Wandel im Verkehr, dessen Geschwindigkeit unsere jetzige Vorstellungskraft wohl noch etwas überfordert, plötzlich ziemlich deutlich. Eine ganz ähnliche Meldung gab es übrigens neulich aus Holland, beide Länder sind nicht allzu weit weg von uns, sollte man meinen. Es geht aber auch noch näher – Berlin.
Ein Punkt, der immer noch oft untergeht, ist die Tatsache, dass der Klimawandel die ärmeren Länder härter trifft (englischer Text).In diesem Zusammenhang auch die etwas saloppe Frage, ob das vorhin schon erwähnte Indien die Kurve kriegt.
Den Perspektivwechsel, den wir in dieser Kolumne oft versuchen, etwas einmal von ganz oben, dann wieder aus der nächsten Nähe zu betrachten, den bekommt man beim Klimawandel ganz besonders gut hin. Wir sehen erst einmal global auf diese in den sozialen Netzwerken ungeheuer erfolgreiche Grafik oder, warum auch nicht, auf die Sichtweise der katholischen Kirche – und direkt danach vor unsere unsereHaustür, bzw. vor unsere Deiche. Wobei die Redewendung “vor unserer Haustür” auch durchaus angebracht ist. Und noch einmal apropos Häuser, es geht auch oft unter, dass Menschen bereits jetzt wegen des Klimawandels ihre Heimat verlassen müssen. Nicht erst in irgendeiner nur vielleicht halbwegs nahen Zukunft, es ist die Gegenwart, in der das passiert.
Der Mensch kommt in solchen Situationen auf Ideen, denn der Mensch will dauernd etwas machen. Dass die Lösung wohl darin liegt, etwas nicht zu machen, Verzicht zu üben, Ansprüche zurückzuschrauben, darin liegt wohl eine der Hauptschwierigkeiten für uns. Etwas nicht zu machen, das fühlt sich einfach nicht wie eine gute Tat an, das ist nichts für Macher wie uns, da müssen wir unser Selbstbild wohl grundlegend renovieren. Aber warum sollten wir das nicht können? Renovieren … da macht man doch schon wieder was.
June 14, 2016
Ein anderer Spiegel
Sohn II hat, das kann man nicht übersehen, eine gewisse Ähnlichkeit mit mir. Also nicht unbedingt mit meinem jetzigen Ich, aber doch mit der sechsjährigen Ausgabe von mir, die es einmal gab. Ich habe nicht viele Kinderbilder von mir, aber im Moment sieht Sohn II dem Kind auf diesen wenigen Bildern so dermaßen ähnlich, dass es äußerst seltsame Effekte hat, wenn ich ihn ansehe. Denn manchmal ist der Sohn auch so angezogen, dass die Gegenwart sich modisch nicht in den Vordergrund drängt. Und manchmal ist da auch nichts an Deko oder Zubehör neben oder hinter ihm, was zwingend nach 2016 aussieht. Manchmal läuft er einfach nur über irgendeinen zeitlosen Rasen oder springt in Pfützen oder balanciert über Mauern und sieht zwischendurch zu mir und lacht und ruft irgendwas und bekommt gar nicht mit, dass ich vermutlich ziemlich eigenartig gucke.
Weil da etwas passiert, was ich so noch nie erlebt habe, sein großer Bruder war mir nicht annähernd so ähnlich. Weil mich ein jäher, wilder Schmerz durchfährt, wenn ich den Sohn so sehe, wie ich jahrelang mein eigenes Spiegelbild gesehen habe, mein damaliges Spiegelbild in Spiegeln, Fenstern, Pfützen, Saftgläsern und den Sonnenbrillen der Großen, überall, kindersommerlang und genau so. Mein eigenes Spiegelbild mit diesem Grinsen und den wirr ins Gesicht hängenden Haaren und dem Dreck auf den Wangen und der Frechheit in den Augen und der Zahnlücke und allem, das ist doch nicht er, das bin ich, tat tvam asi, ich bin ich, und der da draußen, das bin ich auch. Weil es in höchst irritierender Weise so ist, wirklich überzeugend so ist, als würde ich geradewegs durch die Zeit gucken, immerhin 44 Jahre zurück in irgendeinen Sommertag damals, Juni 1972, und ich gucke in einen gespiegelten Moment, in dem ich lachend über eine Mauer balanciere, nicht er, in dem ich auf einen Baum klettere, nicht er, in dem ich über den Rasen laufe, nicht er – und das ist verbunden mit einer Traurigkeit, über die ich erst einmal eine ganze Weile nachdenken musste, bevor ich sie verstanden habe.
Denn warum sollte einen das traurig machen? Ich sehne mich doch gar nicht nach meiner Kindheit oder Jugend zurück, ich komme nicht aus Bullerbü. Ich habe auch keine übertriebenen Probleme mit meinem Alter, auch wenn die angesichts meines nächsten Geburtstages sozusagen fest auf dem Programm stehen, denn fünfzig Jahre, das ist natürlich etwas und ich habe schon einmal jemanden erlebt, der an diesem Tag zusammengebrochen ist und eine Weile in schwärzsten Depressionen verschwand, weil er vorher nie über den Tag nachgedacht hat und dann aufwachte und sich schlagartig steinalt fühlte. Schon deswegen denke ich etwas mehr darüber nach, man lernt ja von seinen Freunden, man hofft es zumindest. Ich denke also die ganze Zeit nach, ich bereite mich vor, ich wäge die Fallen ab und die Chancen, ich taste mich da heran. Und ich glaube, ich habe es noch m Griff, die Harley ist nach wie vor nicht bestellt, das nehme ich noch als gutes Zeichen, also nein, mein Alter macht mich gerade noch nicht fertig.
Und doch, und doch. Ich sehe das Kind und es treibt mir fast Tränen in die Augen, was ist das denn bloß? Ich denke schon seit Wochen darüber nach und ich glaube, ich weiß es jetzt, es ist das Lachen. Denn der Junge lacht, über sich lacht er, über den Moment, über alles, er ist ganz und gar in seinem Spaß und in seiner Freude, ich kann das fühlen. Und weil es so ist, als würde ich mich selbst ansehen, fühle ich auch diese Freude am Moment wieder, körperlich fühle ich das, nicht nur als abstrakte Ahnung, diese Sorglosigkeit des absoluten Jetzt und ich glaube, das ist es, das tut weh.
Denn im Jetzt ist man in meinem Alter nicht mehr sorglos und unbedacht, ganz im Gegenteil. Man ist sehr durchdacht und sehr besorgt, man ist voller Verantwortung und Schwere und Vernunft und hat es getragen schon sieben Jahr, was nicht einmal ausreicht, und die vielen Eisenringe um die Brust stehen uns auch gut, so ist es ja nicht, man war eben stets bemüht, wie einem die Falten im Gesicht jederzeit attestieren. Dennoch glaube ich tatsählich, ich bin ganz gerne so alt, wie ich bin. Es ist schön und in Ordnung, Erfahrungen gemacht zu haben, es ist auch schön, sich daran abgearbeitet zu haben, ich bin ganz gerne der Silberrücken der Familie. Die Sorgen, die Freuden, die Erlebnisse, die Irrwege, all das, man möchte doch auch nichts missen. Oder nur ganz wenig. Vielleicht ist es ja einer der Vorzüge der ominösen Fünfzig, dass man allmählich anfängt, sich vorsichtig als Summe zu betrachten, nicht mehr nur als ungelöste Gleichung. Und das hat auch was.
Aber wenn ich heute Freude empfinde, dann ist es eben eine besonnene Freude, dann bleibe ich im Rahmen der Möglichkeiten, dann bleibe ich auf dem Posten und auf der Brücke und im Dienst. Selbst wenn der Moment irrsinnig schön ist – und es ist ja nicht so, dass es diese Momente nicht mehr gäbe -, ist er nicht absolut, nicht unreflektiert, nicht frei. Der Sohn ist im Moment und ihm ist jede Verantwortung komplett egal, davon hat er keinen Begriff, nicht den allerleisesten.Er ist dafür zuständig, auf diesen Baum zu klettern, er ist aber sonst für nichts zuständig, nicht für heute und nicht für morgen, morgen wird es bei ihm von ganz alleine. Und er ist auch nur für diesen Kletterbaum zuständig, weil er es gerade will, weil er es unbedingt will. Mit diesem brennenden Kinderwillen, der so wahnsinnig gut darin ist, Wege zu finden. Es ist nicht so, dass er keine Sorgen hätte, natürlich haben Kinder Sorgen, ich hatte auch dem Alter Sorgen. Da ging es zum Beispiel um große Spinnen in Bettnähe an der Wand und um Spielzeug, das ich noch nicht hatte, und um blöde Kinder in der Nachbarschaft und dergleichen. Diese Sorgen bezogen sich aber alle auf etwas da draußen, für nichts war ich verantwortlich, nichts davon musste ich selber lösen. Die blöden Kinder aus der Nachbarschaft kamen oder gingen, das habe ich nicht gemacht, die großen Spinnen kamen oder gingen, das habe ich nicht gemacht. Das waren Sorgen, die wie Wolken vorbeizogen.
Heute bedeuten Sorgen immer, dass ich etwas zu tun habe, etwas durchdenken muss, machen muss, vermeiden muss, irgendwie sein muss, was auch immer, es ist ein ewiges Müssen, was mich immer wieder an diesen Bahnhof erinnert, ich habe es irgendwann schon einmal erzählt. Da stieg ich nämlich jahrelang morgens in den Zug ein, am Bahnhof der kleinen Gemeinde Müssen, die gibt es wirklich, die heißt so. Und aus dem Lautsprecher kam jeden Morgen ein knarzendes, verrauschtes “Müssen, Müssen, hier ist Müssen” und mit diesem Satz fuhr ich zur Arbeit und kam abends wieder zurück. Da wohne sich schon seit Jahren nicht mehr, den Satz höre ich immer noch, wenn ich morgens in die Bahn steige.
Was ich sagen wollte: Ich glaube, es ist der Sieg des Müssens über das Wollen, der mir da gerade wehtut. Und ich nehme an, es ist in Ordnung, dass das ab und zu etwas schmerzt. Das ist wohl, wie sagt man, im Preis mit drin.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 5. Jun 2016 um 5:45 Uhr
Woanders – Mit Greene, Reemtsma und anderem
Die FAZ über den Dritten Mann – wobei Greene sowieso immer wieder empfohlen werden muss, bevor er ganz in Vergessenheit gerät. Obwohl ich mit dem Katholizismus nichts im Sinn habe, sind auch seine Romane, die sich ausdrücklich um den Gottesbegriff drehen, wirklich lesenswert, etwa “Das Ende einer Affäre”.
Das Interview mit Reemtsma zum Thema Gewalt ist zwar schon überall verlinkt worden, das ist aber auch richtig so und wichtig.
Auf die Gefahr hin, dass ich der letzte WordPress-Blogger mit gelegentlicher Werbung im Blog bin, der es noch nicht kannte – mit diesem Plug-In kann man No-Follow-Links ganz simpel einbauen.
Ein Artikel über die gruseligen Folgen des Social Scorings.
Und noch eine Instagram-Follow-Empfehlung: Tsitsicos aus Griechenland.
Ab und zu finde ich noch Kolibris – ich berichtete -, die ich noch nicht fotografiert habe. So wie dieses bodennahe Exemplar vor der Turnhalle, in der die Söhne neuerdings Taekwondo lernen, weil sie gerne Bretter durchhauen möchten, was ja ein verständlicher Wunsch ist. Ich unterstütze das, habe jetzt aber auch unsere Frühstücksbrettchen unter verschärfter Beobachtung.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 13. Jun 2016 um 9:55 Uhr
June 13, 2016
Gelesen: Gustav-Comics
Nämlich “Gustav und Albo vom Aldebaran” und “Gustav und der Professor”, beide von Haimo Kienzler und Leo Lewald (Zeichnungen), erschienen im Stromboli-Verlag.
Gelesen haben die Bände sowohl die Söhne als auch ich, zufrieden waren wir alle – und zwar sehr. Das sind herrlich abgefahrene Comics ohne jede lästige Kinderbuchüberzuckerung, sie sind eher schräg bis schrill, lässig humorvoll, mit wunderbaren Anspielungen auf Trash-Filme und mit einer Klassenlehrerin Frau Meier-Greulich, die so selbstverständlich fast über Superkräfte verfügt, wie es eben nur Grundschulklassenlehrerinnen können, junge LeserInnen verstehen das sofort. Das Kunststück, dass jüngere und ältere LeserInnen über verschiedene Ebenen des Textes lachen können, erlebt man leider viel zu selten, es scheint dann doch ziemlich hohe Kunst zu sein, so etwas in Kinderbüchern hinzubekommen. Hier hat es aber wieder geklappt, so etwas muss ich weiterempfehlen.
Die Geschichten funktionieren ab etwa sechs Jahren, Jojo mit fast neun Jahren findet sie auch toll. Und ich, mit noch ein paar Jahren mehr, habe sie auch ausgesprochen gern gelesen, was ich nun wirklich nicht von allen Comics im Kinderzimmer behaupten kann.
Falls man, vielleicht wegen noch jüngerer Kinder im Haushalt, gerade eine grässliche – und auf Dauer womöglich verdummende – Überdosis Leo Lausemaus etc. hat, diese Bücher hier sind prima Gegenmittel, quasi Kinderbuch-Detox, wie man heute wohl sagt.
June 12, 2016
12 von 12 im Juni
Ich setze “12 von 12” mittlerweile als bekannt voraus, die anderen Ausgaben der zahllosen beteiligten BloggerInnen finden sich (ab 17 Uhr) hier. Wenn jemand “12 von 12” doch noch nicht kennt, man versteht das dann schon, wenn man sich dort etwas umsieht.
Der Tag beginnt mit längerer Bildbearbeitung, da wir gestern im Großen Torfmoor bei Hille/Lübbecke bei Minden waren. Ein Ausflug, ein Ausflug, da gibt es natürlich ein paar Fotos. Das ist übrigens ein empfehlenswerter Ausflug, hier noch etwas mehr zum Moor und in diesem Blog gibt es vermutlich auch in Kürze noch etwas. Norddeutsche singen bei einem solchen Anblick natürlich reflexmäßig alte Torfrock-Hymnen nach und haben dann tagelang höchst seltsame Ohrwürmer, es ist wirklich schlimm.
Wir sind also, man könnte ja auch vorne anfangen, in Nordostwestfalen, das erklärt auch diesen ländlichen Kaffeebecher.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 12. Jun 2016 um 1:20 Uhr
Während ich also Bilder bearbeite und dann den Anfang vom nächsten Wirtschaftsteil schreibe, hört Sohn I Hörbücher, bzw. -spiele. Zu dem Buch im Bild kann man man natürlich einiges sagen, da fällt sozusagen pädagogisch einiges an, ich lese erst einmal heimlich in der Wikipedia nach, um hinterher profunde Allgemeinbildung vortäuschen zu können, ich habe hier auch einen Ruf zu wahren.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 12. Jun 2016 um 1:27 Uhr
Danach geht es direkt mit dem nächsten Klassiker weiter, da lese ich aber nichts nach, der ist mir noch halbwegs präsent. Wenn ich mich recht erinnere, ist es der Roman von Verne, der in Hamburg beginnt.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 12. Jun 2016 um 4:43 Uhr
Draußen auf den Feldern wächst das Getreide, an den Feldwegen blüht das Gras in wildester Pracht, das macht mich allergiemäßig fertig. Ich nehme Medikamente, die mich unsagbar müde machen. Versuche, mich am Vormittag deswegen noch einmal etwas hinzulegen, scheitern daran, dass die Söhne auf diesem Instrument aus der Hölle Musik machen, ich bin aber zu lethargisch, um ihnen hinterherzujagen. Ich schlafe dann doch kurz ein und träume irgendwas von Slash, das Unterbewusstsein ist schon faszinierend.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 12. Jun 2016 um 1:22 Uhr
In Schwiegervaters Kochbuchsammlung finde ich dieses faszinierende Heftchen, interessant daran auch der Preis: stolze 4,80 DM hat die Broschüre des Vereins für die Deutsch-Chinesische Freundschaft damals gekostet, was mir irrwitzig teuer vorkommt, aber da täuscht die Erinnerung mittlerweile auch massiv, das habe ich schon mehrfach festgestellt. Es war eben nicht alles spottbillig, damals vor dem Euro.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 12. Jun 2016 um 2:55 Uhr
Die Söhne bauen draußen auf dem Hof an Baumhäusern und sonstigen Gebilden, sie machen eben das, was in Hamburg nicht geht – und so muss das ja auch sein.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 12. Jun 2016 um 1:24 Uhr
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 12. Jun 2016 um 2:59 Uhr
Und wenn man da etwas zusieht, dann hat man ganz erstaunlich lebhafte Erinnerungen an eigene Bauleistungen in der Kindheit oder in der Jugend, ich zumindest fühle da sofort mit, bis hin zu den Splittern in den Fingern und dem Hammer auf dem Daumen.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 12. Jun 2016 um 3:00 Uhr
Wenn der Großvater mit im Einsatz ist, dann kommen auch solche tollen Rolldinger zustande.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 12. Jun 2016 um 3:01 Uhr
Und ganz egal, was man baut, immer braucht man irgendwann Wasser, das hat mit Logik nichts zu tun. Zweck egal, Wasser gehört dazu, wenn man draußen spielt. Aus dem Schlauch, aus dem Eimer, aus der Regentonne, egal. Wasser ist eben eines der besten Spielzeuge überhaupt.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 12. Jun 2016 um 3:02 Uhr
Zum Schluss gibt es im Garten noch Schokoladenkuchen von Oma, der so schmeckt, dass die Herzdame ihn demnächst auch einmal fürs Blog backen wird. Wenn wir dazu kommen sollten.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 12. Jun 2016 um 6:17 Uhr
Und damit ab nach Hamburg, der Rest des Tages ist Autobahn und Auspacken, wir schließen hier.
June 10, 2016
Woanders – Mit Mecklenburg, Syrien, Griechenland und anderem
Ein wenig zum Ramadan in Mecklenburg. Im gleichen Blog geht es hier u.a. um einen Baumkronenpfad, und ich stimme der Kritik an der allgegenwärtigen Eventisierung und Disneyfizierung zu. Entsetzlich.
Hier geht es um wichtige, lebensrettende Hilfe: “Bücher, nicht Boote”. Da kann man Menschen in Syrien bzw. aus Syrien heraus helfen und im Gegenzug (Stichtag 14. Juni) signierte Bücher bekommen, das klingt doch sinnvoll und super und machbar und ist auch noch mit Literatur, was will man mehr.
Rosa, hellblau etc. – ein Artikel in der Zeit über Jungen und Mädchen, Gehirnentwicklung und den Einfluss der Eltern.
Noch einmal aus der Zeit, “Du bist, was du denkst”, ein Artikel über die Kraft der Gedanken. Von den Inhalten dort ist einem sicher vieles schon irgendwo begegnet, interessant ist es dennoch, finde ich. Die im Text erwähnte App “Woop” ist allerdings äußerst simpel, um nicht zu sagen spärlich bis freud- und sinnlos gestaltet.
Ein Mensch geht, sein Netzwerk trauert. Weil Twitter eben nicht nur für Albernheiten und hektische Nachrichtenschnipsel da ist, sondern auch für Bekanntschaft, Freundschaft, Anteilnahme und Hilfe.
Und hier noch ein mir sinnvoll vorkommender Artikel über Snapchat. Dem dort schreibenden Herrn Knüwer kann man auch auf Snapchat folge, da sieht man dann einen souveränen Einsatz der Mittel, schönes Beispiel. Er macht dort Medienkritik und ganz unabhängig von der inhaltlichen Ebene: Das ist kurz, knackig und stimmig in dem Format und dem Umfeld. Username: tknuewer. Gerade wenn man zunächst an der unübersehbaren Albernheit des Tools scheitert, sind solche Hinweise vielleicht sinnvoll.
Überhaupt kann man auch mal einfach so andere Accounts in anderen Netzwerken empfehlen, ich glaube, das mache ich jetzt öfter. Auf Instagram z.B. Martin Gommel, den Fotografen, der zur Zeit zum Thema Flucht und Verfolgung in Griechenland arbeitet und u.a. Anarchisten in Athen besucht, wozu ich wiederum zufällig das passende Instagram-Bild mit entsprechendem Wandspruch habe:
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 19. Mai 2016 um 10:49 Uhr
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