Maximilian Buddenbohm's Blog, page 280
June 8, 2016
Instagram-Geschichten, noch einmal
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 28. Mai 2016 um 4:05 Uhr
Auf diesem Bild sieht man die Söhne, die barfuß in einer Pfütze stehen. Es war warm in Hamburg, es hatte in der Nacht davor unwetterartig geregnet, es gab viele und tiefe Pfützen, die in der Sonne des Vormittags allmählich verschwanden.
Aufgenommen habe ich das bei einer Wanderung mit den Jungs, wir unternehmen nämlich, aber darum geht es eigentlich gar nicht, gerade Testwanderungen. Wir haben hier einen Vater im Stadtteil, der mit seinem kleinen Sohn auf dem Fahrrad nach Berlin gefahren ist, mit ein paar Übernachtungen natürlich. Das fanden die Söhne sehr inspirierend, allerdings abzüglich des Fahrrads. Aber irgendwie unterwegs sein, und nachts irgendwo einkehren, wie toll mag das denn sein? Da fand sich dann irgendwie die Verbindung zu meinem lang gehegten Plan, Schleswig-Holstein zu Fuß zu umrunden, und plötzlich klang das für den Nachwuchs äußerst interessant, das könnte man doch eventuell gemeinsam – und schon sahen wir uns Landkarten an.
Ich habe aber gar keine Ahnung, wie weit die beiden eigentlich kommen, also wurden Testwanderungen beschlossen, erst einmal von Sankt Georg nach Blankenese, dann durch den Sachsenwald, was in Hamburg eben naheliegt und ohne große Aufwand zu machen ist. Dazu schreibe ich in einem anderen Artikel noch etwas, das war eine interessante Erfahrung, lehrreich auch für mich.
Es geht aber eigentlich um die nackten Füße. Denn an warmen Tagen gehen die Söhne barfuß. Das kam mir immer schon ziemlich naheliegend vor und ja, wir wohnen mitten in der Stadt. Barfuß zu gehen, das scheint nun für erstaunlich viele Erwachsene ein Ding der Unmöglichkeit zu sein, jedenfalls wenn man nicht in der eigenen Wohnung, am Strand oder in einem Barfußpark ist. Denn da draußen ist alles dreckig, voller Scherben und Wespen und so weiter, man nimmt quasi sofort Schaden, wenn man nur einen unbeschuhten Fuß vor die Tür setzt. So schlimm ist das, dass man den Vater, der die Kinder ohne Schuhe laufen lässt, unbedingt darauf ansprechen muss, dass das nicht geht, überhaupt nicht geht, was er da mit den Kindern macht. Wegen der Scherben und wegen des Drecks und der Wespen und überhaupt! Ist ja ein Ding! Und ich sage, dass man doch sieht, dass das geht, bzw. dass die Kinder gehen. Einfach so. Seit Jahren schon. Wenn die Söhne das Gespräch mitbekommen, weisen sie vielleicht darauf hin, dass sie einen Onkel haben, der das ganze Jahr barfuß läuft, dann lässt man meist wieder von uns ab, denn bei uns ist eh Hopfen und Malz verloren, das versteht dann jeder.
Das Bild entstand auf dem Wanderweg am Elbufer, das ist ein sandiger und fester Weg. Wenn man da nicht barfuß laufen kann, dann weiß ich es auch nicht. Ich bin an dem Tag viermal deswegen angesprochen worden und habe dann doch ein wenig am Verstand der Mitmenschen gezweifelt. Jeder müsste doch zurückdenken können, bis er sich wieder an dieses beglückende Gefühl erinnert, mit nackten Füßen in einer Pfütze zu stehen? Und wenn jemand meint, das nicht zu können, dann denkt er doch nur nicht weit genug zurück, nicht wahr. Es ist ganz entschieden eine Sommerglückerinnerung und man müsste doch sogar noch wissen, dass es ganz verschiedene Pfützen gab. Frische, aprilregenhaft kalte Pfützen, abgestandene und sonnendurchglühte Pfützen. Ganz klare Pfützen auf Asphalt und unergründliche Schlammlöcher auf Feldwegen, das ist doch alles wichtig und interessant und wenn ich mir auch nur ein ganz wenig Mühe gebe, dann fühle ich die Pfützen noch in den Füßen, das ist doch keine Esoterik, man behält so etwas doch. Auch die späteren Meerwasserpfützen am Strand mit dem messerscharfen Muschelkalk darin weiß ich noch, auch die Lehmlöcher am Steilufer und die schräg hingetuschten Gischtpfützen auf einem Steg an einem Sturmtag an der Ostsee.
Und wie man wieder aus den Pützen stieg und diese nasse, dunkle Kinderfußspur machte, die sich an heißen Tagen schon nach wenigen Schritten wieder in der Sonne auflöste, die dünner und blasser wurde, als hätte sich das Kind, das die Spur gelegt hat, selbst beim Gehen in Luft aufgelöst. Oder das Gefühl, mit nassen Füssen über einen trockenen Sandweg zu gehen, so dass man bis zu den Knöcheln Staubschuhe anhatte, die schwarz und hart wurden, Risse bekamen, wegbröckelten und wenn man sich in Gras setze, konnte man daran herumpulen und das war schön.
In dem Text, an dem ich gerade arbeite, kommen Kinder ganz sicher nicht vor, sonst würde ich da jetzt glatt und schon aus reiner Bockigkeit etwas zum Thema einbauen, denn da hat man doch schon wieder genug für eine Geschichte zusammen. Diese hysterischen Erwachsenen heute einerseits, die gar nicht hinsehenden Eltern damals andererseits, das kann man in zwei, drei Szenen schön aufbauen. Da erinnert sich das erzählende Ich plötzlich an seine eigene Barfußzeit, da kommt der Kindheitssommer mit den Pfützenarten ins Spiel, ich mag solche Themen. Und weil das erzählende Ich sich an Kindheitssommertage erinnert, kommen da auch irgendwann seine Eltern vor, die die Kinder abends zum Essen reinrufen, und die zueinander natürlich irgendwie in Beziehung stehen. Und wenn man sich daran schon erinnert, dann fällt dem erzählenden Ich auch ein, in welcher Beziehung es selbst gerade zur Partnerin steht und wie von selbst vergleicht sich das und alles ist verbunden (verknubbelt, wie Snoopy sagen würde) durch den Gegensatz zwischen dem wilden, gefährlichen, freien Barfußgehen und dem braven, sicheren Schuhwerk und BÄMM!, wie Sohn II sagen würde, hat man eine feine Kurzgeschichte und nennt sie “Pfützen, später” oder was weiß ich.
Der Sohn liebt es gerade sehr, wenn sich Themen mit einem BÄMM!-Effekt auf den Punkt bringen und abkürzen lassen, so ein BÄMM! ist befriedigend und erleichternd.
Ich: “Ist es denn heute nicht zu kalt, um barfuß zu gehen?”
Sohn II: “Dein Bruder geht immer barfuß. BÄMM!”
June 7, 2016
Instagram-Geschichten
Ich werde auf dem Gedanken der Instagram-Geschichten vermutlich noch etwas herumreiten, weil ich den Zusammenhang zwischen Bild und Text, der sich manchmal erst im Nachhinein erschließt, doch faszinierend finde und weil ich das an wenigstens zwei Beispielen noch etwas verdeutlichen möchte. Denn das, was man als Motiv wahrnimmt, könnte man sehr oft – wenn auch sicher nicht immer – auch als Textmotiv wahrnehmen, man muss im Kopf nur ein wenig umschalten. Man bleibt mit dem Blick und dem Interesse nicht ohne Grund irgendwo hängen, da ist noch mehr als nur das offensichtliche Motiv.
Ein schönes Beispiel ist dieser Vogel hier unten am Ende des Textes, wie man unschwer erkennt, ist es ein Kolibri. Davon gibt es erstaunlich viele im Stadtteil, in vielen Farben. Ich habe etliche davon fotografiert, manche auch öfter. Sie entstanden alle vor etlichen Jahren in bemerkenswert kurzer Zeit, da hat sich jemand nachts richtig ausgetobt und ein Haus nach dem anderen verziert. Das ist an sich schon eine Geschichte wert, denn warum macht das jemand? Ausgerechnet Kolibris in Sankt Georg? So viele? Dazu weiß ich allerdings nichts und spontan hatte ich auch erst einmal keine Story-Idee dazu.
Aber als Isa mich fragte, ob ich für die Insel-Anthologie etwas schreiben könne, fielen mir diese Vögel wieder ein und ich dachte etwas auf ihnen herum, weil sie zu diesem Zeitpunkt meine älteste Schreibideennotiz waren: “Was mit den Kolibris” stand da, gefühlt schon seit Ewigkeiten.
Kolibris sind exotisch, Kolibris kommen aus den Tropen, welchen Zusammenhang gibt es zwischen Hamburg und den Tropen, zwischen Norddeutschland und den Tropen? Gab es in meiner Jugend nicht mal ein, zwei Werbespots im Kino, in denen es um tropische Motive ging und die jeder kannte? Und war zu dieser Zeit nicht auch diese Sache mit der Insel in der Ostsee, die es heute nicht mehr gibt …
Daraus wurde dann schließlich “Im Jahr der Kolibris” und falls jemand dieses Buch liest – so sehen die Vögel hier im Stadtteil aus:
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 13. Mai 2016 um 9:54 Uhr
June 6, 2016
Reden Sie langsam, ich wohne Dach
Es ist ein wenig warm um mich herum, sowohl im vormittäglichen Büro als auch am nachmittäglichen mehr oder weniger freien Schreibtisch. Genau genommen ist es so warm, nein, heiß, seien wir ruhig brutal offen, es ist so verdammt heiß, dass ich alle eingehenden und wie auch immer gearteten Versuche der Kontaktaufnahme stereotyp mit “Reden Sie langsam, ich wohne Dach” beantworte, denn Dachgeschoßwohnungen und sonnenverwöhnte Büros sind bei Hitzewellen eine Art Niedriggarmethode, und mein Hirn ist allmählich gut durch und nur noch bedingt einsatzbereit.
Ich schreibe dennoch stoisch weiter jeden Tag eine Seite am Manuskript. Es ist vermutlich blühender Unsinn, was ich da schreibe, aber egal. Ich werde das erst nachlesen, wenn es wieder etwas kühler ist. Oder im Herbst. Oder an den langen Winterabenden, das stelle ich mir auch nett vor, so am Kamin mit dem ausgedruckten Manuskript in der Hand. Wobei ich gar keinen Kamin habe, irgendwas ist echt immer. Bis dahin jedenfalls spinne ich einfach Text knäuelartig und eher unordentlich auf die Seiten, soll doch ein späteres Ich sehen, ob es das entwirrt bekommt, was geht das mein jetziges Ich an, das jetzige Ich schmilzt eh gleich.
Was ich aber sagen wollte – neulich hatte ich diese Idee – das war also zu der Zeit vor der Hitzewelle, als ich noch Ideen hatte, das war eigentlich ganz schön, diese Periode – dass ich zu meinen Instagrambildern noch Geschichten aufschreiben könnte. Weil es manchmal eben doch etwas Kontext gibt, der sich aus dem Bild nicht erschließt und weil es doch schade ist, Geschichten nicht zu erzählen. Das habe ich dann auch brav dreimal angefangen und jedesmal ist die Story dann aber doch ins Manuskript gewandert, weil sie plötzlich geradezu sensationell brauchbar wurde und irgendwo genau in den Kontext hineinpasste, so ein längerer Text ist ja der reinste Ideenstaubsauger, es ist wirklich schlimm. Also etwa bei diesem einen Bild aus Eppendorf, das ganz in der Nähe eines Hauses entstand, in dem ich einmal bei einer Ärztin war, die mich zu Beginn des Gesprächs nach meinen Problemen fragte und ich aus Spaß dann mit einer psychischen Störung antwortete, die ich gar nicht hatte, was sie mir aber dann hartnäckig nicht glaubte, dass ich die nicht hatte – und das ist dann jetzt eine längere Szene geworden, obwohl der Text anonsten gar nicht autobiografisch ist, aber so geht das zur Zeit und deswegen stehen hier gerade eher keine Geschichten, die landen alle woanders und sind erst einmal so etwas von weg.
Damit hier überhaupt noch etwas steht, muss ich wohl ab und zu über dieses Schreiben etwas schreiben, mich beschäftigt eh nicht viel anderes zur Zeit, so sieht es doch aus. Dazu dann in Kürze mehr. Wenn es etwas kühler ist.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 30. Mai 2016 um 23:09 Uhr
June 5, 2016
Woanders – Mit Moby, Istrati, Snapchat und anderem
Vier Minuten auf NDR Kultur über die Autobiografie von Moby. Klingt so, dass das Buch auf meinem Wunschzettel gelandet ist. Und der Herr ist mit Melville verwandt, guck an. Wusste ich nicht.
Beim Deutschlandradio Kultur geht es um eine Neuausgabe von Panait Istrati. Der steht hier auch im Regal, große Empfehlung! Der Bericht lohnt sich aber auch schon wegen der Hinweise auf den höchst erstaunlichen Lebensweg Istratis, der ist nämlich so beschaffen, dass man es in einem Roman für übertrieben halten würde, für schlecht ausgedacht und völlig unplausibel.
John Irving schreibt seine Bücher mit der Hand. Guck an.
Der Standard über die neue Jandl-Gesamtausgabe. Die möchte man auch gerne auf dem Nachttisch haben und dann jeden Abend ein, zwei Jandl vor dem Einschlafen lesen, es würde bestimmt helfen. Gegen irgendwas.
Die hohe Kunst der Blasphemie – Michaelis Pantelouris ganz wunderbar über die “Architectural Digest”. Ein Genuss.
Frau Nessy hat was mit Tauben und Nachwuchs und dem Pott und Damaskus. Sehr schön.
Fremd im eigenen Land – über uns und die und die Widersprüche und dass wir darüber reden müssen. Genau.
Die Geschichte meines Heimatlandes Schleswig-Holstein ist gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts einigermaßen kompliziert und in manchen Aspekten entscheidend für die weitere Entwicklung der deutschsprachigen Gebiete. Im Geschichtsunterricht sind wir damals alle irgendwann weggedämmert, in der SHZ wird es aber gerade übersichtlich zusammengefasst, wer wann mit und gegen wen.
Falls jemand die Slo Mo Guys nicht kennt – ein immer wieder faszinierender Youtube-Kanal. Nicht nur für Kinder. Dieser Film hier ist besonders schön.
Diesen Artikel über Snapchat fand ich gut.
Und ansonsten sommert man so herum, liegt im Park und fühlt sich reich. Zumindest wenn man Sohn II ist und gerade am Kiosk war.
June 3, 2016
Buchverlosungs-Update „Irgendwo ins grüne Meer“
And the winner is: Chris Kurbjuhn. Mail geht gleich raus, Buch dann in Kürze. Viel Spaß damit!
June 2, 2016
Woanders – Mit einem Kamel, einem Treichel und anderem
Ganz ohne einen Witz mit Rickrolling zu machen, dieses Interview mit Rick Astley fand ich interessant. Besonders die Stelle mit dem Kamel ist schön und auch auf andere Menschen und Berufe übertragbar.
Ich habe das Buch noch gar nicht gelesen, halte Treichel aber für einen Großen und hier ist eine schöne Rezension zu seinem neuen Buch, in dem es, man hätte es wetten können, wieder um das alte Thema geht, das in fast allen seinen Büchern behandelt wird.
Im Literaturcafé geht es um den Stefan-Zweig-Film im Kino und ich glaube, ich möchte den sehen.
Ein interessanter Text über das Matriarchat, da habe ich glatt noch etwas gelernt.
Der Touristenlook. Und, gleiches Blog: Die Deutschen. Leider schreibt der Herr so selten, man müsste vielleicht mal nach Berlin fahren und ihn schubsen.
Ein Artikel über die Armen, mit denen wir es leider nicht leicht haben. So schade.
Grenzland ist eine Radioreportage des NDR über “Dänisch Gesind”, die dänische Minderheit im Norden von Schleswig-Holstein. Man redet im Moment viel über mehr oder weniger Fremde und Integration und Mit- und Nebeneinander, da ist doch die Situation da oben ganz interessant, auch wenn es keinen Fluchthintergrund gibt. Ich glaube ja, beim Thema Integration wird das gepflegte und friedliche Nebeneinander völlig unterschätzt und am Miteinander wird mit zu großen Erwartungen herumgebastelt. Aber was weiß ich schon.
Dieser Text zu Snapchat trifft die Sache wohl ziemlich gut. Und da alle Snapchat irre kompliziert finden, hier gibt es das kostenlose E-Book von Philipp Steuer, da wird alles erklärt, damit geht das, bitte sehr, that was easy. Ich habe mich da jetzt auch einmal umgesehen, weil es doch blöd ist, das nicht von innen zu kennen, worüber gerade alle reden. Gucken kann man ja mal! Wenn man etwas Zeit über hat, ist das sogar tatsächlich ganz interessant, stellen Sie sich mich an dieser Stelle bitte irre lachend vor. Wer mich trotz meiner passiven Grundhaltung dort sucht: Username Buddenbohm, so originell.
Und übrigens finde ich, es steht Städten gut, wenn man etwas darin herumtanzt, deswegen gibt es statt Instagram-Schlussbild heute ein Video. Zu Instagram-Geschichten muss ich eh noch separat was schreiben, bleiben Sie dran. Nein, tun Sie das lieber doch nicht, das kann dauern.
June 1, 2016
Woanders – Der Wirtschaftsteil
Fast nur lange Texte in dieser Ausgabe, dafür gibt es ein paar Links weniger. Vorweg gleich ein Longread zur mit Abstand häufigsten Phrase in dieser Kolumne, nämlich zu “Es ist kompliziert”. In der brandeins geht es recht ausführlich um die Frage, ob alles kompliziert ist, ob wir nur kompliziert denken oder ob wir einfach nicht die richtige Haltung gegenüber der ach so komplexen Welt haben. Der Text fängt an mit “Wir haben es nicht leicht”, da kann kann erst einmal kollektiv mitseufzen und sich dann etwas warmdenken.
Passend dazu eine Buchrezension, in der es um Bürokratie geht. Der Text braucht ein wenig, endet aber dort, wo wir gedanklich häufig sind, nämlich beim Gemeinwohl.
Und beim Denken und bei Komplikationen bleiben wir dann gleich noch, mit einem etwas seltsamen Text aus der Zeit. Da geht es um Generationen, wobei man ja bei dem Stichwort schon stöhnen könnte, weil es so abgenudelt ist. Es ist aber dennoch interessant, weil der Text so aggressiv ist, dass es schon wieder Bände spricht. Ein Babyboomer kontert den Artikel eines Generation-Y-Journalisten (der andere Text ist dort verlinkt). Er wirft ihm da u.a. mangelnde empirische Evidenz vor, nur um dann exakt so zurückzuschlagen, es ist wirklich merkwürdig. Aber man kann das natürlich dennoch unverbindlich auf sich beziehen und sich fragen, was davon im eigenen – natürlich auch nicht repräsentativen – Umfeld stimmen mag und was nicht. Und sich dann vielleicht auch zu fragen, warum die Diskussion eigentlich im Jammern steckenbleibt und nicht zu Lösungsvorschlägen findet. Sind unsere Generationsbeziehungen denn tatsächlich so kompliziert – oder schreiben wir sie nur gerade dahin?
Wobei an den Schwierigkeiten etwas dran sein muss, wenn man den Tonfall der Journalisten als Indikator nimmt. Auch in der SZ wird man beim Stichwort Generation sofort polemisch. Unterhaltsam, aber polemisch, man fragt sich fast, ob man zu dem Thema nicht anders schreiben kann? Oder ist das die Generation Polemik, die da schreibt?
Man redet natürlich immer auch über Geschichte, wenn man über Generationen redet, das geht gar nicht anders. Eine Generation wird Geschichte und sieht mit Staunen, dass es andere Generationen gibt, worin vermutlich schon die erste Beleidigung liegt, sie werden eben unsere Plätze einnehmen, es ist wirklich unverschämt. Aber das Stichwort Geschichte leitet auch zu anderen Themen über, zu anderen Ungerechtigkeiten, nicht zwischen Generationen, sondern z.B. zwischen Regionen. “Unsere Gesellschaften werden sich […] verändern. Sie werden wohl ärmer werden. Was nicht unbedingt schlecht ist; wir haben viel zu viel.” Das sagt der Historiker Philipp Blom im Tagesspiegel in einem erfreulich langen Interview. Da kann man auch noch einmal an diesen Artikel in der taz zum Anthropozän, Kapitalozän, was auch immer, erinnern.
Und wie bringen wir die Themen Generationen und Kapitalismus jetzt zusammen? Da fragen wir Paul Mason, laut der Zeit mit der charmanten Berusbezeichnung “Denker des Postkapitalismus” versehen. Der kommt in diesem Interview zu einem vielleicht überraschenden Ende – man beachte das Wort Generation im letzten Satz. (Und auch in den Kommentaren erkennt man übrigens deutlich Altersdifferenzen der Diskutierenden.)
Dann gibt es für den Freundeskreis Fahrrad ganz zum Schluss auch noch so ein Generationsding, so einen Paradigmenwechsel, dabei geht es um Dienstfahrräder. Dabei hätte man noch vor einigen Jahren nur an PostzustellerInnen gedacht, nicht wahr? Heute nicht mehr.
Kurz und klein
In der Tagesschau wurden Kraftwerk als “Elektro-Pop-Gruppe” und nicht als “Elektro-Pioniere” bezeichnet. Das wird die nächste Klage.
— Gebbi Gibson (@GebbiGibson) 31. Mai 2016
Die Fingernägel des Sohnes werden nie wieder sauber. Ich hoffe, in Bewerbungsgesprächen fällt das nicht so auf.
— Madame de Larenzow (@Larenzow) 1. Juni 2016
Gerade erfahren, dass es einer freien Schule in Berlin ein Kurs Yoga gegen Läuse gibt. Toll, wenn man keine Pointe mehr schreiben muss.
— leitmedium (@leitmedium) 16. Mai 2016
Im Zug. Beobachte drei Kinder dabei, wie sie das Dreifache der Menge saure Schnuller futtern, die mich zum Erbrechen bringen würde. Neid.
— nicht Roman Held (@NichtRomanHeld) 31. Mai 2016
Wie ich mittels Besen den Fussball vom Baum holen wollte und naja… pic.twitter.com/s9qH80v9qI
— Frau NPunkt (@Frau_NPunkt) 30. Mai 2016
Den Töchtern eine Stunde lang Zöpfe geflochten. Wegen dieser einen Fee aus diesem Buch. Seite umgeblättert. Fee trägt die Haare jetzt offen.
— Jenna (@Dunk3lh3rz) 26. Januar 2014
Stelle mir vor, wie die einen Kinderlosen den anderen Kinderlosen erklären, dass sie sich falsch organisiert haben und zu viel jammern.
— daniela warndorf (@Frau_Elise) 31. Mai 2016
Der Sohn erzählt mir gerade, dass es Menschen gibt, die sich nackt ausziehen und dann wild knutschen.
Ich hab davon auch schon gehört.
— Lasst mich liegen (@LLiegen) 30. Mai 2016
Unsere Tochter wächst so schnell, wir stellen die Sachen oft direkt schon im Geschäft bei Ebay rein.
— Thomas Poppe (@DerPoppe) 30. Mai 2016
“Egal. Ich muß jetzt kacken“
Sich einmal so eloquent aus Arbeitssitzungen verschieden wie das Kind vom Frühstückstisch.
— Y (@Gehirnkram) 30. Mai 2016
Wenn die Kinder beide über Nacht weg sind, lassen wir es immer so richtig krachen. Kurz.
In Gedanken, vorm Einschlafen, gegen 21:00 Uhr.
— Madame de Larenzow (@Larenzow) 27. Mai 2016
Problem :
Klassenfahrt im Harz, 8.Klasse, 32 Schüler, 3 Steckdosen. pic.twitter.com/V1kfmmM5eZ
— Ludger Guntermann (@GLudger) 23. Mai 2016
"Mama, wer hat sich eigentlich Bundesjugendspiele ausgedacht?" "Ich glaube Dr. Robert Ley." "Wer?" "Nee warte, ich glaube Dschingis Khan."
— alles b. (@alles_b) 24. Mai 2016
Die Grundschule ist ja übrigens eine Ganztagsschule. Bis 15 Uhr. Dann suche ich mal eine Vollzeitstelle von 8-15 Uhr *hysterisch lachend ab*
— Bine (@bine84) 22. Mai 2016
Bei der Abendhunderunde an vielen Gärten vorbei stellt sich die Frage: wie haben wir die Kinder ohne Trampolin großgezogen?
— Frau Mutti (@diefraumutti) 22. Mai 2016
Ich sehe auf dem Spielplatz wieder überall Eltern mitspielen. Möchte "Freiheit für Kinderspiele" rufen.
— grossekoepfe (@aluberlin) 22. Mai 2016
Auch schön an Babys, ich kann nun unanfechtbar nicht mehr nur beim Überholen anderer Fahrräder brummende Autofahrgeräusche machen.
— Saša Staniši? (@sasa_s) 22. Mai 2016
Frage an Sohn (4): "Dankt ihr eigentlich Gott für euer Essen in der Kita mit einem Gebet?"
"Ne, er hat es ja nicht gekocht"
— Sascha Welters (@saschwelt) 15. Mai 2016
Ich: "Wenn Dich jemand ärgert, dann zeig dem einen Vogel und geh weg!"
Kleiner Sohn: "Und was ist, wenn da kein Vogel ist?"
— Victoria (@VictoriaHamburg) 19. Mai 2016
Ich mag Väter, die auf die Frage “Welche Instrumente spielt denn Ihr Kind?“ mit “Alle.“ antworten.
— Geraldine (@socialgeraldine) 14. Mai 2016
Bei anderen Twitternden klingeln und ihre Eltern fragen, ob sie zum Schreiben raus kommen dürfen.
— Hübscherei (@Huebscherei) 16. Mai 2016
Schön, Sohn kann schon sagen:
»Will Milf«.
— Saša Staniši? (@sasa_s) 19. Mai 2016
Ich: "Kinder, Zähneputz-Zeit!"
Töchter: "Warum?"
Ich: "WEIL ALLES NACH ZÄHNEPUTZ SCHREIT! NORDISCH UH-UH-UH NORDISCH BY NATURE!"
— Gerd Money (@sechsdreinuller) 18. Mai 2016
Email von der Schulleitung mit epischem Verschreiber. pic.twitter.com/O1Aai6P1SZ
— Captain Cat (@wittschicat) 20. April 2016
Beim Vorlesen wurde wieder deutlich, dass Conni einen an der Klatsche hat. pic.twitter.com/lQCX9l14RG
— Gebbi Gibson (@GebbiGibson) 18. Mai 2016
Wie einem manchmal die genervt meckernde Mutter aus der Nachbarkabine im Schwimmbad hilft, nicht so kacke zu sein wie sie. Sehr heilsam.
— Madame de Larenzow (@Larenzow) 18. Mai 2016
Die Kinder sind wieder bei den Großeltern. Auch bekannt als: eine Woche strukturlos durch den Alltag irren.
— Heiko Bielinski (@heibie) 18. Mai 2016
Heute vor 18 Jahren, kurz vor halb 8…
Ein Grund zu Feiern, ne?
*weckt das Geburtstagskind*
*erntet ähnliche Laute wie vor 18 Jahren*
— Lia (@dieLulia) 18. Mai 2016
“Mama ist in der Milch noch was drin?“
“Klar, ist doch Vollmilch“
Genervter Blick. Mit der Humorfunktion des Kindes stimmt was nicht.
— Y (@Gehirnkram) 12. Mai 2016
May 31, 2016
Buchverlosung: “Irgendwo ins grüne Meer”
Heute ist James-Krüss-Geburtstag! Von dem Herrn ist, viele werden es wissen, die titelgebende Zeile der Insel-Anthologie von Isabel Bogdan und Anne von Canal. Falls es jemand nicht kennt, es handelt sich tatsächlich um ein wundervolles Zitat, das in der vollen Version so geht:
“Irgendwo ins grüne Meer hat ein Gott mit leichtem Pinsel,
lächelnd wie von ungefähr, einen Fleck getupft: Die Insel!“
In der Anthologie ist, wie berichtet, auch eine Story von mir zu finden, die übrigens mit einer real existierenden Insel zu tun hat, auf der Sie mit fast hundertprozentiger Sicherheit nicht waren und auf die Sie jetzt auch vermutlich nicht mehr so leicht kommen können. Ich war da auch nicht. Oder doch, aber anders als man es sich vorstellt. Aber das führt jetzt entschieden zu weit, das kann man ja im Buch nachlesen.
James Krüss jedenfalls war bekanntlich Helgoländer, Helgoland war auch mit dem Zitat gemeint, diese Insel kommt allerdings durch irgendeinen seltsamen Fehler in der Matrix gar nicht im Buch vor, was wiederum mit ein Grund ist, warum in meinem aktuellen Manuskript Helgoland sehr wohl vorkommt, das ist quasi ein nachgehendes Thema bei mir.
Diese ganze Inselei verhilft mir aber zu einer passenden Idee bei einer Buchverlosung – gewinnen kann man hier nämlich ein Exemplar von “Irgendwo ins grüne Meer”. Dazu muss man nur in einem Kommentar unter diesem Text angeben, auf welcher Insel man zuletzt war – wo auf der Welt auch immer. Zum allgemeinen Nutzen kann man natürlich auch noch dazuschreiben, wie großartig oder wie auch immer es da war, das muss aber nicht. Wer also noch nie auf einer Insel war, darf leider nicht teilnehmen und sollte das zum Anlass nehmen, über sein Leben und seine Urlaubsplanung nachzudenken, es wird dann allmählich Zeit.
Bitte bis spätestens Donnerstag kommentieren, am Freitag zieht die kapriziöse Glücksfee Sohn II, der vielleicht doch eher ein Glückstroll ist, dann die Gewinnerin. Oder den Gewinner, schon klar.
Ich verschicke nur an Adressen aus Deutschland, wer also aus Timbuktu teilnimmt, braucht bitte einen Freund vor Ort. Bitte im Kommentarformular eine funktionierende Mailadresse angeben, sonst klappt es nicht mit der Benachrichtigung.
Und drüben bei Isa kann man auch so ein Buch gewinnen, der Beitrag dazu geht in Kürze online, wie toll ist das denn! Da aber mit ganz anderen Kommentaren. Hihi.
Briefkastenonkel Buddenbohm
Da es so netten Zuspruch gab, mache ich also eine Rubrik aus dem Briefkastenonkel-Format, es geht gleich weiter mit der zweiten Folge. Sehen wir uns also wieder an, mit welchen Suchanfragen Menschen auf diesem Blog gelandet sind.
“Was tun mit Kindern bei Regen”
Das klingt wie ein Scherz oder so, als sei das Kind an sich eher Outdoorzubehör, aber das googeln Menschen wirklich häufig, sobald es irgendwo im deutschsprachigen Raum regnet, also immer. Vermutlich handelt es sich um einigermaßen verzweifelte Menschen, würde man sonst mit so einem Satz vor dem Computer landen? Wie ratlos und entnervt muss man sein? Und wie einfallslos? Beim letzten Regen haben wir, um hier mal einen pädagogisch vollkommen unbrauchbaren Ratschlag – don’t try this at home! – zu geben, mit Sohn I das Kartenspiel Uno um Geld gespielt, also um geringste Summen natürlich, und wir haben außerdem erlaubt, dass sich alle Spieler gegenseitig wüst beleidigen. Was soll ich sagen, wir hatten sehr, sehr viel Spaß.
“Wir suchen eine Wohnung”
Ja, wer denn nicht? Suchen wir die nicht alle irgendwie? Aber ist das vielleicht ein Grund darüber öffentlich zu reden, ist es ein Grund, haltlos Suchmaschinen mit zaghaften Sätzen vollzujammern, ist es ein Grund, sich so gehen zu lassen? Eine Wohnung suchen wir alle, seit Jahren suchen wir die, wir haben schon Wohnungen gesucht, als es noch gar nicht cool war Wohnungen zu suchen! So sehr suchen wir eine Wohnung, dass wir nicht einmal mehr Immobilienanzeigen ansehen, weil es so deprimierend ist, dort nur noch Zweizimmerwohnungen zu Wahnsinnspreisen im fortgeschritten lächerlichen Bereich und mit Ausstattungsmerkmalen wie etwa “Bambusparkett” zu finden, als ob irgendjemand Bambusparkett brauchen würde, echtjetzmal, ich weiß nicht einmal, wie das aussieht. Es gibt nichts, gar nichts, nada in bezahlbar und mit vier Zimmern, von mehr Zimmern ganz zu schweigen. Es gibt keine, absolut gar keine Wohnung, die wir bezahlen könnten. Also zumindest nicht dort, wo sie sein sollte, um naheliegenden Kommentaren vorzubeugen. Für den Preis unserer aktuellen Wohnung wiederum könnten wir im nahen Mecklenburg vermutlich locker einen mittleren Gutshof mieten, mit Personal, Fischteich und Weideland, aber wer will dahin? Was soll ich mit Weideland? Und macht Personal nicht nur Ärger? Aber egal, das trägt man alles mit Fassung und lebt so darüberhin und rückt eben etwas zusammen, so groß sind die Kinder auch noch nicht, und im weltweiten Vergleich haben wir immer noch verdammt viel Platz, das muss man auch sehen. Was soll man auch machen. Noch darüber bloggen oder was? Wo kommen wir denn da hin?
“Walle, walle”
Das ist aus Goethes Zauberlehrling, und weil das hier ja eine nostalgische Rubrik ist, verweise ich auf den Rat, den ich im damaligen Artikel zum Gedicht einmal gegeben habe, der ist nämlich immer noch goldrichtig und guck an, das ist auch schon ein paar Jahre her.
“Schlaggermaschü”
Das ist die hamburgisch-plattdeutsche Bezeichnung für Schlagsahne und ein wunderbares Beispiel, warum op Platt alles entspannter, netter und erfreulicher klingt. Man denke sich einfach ein schönes und regional sowie saisonal passendes Stück Erdbeertorte, irgendwo in einem prächtig blühenden Garten vielleicht unter Bäumen serviert, so im Halbschatten bei angenehmen Temperaturen – und der gastgebende Mensch fragt freundlich: “Noch Schlaggermaschü?” Das ist hier quasi traditionelle Wellness, wer sich dabei nicht entspannen kann, dem ist eh nicht mehr zu helfen.
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