Maximilian Buddenbohm's Blog, page 282
May 18, 2016
Woanders – Der Wirtschaftsteil
Nach den Eisheiligen wird es routinemäßig wärmer, bestes Fahrradwetter steht also vor der Tür. Da sehen wir uns wieder etwas beim Thema Verkehr um. Und gleich zu Anfang geht da natürlich der Blick nach Berlin, wo bekanntlich feinste deutsche Trends produziert werden. Da gibt es Vorbereitungen für einen Volksentscheid mit zehn Zielen, die man sich einmal näher ansehen sollte. Gehen die weit? Ist das eine Machtübernahme der RadlerInnen? Man beachte Formulierungen wie “… das Fahrrad dringt in Bereiche vor …” Sieht man die Invasion nicht förmlich vor sich?
Wobei das Wort Macht beim Thema Verkehrspolitik nur auf den ersten Blick eine seltsame Wahl ist, denn wie jeder weiß, der in einer deutschen Gemeinde außerhalb von Münster ab und zu mit dem Rad fährt oder zu Fuß geht. Wann kann man denn eigentlich wirklich von einer Änderung der Lage reden – vielleicht bei 60% Radverkehr (man beachte dort im Text die Sätze über verwirrten deutsche Autofahrer, auch nicht ohne Komik)?
Und, um noch etwas bei der Komik zu bleiben, man kann es auch als gutes Zeichen für die Stärke der Radbewegung sehen, dass Radfahrer jetzt über Radfahrer lästern (englischer Text), so weit sind wir nämlich schon, so stark ist die Radfahrbewegung geworden, dass es längst für Flügelkämpfe reicht. Auch schön, irgendwie.
Und in Amsterdam ist man – versteht sich – schon wieder etwas weiter. Na gut, viel, viel weiter (englischer Text) In Deutschland hängt man eben noch etwas nach, hier schön am Beispiel München illustriert.
Positiver wird immerhin über Göttingen berichtet, da ist wieder ein Nebensatz interessant. Da heißt es nämlich, dass man auf dem Rad in Göttingen an der roten Ampel hält, anders als in Frankfurt. Das kam schon öfter in Artiken zum Themal vor, dieses von Stadt zu Stadt recht deutlich abweichende RadfahrerInnenverhalten. Gibt es dazu schon eine Übersicht, in der man nachschlagen könnte, welche Tugenden und Rüpeleien in welcher Gemeinde üblich sind? Gibt es schon Studien dazu? Gefunden haben wir bisher leider nichts, interessant wäre es.
Wobei sich das mit der roten Ampel übrigens vielleicht eh ändert, auch Verkehrspolitik ist nämlich kompliziert.
Und es wird auch immer deutlicher, dass es nicht nur um das Rad geht, wenn es gegen das Auto geht. Es geht um eine vernetzte Verkehrspolitk, in der die Alternativen flexibel gewählt werden können, also “smart”, wie man das wohl unweigerlich nennt. Siehe etwa in Wien.
Und sind sie nicht willig, also die deutschen Städte, dann regelt vielleicht eine andere Frage die Verkehrspolitk mit Nachdruck neu, nämlich die Sache mit dem Feinstaub. Da muss man gar nicht nach China gucken, um sich mit dramatisch schlechter Luft und drastischen Folgen für die Bevölkerung zu befassen, da reicht ein Blick nach Stuttgart (wir hatten das bereits vor einiger Zeit) oder aktuell nach Paris (englischer Text), schon deutlich näher als asiatische Metropolen.
Wir enden aber lieber positiv, es gibt noch ein Update zum RS1, also zum Radschnellweg im Ruhrgebiet. Ein Update mit wirklich erstaunlichen Aussagen: “Im Idealfall könnten so täglich zehn Weltumrundungen per Auto eingespart werden.”
Gehört: Der teilende Mensch
Das ist eine Folge von SWR2 Wissen, sie dauert 26 Minuten. Da geht es u.a. auch um ein Thema, das mich immer mehr interessiert, nachdem ich einmal für die Nido darüber geschrieben habe, da geht es um Unterschiede im sozialen Verhalten von Kindern und Erwachsenen.
In meiner Kolumne damals (“Kekse für alle”) ging es um den Widerspruch zwischen den meist recht erfolgreich durchgesetzten Erziehungsidealen in Kitas, Vorschulen und Schulen einerseits, bei denen soziales Denken, Rücksicht, Gerechtigkeit etc. stark betont werden, und der bekanntlich dramatisch ungerechten Realität der Erwachsenen andererseits, die viele von uns überhaupt nicht mehr stört. Oder doch nicht so stört, dass wir energisch etwas daran ändern. Die Welt ist eben schlecht, fertig. Wir sind in unserem Alltag sehr, sehr weit weg von dem, was wir Kindern als common sense der Eltern beibringen, nicht nur bei diesem Thema übrigens, das gilt auch z.B. beim Umweltschutz.
Irgendwo in der Adoleszenz gibt es dann einen Punkt, bei dem alles kippt und zack, haben wir einen normal Erwachsenen mit erheblichen moralischen Defiziten, der in der Lage ist, sich in dem Irrsinn des Arbeitsmarktes, in der gentrifizierten Stadt, in der rabiaten und konkurrenzorientierten Gesellschaft durchzuschlagen.
Ich wäre da vermutlich nicht drüber gestolpert, wenn mich die Söhne nicht darauf gebracht hätten, sie liefern mir aber immer wieder Beispiele für dieses Phänomen. In der Grundschule von Sohn I werden z.B. soziale Konflikte ziemlich konstruktiv gemeinschaftlich im Gespräch gelöst. Sie lernen da verschiedene Kommunikationsstrategien, und sie lernen sie sogar recht erfolgreich. Das haben wir damals nicht so in der Schule gelernt, ich jedenfalls ganz gewiss nicht. Und es ist doch eine spannende Frage, ob diese Generation heute das jetzt alles lernt, um es später wieder zu vergessen und sich dann normal schlecht zu benehmen?
Ich war am Wochenende mit Sohn I in der Kunsthalle, es folgt etwas anekdotische Evidenz. Da gibt es einen Saal für Kinder, in dem eine Art Steckspiel ausliegt, man kann aus bunten Plastikstäben und Verbindungskugeln wilde Konstruktionen bauen, auch sehr große, auch sehr kunstvolle, auch solche, die schon nach Ingenieurskunst aussehen. Und natürlich auch kleine bunte Sternchen, die jeder hinbekommt, jedes Kind.
Die Plastikstäbe liegen dort einfach herum, werden verbaut, werden wieder demontiert und immer so weiter. Zwischendurch werden sie auch mal knapp, wenn zu viele Nachwuchsingenieure gleichzeitig bauen. Und es war deutlich zu erkennen, dass die Kinder, viele so um acht Jahre herum, erstaunlich höflich und freundlich mit dem Problem umgingen. Man tauschte Stäbe aus, man gab frei, man gab weiter, das lief gut. Was ganz und gar nicht gut lief, das waren mehrere durchdrehende Eltenteile, die es nicht ertragen konnten, dass ihr Nachwuchs bei dem Spiel vermeintlich zu kurz kommen konnte, und die deswegen meinten, sich gegen andere Kinder durchsetzen zu müsen, die also schlicht Stäbe weggriffen. Ohne zu fragen, ohne jede Höflichkeit und Rücksicht. Und nachdem ich da etwa eine Stunde saß, kam mir das nicht mehr zufällig vor.
Ich will nicht sagen, dass Kinder gut sind, nein. Aber sie sind jedenfalls fähig, etwas Gutes zu lernen, das wir als Gesellschaft dann doch lieber nicht bewahren.
Die oben verlinkte Radiosendung hat übrigens ein feines Ende mit einem klaren Auftrag für Erwachsene, es lohnt sich also, sie bis zum Schluss zu hören.
May 16, 2016
Kurz und klein
– Kerzen anzünden
– ins Zimmer schleichen
– Happy Birthday singen
– die tief schlafende Maus betrachten
– Kerzen auspusten
– Kaffee trinken
— Gedankenbalsam (@Gedankenbalsam) 30. April 2016
als k1 & ich an einer typischen teenietruppe vorbei sind: "seid ihr früher auch so zusammengestanden? jeder mit wählscheibentelefon dabei?"
— Frau Bruellen (@FrauBruellen) 29. April 2016
"Wir hatten damals gar kein Internet, und, hat es uns geschadet?" – "Ja, sicher."
Meine Teenager verweigern sich vernünftiger Diskussion.
— Magnus Pilgrim (@grindcrank) 29. April 2016
Ich hab ja schon ein bisschen Angst, dass wir alle irgendwann im Altenheim sitzen und mit verteilten Rollen Conni-Dialoge sprechen.
— Ute Weber (@UteWeber) 29. April 2016
My toddler is trying to put away her crayons in a box with no bottom
I’d help her, but she’s too happy
She thinks she has infinite crayons
— Exploding Unicorn (@XplodingUnicorn) 1. Mai 2016
Vielleicht sollte es besser heißen: "Im Läusegarten ist ein Fall von Kindern aufgetreten."
— blumenpost (@_blumenpost) 19. April 2016
"Es gibt schönere Spiele, als sich gegenseitig seine Genitalien zu zeigen."
Irgendwann sage ich den Kindern, dass das eine Lüge war.
— Lilli Marlene (@MarleneHellene) 21. April 2016
"Mama, Meike Jackson ist tot, oder?"
Ich kann nicht mehr.
— Madame de Larenzow (@Larenzow) 2. Mai 2016
Lehrerfun: Ein Haar auf die Arbeitsblätter kopieren und dann allen beim Pusten und Wischen zugucken.
— Kerstin Brune (@BruneKerstin) 3. Mai 2016
Mama, was ist ein Praktikum?
Wenn jemand für kurze Zeit einen Beruf probiert.
Und das macht der Junge bei dir?
Ja.
Warum nicht im Weltall?
— Hübscherei (@Huebscherei) 23. April 2016
Die zwei- bis fünftausend Bilder der Krippengruppe meiner Tochter sichten. Bilder finden, auf denen sie nicht lacht. Gleich mal beschweren.
— Heikeland (@Heike_land) 6. Mai 2016
Wenn die Kinder nach mehr Zeit am Bildschirm quengeln, sage ich immer: Denkt an die Kinder in Prenzlauer Berg, die haben nur Holzspielzeug.
— Verena Mayer (@ve_mayer) 7. Mai 2016
Tochter:
"Papa, ich hab Dich ein bisschen lieber als den Tisch"
Nun, man muss zur Verteidigung sagen, daß das ein sehr schöner Tisch ist.
— Prof. Dr. Spock (@intr4venous) 30. April 2016
"Hab Mama lieb!"
Awww!
"Papa auch lieb."
Das ist schön!
"Teddy auch lieb."
Ok.
"Schnuller auch lieb."
Okahay.
"Brot auch lieb."
OKAY.
— Eulenkuckuck (@Eulenkuckuck) 9. Mai 2016
Der Sohn hat sich von seinem Taschengeld ein Nachtsichtgerät gekauft.
Hoffentlich stellt er bald etwas an, damit ich es ihm wegnehmen kann.
— Familienbetrieb (@Betriebsfamilie) 12. April 2016
Als der Sohn heute darauf bestand, im Schlafanzug in den Kindergarten zu gehen, hätte ich ahnen müssen, dass der Kita-Fotograf im Haus ist.
— Kleckerwingeln (@Kleckerwingeln) 9. Mai 2016
Während dessen liest das #Teeniemädchen neben mir einen handgeschriebenen Brief. Als per Whatsapp geschicktes Foto. #bahn
— Mr. Senzo (@Sentenzomat) 10. Mai 2016
Der erste WhatsApp Chat mit dem Sohn läuft noch etwas schleppend pic.twitter.com/sXI05MXd0u
— SuseK (@sk_suse) 30. März 2016
Wie ich mal als Alleinerziehende bei mehr als einem Start-Up gefragt wurde, wie ich denn dann an den Grillabenden teilnehmen will. LOL.
— Hübscherei (@Huebscherei) 12. Mai 2016
Wer blöde Fragen stellt….
Ganz mein Kind ?? pic.twitter.com/cFg657Ujdk
— ??IGG© (@pennymyss) 23. Dezember 2015
Mama, ist heut Donnerstag?
Nein
Freitag?
Nein.
Samstag?
Nein.
Sonntag?
Nein.
Montag?
Nee.
Dienstag?
Nein.
Ohhh..
*genervtes Kind geht ab*
— Twutti (@MamasTagebuch) 11. Mai 2016
2 Stunden mutterseelenalleine in der Wohnung. Habe eben was runtergeworfen um auszuschließen, dass ich plötzlich taub geworden bin.
— iLikeBrains (@iLikeBrains) 15. Mai 2016
May 14, 2016
Woanders – Mit Erinnerungen, Erfahrungen, Eltern und anderem
Aus Elternsicht sehr gelacht über diese Kolumne zum Thema Snapchat. Mehr muss man zum Thema gar nicht wissen, glaube ich.
Und noch einmal für Eltern: Die Gesamtkosten des Panini-Albums (allerdings ohne Tauschen gerechnet, also ziemlich unrealistisch).
Hier geht es um Kooperationen mit BloggerInnen, immer wieder wichtig.
Ein Nachruf auf Chana und auch auf einem Ort, den es nicht mehr gibt.
Und noch einmal Erinnerungen: An Tagen wie diesen.
Schicke Bilder von alten Computern.
Eine Liebeserklärung an den Buchdruck.
Quasi auch eine Liebeserklärung, allerdings an einen Bungalow in Hamburg, in dem ein Geruch fehlt, den ein ganzes Land mit genau einer Person verbindet.
München bei Nacht. Da fällt mir ein, ich habe lange keinen kleinen Szenen mehr geschrieben.
“Es ist eine Illusion, man könnte – als Autor etwa – einfach so eine Farbe zufällig herausgreifen, etwa „blau“. Ein Lehrer über Lehrerspott. Das Erheiternde ist ja, dass man den zitierten Satz nur mit einem “Erörtern Sie” ergänzen müsste, um eine feine Klausur für die Oberstufe zu haben. Davon abgesehen würde ich aber als auch schreibender Mensch die Frage, ob die Gardine in einer Geschichte zufällig blau sein kann, mit einem ziemlich durchdachten “Mal so, mal so” beantworten.
May 13, 2016
Terminhinweis
Morgen, 14.05., ist übrigens wieder Gratiscomictag. Das ist nicht nur für Kinder interessant, vielleicht gibt es auch in Ihrer Nähe ein Event dazu – Näheres findet man hier.
May 12, 2016
12 von 12 im Mai
(The same procedure: 12 von 12 hier generell erklärt, die anderen Mai-Ausgaben von vielen, vielen Bloggerinnen findet man hier. Ich neige dabei zum Schummeln und trickse oft mit eingebauten Videos statt Bildern. Schlimm.)
Ich beginne den Tag mit dem Sisyphos-Syndrom der modernen Eltern, denn Steine herumzurollen ist irgendwie total vorchristlich, das macht man so nicht mehr, man sammelt jetzt im Kinderzimmer Bügelperlen auf. Der Effekt ist exakt gleich.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 11. Mai 2016 um 22:27 Uhr
Danach Frühstück beim Portugiesen, also im zweiten Wohnzimmer, wo man jeden kennt, aber morgens nur reden kann, nicht reden muss. Das ist also sogar besser als im ersten Wohnzimmer, fällt mir gerade auf.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 11. Mai 2016 um 22:56 Uhr
Danach schlendere ich mit der Herzdame über den Wochenmarkt und wir tun zehn Minuten lang so, als hätten wir Zeit, wie so ein entspanntes Pärchen aus einer Lifestyle-Zeitschrift. Das fühlt sich schon nett an, leider muss ich aber marktbedingt die ganze Zeit an den fürchterlichen Begriff Wechseljuicer denken, das stört doch sehr (wer das Wort nicht kennt, bitte auf eigene Gefahr googeln).
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 11. Mai 2016 um 23:01 Uhr
Dann geht es ins, nun ja, architektonisch reizvolle Hammerbrook. Und zwar mit der Bahn, weil ich auf dem Markt zu viel Zeit vertändelt habe, um noch zu Fuß gehen zu können. Schlimm.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 11. Mai 2016 um 23:14 Uhr
Es folgen sechs Stunden im Büro. Ich denke nebenbei unentwegt darüber nach, mit welchem Symbolbild ich diese Zeit hier illustrieren kann. Mit fällt aber nichts ein.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 12. Mai 2016 um 3:33 Uhr
Auf dem Rückweg gehe ich an dem vorbei, was Hammerbrook dann doch tatsächlich zu bieten hat: Wasser.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 12. Mai 2016 um 5:05 Uhr
Da ich bei diesen Temperaturen meine Ernährung auf Wassermelone umstelle, gehe ich bei Sönmez vorbei. Wie das Schattenselfie beweist: “Ich habe eine Wassermelone getragen”. Quasi Baby Buddenbohm, und wer das jetzt nicht verstanden hat, der muss wirklich erstaunlich jung sein. Ob ich aber am Abend noch mit der Herzdame Hebefiguren übe – ich weiß ja nicht, wir haben beide Rücken.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 12. Mai 2016 um 5:25 Uhr
Dann folgt der Bügelmarathon der Woche.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 12. Mai 2016 um 7:11 Uhr
Wobei mich die Leserin Frau Z. aus H. nach meinem Podcastgejammere neulich darauf hingewiesen hat – ich habe nämlich durchaus fürsorgliche Leserinnen, das ist sehr erfreulich – dass man beim Bügeln auch gut Podcasts hören kann. Recht hat sie! Ich werde mehr und besser bügeln müssen. Frau Z. aus H. ist übrigens auch beruflich fürsorglich, denn sie ist Inhaberin der unlängst hier bereits bejubelten Villa Dorothea. Nein, keine bezahlte Werbung, reine Überzeugung. Gutes Haus, das.
Ich habe aber dann doch keine Podcasts gehört, ich habe einen Film gesehen. Das sollten Sie auch, und zwar den hier:
Das ist nicht gerade leichte Unterhaltung, da muss man aber durch, das ist nämlich das berühmte Mindeste, was man tun kann. Und hinterher reicht es dann wieder für etwas mehr, so ist zumindest der Plan.
Ich wechsele danach aber erst einmal ohne jeden sinnvollen Zusammenhang zu einem Lied, das mir gestern beim Tanzen im Lindy-Hop-Kurs wieder eingefallen ist. Lange nicht mehr gehört, das Stück, da sehe ich dann gerne bei Youtube nach, ob es einen Film dazu gibt. Gibt es tatsächlich:
Ein wunderbares Lied, wobei die Version, in der es jener Mann singt, der es geschrieben hat, noch besser ist. Das war Hoagy Carmichael, der in seiner Variante noch etwas besser rüberbringt, dass es halbgesprochen beginnt. Es ist ein Liedchen, aber ein recht kunstvoll gestaltetes. Man hört die Stimmung ganz genau, dieses wunderbare Gefühl, reichlich oder auch zu viel getanzt zu haben, sehr müde zu sein, vielleicht doch noch zwei, drei Schrittchen swingen zu können – oder doch lieber in einem Arm einzuschlafen – das ist ganz bezaubernd eingefangen. Es swingt so halb, es swingt also perfekt, es ist ein Tanzsehnsuchtslied. Man könnte einen sehr, sehr langsamen Lindy-Hop dazu tanzen, einen geradezu albern langsamen, und es würde genau passen.
Auf Spotify gibt es endlos viele Versionen des Liedes, auch die von Hoagy Charmichal, auch die von Fats Waller, auch die von Sammy Davis Jr., ich habe hier eine Playlist angelegt, fast zwei Stunden nur dieser Song. Ja, ich bin seltsam, ich weiß. Und übrigens! Eine fast spekatkuläre Erkenntnis nebenbei, es ist ein Lied, bei dem Dean Martin seine Version völlig vergeigt hat, wirklich schlimm. Dass der überhaupt irgendwas einmal nicht großartig singen konnte!
Wo war ich? Auf Youtube, genau. Zufällig sah ich nach dem Film zum Lied noch eine Tanznummer mit James Cagney und Bob Hope, die darf hier jetzt auch nicht fehlen:
Und, ich springe hier seltsam hin und her, aber egal: In meiner Playlist zu “Two sleepy people” gibt es auch eine Version von Carsie Blanton, die überhaupt wunderbar ist. Und die wiederum hat einen Song, der ganz ausgezeichnet zu einem heißen Tag in einer heißen Dachgeschoßwohung passt, also zu meinem Nachmittag heute zum Beispiel: Sweet Lorraine. Sehr, sehr entspannt, man möchte sofort auch in so eine Hängematte.
Entspannt geht es auch weiter, das Feierabendbier findet im Park statt. Daher kein Craftbeer, sondern eine konventionelle Marke.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 12. Mai 2016 um 8:55 Uhr
Im Park dreht sich alles um die Panini-Karten, Kinder und Erwachsene tauschen hin und her, zahlen, klauen, es blickt ohnehin keiner mehr durch. Sohn II ist darauf gekommen, dass man mit gesammelten Pfandflaschen Geld vedienen kann, er braucht im Park nur zehn Minuten Suche für einen Euro in Pfand, ein Euro reicht für die nächsten Karten. Sein Geschäft läuft.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 12. Mai 2016 um 9:04 Uhr
Da die Kinder bis zur letzten Minute tauschen, entfällt das gesunde Abendbrot, es wird Ersatz beschafft.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 12. Mai 2016 um 9:44 Uhr
Und auf dem Heimweg darf ich wieder aktuelle Straßenkunst erklären. Es ist kompliziert.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 12. Mai 2016 um 9:43 Uhr
Damit genug für heute, ich gehe gleich noch zu einer Lindy-Hop-Party, so viel Spaß muss sein. Danach werde ich aber sicher zu kaputt sein, um noch etwas zu bloggen.
May 11, 2016
Woanders – Der Wirtschaftsteil
In der taz blickt man zurück auf die Anfänge der Kundendatenauswertung in Unternehmen, da geht es um Versicherungen in den USA und Daten auf Karteikarten. Und um die Interessen der Versicherer, diesmal in Deutschland, geht es u.a. auch in einem anderen taz-Artikel, der sich mit dem Thema “Demografie als Angstmacher” beschäftigt.
Wie auch immer die Alterung sich auf den Staat auswirkt, umbauen kann man ihn ja schon einmal, er hat eh eklatante Schwächen.
Dazu ein etwas überraschender Vorstoß der Welt: “Nur das Grundeinkommen kann den Sozialstaat retten.” Die Schlagzeile hätte man womöglich eher der taz zugeordnet, es ist etwas kompliziert. In Kenia forscht man währenddessen an diesem Grundeinkommen noch herum, und zwar immerhin zehn Jahre lang. Ziemlich erhellend in diesem Zusammenhang ist auch eine weitere Meldung aus der Zeit, in der die drei gängigen Modelle des Grundeinkommens erläutert werden, nämlich in neoliberaler, humaner und sozialistischer Ausprägung.
Beim Nachdenken über das Grundeinkommen ist man vom Begriff Glück zumindest nach Meinung einiger nicht mehr weit entfernt, dazu haben wir noch etwas zu den vermeintlich glücklichsten Menschen der Erde, also zu den Dänen.
Und beim folgenden Link geht es zugegebenermaßen gar nicht um Wirtschaft, in diesem Gespräch von Sibylle Berg, Peter von Matt und Lukas Bärfuss fällt aber der auch für uns hier interessante Satz: “Kulturpessimismus ist keine mögliche Haltung.” Denn wenn man schon gedanklich beim Glück ist, braucht es wohl auch Optimismus. Und für das Grundeinkommen brauchen wir den wohl ebenfalls.
Zum Schluss aber wie fast immer der Link für den Freundeskreis Fahrrad, diesmal geht es um Menschen, die beruflich in der Share Economy Rad fahren: “Radeln against the machine”.
Wie der wöchentliche Wirtschaftsteil für die GLS Bank entsteht
Vielleicht ist das Folgende interessant für Menschen, die privat oder beruflich auch manchmal oder permanent Nachrichten zu bestimmten Themen sammeln – wie gehe ich eigentlich beim Wirtschaftsteil vor?
Der Wirtschaftsteil umfasst jede Woche rund (sehr rund) zehn Artikel aus möglichst breit gestreuten Medien, die sich mit nachhaltiger Wirtschaft, Umwelt- und Sozialpolitik im allerweitesten Sinne sowie mit Sinn- und Moralfragen beschäftigen. Als der Wirtschaftsteil startete, waren die Links in jeder Woche noch thematisch bunt gemischt und nur textlich verbunden, im Moment sind sie so gebündelt, dass es jeweils eine inhaltliche Klammer gibt und ein Aspekt vertieft wird. Das kann sich auch wieder ändern. Allerdings wird bei der Bündelung etwas deutlicher, was mir immer wichtig ist, nämlich dass es keine einfachen Lösungen gibt und an jeder Ecke überraschende Abgründe zu finden sind – weil es eben kompliziert ist. An der Botschaft hänge ich, wie vielleicht dem einen oder anderen bereits auffiel.
Die Artikel müssen also zu dem weiten – aber nicht endlos weiten – Themenkreis passen, sie müssen außerdem halbwegs originell sein und auch nicht schon per Agenturmeldung in jeder Lokalzeitung gewesen sein, reine Nachrichtenmeldungen scheiden also weitgehend aus. Die würde keiner noch einmal lesen wollen, auch wenn sie noch so sehr passen, auch wenn sie noch so toll sind. Außerdem sollten die Texte lesbar geschrieben sein, das ist gerade bei Wirtschaftsthemen ein Kriterium, das enorm viel Ausschuss produziert. Und sie müssen mich interessieren. Es ist meine Kolumne, es ist mein Geschmack, hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein. Kurator und Imperator, was mir nicht gefällt, wird gelöscht. Zack.
Mein Interesse kann ich dabei häufig gar nicht rational begründen, es gibt viele, viele Artikel, die gut geschrieben sind und die auch passen, die mir aber dennoch egal sind und daher nicht in Betracht kommen. Das sind eben die Algorithmen in mir und Algorithmen, das weiß man, machen dauernd Fehler und sind wenig nachvollziehbar. Ist so.
Ich brauche also ziemlich viele Artikel zur Auswahl, damit am Ende eine Kolumne mit etwa zehn Meldungen dabei herauskommen kann. Dazu muss ich permanent nach Themen und Schlagworten sortiert sammeln, denn man findet natürlich nicht an einem Tag zehn spannende Meldungen zur Kultur der Arbeit usw., das dauert.
Um genug Artikel abgrasen zu können, müssen mir möglichst viele aufs Handy oder aufs Notebook gespült werden. Ich möchte nicht aktiv suchen gehen, es sei denn, ich recherchiere etwas nach. Um die Timelines bei Twitter und Facebook auszuwerten, nutze ich Nuzzel, dazu habe ich hier bereits einmal etwas geschrieben: ““Die Timelines als Milchvieh betrachtet”.
Die Bedeutung der dort erwähnten Twitterlisten kann man gar nicht hoch genug einschätzen, wer bei Twitter ist und auf meinem Profil nachsieht, findet dort z.B. auch die öffentliche Liste “Wirtschaftsteil und Politik”. Wer sich diese Liste näher ansieht, wird erstaunlich viele PolitikerInnen der Grünen darin finden. Das liegt daran, dass einzelne Grüne in aller Regel tatsächlich sehr grün sind und auch entsprechend interessante Texte zu ökologischen, nachhaltigen Themen verteilen – erst in der Gesamtheit der Partei vermisst man dann plötzlich die Farbe und vielleicht auch die Ausrichtung. Einen ähnlichen Effekt gibt es übrigens auch bei der SPD und sozialen Aspekten, im Grunde könne beide Parteien irgendwie nicht aus der Summe ihrer Mitglieder bestehen, aber darum geht es hier gar nicht, pardon.
Nuzzel sehe ich mir immer morgens an, im Laufe des Tages werte ich Twitter (dann die Haupttimeline, nicht die Listen) über Something aus. Eine enorm praktische, aber total schlichte App, die mir alle geposteten Links von den Menschen, denen ich auf Twitter folge, magazinartig darstellt. Wirklich simpel, wirklich gut, für mich unentbehrlich.
Auf dem Handy sehe ich auch noch nach, was bei Niuws vermeldet wird, das ist eine kuratierte Nachrichtenapp. Man kann verschiedene Themenfelder abonnieren, darunter auch solche, die exakt zum Wirtschaftsteil passen.
Auf dem Notebook nutze ich außerdem piqd, wo ebenfalls ausgewählte Nachrichten zu diversen Themenfeldern dargestellt werden. Die auswählenden Damen und Herren haben hier aber wesentlich mehr Raum für ihre Einleitung vor der Fundstelle, und das ist durchaus ein Gewinn.
Für die schnelle Presseschau nehme ich Newstral und auch Google News, beide Seiten kann man ziemlich gründlich seinem Bedarf anpassen.
Blogs und alles, was man sonst noch abonnieren kann, lese ich über Inoreader. Ein anderer Reader würde dabei den selben Zweck erfüllen, ich habe keine riesigen Unterschiede zwischen den Produkten feststellen können. Das Ding soll eben Feeds lesen und als ungelesen/gelesen darstellen, mehr Zaubertricks brauche ich da gar nicht. Ich habe viele Abos, das liegt auch daran, dass man bei den meisten Zeitungsseiten mittlerweile einzelne Rubriken und auch einzelne AutorInnen abonnieren kann, da kommt dann schnell etwas zusammen. Das wird natürlich längst nicht alles gelesen, aber doch alles überflogen.
Erstaunlich viele Links finde ich durch Seiten-Abos und empfehlende Freunde auf Facebook, wenige, aber manchmal gute Links auch auf Medium. Facebook lasse ich mir durch eine Erweiterung bändigen (F.B. Purity), so dass die Timeline nicht ständig auf “Hauptmeldungen” umspringt und mir diverse Sachen (wie etwa Spieleanfragen) gar nicht erst angezeigt werden, man kann da eine Menge einstellen.
Alles, was ich tagsüber finde, speichere ich erst einmal in Getpocket, darauf bin ich vor einiger Zeit durch diesen Artikel hier gekommen. In Getpocket kann man wiederum auch Texte empfehlen und Empfehlungen anderer User lesen, da kommt dann auch noch etwas zusammen.
Zwei Newsletter sind mir wichtig. Zum einen der morgendliche der Krautreporter zur allgemeinen Weltlage, den ich sehr angenehm im Tonfall finde, ohne jede Arroganz verfasst, freundlich und eher zögerlich einordnend, mit viel Respekt vor den Quellen. Zum anderen die immer interessante Schmausepost zu allen Foodthemen, ich erwähnte sie hier im Blog bereits mehrfach.
All das zusammen ergibt sehr viele Artikel pro Tag, die ich nicht alle lesen kann, nicht einmal ansatzweise. Ich bin also ziemlich abhängig von der Überschrift und dem ersten Absatz, wenn die nicht interessieren, hat der Rest des Textes kaum eine Chance. Manchmal aber doch, nämlich entweder wenn der Text von sehr viele Menschen empfohlen wird, oder aber wenn ich der oder dem Empfehlenden so sehr vertraue, dass wohl etwas dahinter sein muss, wenn da ein Link ausdrücklich weitergereicht wird.
Ich lese also alles an und entscheide sehr schnell und mit unruhig zuckendem Löschfinger, dann speichere ich das, was mir einigermaßen spannend vorkommt, von Getpocket in Bookmarks um. Bookmarks kann ich besser sortieren, da bin ich altmodisch. Und da sammeln sich dann langsam, manchmal auch sehr langsam, drei, vier, fünf Links zum Thema Inklusion oder ökologische Mode oder Landwirtschaft etc. an, fein säuberlich untereinander, wie früher auf den Karteikarten. Und wenn es zehn oder fünfzehn oder zwanzig oder mehr Links sind, dann reichen sie vielleicht (!) für eine Ausgabe des Wirtschaftsteils, denn ich lese die Texte erst gründlich und vollständig, wenn ich anfange, eine Ausgabe zu schreiben. Wobei dann selbstverständlich auch noch einmal viele (etwa ein Drittel) aus der Sammlung fliegen.
Bemerknisse am Rande:
Ich gehe eher selten auf Medienseiten, ich lasse mir Links zu den Medien eher vor die Füße spülen. Ich sammele also eher, als dass ich jage. Jagdsituationen gibt es zwar auch, aber nur, wenn mir ausdrücklich eine bestimmte Information, ein bestimmter Text fehlen. Das ist bei vielleicht bei zwei von zehn Links in einer Ausgabe der Fall.
Ich finde eher zu wenig Links aus Blogs, das ist schade, aber wirklich schwer zu ändern. Denn es gibt zwar reichlich gute Blogs mit wirklich großartigen Artikeln da draußen, die ich überhaupt nicht wahrnehme, aber wenn meine Filterblase nicht bis zu ihnen reicht, wird es problematisch. Es ist schwer und mühsam, in andere Filterblasen einzudringen, auch wenn es überhaupt nicht unmöglich ist. Aber man muss stets durch ein wüstes Dickicht an Texten, die einen nicht ansatzweise interessieren, um Schätze von anderen Inseln zu heben, das kostet enorm viel Zeit. Eine ausgefeilte Strategie für das Suchen und Finden außerhalb der Filterblase habe ich immer noch nicht gefunden. Hinweise nehme ich gerne entgegen, das ist ein Thema, das es in sich hat, scheint mir.
Was ich auch fast nie schaffe, ist mir zu merken, woher ein Link kam und das entsprechend zu würdigen. Das ist etwas unhöflich und tut mir tatsächlich leid, es ist aber schwer zu ändern, die Links rauschen einfach zu schnell durch.
Und schließlich führt all dies erstens zu einer weiteren Ausgabe des Wirtschaftsteils am Donnerstag und zweitens zu einer besonderen Form der Blödigkeit bei mir. Man kann mich mehrmals in der Woche mit leerem Blick und geistlosem Gesichtsausdruck antreffen, nämlich immer dann, wenn mir nach Stunden oder Tagen einfällt, dass ein bestimmter Textauschnitt, den ich nicht gespeichert habe, jetzt doch vielleicht ganz gut passen würde, ich aber trotz allen Nachdenkens nicht mehr darauf komme, wo ich den denn bloß gesehen habe. Schlimm!
May 10, 2016
Gehört: Eva
Ich bin immer noch dabei, mich mit dem Radio wieder und mit den Podcasts neu anzufreunden, und ich höre abends daher gerade, statt Bücher zu lesen. Das mache ich vermutlich sogar den ganzen Mai durch, warum auch nicht, ich möchte auch einmal verhaltensoriginell sein. Sonst kann ich das nämlich nie testen, ich fahre nun einmal nicht genug Auto oder Bahn, um das Hören irgendwo im Alltag unterbringen zu können, da ist einfach keine Lücke. Ich dachte kurz, ich könnte gut beim Kochen etwas hören, aber es stellte sich heraus, dass ich zu dynamisch und zu laut Karotten und anderes Zeug zerteile, um dabei alles verstehen zu können. Und es macht mich wahnsinnig, wenn ich mit der Lautstärke des Tablets gegen die Lautstärke der Dunstabzugshaube angehen muss, das geht so alles nicht.
Am Abend also, während der Stapel ungelesener Bücher neben dem Bett bald baugenehmigungspflichtig wird, höre ich mir jetzt etwas an. Ein ausgesprochen komisches Gefühl. Ich müsste vielleicht zusätzlich Stricken oder Häkeln oder so etwas lernen, um mich nebenbei zu beschäftigen, denn irgendwie werde ich den Impuls nicht los, beim Hören noch etwas Sinnvolleres zu tun. Herumliegen ist einfach nicht mein Ding, das ist eher Stress. Es ist ein wenig kompliziert.
Wenn es so weitergeht, werde ich es auf diese Art aber sogar noch zum Hörbuch bringen, eine wirklich abgefahrene Vorstellung. Was ich eigentlich sagen wollte: Es wird in nächster Zeit vermutlich öfter ein paar Links zu Sendungen/Podcasts geben, da müssen wir jetzt durch.
Hier etwa eine beeindruckende Sendung über die Stiefschwester von Anne Frank. Lang und schlimm, wie könnte es anders sein. Das sind immerhin 53 Minuten, aber es lohnt wirklich sehr, der Dame zuzuhören.
Um so etwas in der S-Bahn zu hören, müsste ich allerdings bis Buxtehude oder weiter fahren, nein, sogar noch weiter als bis nach Lübeck, fast bis Berlin, wohin aber bis jetzt gar keine S-Bahn fährt,m das wird also teuer. Oder ich müsste mit dem Auto bis nach Dänemark, woraufhin ich jetzt einen wieder Ulla-Meinecke-Ohrwurm habe, die Älteren verstehen das. Schlimm!
Zielgruppe verfehlt, alles richtig gemacht (2)
Noch eine Verlagszusendung, diesmal vorher angefragt. Ob wir Interesse an einem Geo-Epoche-Heft hätten? Zum Thema Hamburg? Das habe ich reflexmäßig zugesagt, weil die Herzdame beim Thema Hamburg und Geschichte auch bei Krimis immer zuschlägt, das konnte so verkehrt für sie also nicht sein.
Und dann lag das Heft eine Weile dekorativ auf dem Wohnzimmertisch herum, als würden da dauernd Coffeetablemags liegen, was hier durchaus nicht der Fall ist. Unser Konsum an Printperiodika geht eher gegen Null. Und das Heft lag und lag, die Herzdame kam nicht dazu, ich kam nicht dazu. Es war aber ganz richtig, dass es da so dauerhaft lag, denn dadurch wurde es für die Kinder interessant, die es dann durchgeblättert haben, bevor wir überhaupt dazu kamen. Sie haben es auch nicht nur einmal durchgeblättert, sie haben es ziemlich oft in der Hand gehabt und sich die Bilder sehr genau angesehen. Es sind viele Bilder und wenig Text im Heft. Und die Söhne haben nach ein paar Tagen erst angefangen, Fragen dazu zu stellen. Fragen nach den großen Seglern im Hafen, nach den armen Leuten und besonders nach den hungernden Kindern auf den Fotos. Fragen nach dem U-Bahn-Bau und nach den Naziaufmärschen und nach Hitler. Sohn I wird bald neun Jahre alt, da gibt es allmählich ein gewisses Geschichtsverständnis. Es gab auch wieder Fragen nach dem Krieg und nach den Nazis damals und heute und warum denn bloß und wie isses nun bloß möglich, was ganz zufällig das ist, was sich ihr Vater seit Monaten auch die ganze Zeit fragt.
In der Folge gab es auch noch Fragen nach der Nachkriegszeit und der Sache mit der innerdeutschen Grenze und der DDR und Honecker, und es gab auch Fragen nach der allgemeinen Arschlochhaftigkeit von Diktatoren, und absurderweise genau einen Tag vor ihrem Tod wurde hier festgestellt, dass die Witwe von Honecker noch lebt und es wurde etwas beunruhigt gefragt, ob sie nicht doch noch gefährlich sei. Es gab Fragen nach dem Zeppelin, wozu ich ihnen sagen konnte, dass bei den Männern, die das Luftschiff damals bei der Landung auf den Schultern trugen, vielleicht einer ihrer Urgroßonkel mit auf diesem Bild ist, das fanden sie natürlich spannend. Es gab Fragen nach der Speicherstadt usw., das Heft hat sie wirklich zum Grübeln gebracht, und das ist pädagogisch ja oft erstrebenswert. Und wie leicht das war – einfach durch ein paar Bilder.
Wobei mir aufgefallen ist, dass so ein Coffeetableding ein hervorragendes Mittel ist, um die Jungs neugierig auf ein Thema zu machen, das hat so dermaßen gut funktioniert, man sollte vielleicht öfter Bildbände wie zufällig irgendwo herumliegen lassen. Bildbände zur Geschichte, zu anderen Ländern, was auch immer. Als ich Kind war, lag im Wohnzimmer meiner Eltern so eine Sammelreihe mit Heften zur Kunstgeschichte, ein Heft pro Künstler, seitenweise Ölgemälde. Darunter auch schauderhaft detailgetreue und blutige Bilder der Kreuzigung Jesu, von Operationen mit herausgegriffenem Gedärm und von kämpfenden Gladiatoren mit offenen Wunden, das war ganz und gar nicht kindgemäß aufbereitet. Das fand ich alles hochinteressant und habe es sehr oft durchgeblättert, so oft, dass ich einige der Maler aus der Reihe heute noch an ihrem Stil erkenne. Das hat aber nur geklappt, weil es bei uns eben nur diese Reihe gab, nicht noch zehn andere, nicht hundert andere Bücher. Das war also eine Verknappung, die wir heute so nicht mehr herstellen könnten und wollten. Und dennoch – beim nächsten Büchereibesuch sehe ich mir mal ein paar große und üppig bebilderte Bände zur Geschichte für diesen Zweck genauer an. Und zwar aus der Erwachsenenabteilung. Sonst wirken sie vielleicht nicht, das ist im Grunde wie bei den Malbüchern.
Das Geo-Epoche-Heft Hamburg hat bei den Söhnen super funktioniert. Zu grauenvolle Bilder sind auch nicht darin, erklärungsbedürftige umso mehr. Für Kinder ab etwa Grundschulalter ist das Heft nach den Erfahrungen bei uns jedenfalls wesentlich interessanter, als man vielleicht zunächst annimmt.
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