Raúl Aguayo-Krauthausen's Blog, page 6

October 14, 2019

Newsletter: Abstimmen: „Projekt Elevate“ für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis nominiert; Krauthausen bei Theresia Degener; Warum hat Papa keine Arme und Beine?

Auch heute gibt es wieder von mir handgepflückte Links aus aller Welt zu den Themen Inklusion und Innovation in meinem Newsletter.

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Published on October 14, 2019 23:11

Die eigene Behinderung vererben

Eine Frage auf Facebook gibt den Anstoß:
Gibt es Rollstuhlfahrer hier, die auch Eltern sind?





Ich bin geburtsbehindert. Seit ich denken, kann nutze ich
einen Rollstuhl. Meine erste Schwangerschaft war eine Sensation. Mir wurde sofort
die Abtreibung nahegelegt. Das ist 30 Jahre her. Seit dem weiß ich, es ist eine
meiner besten Eigenschaften, auf mich selbst hören zu können. 20 Jahre später wurde
ich wieder schwanger. Und es hatte sich doch etwas bewegt. Wir sind weniger
träge, als ich dachte. Die Abtreibung wurde mir erst dann nahegelegt, als bei
der Feindiagnostik eine Behinderung zu erkennen war.





Nun lese ich diesen Post auf Facebook. Darunter gut 200
Einträge. Alles Rollstuhlfahrer, die Eltern sind. Sieh an, denke ich. Ich freu
mich. Die Welt dreht sich doch. Und dann: Eine Frau sagt sie sei Rollstuhlfahrerin
und ihr Kind habe die gleiche Behinderung. Oh wie schön, noch eine, denke ich. Der
geht es wie mir. Die erste Frage, die kam: ob das nicht im Ultraschall zu sehen
war? Mir fallen die Augen raus. Darum kann es doch unmöglich gehen! Schwups fühlt
sie sich genötigt sich zu rechtfertigen. Nein, das sei nicht zu sehen gewesen.
Na dann ist es ja gut, ist die joviale Antwort. Sonst wäre es ja auch … Sonst
wäre es was? Ah, denke ich, das will ich auch wissen. Unverantwortlich? Zu
verhindern gewesen? Fies gegen die Gemeinschaft? Doch es kommt keine Antwort. Erst
spät schließt sich die klaffende Lücke: Sonst wäre es egoistisch.





Ach denke ich, das war geschickt. Eine Schwangerschaft ist oft
höchst egoistisch. Der Fortbestand der Menschheit ist gesichert. All die Kinder
um mich herum sind das Produkt egoistischer Handlungen. Doch hier ist egoistisch,
wer billigend in Kauf nimmt, dass der Nachwuchs eine Behinderung haben wird. Dank
vorgeburtlicher Untersuchungen unterlassen das heute nämlich die meisten. Zu
meiner Freude gibt es noch Frauen, die auf Untersuchungen verzichten. Sie
nehmen „die Gefahr“ einer Behinderung fast schon fahrlässig in Kauf. Es lebe
die Anarchie im Mutterleib!





Hier werden aber (von der eigenen Gemeinschaft) diejenigen
angeprangert, die es ok finden die eigene Behinderung zu vererben.





Warum eigentlich?





Ist es doch das schönste Signal, dass ein Leben mit einer Behinderung
lebenswert ist. Dass wir trotz allem, was es zu erkämpfen gilt, glücklich sind.
Es ist das untrügliche Zeichen, dass wir begehrt werden, dass wir schön und
liebenswert sind und dass wir Kinder bekommen, denen wir all das auch zutrauen.

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Published on October 14, 2019 22:36

TV für Alle

TV für Alle ist ein Projekt des Sozialhelden e.V., das den Suchprozess von TV-Sendungen mit Untertiteln oder Audiodeskriptionen vereinfacht. Hier können mit ein paar Klicks die individuell passenden Sendungen herausgefiltert werden. Das Angebot umfasst öffentlich-rechtliche als auch private Sender und ist kostenlos. Zukünftig wird TV für Alle auf Sendungen mit Deutscher Gebärdensprache ausgeweitet.  

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Published on October 14, 2019 22:08

October 7, 2019

Newsletter: Razzia in Behinderteneinrichtung; Leben mit Schizophrenie; Möglichkeiten und Grenzen des Cochlea-Implantats; Nur jede dritte Arztpraxis barrierefrei

Auch heute gibt es wieder von mir handgepflückte Links aus aller Welt zu den Themen Inklusion und Innovation in meinem Newsletter.

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Published on October 07, 2019 23:07

Seilschafft Inklusion!

Der “Ich will da rauf!” e.V. ist ein Münchner Verein, der inklusive Klettergruppen für Menschen mit und ohne Behinderung anbietet. “Seilschafft Inklusion!” ist durch ein Projekt aus diesem Verein entstanden und bietet Unterstützung beim Aufbau inklusiver Klettergruppen. Diese umfasst v.a. eine kontinuierliche Betreuung, Bereitstellung von Ressourcen und Evaluationen. Darüber hinaus wird ein Netzwerk aufgebaut, in dem ein Austausch von Erfahrungen bundesweit ermöglicht und Inklusion gemeinsam umgesetzt werden soll. 

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Published on October 07, 2019 22:22

Im Herzen der Macht

Ohne sie geht bei Gehörlosen nichts: Dolmetscher*innen. Klar, ein bisschen Alltag hier, ein bisschen Alltag da geht auch ohne Verdolmetschung und wo Gebärdensprache gesprochen wird, geht’s auch so. Manche Gehörlose kommen auch gut mit Papier und Stift klar, manche können auch sprechen und verstehen Hörende auch ohne Übersetzung. Trotzdem gilt: Ohne Dolmetscher*innen bist du als gehörloser Mensch außen vor: Keine Teilhabe, kein Zugang zur Politik. Das hat seinen Preis.

In erster Linie ist es ein finanzieller Preis: Eine Stunde Dolmetschen kostet zwischen 55 und 75 Euro, Tendenz steigend. Im Ehrenamt und beim Einstieg in die Politik wird das nicht bezahlt. Ohne Dolmetscher*innen erreicht man hier nichts. Dem „mit uns statt über uns sprechen“ steht da vieles im Weg. Auch dass gehörlose Aktivist*innen sich wenig mit anderen Behinderteninteressenvertreter*innen vernetzen, wird hier seine Gründe haben. 





Zweitens ist es ein psychologischer Preis. Das Wissen um die eigene Abhängigkeit von anderen Personen kann ganz schön belasten. Wenn du immer hoffen und bangen musst, dass jemand anders Zeit hat. Wenn du deine Termine nicht nur von der Verfügbarkeit von Arzt und Anwalt abhängig machst, sondern auch von anderen Leuten. Die dann meist ausgebucht sind. Oder du kein Geld dafür von Kostenträgern bekommst. 





Und weil aller guten Dinge drei sind – oder eine Kombination aus den ersten beiden Dingen – gibt es auch etwas, was ich einen psychologisch-finanziellen Preis nennen will. Das Wissen, dass man selber wenig oder nichts verdient (in den USA sind nur 40% der Gehörlosen in Vollzeit beschäftigt) und die Person, die für einen dolmetscht, innerhalb weniger Stunden mit einem Hartz IV-Regelsatz nach Hause geht, kann ganz schön zermürben. Oder dass die eigene Dienstleistung, etwa ein von Gehörlosen angebotener Workshop, sich zu 30% aus eigenem Honorar und zu 70% aus Verdolmetschungskosten zusammensetzt.





Ich glaube, alles zusammen ist ein großer Frustfaktor. Das ist natürlich nicht die ganze Geschichte. Es gibt natürlich Dolmetscher*innen, die sich in der Community engagieren, die ehrenamtlich arbeiten, die etwas zurückgeben. Und ich bin auch der Meinung: Jede*r Dolmetscher*in, di*er im Einsatz gesehen wird, ist ein Plus für die Gebärdensprachcommunity. Letztendlich ist es wie beim Klimawandel. Nicht der Einzelne ist das Problem, sondern das System. 

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Published on October 07, 2019 22:12

September 30, 2019

Newsletter: Gebärdensprache: Debatten, Fakten und ein YouTube-Kanal; Warum es keine guten Heime gibt; Der Wunsch, einmal etwas sehen zu können

Auch heute gibt es wieder von mir handgepflückte Links aus aller Welt zu den Themen Inklusion und Innovation in meinem Newsletter.

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Published on September 30, 2019 23:16

Rollenfang

Rollenfang hat es sich zur Aufgabe gemacht Schauspieler*innen mit Behinderung zu fördern, zu vertreten und zu vermitteln. Das Ziel ist es, die gesellschaftliche Vielfalt auch in der medialen Darstellung wieder zu spiegeln, um die Wahrnehmung von Menschen mit Behinderung zu fördern. Schauspieler*innen mit Behinderung haben bei Rollenfang die Möglichkeit sich durch Workshops, Coachings sowie in der alljährlichen Summer School weiterzubilden. Auch die Film- und Fernsehindustrie kann sich bzgl. der Zusammenarbeit mit Schauspieler*innen mit Behinderung von Rollenfang beraten lassen. 

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Published on September 30, 2019 22:56

Behindert, aber nicht genug?

Über das Leben mit einer unsichtbaren Behinderung.
Ich ergattere in der U-Bahn einen der drei ausgeschilderten Plätze für Menschen mit Behinderungen und setze mich erleichtert. Endlich kann ich durchatmen, weil ich weiß, dass ich die Fahrt über nicht wieder stehen muss – wie so oft. Rechts neben mir sitzt eine nett lächelnde Frau mit einem kurzen, braunen Bob, die wohl rund 40 sein wird. Links von mir ist ein älterer Herr mit einer Gehhilfe.





Wie immer bin ich die jüngste Person, die einen der grellen roten Sitze nutzt, die manchmal ein Minenfeld an Kaugummi widerspiegeln. Über mir hängt ein Schild mit einem Mensch in einem Rollstuhl. Ich nutze aber nur seltenen einen Rollstuhl. Und ich kann gehen. Das einzige Hilfsmittel, das meine Mitmenschen wahrnehmen könnten, wenn sie genau hinschauen würden, ist meine Halskrause, die ich immer trage, wenn ich in ruckelnden Fortbewegungsmitteln fahren muss.





Seit mittlerweile fast zehn Jahren lebe ich mit mehreren unsichtbaren chronischen Krankheiten – eine angeborene Bindegewebserkrankung, das Ehlers-Danlos-Syndrom, hat in meinem Fall zu einer Vielzahl an anderen Erkrankungen geführt – die zu einer genauso wenig sichtbaren Behinderung führen. Da ich wie viele andere Menschen mit Behinderungen nicht unbedingt in Geld schwimme, nutze ich so oft ich kann öffentliche Verkehrsmittel, um z. B. zu Arztterminen, zum Supermarkt oder zu anderen kleinen Notwendigkeiten zu gelangen, die für meine gesunden Mitmenschen selbstverständlich sind.





Doch U-Bahn oder Bus zu nutzen, stellt mich vor große Herausforderungen, denn ich kann aufgrund starker chronischer Schmerzen und diverser neurologischer Probleme nicht lange Stehen – zumindest nicht ohne zu kollabieren, was für mich und alle Beteiligten ganz schön nervig ist. Und deshalb tanze ich in mir drin vor Freude, als ich an diesem Tag einen Sitzplatz finde.





Wenige Stops nachdem ich eingestiegen war, betritt ein älterer Mann die Bahn. Er zittert leicht aber merklich mit beiden Armen und nutzt einen Gehstock. Nachdem er einen Schritt in meine Richtung macht, schaut er jeden von uns dreien, die wir auf den Sitzen für Menschen mit Behinderungen sitzen, an und bleibt vor mir stehen. Er fordert mich auf den Platz freizumachen und sagt: ”Ich bin behindert und brauche diesen Sitz.”





Ich kann verstehen, warum er ausgerechnet mich fragt. Ich sehe fit aus, doch eigentlich bin ich das nicht. Anstatt dass ich jemanden anderen von den unzähligen Menschen im Zug gefragt hätte, ob sie nicht aufstehen könnten, weil ich – obwohl es nicht so aussieht – auch auf einen Sitz angewiesen bin, stehe ich wortlos auf und suche mir einen Stehplatz an der Wand neben der Tür, wickele meinen Körper um eine der Stangen zum festhalten und befürchte, dass ich gleich wie eine Pole-Tänzerin mit dem Gesicht voraus die Stange abwärts rutschen werde. Während der ganzen Bahnfahrt habe ich nur eines im Kopf: Die kommenden Tage verbringst du mit starken Schmerzen auf deinem Sofa, starrst aus dem Fenster und ärgerst dich über deine Dummheit.





Obwohl ich mein Leben mit meiner chronischen Krankheit und Behinderung mittlerweile akzeptiert habe, passieren mir solche Situationen trotzdem recht häufig. Das liegt vor allem daran, dass meine Mitmenschen kein Konzept von unsichtbaren Behinderungen haben. Sie nehmen mich als junge, gesunde Frau wahr, die auf zwei Beinen stehen und gehen kann. Selbst wenn ich mehrfach erkläre, dass ich chronisch Krank bin und mit einer unsichtbaren Behinderung lebe, glauben sie mir nicht. Im besten Fall denken sie nur, ich würde übertreiben. Im schlimmsten Fall werfen sie mir Begriffe wie ”Sozialschmarotzer” oder ”Lügner” an den Kopf.





Außerdem führt das Unwissen zu meiner Behinderung oft auch dazu, dass mir von meinem Umfeld vermittelt wird, dass ich gar kein Recht darauf habe, Leistungen für Menschen mit Behinderungen zu nutzen oder gar zu einzufordern, weil ich ”nicht behindert genug bin”. Immer und immer wieder muss ich mich für meine Bedürfnisse rechtfertigen und ständig stoße ich trotz aller Erklärungen auf nur noch mehr Ignoranz. Irgendwann schweigt man lieber.





In meinem Herzen weiß ich, dass es mir egal sein sollte, was andere von mir denken – vor allem, wenn es um meine Lebensqualität, um meine Gesundheit geht. Doch die vielen Kommentare und verurteilenden Blicke, die man als Mensch mit einer unsichtbaren Behinderung bekommt, können einen tief verletzen und an manchen Tagen lassen sich diese mental nur schwer ertragen. Dann weicht man aus und vermeidet lieber jede Konfrontation. 





Und so stehe ich dann halt da, in der U-Bahn mit dem Gesicht an eine Stange gelehnt, von der ich hoffe, dass ihr nicht zu viele Fäkalkeime anhaften, beiße meine Zähne zusammen, riskiere dabei mich zu verletzen und lebe – wieder unsichtbar für meine Mitmenschen – mit den Konsequenzen heimlich und alleine in meinen vier Wänden. Denn die emotionalen Wunden durch die Ignoranz meiner Mitmenschen sind häufig deutlich schwerer zu ertragen, als die körperlichen Schmerzen.

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Published on September 30, 2019 22:35

September 23, 2019

Newsletter: Wenn das Geld wirklich bei Betroffenen ankäme; Behinderte Menschen erzählen über ihre Erfahrungen mit Online-Dating; Teilhabe ist kein Kompromiss

Auch heute gibt es wieder von mir handgepflückte Links aus aller Welt zu den Themen Inklusion und Innovation in meinem Newsletter.

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Published on September 23, 2019 23:09