Maximilian Buddenbohm's Blog, page 359

November 23, 2013

Die Wurzel allen Übels

Viele Menschen beklagen sich, dass wir in diesem Land immer griesgrämiger werden. Die Höflichkeit nimmt ab, schlechte Laune wird immer hemmungsloser ausgelebt. Jeder muffelt vor sich hin und Rücksicht, Charme und Freundlichkeit sind akut vom Aussterben bedroht. Stimmt doch, nicht wahr? Aber ja. Und wie das stimmt.


Es gibt viele Theorien, warum das so ist, es gibt Annahmen von Soziologen, Politikern und Geistlichen, die sich berufen fühlen, die Welt zu erklären. Ich halte nichts von all diesen Theorien. Ich glaube, man muss, um das Phänomen zu verstehen, dahin gehen, wo die Unfreundlichkeit entsteht. Man muss also, Sie werden es sich als mitdenkender Mensch bereits gedacht haben, zum Pfandautomaten.


Denn dort entsteht schlechte Laune, dort wird Aggression erzeugt, dort vergeht einem die Nettigkeit. Es sind diese desaströs schlecht funktionierenden Geräte, die noch den duldsamsten Kunden in die Verzweiflung und die Bitternis treiben. Es sind diese Elendsmaschinen, die aus friedfertigen Menschen böse Nachbarn, missmutige Kollegen und giftige Eltern machen. Mit jeder unverarbeitet wieder ausgespuckten Flasche geht es weiter bergab mit diesem Land, mit jedem verweigerten Einlesevorgang wird uns Höflichkeit entzogen, nähern wir uns unaufhaltsam der Barbarei.


Früher, die Älteren erinnern sich, gab es noch echte Menschen, die Leergut angenommen haben.  Das war ein normaler Job. Diese Menschen  waren manchmal schlecht gelaunt, aber die haben immer funktioniert. Tadellos haben die funktioniert! Und es war ihnen egal, wie herum man ihnen die Flaschen gereicht hat und man musste ihnen auch nicht alle Flaschen neunmal in die Hand drücken, bis sie sie endlich angenommen haben. Sie haben alles einfach genommen, sie haben ihren Job gemacht und man ging dann fröhlich hüpfend und bestens gelaunt seines Weges. So war das. Damals.


Und jetzt alle: War! Das! Schön!


(Dieser Text erschien als Sonntags-Kolumne in den Lübecker Nachrichten und in der Ostsee-Zeitung)


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Published on November 23, 2013 22:18

November 22, 2013

Berlin, Lübeck, Basel

Ich habe noch gar nicht von meinen Reisen berichtet, so geht es ja nicht. War ich doch innerhalb von zehn Tagen in immerhin in drei Städten, womit es sich um die vermutlich mobilste Phase der letzten zehn Jahre handelt, das muss natürlich verarbeitet werden.


Ich habe gerade irgendwo gelesen, dass die Zeit im Alter deswegen schneller verrinnt, weil man mehr und mehr einem genormten Alltag verfällt. Alles ist immer gleich, dadurch wird es rasend schnell, morgen ist schon wieder Weihnachten, gestern haben wir erst den Tannenbaum entsorgt, wer würde das nicht kennen. Für die Söhne ist Weihnachten unendlich lange her, denn die Söhne lernen jeden Tag dazu, jede Stunde ein Abenteuer, so wird das Jahr lang und immer länger, der eine oder andere wird das noch aus den Sommerferien erinnern, die früher unfassbar und herrlich lang waren, während heute sechs Wochen um sind, ehe man sich einmal richtig auf etwas konzentrieren kann. Das geht einem, so stand es in dem Artikel, den ich gerade nicht wiederfinde, auch im Urlaub so. Die ersten zwei, drei Tage sind lang, denn alles ist neu, die letzten Tage sausen vorbei, denn man hat sich schon wieder einen Alltag gebastelt. Man kann also, langer Rede kurzer Sinn, die Zeit ausbremsen, wenn man nur genug erlebt. Genug Neues, wohlgemerkt, nicht genug Routine. Da kann man also zehn Tage ganz prächtig in die Länge ziehen, wenn man ab und zu die Stadt wechselt. Wobei ich festgestellt habe, dass es all dieser intellektuellen Erkenntnisse gar nicht bedarf. Um Minuten zu Stunden zu dehnen muss man nicht wild durch die Gegend fahren, es reicht vollkommen aus, im Abflugbereich des Flughafens Basel eine Stunde warten zu müssen. Aber ich greife vor, vor Basel waren noch zwei andere Metropolen.


Berlin


Ich war geschäftlich in Berlin und mit mir und Berlin ist es ja so: ich kenne da nichts. Ich war vor etwa zehn Jahren einmal zehn Minuten in Berlin, beiden Angaben sind keine humorige Überspitzung, das war tatsächlich so. Während alle Welt irgendwas in Berlin kennt, kenne ich da nichts, ich habe nur mal ganz kurz das Brandenburger Tor gesehen, von ganz weit weg. Lustigerweise kenne ich dennoch sehr viel in Berlin, nämlich aus der Literatur und aus Filmen. Jede Ecke der Stadt kam schon einmal in irgendeinem Buch vor, jede S-Bahnstation hat man schon gehört, jedes berühmtere Gebäude kennt man aus irgendeinem Geschichtsbuch. Das ist nur New York und in Berlin der Fall, nehme ich an. Ich fuhr mit dem Zug zum Hauptbahnhof, hatte ein wenig Zeit und sah mir die Tschingbummgegend mit Reichstag etc. an.


Berlin


Schön ist es da nun nicht, einen Willen zur Ästhetik sieht man den neueren Gebäuden eher nicht deutlich an. Dafür ist es zwischen den Gebäuden überraschend schlammig im Regierungsviertel, das ist sicher so eine subtile Botschaft der Stadtplaner. Nun ja. Zum Brandenburger Tor und zurück, dann in ein Taxi gesetzt und “Zum Ikea Tempelhof” gesagt, denn dort fand das Meeting statt. Die Taxifahrerin war anscheinend tatsächlich eine Bilderbuchberlinerin, denn sie antwortete: “Ikea Tempelhof? Kenn ick nich! Aber fahrnwer ma hin und kieken nach Blaugelb, wa? Werma schon finden. Kiekense mal mit?” Das fand ich schön, das klang so authentisch, das gehört doch so.


Als ich vor zehn Jahren in Berlin war, fuhr ich übrigens in Begleitung einer sehr schönen Dame. Als ich jetzt nach Berlin fuhr, traf ich ebendiese sehr schöne Dame zufällig im Zug, so etwas kann man sich für einen Roman auch nicht ausdenken, das glaubt einem doch kein Mensch. Jedenfalls saßen wir die ganze Zeit händchenhaltend und plaudernd im Abteil, weswegen ich immer noch nicht weiß, wie Brandenburg aussieht. Auf der Rückfahrt war es dann leider schon dunkel um etwas sehen zu können. War ich überhaupt schon einmal in Brandenburg? Ich glaube nicht.


In Berlin traf ich noch das Nuf. Leider musste ich mit ihr in ein Etablissement der schäbigsten Systemgastronomie, weil es im Hauptbahnhof keinen anständigen Coffeeshop gibt, das ist anzuprangern. Und nein, Sie müssen mich in den Kommentaren nicht auf Starbucks hinweisen, das ist sinnlos. Ein Treffen mit dem Nuf wäre selbstredend auch allein schon ein Grund nach Berlin zu fahren. Im Grunde ist Berlin nämlich verblüffend dicht. Das gilt auch für


Lübeck


Dort habe ich mit der Familie die Familie besucht. Menschen, die ich teilweise sehr, sehr lange nicht gesehen habe, Menschen, die die Herzdame teilweise gar nicht kannte, weil ich längere Zeit keinen Kontakt hatte, das klingt auch schon wieder nach Roman, was soll ich machen, das Leben ist so. Ein Treffen, bei dem ich gerne auch andere Menschen dabei gehabt hätte, was aber nicht ging. Meine Großmutter etwa ist schon lange nicht mehr, wird aber einfach immer fehlen, wenn ich auch nur an Lübeck denke. So eine Kaffeetafel mit Verwandtschaft, bei der sie nicht in der Mitte sitzt, das ist seltsam falsch und das wird es wohl auch immer bleiben. Damit hat man etwas im Leben erreicht, denke ich, wenn man so eine Lücke hinterlässt. Meine Cousine hatte Frankfurter Kranz gebacken, eine Torte, die es früher immer auf den Familienfesten gab. Eine wahnwitzig nahrhafte Angelegenheit, im Grunde wohl eine Kriegsgenerationstorte, wir haben wieder Butter! Gute Butter! Butter, die meine Oma immer als ihr Lebenselixier bezeichnet hat. Möchtest du noch ein Brot? Mit Butter? Und dann das Unverständnis, wenn man nein sagte. Rätsel Kind, hat einfach keinen Hunger. Frankfurter Kranz hatte ich seit Ewigkeiten nicht mehr gegessen. Und mit dem ersten Bissen war es dann gar nicht mehr November, sondern der 17. Juni. Ein Tag, der in dem Land meiner Kindheit ein Feiertag war, weil da nämlich meine Oma Geburtstag hatte, das war soweit nachvollziehbar und logisch. Man saß im Garten vor dem Haus in der Siedlung am Rand von Lübeck. Es gab sehr viel Torte und sehr viel Kaffee und Bier der Marke Lück. Die Damen trugen knisternde Kleider aus Synthetik, deren Muster ich heute noch vor Augen habe. Die Herren trugen steif gebügelte Oberhemden und legten nach zwei Stück Torte die Schlipse ab, wobei sie etwas von “Marscherleichterung” murmelten. Die Kaffeetafel im Garten war sehr lang, manchmal waren es mehr als vierzig Personen, die da zum Geburtstag des unzweifelhaften Familienoberhauptes kamen. Ich bekomme nicht mehr alle Verwandtschaftsverhältnisse zusammen, die Namen schon gar nicht. Fast alle Erwachsenen rauchten, damals rauchte man noch immer und überall, sogar im Bus! Liebe Kinder, das könnt ihr euch heute gar nicht mehr vorstellen. Es war schönes Wetter, der Rauch zog gerade nach oben und die Kinder standen am Goldfischteich, in den nach den Erzählungen der Erwachsenen alle Kinder einmal hineingefallen waren. Seltamerweise konnte sich kein Kind daran erinnern. Dann saß ich auf dem Schoß meiner Oma, trank Fanta, spielte mit ihrer Bernsteinkette und hörte den Erwachsenengesprächen zu, die mir nichts sagten, da ging es immer darum, aus wem gerade was geworden war. Irgendwann kamen im Radio die Grüße ferner Verwandtschaft, dazu musste man leise sein und genau hinhören, denn in den Schlagerpausen konnte immer etwas kommen, was für uns war, für die Menschen in diesem Garten, in Omas Haus.


So war das mit den Erinnerungen an der Kaffeetafel im Haus meiner Cousine, in dem sich die Söhne aus unerfindlichen Gründen zwei Stunden lang so gut benommen haben, wie im ganzen Leben noch nicht. Meine Oma wäre stolz auf sie gewesen, so viel steht fest.


Nicht ganz so dicht wie Lübeck ist


Basel


Aber eigentlich ist es doch verblüffend dicht, denn wenn man mit der S-Bahn in Hamburg zum Flughafen fährt, sehr kurz fliegt und dann in Basel gleich in die Tram steigt, dann vergeht von Tür zu Tür wirklich verblüffend wenig Zeit. In Basel war ich auf einem Autorenkongress, der “Fairlag-Kongress” hieß, ein Name, der mir eher unangenehm ist. Wie diese Friseursalons, die sich Mata Haari nennen oder dergleichen. Schlimm. Dort war ich eingeladen als Teilnehmer einer Podiumsdiskussion. Es ging bei dem Kongress um die Frage, welche Verlagsmodelle Autorinnen und Autoren jetzt und in Zukunft brauchen, ich war da als Berufs-Blogger und damit auch als Exot vom Dienst vorgesehen. “Herr Buddenbohm, wie sieht denn so ihre Arbeit aus? Das können sich ja viele hier gar nicht vorstellen?”


Da war ein Saal voller bemerkenswert intellektuell wirkender Menschen, das war mir gleich sehr sympathisch, wie sehr diese Versammlung jedem Klischee über Schriftsteller entsprach. Schwarze Rollkragen, distinguiert ergraute Schläfen, Grübelgesichter und Brillen mit Goldrand, das war ganz großartig besetzt. Und was ein Spaß, dass man zunächst nicht wusste, wer was ist. Ein Verlagsleiter? Oder ein Nachwuchsautor? Der Moderator des Tages? Ein Agent? Die Veranstalterin oder die bekannte Lyrikerin? Da konnte man herrlich Spielchen spielen und sich fragen, welche Rolle man am besten mit wem besetzen würde. Ich war erst am Nachmittag dran und habe mir bis dahin angehört, wie man über die deutsche Verlagslandschaft und die in anderen Ländern sprach, über den Literaturbetrieb, über die Rolle der Autoren, die, das wurde dann schnell klar, in den Augen der meisten Anwesenden eher eine Opferrolle ist. Oder zu sein hat. Diese Meinung teile ich nicht, aber es schienen sich doch etliche in der Leidenspose ganz gut zu gefallen. Zunehmend skurril wurde es dann, als immer mehr Rednerinnen Bezug auf die guten alten Zeiten nahmen, als immer öfter die Namen Grass, Böll, Frisch und Walser fielen, die alle ein ach so gutes Verhältnis zu ihrem Verlag hatten und deren Bücher ach so gut waren und deren Lektoren ach so kenntnisreich und so weiter, Du meine Güte. Die mussten sich nicht selbst vermarkten, die Großen der alten Zeit, die mussten nur den richtigen Typen in Reinbek kennen! Dichter können sich gar nicht vermarkten, das ist ihnen gar nicht zumutbar, und jetzt womöglich noch online, das muss doch der Verlag! Mir wurde ganz anders. Früher, früher, früher, die Zukunft grau und traurig, die Literatur tot und die Autoren verhungert. Insgesamt hatte ich bald den Eindruck, dass diese Branche kollektiv die Vergangenheit vergöttert und in seltsamen heidnischen Ritualen den anscheinend untoten Herren Unseld und Rowohlt huldigt, dass die Branche die Gegenwart mit ihren grässlichen E-Books, Onlinegefahren und Urheberproblemen meidet und dass sie die Zukunft fürchtet. So sehr fürchtet sie die Zukunft, dass sie sie auf keinen Fall gestalten will, das können bitte andere machen, über die man dann schön jammern kann. Aber doch, sagte eine Verlagsdame, mit der ich mich ansonsten blendend verstanden habe, aber doch, wir arbeiten ja an der Zukunft! Wir bauen doch einen neuen E-Book-Reader!


Tja. Warum es gutgehen soll, wenn Verlage plötzlich Hardware basteln, das habe ich dann nicht verstanden, sie war aber sehr überzeugt von dem Projekt und seiner Notwendigkeit.


Wolfgang Tischer vom Literaturcafé hat eine Rede gehalten, die man hier nachlesen kann und die später von anderen als “Amazon-Werberede” zitiert wurde, das sagt auch schon viel.


Es gab dann noch eine Diskussion um E-Bookpreise und alle erklärten sich gegenseitig feierlich nickend, wie teuer E-Books unbedingt sein müssen und ich habe mich mit dem Hinweis auf die etwas anderen Interessen der Kunden ganz bestimmt nicht beliebt gemacht.


Ich danke aber dem Verband Deutscher Schriftsteller ganz herzlich für die Einladung, ich fand das sehr interessant und lehrreich und, das muss man allerdings auch sagen, die Diskussionskultur so etwas von erholsam kultiviert, geistreich und elegant – man möchte als Mensch, der die Telefonkonferenzen internationaler Konzerne gewohnt ist, schluchzend von dannen gehen, wenn man so etwas erlebt.


Ich danke dem Verband auch für das mittlerweile selten gewordene Gefühl, als Blogger richtig exotisch zu sein, das hat Spaß gemacht, gerne wieder. Und wenn ich Zeit habe, lese ich die Bücher der Menschen nach, die ich da kennengelernt habe, ich bin serh gespannt. Doch, das war kontrovers aber toll.


Dann begleitete ich die Dame, die den neuen E-Book-Reader projektiert, zum Bahnhof und fuhr selbst weiter zum Flughafen, wo ich dann anderthalb Stunden zu früh war und in ein seltsames Zeitloch fiel.


Man kann im Abflugbereich des Flughafens Basel nichts kaufen, der Kaffee kostet fünf Euro, da hört der Spaß wirklich auf. Man kann auch nicht sitzen, es ist nämlich abends ziemlich voll. Man steht also herum und sieht auf den Menschen am Flipper – da steht ein Flipperautomat im Gate – der immer wieder eine Münze nachwirft und mit seltsam hölzernen Bewegungen ein Spiel nach dem anderen absolviert, eine ganze Stunde lang. Mit diesen Geräuschen, die man noch früher kennt, tüdelüütpinpingping. Der spielte da Flipper wie in einer Jugendherberge, während ringsum die Rollkofferarmee der Berufsreisenden stand und stumpf zusah. Die grauen Damen und Herren, um ihn aufgereiht wie im Theater, der Flipper wie eine Requisite im modernen Regietheater, ab und an die Durchsage, man möge auf sein Gepäck achten, man möge immer auf sein Gepäck achten, das war sicher irgendwie symbolisch gemeint, das ist im Regietheater ja immer so, und er warf immer noch eine Münze ein, wie eine aufgezogene Blechspielzeugfigur. Das war die längste Stunde des Jahres.


Als man endlich in das Flugzeug einsteigen konnte, wurden die Premiumkunden der Airline zuerst abgefertigt, das waren nur sieben Leute, danach kam ich. Die standen dann aber sinnlos vor einer Glastür, man war noch nicht ganz so weit, doch noch ein wenig Wartezeit. Ich stand hinter den sieben Leuten vor der Glastür und damit ich nicht so einfach bei ihnen stand, es waren ja Premiumkunden, kam eine Angestellte und zog ein blaues Absperrband zwischen mich und die anderen. Und als die Tür schließlich aufging, ließ sie diesen glorreichen Sieben etwa zehn Meter Vorsprung, bevor sie die Klassenschranke vor mir entfernte und mich auch durchließ, denn die hatten ja mehr bezahlt als ich. Das war, nach der längsten Stunde des Jahres, dann noch das vermutlich albernste Ritual des Jahres.


Ich habe von Basel fast gar nichts gesehen, außer dem Literaturhaus. Aber es war wirklich interessant dort. Bis zur letzten Minute.


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Published on November 22, 2013 10:26

November 20, 2013

Woanders – Der Wirtschaftsteil

Hier muss wieder einmal ein Link vorweg gesetzt werden, damit er wirklich gelesen wird. Es wäre nämlich schade, wenn Sie den verpassen sollten. Es geht um Sozialpolitik, es geht auch um die Arbeit, es geht um Integration, um Deutschland, um Fremdheit und Ankommen, um Staunen und Kennenlernen. Es ist ein Interview mit mehreren Personen und es ist tatsächlich so gut, dass man es eins zu eins im Theater aufführen könnte. Setzen Sie beim Lesen spaßeshalber einfach mal die Stimme von Gerhard Polt im Kopf ein, Sie werden schon merken, wo es passt. Das ist sehr, sehr guter Journalismus.


Und – es ist ja immer wieder faszinierend, wie dieses kleine Themen-Dominospiel hier funktioniert und man ganz zwanglos passend anlegen kann, während man sich durch die Nachrichtenlage wühlt – diesen Flüchtlingen, die da im Interview vorkommen, denen erklärt hier jemand unser Gemüse. Was eben alles dazu gehört, nicht wahr? Man kann sich auf viele Arten kümmern, es ist wirklich faszinierend. Und jetzt wiederholen wir im Geiste den Spaß mit Stimmen von eben und sagen ein paar beliebige regionale Gemüsesorten in der Tonlage der deutschen Wochenschau aus den dreißiger Jahren auf. Und dann lesen Sie das hier, es passt schon. Sag ja zur deutschen Rübe! Es könnte einem schlecht werden, wobei die Rübe natürlich nichts dafür kann.


Wir machen noch ein wenig deutschtümelnd weiter. Aber es ist jetzt ein Zufall, wenn auch ein herrlich passender, dass der nächste Artikel fettgedruckt die Zeile enthält: “Die Welt ist dann der Heimatmarkt.” Man wird die Stimme aus der Wochenschau gar nicht mehr los, wenn man einmal damit angefangen hat, nicht wahr? Schlimm!


Als dringend nötiges Gegenmittel kann man hier einen Beitrag zu regionalen Lebensmitteln lesen und hören, der ganz ohne grausige Bezüge zum rechten Gedankengut auskommt. Geht doch. Und natürlich kommt im Text wieder der berühmte Bauer des Vertrauens vor, den wir auch hier wiederfinden, wenn auch in einem etwas kritischeren Kontext betrachtet.


Apropos Bauer des Vertrauens: hier hätten wir noch das Gegenstück. Na, oder das hier, für die Vegetarier? Oder lieber Fisch? Wir haben zu jedem Thema etwas da, gar kein Problem. Noch etwas zur Hühnerzucht vielleicht? In dieser Woche müssen ein paar bittere Wahrheiten mehr verbreitet werden, das ist man Dieter Hildebrandt irgendwie schuldig. Vielleicht sollten wir aber über Ernährung überhaupt etwas anders nachdenken? Etwa so?


In dieser Woche war der Welttoilettentag, worüber man in den sozialen Netzwerken Kalauer ohne Ende lesen konnte. Wie nicht anders zu erwarten, hat die Sache einen ernsten Hintergrund.


Als Smalltalklink der Woche empfehlen wir die gläserne Decke, the glass ceiling. Das ist kein neuer Begriff, natürlich nicht, den kennt man schon länger. Aber selten findet man dazu eine so grandiose Illustration wie diese hier, die muss man gesehen haben.


Der Designlink wie immer zum Schluss, diesmal für Träumer, für Spinner und andere durch und durch vernünftige Menschen. Da geht es um einen alten Mann und seine Wolkensegelboote. Sehen Sie sich das Lächeln dieses Mannes an (runterscrollen zum Film). Am besten mehrmals.


GLS Bank mit Sinn

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Published on November 20, 2013 21:21

Ist ja bald Weihnachten…

Deswegen werde ich hier gelegentlich Geschenke empfehlen, sofern sie mir sinnvoll vorkommen und ich einen persönlichen Bezug dazu habe. Keine bezahlte Werbung, nein, nein.


Kinder kocht


Aber wenn Menschen, die ich persönlich kenne, Kochbücher schreiben oder gestalten, dann weise ich gerne darauf hin, nicht nur bei Stevan Paul, der hier wöchentlich vorkommt, sondern auch bei Nelly Mager, die an “Kinder, kocht!” beteiligt war. Erschienen im AT-Verlag, geschrieben von eben jener Nelly und Claudia Seifert, Gesa Sander und Julia Hoersch. Ein Kochbuch für Kinder also. Das findet Sohn I natürlich völlig angemessen, denn ich habe sehr viele Kochbücher und er hatte bisher gar keins. Er kann zwar nach wie vor nicht lesen, findet aber die Gestaltung des Buches sehr gelungen, zumal da auf den Bildern auch Kinder auftauchen, die er persönlich kennt – wie toll ist das denn.


Er hat das Buch dann auch sofort studiert und eine ganze Reihe von Rezepten zum sofortigen Nachkochen vorgeschlagen. Die aber durch die Bank nicht in Frage kamen, denn das Buch ist nach Jahreszeiten sortiert und er hat sich leider im Frühling festgelesen. Das wurde also mangels Erdbeeren etc. erst einmal nichts und kurz darauf wurde hier alles etwas außerplanmäßig, weil die Herzdame krank wurde, das ist im Ablauf des Alltags überhaupt nicht vorgesehen. Sohn I fiel aber sofort ein, dass in dem Kochbuch weiter hinten irgendwas mit einem kranken Teddy drin war, das müsste doch auch für die Herzdame gehen? Essen zum Gesundwerden? Die Hühnersuppe war es natürlich, die dem kranken Teddy da helfen sollte und wir haben also Hühnersuppe gekocht und zack, der Herzdame ging es am nächsten Tag schon besser. Wie es sich gehört.


Suppengrün


Warum neben diesem Suppengrün ein Skater mit Ritterhelm steht, das entzieht sich leider meiner Kenntnis. Wenn man mit Kindern kocht, muss man einiges so hinnehmen. Aus dem Gemüse wurde jedenfalls die Basis für die Hühnersuppe mit Buchstabennudeln, die sehr gut geschmeckt hat, auch wenn die Bilder von ihr nichts geworden sind. Das lag aber hauptsächlich an dem nur mäßig attraktiven Eierstich, der im Originalrezept gar nicht steht, aber für Sohn I unbedingt zur Hühnersuppe gehört. Aus unerfindlichen Gründen liebt das Kind Eierstich. Er macht aber sonst einen ganz normalen Eindruck.


Suppe


Die Söhne fanden das Buch “richtig schön” und das haben sie bisher noch von keinem Kochbuch gesagt, auch nicht von denen, die ich richtig schön finde. Da haben die Damen als bei der Gestaltung etwas richtig gemacht und den Kindergeschmack getroffen. Neben den jahreszeitlichen Rezepten gibt es auch Sonderseiten für Outdoor und für Gerichte aus anderen Ländern.


Exakt passt das Buch vermutlich für etwa Achtjährige, aber es ist natürlich auch kein Problem, es jüngeren Kindern zu erklären. Nach oben hin bin ich mir nicht sicher, da kenne ich mich nicht aus. Also rate ich mal, dass es Kinder bis etwa elf Jahre anspricht. Als Erstkochbuch gut geeignet, mit vielen Erklärungen, für die man keine Vorkenntnisse braucht – das kann man gut verschenken.


Kochbuch

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Published on November 20, 2013 09:32

November 18, 2013

Eierkauf

Die Söhne dürfen sich im Supermarkt Überraschungseier aussuchen. Während Sohn I mit der ganzen Erhabenheit seiner sechs Jahre lässig ein paar Eier schüttelt, um am Geräusch und am Gewicht zu erkennen, in welchem wohl das richtige Spielzeug sein könnte, greift Sohn II ohne lange Bedenkzeit zu einem der Eier mit der rosafarbenen Spitze. Sein großer Bruder weist ihn amüsiert darauf hin, dass es sich dabei um ein Mädchenei handeln würde, hilfsbereit will er es für ihn gleich wieder wegstellen. Er ist ein Vorschulkind mit viel Kontakt zu Schulkindern, da wird die Sache mit den Mädchen allmählich heikel und die Farbe Rosa strikt tabu. Wenn wir abends beim Essen über die Freundinnen von Sohn II reden, kann es sein, dass Sohn I aufsteht, kurz weggeht, irgendwo kramt und danach plötzlich mit Gehörschutz am Tisch sitzt. Er kann das Wort Mädchen einfach nicht mehr hören.


Sohn II steht weiter vor dem Regal mit den Überraschungseiern und denkt nach. Die Unterlippe ist leicht vorgeschoben, er kann es nicht haben, wenn andere ihm Regeln erklären, die ihm nicht sofort einleuchten. Dann nimmt er schließlich das rosafarbene Ei seiner Wahl entschlossen wieder aus dem Regal.  Er bittet mich um Geld und geht zur Kasse, die Schultern schon einmal abwehrbereit hochgezogen, falls es da gleich Probleme mit dem blöden Ei geben sollte. An der Kasse beugt sich eine ältere Dame mit freundlichem Blick zu ihm hinunter. Der Sohn steht vor ihr, Wut im Blick, die Angelegenheit ist ihm entschieden zu kompliziert, Eierkauf hat nicht schwierig zu sein. Er dreht das Ei in der Hand und denkt jetzt lieber doch noch ein wenig nach, bevor er es endgültig bezahlt und es kein Zurück mehr gibt. Sein großer Bruder ist ja nicht irgendwer. Dann knallt er das Ei aber doch entschlossen auf das Laufband und sagt sehr laut: “Ich nehm das rosa Ei hier. Das ist ein Mädchenei.” Herausfordernde Blicke, die Fäuste geballt. Die Kassiererin nimmt das Ei und sagt: “Du nimmst eben das Ei, das du möchtest.” Ich stehe daneben und sage: “Wir haben hier immer noch freie Eierwahl in diesem Land.” Sohn II sieht uns an, nickt und sagt: “Ich nehme ein Mädchenei. Weil nämlich, Mädchen sind super.”


Weiter hinten im Laden blättert Sohn I währenddessen ungewöhnlich interessiert in einem Magazin über Gartenbau. Alles ist besser, als öffentlich über rosafarbene Eier zu diskutieren.




 

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Published on November 18, 2013 21:53

Im Miniaturwunderland

Ich war für die Online-Ausgabe des Hamburg-Führeres im Miniaturwunderland. Den Text findet man hier, ein paar Bilder vorweg:


Unbenannt


Unbenannt


Unbenannt


Unbenannt




 


 

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Published on November 18, 2013 06:45

November 17, 2013

Woanders – diesmal mit Erziehung, Prophylaxe, Schulsport und anderem

Das Nuf glaubt nicht an Erziehung. Der Text liest sich übrigens genau so sinnvoll, wenn man die Hauptfigur überall durch ”Sohn II” ersetzt. Faszinierend.


Frau Novemberregen baut vor. Frau Novemberregen muss man auch mit einer gewissen Dringlichkeit mögen, finde ich.


Christine Finke über Schulsport. Mir wird schon von der Erinnerung ganz anders.


Andreas Wolff liest in der kritischen Ausgabe Kafkas über eine Brücke.


Cem über den 22. November 1963.


Und hier noch ein paar wichtige Richtigstellungen. Falls sie jemand immer noch nicht mitbekommen hat. Via Wirres.


Bilder: Comfort Zone. Nicht irgendwelche Strandbilder, oh nein.


Bilder: Außerdem ist Dinovember. Was für eine wunderbare Idee. Siehe auch beim Nuf.


Bilder: Das Amsterdam von Anne Frank und das von heute.


Film: Trailer zum Wortart-Ensemble, die ab Februar wieder auf Tour sind. Die sind toll, toll, toll, gehen Sie da hin! Sollten Sie ein Freund von Lyrik sein, gehen Sie da un-be-dingt hin. Außerdem hat die eine Frau ein sehr schönes Kleid an, das so schön glänzt, wie Sohn I anmerken lässt. Wobei ich allerdings nicht garantieren kann, dass sie das bei jedem Auftritt trägt.



 

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Published on November 17, 2013 08:33

November 15, 2013

Kurz und klein

#Spacelord hat die Fotokiste entdeckt und ruft eins ums andere Mal “Uoah, Mama, warst Du schön!”. Es gibt so Tage.


— alles b. (@alles_b) October 30, 2013


 


Beim zweiten Kind wundert man sich nur noch darüber, wie lange man dem ersten damals die Existenz von Schokolade verheimlichen konnte.


— Gebbi Gibson (@GebbiGibson) October 30, 2013


 


Mein Vater kommt nicht mit mir klar, weil ich wie meine Mutter bin – und meine Mutter nicht, weil ich wie er bin. Läuft.


— Sushi Su (@StereoSushisu) October 30, 2013


 


Abends dann nach stressigen Tag mit Job-Frau-Kids-Hund-Haus-Garten den Blick auf den Postwurfbrief mit der Aufschrift “Single & Millionär”.


— Der Moltroff © (@Moltroff) October 30, 2013


 


Habe gerade die Geschichte von Pitzelpatz, dem Bären, Wickelwutz, dem Schwein und Schnaddeldatz, der Ente, vorgelesen. War sehr erhellend.


— Nico Lumma (@Nico) October 30, 2013


 


Kinder weg. Bin auf Entzug. Will jemand gebadet werden? Oder ins Bett gebracht? Quengler willkommen!


— H@rdcoresofti™ (@Hardcoresofti) October 27, 2013


 


“Guten Tag, ich hätte hier ein Kind günstig abzugeben.” “Was? Aber warum?” “Es ist ein Quengelexemplar.”


— Frollein_van_B (@Frollein_van_B) July 1, 2013


 


Wenn die Kinder mich nicht auf dem Klo finden, suchen sie systematisch alle Steckdosen ab.


— Schnuppi (@buntauge) April 21, 2012


 


Sekundenschlaf kennt man ja vom Autofahren. Minutenschlaf dagegen ist, wenn man ein hustenkrankes Kleinkind hat.


— Freudigarscherregt™ (@sanitario_) November 1, 2013


 


Und Menschen deren Kinder von Anfang an durchschlafen, gehören gefälligst ausgegrenzt. Dieses ausgeschlafene Pack.


— Keks (@namenlos4)


 


Eine der wichtigsten Kinderregeln besagt, dass man so oft wie möglich “Mama?!” rufen sollte. Auch wenn diese direkt daneben sitzt.


— uisge beatha (@Los_Sindos) November 1, 2013


 


Zwerg: »Papa, welchen Opa besuchen wir heute? Den, der schon tot ist oder den, der bald stirbt?«


— gallenbitter (@gallenbitter) November 1, 2013


 


Gestern Abend die Fenster vor dem Ausflippen nicht geschlossen. Benachbarte Eltern behalten heute ihre Kinder drinnen.


— Pia Ziefle (@FrauZiefle) November 1, 2013


 


Heute Abend Familienfest. Lasse mich kurz instruieren und stelle fest: Der kleine Jan (8) ist dieses Jahr 25 geworden.


— Gebbi Gibson (@GebbiGibson) November 2, 2013


 


Geburtstagsgeschenke für Väter überlegen. Von der Energie, die das weltweit bindet, könnte der Strombedarf des Saarlands gedeckt werden.


— Madame de Larenzow (@Larenzow) November 2, 2013


 


- “Papa, wo war ich, bevor ich auf die Welt kam?” – “In meinem Entwürfe-Ordner.”


— stephan porombka (@stporombka) November 3, 2013


 


Kind 2.0 im Wahllokal zum Volksentscheid: “Habt ihr beide ja gewählt?” “Ja” “Cool! Dann dürft ihr euch jetzt küssen!”


— p47r1c14 c4mm4r474 (@dasnuf) November 3, 2013


 


Tochter fragt, ob wir noch beim Bankkautomaten halten können, ihr Taschengeld ausdrucken.


— Binnewies_ (@Binnewies_) November 9, 2013


 


Bewunderung verdienen Menschen, die ihren Kindern Dinge wie elektrisches Licht ohne Wörter wie “Wichtel” und “Zauberei” erklären können.


— Gebbi Gibson (@GebbiGibson) November 9, 2013


 


Ich musste zwei Portionen Gänsekeule mit Rotkohl und Klößen essen, weil die Kinder dabei geschwächelt haben. Jetzt seltsames Völlegefühl.


— Max. Buddenbohm (@Buddenbohm) November 8, 2013


 


Ein Säugling stellt weniger Ansprüche als ein Kaffeevollautomat.


— Anousch (@Anousch) November 11, 2013


 


Meine Tochter hat heute Reitstunde, mein Sohn Fußballtraining, und jetzt sitzen wir in unserem Reihenhaus und denken uns neue Klischees aus.


— Fritz Brause (@herrbrause) November 11, 2013


 


Strumpfhosenunterziehwetter. Pro Kind 15 min mehr Zeit einplanen. Pro Bein.


— Madame de Larenzow (@Larenzow) November 12, 2013


 


30 min für eine Socke. Stand: “Isch ziehe aus hier. Dann könnt ihr mal sehen.” Wo ist die anonyme Elternselbsthilfegruppe?


— p47r1c14 c4mm4r474 (@dasnuf) November 13, 2013


 


Wir sind die Generation, die aufpassen muss, was ihre Kinder UND ihre Eltern im Internet anklicken.


— andreija (@andreija) November 12, 2013


 


„Pubertät!“ Das war die Zeit, wo die Eltern anfingen schwierig zu werden…!


— Mikele111 (@mikele111) November 15, 2013


 


Ich: “Und jetzt ab ins Bett, zackzack.” Sohn I: “Sir, ja Sir!” Vielleicht doch wieder etwas weniger autoritär erziehen. Hm.


— Max. Buddenbohm (@Buddenbohm) November 9, 2013


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Published on November 15, 2013 22:44

Kartoffel-Käse-Auflauf mit Quasi-Endiviensalat

Weiter in dieser Reihe.


 


*back*


Die Leserinnen werden sicher mittlerweile bemerkt haben, dass ich mich seit Wochen erfolgreich vor den etwas anspruchsvolleren und aufwändigeren Rezepten in dem Buch drücke. Das ist natürlich ein sehr gutes Zeichen. Es ist nämlich so: je länger ich mich davor drücken kann, desto besser gefällt mir das Buch. Und wie wir sehen, geht das tatsächlich eine ganze Weile gut, es sind also etliche Rezepte enthalten, die ziemlich leicht zuzubereiten sind, die wirklich alltagstauglich sind. Auch dann, wenn man nur eine halbe Stunde Zeit hat, auch dann, wenn gerade wieder fünf Kinder durch die Küche toben, auch dann, wenn man es nur in einen einzigen Laden schafft und nicht in drei Spezialitätengeschäfte, auf den Markt und in den Bioladen. Das ist also ein Kochbuch, das ich mir gerne in die Küche stelle, wo es dauerhaft gebraucht wird, nicht in das Regal im Flur, wo Ottolenghi und andere Komplikationsprofis stehen. Die auch Spaß machen, wenn man Zeit hat, so ist es ja nicht. Aber wer hat schon Zeit.


Kartoffelauflauf


Kartoffel-Käse-Auflauf also, theoretisch mit Endiviensalat. Praktisch gab es Endivien im Supermarkt gerade nicht, da gab es fast gar keinen Salat, als ich vor dem Regal stand. Also habe ich eines dieser Beutelchen genommen, mit Endivien, Frisée und noch irgendetwas, keine Ahnung. Vorgezupft und mundgerecht geschnippelt, in Plastik, man fühlt sich ganz schlecht, wenn man so etwas kauft.


800 Gramm festkochende Kartoffeln schälen und in Scheiben schneiden. Die Scheiben im Topf vorgaren, rund zehn Minuten. Im Kochbuch stehen nur 5 bis 7 Minuten, ich glaube so etwas allerdings nicht und mache das eher länger. Das liegt daran, dass bei mir aufgrund eines seltsamen Fluchs Aufläufe oft nichts werden. Außen verbrannt, innen roh, das kann nicht jeder, aber mein Herd und ich, wir können das. Also koche ich länger vor, damit der Auflauf auch innen wirklich gar werden kann. Wenn Sie nicht ebenfalls von einem Auflauffluch betroffen sind, reichen Ihnen womöglich auch 5 Minuten. Ich nehme fast an, das Problem habe nur ich. Jeder hat ja Lebensbereiche mit seltsamen Komplikationen, ich breche z.B. auch gerne Schlüssel in Schlössern ab, das machen andere anscheinend nicht dauernd, ganz seltsam.


Die abgegossenen Kartoffeln in eine gut gebutterte Auflaufform legen. 150 Gramm saure Sahne mit 200 ml Sahne, einem Ei, einer gepressten Knoblauchzehe und 80 Gramm geriebenem Bergkäse, Pfeffer und Salz glatt rühren. Ein anderer Käse tut es auch, versteht sich, ich weiß das jetzt aus Erfahrung, Bergkäse gab es nämlich auch nicht. Irgendein vorgeriebener Käse, der nicht gerade zurückgerufen wurde, egal. Mit etwas Muskat würzen und über die Kartoffeln kippen. Etwa 40 Gramm vom gleichen Käse mit zwei Esslöffeln Semmelbröseln mischen, über der Pracht verteilen und die Form bei 200 Grad auf der untersten Schiene backen. Im Kochbuch steht, der Knoblauch sei optional. Ich aber sage Euch: nehmet den Knoblauch und presset ihn in die Käsesahne, denn siehe, es schmeckt noch besser und die Familie wird fünfmal nachnehmen und es wird allen schmecken bis ins letzte Glied und sie werden danach fragen jeglichen Tag. So ein Essen ist das. Könnte ich wochenlang von leben.


Kartoffelauflauf


Für den Salat 2 Esslöffel Apfelessig mit 4 Esslöffeln naturtrübem Apfelsaft , 2 Teelöffeln Senf, einem Teelöffel Honig und 4 Esslöffeln Sonnenblumenöl lustig verquirlen und über die Endivien oder den Ersatzsalat kippen. Pfeffer und Salz dazu.


Empfohlen wird zu diesem Gericht tatsächlich einmal ein Bier, kein Wein. Ein Wunder! Man denkt an mich! Im Buch wird das aber nicht weiter spezifiziert, alles muss man selber machen. Ich empfehle also ein helles Lager, das passt ganz wunderfein zum Käse und zum Muskatgeschmack. Helle Lagerbiere gibt es anscheinend gar nicht so viele auf dem deutschen Markt, viel Spaß beim Suchen.


So muss das


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Published on November 15, 2013 08:26

November 13, 2013

Woanders – der Wirtschaftsteil

Die letzten beiden Woche waren ein wenig theoretisch, da gab es hier sehr viel zu Prozessen und Arbeit und Sozioklimbim. Nun wollen wir wieder etwas mehr auf Produkte gucken, auf das, was wir anfassen können. Und natürlich auch kaufen können. Fangen wir mit Treibhäusern aus Plastik an, die es in Spanien en masse gibt, das werden die meisten schon einmal gehört haben. Vielleicht hat man auch bereits gehört, dass die Region der Plastiktreibhäuser ziemlich groß ist. Wie groß sie aber tatsächlich ist, das dürfte wohl schon noch überraschen. Langsam auf der Seite nach unten scrollen. Ganz langsam.


Dem stellen wir einfach einmal diese Meldung gegenüber und lassen das kurz einwirken. Die Kunden fragen also eher nach regionaler Ware, nicht nach Bio-Ware – und wahrscheinlich fragen sie in Wahrheit auch danach nicht. Die Kunden wollen einfach billiges Essen wie immer, altbekannt und womöglich nach Gutsherrenart. Da muss man denen mit freakigen Ideen womöglich gar nicht erst kommen? Viel zu utopisch. Obwohl man mit Utopien anscheinend anderswo ganz gut arbeiten kann. Ganz seltsam, man liest von solchen Projekten immer nur aus dem Ausland – allmählich fällt es doch auf.


Und wenn man schon bei Produkten ist, muss man auch die Sache mit dem Brot wieder erwähnen, das ist fast schon ein Reflex geworden. Wobei man aus dem zu viel produzierten Industriebrot immerhin noch prima Biodiesel machen kann, das ist ja fast schon ein Vorteil. Kleiner Scherz. Kein Scherz allerdings, dass man sich den Tank auch einfach selber vollpinkeln kann. Sozusagen.


Vom Brot schwenken wir wieder zu Wasser. Wasser und Brot, das fällt einem immer zusammen ein, und tatsächlich gibt es auch zu beiden Themen jede Woche Meldungen. Lustig sind die aber nicht. Aber egal, Wasser interessiert uns Schreibtischtäter ja ohnehin nur, wenn Kaffee drin ist. Was die Nachrichtenlage leider nicht besser macht.


Mit Kaffee kann man aber auch Gutes tun, sehr direkt sogar und wir können mit dem Thema auch gleich den Smalltalklink der Woche erschlagen – es geht um “suspended coffee”. Eine Form der milden Gabe, die man jetzt öfter sieht. Ein Schlagwort übrigens, das Sie mit hochgezogener Augenbraue und leisem “ah, ein sospeso?” beantworten sollten. Maximaler Coolnessgewinn garantiert. Manchmal ist es so einfach.


Gute Nachrichten gibt es auch noch einmal zum Schluss, die Lage ist immerhin nicht gänzlich hoffnungslos. Man muss nur etwas länger nach solchen Nachrichten suchen.


Der Designlink der Woche schließlich, da geht es um unser eigenes Aussehen, um die Vielfalt der menschlichen Erscheinung. “Before they pass away”: der Titel weist schon auf das Problem hin. Aber egal, wir in Nordeuropa unterscheiden uns ja nach dem Ablegen aller regionalen Besonderheiten immer noch stark durch die Marken der Outdoorjacken. Zumindest manchmal.


GLS Bank mit Sinn

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Published on November 13, 2013 21:01

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Maximilian Buddenbohm
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