Über Leben Quotes

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Über Leben Über Leben by Reinhold Messner
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“Mit dem Selbstvertrauen ist es wie mit dem Quellwasser. Es versiegt nur selten. Wer sie findet, diese Quelle im eigenen Ich, kann sie ein Leben lang nutzen. Alles Suchen, alle Umwege sind nichts als Verirrungen im Labyrinth der Möglichkeiten. Rückschläge und der erlittene Neuanfang speisen das Vertrauen in uns selbst. Denn nicht der Durst, Leiden schafft Leidenschaft.”
Reinhold Messner, Über Leben
“Mein Sein hat sich ein Leben lang weiterentwickelt. Schritt für Schritt taste ich mich, detailverliebt und horizontsüchtig, so weiter ins Ungewisse hinein. Es waren immer schon Träume, die mich getragen haben. Das Glück kam mit dem jeweiligen Weg, wenn er richtig war, hinzu. Erfolg hatte ich, weil ich die kühnsten Ideen zugelassen habe. Ich bin weder mutiger noch stärker als andere, auch nicht gescheiter. Meine Lungen haben ein bescheidenes Fassungsvermögen, mein Herz ist schon einmal operiert worden und mein Gehwerkzeug häufiger geflickt. Ich bin immer wieder aufgestanden, häufiger als andere. Auch wenn ich am Boden lag, habe ich nie zu träumen aufgehört. Ich habe meine Träume wahr gemacht, tausendundeine Idee umgesetzt. Meine Kunst zu leben – den Kopf in den Wolken, die Füße fest auf der Erde, den Tod im Blick – steckt in der Identifikation mit meinen Zielen. Weder mit meinen handwerklichen Fähigkeiten noch mit der Stimme oder der Sprache fähig, Kunstwerke zu schaffen, habe ich mich in der Kunst des Überlebens geübt. Wo immer ich dabei hinging, am Ende ging es nur noch zu Fuß weiter. Wie zu all meinen Museen auch.”
Reinhold Messner, Über Leben
“Più in alto salivo, più in alto andavo, più mi era chiaro che il mondo sarebbe andato avanti a esistere anche senza di me, e che tutti gli dei sarebbero scomparsi con l'umanità. Perché sono proprio gli uomini che creano gli dei.”
Reinhold Messner, La vita secondo me
“Ich war nie ein Wilder: zwar unangepasst, ein Sucher im Sinne von Geisteshaltung, Ideal, Ästhetik und Neugier. Und ich gehe weiterhin in die Wildnis: um einer gezähmten Welt zu entkommen, der wahren Menschennatur auf der Spur.”
Reinhold Messner, Über Leben
tags: leben
“weiß ich, dass es so viele Lebenswege gibt wie Menschen auf dieser Erde. Den eigenen Weg zu finden ist die Kunst schlechthin, denn nur auf unserem Weg sind wir stark.”
Reinhold Messner, Über Leben
“Zu wie vielen Horizonten ich auch aufgebrochen bin, die Belohnung lag jeweils im Streben selbst.”
Reinhold Messner, Über Leben
“Auch die Sinnfrage stellt sich mir nicht mehr. Weil ich loszulassen gelernt habe. Wer den Sinn immerzu sucht, weil er abhandengekommen ist, wird ihn ebenso wenig finden wie das Glück. Beide sind verwurzelt und flüchtig zugleich. In uns selbst.”
Reinhold Messner, Über Leben
“Zufälle, das Geheimnisvolle, das jeweils Unmögliche bestimmten mein Dasein, ja mein ganzes Leben.”
Reinhold Messner, Über Leben
“Als sich von Westen ein Fächer von Zirruswolken näherte, der bald über uns zu kreisen schien, standen wir ganz plötzlich auf einem Wolkensammler. Gleichzeitig inmitten eines offenen Himmels. In solchen Momenten besteht keine Notwendigkeit, übernatürliche Wesen zu erfinden. Die Erkenntnis ist sichtbar, das Göttliche und die Welt werden eins. So hoch oben muss das Erhabene nicht erfunden werden: Ein Blick vom Gipfel in die Runde reicht, und alle Zweifel sind aufgehoben. Es ist wie eine Befreiung, das Eingebettetsein in der Welt fühlt sich an wie die Sicherheit in der Familie.”
Reinhold Messner, Über Leben
“Das Abenteuer als anarchisches Tun in archaischen Räumen ist auch deshalb ein spannendes Experiment, weil damit primäre Erkenntnisse verbunden sind: größtmögliche Risiken bei größtmöglicher Freiheit.

Wir leben heute in einer Zivilisation, die uns Freiräume nur vortäuscht. Und wir werden immer mehr davon aufgeben müssen. Auch weil wir so viele auf der Erde sind. Die Gesetze, die dem Grad der Freiheit des Individuums den Rahmen geben, werden deshalb immer enger. Auf dass die Gesellschaft funktionsfähig bleibt. Mir scheint aber, dass wir längst bei einem Minimum an Freiraum angekommen sind. Mit der »totalen Freiheit im Netz« sind wir dabei, den letzten Rest davon aufzugeben.

Ich persönlich gehe lieber in die Berge als ins Internet. Einer Lawine kann ich ausweichen, einem Shitstorm nicht. Mit dem Argument größtmöglicher Meinungsfreiheit wird zuletzt ebendiese zerstört, weil der Einzelne im Netz diskreditiert werden kann, ohne dass irgendjemand dafür zur Rechenschaft gezogen wird. Freiheit ohne Verantwortung aber ist gefährlich. Wie jene kollektive im Netz. In Shitstürmen schwimmen meist Überheblichkeit, Oberflächlichkeit und Aggression mit – oft auch Rassismus und Fremdenhass, alles andere als Toleranz. Freiheit, sagt man, habe immer auch die Freiheit der Andersdenkenden zu sein. Wenn sich diese aber nicht mehr wehren können, bleibt sie Illusion. Als Illusion darf der Begriff »Freiheit« von Berggipfeln schallen – dort richtet er wenigstens keinen Schaden an.

Sogar das Abenteuer hat sich inzwischen der digitalen Kontrollgesellschaft unterworfen. Als bräuchten Akteure heute zuallererst Öffentlichkeit. Sie stellen ihre Grenzgänge als Ankündigung ins Netz, stellen über Satellit eine »Wildnis« zur Schau und posten zuletzt ein »Abenteuer«, das seine archaische Dimension längst verloren hat, weil Freiraum und kontrollierter Raum damit ein und dasselbe geworden sind, der einstige Gefahrenraum zum Als-ob-Gefahrenraum geformt wurde. Mein ABC des traditionellen Abenteuers – »no artificial oxygen, no bolts, no communications, no drugs« – ist damit ad absurdum geführt.”
Reinhold Messner, Über Leben
“jede freie Entscheidung als Fehlentscheidung herausstellen kann, bei Grenzgängen oft mit tragischen Folgen.”
Reinhold Messner, Über Leben
“Und so wie die Freiheit in unserer Gesellschaft an Strahlkraft zugunsten der Sicherheit verliert, ist es auch mit dem Abenteuer. Vielleicht sind wir Menschen so wenig frei wie unsterblich. Unfreiheit aber lässt sich abschütteln, teilweise wenigstens, wenn wir die Freiheit zur Selbstbestimmung wagen.”
Reinhold Messner, Über Leben
“All meine Grenzgänge sind ausschließlich meiner Verantwortung unterworfen. »Höhere« und unpersönliche Regeln gibt es in diesem Zusammenhang nicht. Ich fragte auch nie nach »erlaubt oder verboten«, es ging mir immer nur um »möglich oder unmöglich«. Sinn gab allein ich selbst meinem Tun.”
Reinhold Messner, Über Leben
“Wem die Fähigkeit abhandengekommen ist, selbstbestimmt zu handeln, ist aber nicht meinesgleichen.”
Reinhold Messner, Über Leben
“Gemeinsames Gehen ist für mich die selbstverständlichste Form des Zusammenseins. Wie das gemeinsame Klettern auch. Alles geht viel besser, wenn ich in einer Seilschaft unterwegs bin. Am besten zu zweit. Die unendlich vielen Möglichkeiten, in die wir dabei hineingeraten, lassen sich zu zweit besser ausschöpfen, bewältigen und ertragen. Was auch immer dabei passiert, in einer Seilschaft können Sorgen und Ängste geteilt werden.”
Reinhold Messner, Über Leben
“Ist der Berg also ein Rückzugsort, das traditionelle Bergsteigen wie ein Ritual, eine frühe Art der Religionsausübung? Nein, denn die Lehren der Kirchen und ihre Hierarchien dienen immer auch der Absicherung von Macht. Ihre Unfehlbarkeitsdogmen zwingen dazu, Widervernünftiges so lange zu deuten, bis ihre Inhalte stimmig zu sein scheinen: nichts für mich. Weil die Natur und ihre Gesetzmäßigkeiten aber so großartig sind, bleibe ich Possibilist und gehe weiterhin in die Berge statt in die Kirche. Jede Wichtigtuerei gegenüber der Natur kann dabei tödlich sein, weder Geld noch Macht spielen dort oben eine Rolle. Nur Können, Einsatz und Respekt der Natur gegenüber zählen.”
Reinhold Messner, Über Leben
“Bei allem, was wir in großer Höhe tun, spüren wir eine lähmende Müdigkeit, eine gebremste Lebenskraft in Kopf und Beinen. Die Bewegungen, auch das Denken verlangsamen sich. Trägheit lastet auf unserer Entschlusskraft, als döse unser Wille im Halbschlaf. Es ist nicht Lethargie, was dem Menschen da oben die Kraft und die Sinnesschärfe nimmt, es ist der Mangel an Sauerstoff. Diese Art Dasein aber erlaubte mir früh schon einen Vorgeschmack auf das Altern. Niemand kann sich den Folgen des Sauerstoffmangels entziehen, sowenig wir dem Prozess des Alterns entgehen. Lebenskunst besteht auch darin, dies einzusehen und dieses Altern als Lernprozess zu verstehen, es täglich selbst auszufüllen.

Es sind alternde Sherpas, die mich in ihrem Frieden bestärkt haben, mein Altern anzunehmen. Ihre Stirn in Falten gerunzelt, die Haut um die Augen schlaff, singen sie ihre Sherpa-Lieder. Ohne zu wissen, ob sie am anderen Morgen noch leben. Vor allem in den vielen Monaten, die wir gemeinsam in »eisigen Höhen« zugebracht haben, sind wir geworden, wie wir heute sind. Sogar die Entdeckung, dass die Welt dieselbe wäre, wenn es mich nie gegeben hätte, ist keine Zumutung mehr. Lange habe ich versucht, meine Welt selbst zu lenken, habe Vorbereitungen für die Zukunft getroffen. Ohne daran zu denken, dass die Zeit sich auflöst, ohne zu bemerken, dass auch die Eroberung des Nutzlosen vergänglich ist. Plötzlich sind die letzten Jahre gekommen: Unnützsein und Nichtsein werden eins. Ist es die häufige Vorstellung des Todes, die mir jetzt, mit siebzig, die Angst vor dem Sterben nimmt?”
Reinhold Messner, Über Leben
tags: altern, tod
“Ob all diese Abenteuer darüber hinaus gut waren? Ich hatte keine Botschaft, sah keine Nützlichkeit darin. Da war ein Ziel, und ich erfand immer eine Strategie, um dieses erreichen zu können. Dazu der Stolz, weil ich meinem Leben damit einen Sinn gab. Und weil ich mich so am besten ausdrücken konnte. Ich weiß, dass meine Touren für die Menschheit keinerlei Wert haben, für mich waren sie jedoch von tiefer Bedeutung. Ich musste sie wagen, zuletzt aber nicht mehr dokumentieren. Für wen auch?”
Reinhold Messner, Über Leben
“es ist Erfindungsgeist, der aus Mangel entsteht, der uns kreativ macht. Dieser hat uns Menschen weitergebracht, weil wir in der Not über uns hinauswachsen. In unserer Zivilisation aber kommen uns Stärke und Behändigkeit langsam abhanden. Der zivilisierte Mensch mit all seinen Maschinen ist dem Abenteurer im Alltag zwar weit überlegen, diejenigen aber, die ohne diese Mittel auskommen müssen, bleiben auch dann überlebensfähig, wenn alle technischen Hilfen versagen. Selbstvertrauen hat zuletzt mit Überlebensfähigkeit zu tun. Je mehr wir von Hilfen abhängig sind, umso weniger ist unser Selbstvertrauen wert.”
Reinhold Messner, Über Leben
“Und so wie meine bloße Existenz mich einst weitergetragen und mir die Kraft gegeben hatte, extreme Bergtouren zu wagen, begann ich jetzt wieder zu träumen von einem Gesamtkunstwerk. Zuletzt wieder im Alleingang. Als wäre ich dazu bestimmt vorauszugehen, den Weg festzulegen, die Welt neu zu erfinden. So habe ich einst die Ziele in der Wildnis vorgegeben. Jetzt wurde eine kulturelle Aufgabe daraus.”
Reinhold Messner, Über Leben
“Wie oft hatte ich Extreme gesucht, ganz gezielt sogar Tabus gebrochen? Nur um berühmt zu werden? Lächerlich. Ich wollte bestehen! Vor allem vor mir selbst. In jungen Jahren war damit eine Art Unsterblichkeitsgefühl in mir angestachelt worden. Nicht nur im Gehirn. Wenn ich aber immer und immer wieder dieselben Erfahrungen gemacht hätte, wäre ich an meiner Hybris erstickt. Zuletzt im Zustand der Stagnation verharrt. Wiederholte Erfahrung macht vielleicht weise, zu viel von derselben aber konservativ. Deshalb wollte ich noch einmal lernen, in einem völlig neuen Lebensbereich zu bestehen.”
Reinhold Messner, Über Leben
“Du musst keine schwierigen Wege mehr suchen, sagte ich mir, um an deine Grenzen zu kommen. Auch wenn du keine senkrechten Felswände mehr hochgehen kannst, geh deinen Weg weiter. Die Welt also war nicht mehr dieselbe. Hatte ich aber meine Erfolge nicht auch der Kunst der Anpassung zu verdanken gehabt? Immer im Leben, wenn es kein Weiter zu geben schien, war die Wende gekommen. Oft unverhofft.”
Reinhold Messner, Über Leben
“Der Sturm klärt den trübsten Himmel auf. Nicht allein unser Charakter und noch weniger die Welt, in die wir hineingeboren werden, sind unser Schicksal. Im Hinterfragen und nicht im Glauben an eine Fügung finden wir Selbstvergewisserung.”
Reinhold Messner, Über Leben
“Denn Erkenntnis – auch über uns selbst – lässt sich nicht im Gänsemarsch gewinnen. Und eine Gesellschaft, die das Suchen oder Forschen nicht zulässt, ist dem Untergang geweiht.”
Reinhold Messner, Über Leben
“Unser Leben ist wie ein Bogen eingespannt zwischen Geburt und Tod. Wer sich seines Endes dabei bewusst ist, kann intensiver leben, seine Ideen wie Pfeile genauer und weiter schießen. Diese Art Zielsicherheit gehört zur Kunst des Lebens. Sie besteht nicht nur darin, all seine Fähigkeiten optimal zu nutzen, sie gilt vielmehr selbst Ziel zu sein.”
Reinhold Messner, Über Leben
tags: leben, tod
“Wir sind anderen ja auch nur zumutbar, wenn wir auch allein mit uns selbst zurechtkommen.”
Reinhold Messner, Über Leben
“Allein weil die Menschen heute immer weniger von Angesicht zu Angesicht miteinander kommunizieren, schwindet die Empathie füreinander, nehmen Überheblichkeit und Hochmut zu. Zuletzt könnte es zu einer antiliberalen, antidemokratischen Gesellschaft führen. Mit dem Netz sind also völlig neue Umgangsformen entstanden. Die Menschen sind auch narzisstischer geworden. Kann sich doch jeder über das Internet in den Mittelpunkt stellen oder sich mächtig fühlen mit Beleidigungen anderer im Shitstorm. Diese Art Narzissmus, einst nur bei Adeligen und Mächtigen zu beobachten, hat sich durch das Internet rasend schnell und weltweit verbreitet. Mit der Hybris des Einzelnen, einzigartig und als Netzteilnehmer mächtig zu sein, wird aber die vernetzte Gesellschaft in Summe unmenschlicher.”
Reinhold Messner, Über Leben
“Ich hatte keinen Lebensplan. Die Begeisterung für ein Leben als Abenteurer hatte mich früh schon beflügelt, sie trieb mich immer weiter an, ließ mich dafür kämpfen, selbstbestimmt leben zu dürfen.”
Reinhold Messner, Über Leben
“Solange wir das Glück suchen oder herbeisehnen, erfahren wir es nicht. Glück ist vielleicht das, was uns hinterher als solches erscheint. Wenn wir aber ganz darauf vergessen, ist es kurz zu haben. Glück widerfährt uns manchmal, wenn wir ganz wir selbst sind.”
Reinhold Messner, Über Leben
tags: glück