Maximilian Buddenbohm's Blog, page 352

January 19, 2014

Ein Mann mit Durchblick

Nachdem ich im letzten Jahr unfassbar viel Zeit damit verbracht habe, meine Brille dauernd auf und ab zu setzen, habe ich mir endlich eine Gleitsichtbrille bestellt. Es ist lästig, nicht richtig lesen zu können, etwa weil man keine Lust hat, im Winter die Mütze vom Kopf zu nehmen, dann die Brille abzusetzen, dann erst ein Etikett zu entziffern. Wenn man dabei zwei Einkaufstüten und zwei Kinder an den Händen hängen hat, dann nervt das. Außerdem kauft man falsche Produkte, wenn man das Kleingedruckte nicht enträtseln kann. Ich sage nur koffeinfreier Kaffee, zuckerfreie Schokolade, alkoholfreies Bier. Man macht was mit!


Nahezu jeder, dem ich von dem Gleitsichtbrillenplan erzählt habe, wies mich auf die Treppengefahr hin. Mit der Brille, so hieß es, fällt man Treppen runter, so lange sie neu und ungewohnt ist. Weil man damit nach unten durch den Nahbereich guckt, aus der Höhe also alles unscharf ist, auch die Stufen, zack, Unfall. Jeder kannte jemanden, der jemanden kennt, der auf einer Treppe stürzte, sich etwas brach und ins Krankenhaus kam. Wo er dann immerhin mit der neuen Brille prima lesen konnte und sogar noch Zeit dazu hatte, aber egal. Ich dachte immer, Skifahren sei die gefährlichste Freizeitbeschäftigung, das Tragen einer Gleitsichtbrille scheint aber doch wesentlich gefährlicher. Egal, ich trau mich ja was! Und die neue Brille ist toll. Ich kann wieder alles lesen, ich erkenne auf Etiketten sogar die letzte unerfreuliche Zutat aus der Großindustrie. Ich sehe auch wieder, was ich küsse. Das ist praktisch, wenn man nach Hause kommt und die nächstbeste Person in der Wohnung in die Arme nimmt.


Und die Treppen? Eine albern überdramatisierte Gefahr, darauf bin ich natürlich nicht reingefallen. Unfug für Angsthasen! Wenn man Treppen auf allen vieren runtergeht, ist das überhaupt kein Problem.


 


(Dieser Text erschien als Sonntagskolumne in den Lübecker Nachrichten und in der Ostsee-Zeitung)


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Published on January 19, 2014 00:18

January 17, 2014

Dialog am Abend

Sohn I: “Papa, wenn man wissen will, wie viele Menschen in einem Land wohnen, dann macht man eine Volkszählung, richtig?”


Ich: “Ja, genau.”


Sohn I: “Alle werden also dauernd gezählt? Wie geht das? Wer macht das?”


Ich: “Nein, Volkszählungen gibt es ganz selten, die sind irre kompliziert.”


Sohn I: “Hast du schon mal eine erlebt?”


Ich: “Ja, hab ich. Lange her.”


Sohn I: “Aber da war ich noch nicht geboren?”


Ich: “Nein. Noch lange nicht.”


Sohn I: “Wenn man jetzt in Deutschland wieder eine Volkszähung macht, dann ist es also einer mehr. Weil nämlich, jetzt bin ich ja auch da.”


 


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Published on January 17, 2014 09:22

January 15, 2014

Woanders – Der Wirtschaftsteil

Die Gentrifizierung kam hier schon verblüffend lange nicht mehr vor, nanu! Dafür haben wir jetzt einmal eine Stimme, die gegen bunte, durchmischte Stadtteile spricht. Weil es die nicht geben kann. Sagt er. Kann es sie wirklich nicht geben? Was für eine schöne Denksportaufgabe. Discuss!


Kleiner Tipp dazu: Mischung kann schon spannend sein, es lohnt sich vielleicht doch, an dem Gedanken festzuhalten. Zumal das Argument, dass es historisch eben nie so war, natürlich nicht hinzunehmen ist, sonst können wir unsere Demokratie auch gleich in die Tonne treten, die hat bekanntlich im Laufe der Menschheitsgeschichte auch eher selten funktioniert.


Demokratie muss man aber gar nicht mit lautem Knall abschaffen, die kann man auch prima unterminieren, etwa mit Geld. Wobei man mit Geld natürlich auch das beeinflussen kann, was wir hier in den Quellen lesen, das sollte man vielleicht nicht vergessen.


Hängen die Themen hier überhaupt noch irgendwie zusammen? Demokratie, Gentrification, Geld, ist das nicht eine wirre Gemengelage? Och. Geht so. Eigentlich nicht.


Und wenn wir schon dabei sind, dann können wir noch etwas länger über die Verbindung von Geld und Politik nachdenken, es gibt Anlässe genug. Irgendwo ist Geld über, irgendwo fehlt es, gut für die Gesellschaft ist das nicht. Das betrifft auch unsere Nachbarn, versteht sich.


Die Ungleichheit und Ungerechtigkeit und auch Selbstgerechtigkeit, sie kann einen in den Wahnsinn treiben – oder sie muss es sogar. Und bevor man zu selbstgerecht über Menschen aus anderen Nationen urteilt – erst einmal in den Spiegel der Tatsachen sehen, das hilft manchmal. Auch wenn eine ganze Generation in Europa den Begriff Selbstgerechtigkeit eine Weile lang ganz gut verdrängt hat.


Ob es hilft, wenn sich junge Menschen auf andere Werte besinnen? Oder ist das nur die nächste Hipster-Albernheit? Na, wer weniger hat, der guckt vielleicht wenigstens aus geringerer Höhe auf andere. Das wäre dann auch wieder etwas wert, könnte man meinen.


Für den Kulturlink der Woche blicken wir kurz auf die aktuelle Niederlage der Stiftung Warentest, die werden schon alle mitbekommen haben – und dann singen wir gemeinsam mit Rainald Grebe das Lied vom Bernd. So isser halt, der Bernd.


GLS Bank mit Sinn


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Published on January 15, 2014 21:37

January 14, 2014

Das erstaunliche Leben des Walter Mitty

Es gab eine höchst ungewöhnliche Verabredung, ich war nämlich mit Isa im Kino. Die Wahrscheinlichkeit, uns beide gleichzeitig im Kino anzutreffen, sie liegt vermutlich kuschelig dicht bei Null , aber in unseren höchst ungewöhnlichen Leben passiert so etwas dann eben doch.


Das ist sehr praktisch, mit Bloggerinnen ins Kino zu gehen, die nachts länger aufbleiben als man selbst, dann wacht man auf und die Dame hat schon einen Text geschrieben, dem man fast nichts mehr hinzufügen muss. Toll! Alles richtig, was da zum Film steht, genau so ist der. Bei mir taucht allerdings eine ganz neue Schwierigkeit im Umgang mit Filmen auf, Sohn I will nämlich am nächsten Morgen wissen, wie der Film gewesen ist und verlangt eine brauchbare Nacherzählung. “Und dann?” “Dann ist er vom Hubschrauber gesprungen…” “Wow, cool! Und dann?”


Das ist gar nicht so einfach und auch verblüffend gnadenlos, da kann man nicht  mal eben einen Handlungsschritt auslassen und vorgreifen, nein, immer schön eines nach dem anderen.


Sohn I: “Und wie kam er von dem Berg wieder runter? Das hast du nicht erzählt.”


Ich: “Das hat man auch gar nicht gesehen.”


Sohn I: “Komischer Film.”


Wobei das Kind nur die reine Action interessiert, die weichgespülten Gefühlsklimbimteile kann man anscheinend ruhig weglassen.


Ich: “Und außerdem war er in die eine Frau da verliebt…”


Sohn I: “Warum das denn!?”


Ich: “Das ist in Erwachsenenfilmen oft so.”


Sohn I: “Dann sind Kinderfilme vielleicht besser. Beim kleinen Gespenst gab es jedenfalls keine Liebesgeschichte.”


Wobei die Liebesgeschichte tatsächlich schauderhaft schlecht war, meine Güte. Wie flach ist das denn! Das kann jeder schwedische Nachwuchsregisseur an einer Provinzschule in der Projektwoche der Oberstufe besser darstellen, wie sich zwei Menschen näher kommen, möchte man meinen. Wirklich furchtbar.


Aber davon abgesehen teilen Isa und ich das Fazit: Ganz nett.


Ich habe übrigens das dunkle Gefühl, dass “Walter Mitty” irgendwie im Englischunterricht am Gymnasium vorkam, kann mich aber nicht erinnern, das gelesen zu haben. Ist das vielleicht einer dieser Texte, aus denen man gerne Ausschnitte kopiert und Klausuren drüber schreiben lässt? Mit schwant so etwas. Schlimm. So möchte man als Autor auch nicht enden, mit seinen Geschichten.


 



 

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Published on January 14, 2014 21:49

January 13, 2014

Kaspressknödelsuppe

Kochbuchhalter


 


Ich habe wieder aus diesem Buch gekocht. Diesmal ein Gericht, bei dem man als Norddeutscher schon mit dem Titel viel Spaß haben kann. “Kaspressknödelsuppe”, das versteht hier nämlich keiner, auch nicht nach der dritten Nachfrage. Und wenn man es ein paar mal ganz schnell hintereinander ausspricht, dann klingt es wie ein Scherzwort, oder als würde man das Beatboxen üben. Das ist natürlich bei etlichen österreichischen Bezeichnungen so, dass sie einen akustisch auf die falsche Fährte bringen. Die Schlutzkrapfen ein paar Seiten weiter klingen für mich auch eher nach einer unerfreulichen Diagnose beim Hautarzt, als nach einem Mittagessen. Wie für Österreicher wohl Labskaus klingt? Oder Grünkohl mit Pinkel? Ja, schon gut, ist klar.


 Kaspressknödelsuppe ist jedenfalls eine Gemüsebrühe mit Käseklößen drin, wobei sich wiederum die Frage stellt, wieso der Österreicher an sich dauernd sein Essen zu Bällchen rollt. Was treibt den an? Wir machen das doch auch nicht? Zumindest nicht mit allem? Tatsächlich wird es dafür eine historische Erklärung geben, evtl. kann Frau Seiser das einmal kommentieren, die wird es wissen. Sofern sie nicht gerade Essen rollt, versteht sich.


 


Kaspressknödelsuppe


Zunächst schneiden wir 250 Gramm Toast oder Semmeln vom Vortag in Würfel und zerhäckseln eine Zwiebel. Die Zwiebel wird in Butter angeschwitzt und dann mit einem Dotter, einem ganzen Ei, 70 ml Milch, etwas Muskat, etwas Kümmel, Salz und Pfeffer und gehackter Petersilie und außerdem mindestens 2 EL geriebenem altem Bergkäse verrührt. Ich sach ma: da geht mehr Käse. Das Brot auch dazu. Dann lässt man das zehn Minuten stehen, in den Denkblasen über dem Kopf bilden sich derweil schon wieder Fragen nach gerolltem Essen. Wir haben früher nur Sachen gerollt, die wir rauchen wollten, denke ich z.B. während ich warte. Aber egal, das ist lange her.


Toast


Dann formt man mit nassen Händen kleine Laibchen aus dem Pamps, mit sauberen Händen kommt man in dem Kochbuch wirklich keine zwei Seiten weit. Die Laibchen in einer beschichteten Pfanne langsam (!) beidseitig in Rapsöl braten bis sie nett bräunlich aussehen. Herausnehmen und mit Küchenpapier abtupfen, warum auch immer. In die heiße Gemüsesuppe geben und noch 2 bis 3 Minuten ziehen lassen.


Mit Schnittlauch bestreut servieren.


Kaspressknödelsuppe


Wie man unschwer erkennt, habe ich den Schnittlauch vergessen, das schmeckt aber auch ohne geradezu verblüffend gut und – halleluja – auch den Kindern. Wie ich überhaupt den Verdacht habe, dass gerolltes Essen eine prima Methode ist, nahezu jedes Lebensmittel ins Kind zu bekommen, am Ende machen die das deswegen? Raffiniertes Volk!


Bei der Verwendung von sehr trockenem Brot die Milchmenge verdoppeln, rät das Kochbuch. Und empfiehlt noch grünen Salat dazu, den muss man auch nicht rollen. Toll! Kaspresssuppe wird hier wieder gemacht, das ist trotz des Rollens recht einfach und fix und schmeckt wirklich sehr gut. Das sieht auch nett aus und bietet sich für Gäste an, das macht etwas her. “Was gibt es als Vorspeise?” “Kaspressknödelsuppe!” “Hä?”


Demnächst im Programm: Erdäpfelkas. Oder doch lieber Schupfnudeln mit Rotkraut? Spannend.


 

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Published on January 13, 2014 04:37

January 12, 2014

Woanders – diesmal mit Literatur, Büchern, der FAZ und anderem

Literatur verändert das Gehirn.


Frau Beck zur Frage, ob man Bücher eigentlich durchlesen muss.


Frau Dr. Mutti zerfetzt die FAZ. Macht Spaß.


Dada kann man nicht begreifen.”


Meike telefoniert mit Guildo.


Nachhilfe im Weißsein.


Her Fischer hat den Dorfkoller.


Das Archäologische Museum Hamburg bloggt neuerdings.


Ein Text über ein Kann-Kind. Mit einer Häufung von Schulthemen ist auch in diesem Blog hier aus naheliegenden Gründen ab dem Sommer verschärft zu rechnen.


Die One Pot Pasta hab ich neulich auch gemacht und fand das sehr essbar und sehr praktisch und auch noch kinderkompatibel. Pfanne oder Topf ist übrigens egal.


One pot pasta


Ein Bericht von der Hamburger Eisbahn. Da muss ich in diesem Winter wohl auch noch hin.


Bilder: Versteckte Kinder. Man muss schon sehr genau hinsehen, um sie zu finden.


Bilder: schicke Schwarzweiß-Bilder.


Bilder: Porzellan mit sehr speziellem Muster.


Bilder: Diese Serie ist bemerkenswerter, als man es ihr auf den ersten Blick ansieht. Eine Frau photoshopt sich als Erwachsene in ihre Kindheitsbilder. Das hat was.


Bilder: Großmutter. Via Kwerfeldein.


Film: Verblüffend überzeugend, wenn das Krümelmonster Tom Waits singt.


 

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Published on January 12, 2014 02:45

January 11, 2014

Beim Aussortieren der Bücher

Kathrin Passig schreibt in etwas wüsten Verallgemeinerungen und doch vermutlich richtiger Tendenz über die Zukunft des Buchhandels, erwähnt wird dabei auch ihre abgeschaffte Bücherwand. Ich habe meine  eigenen Bücher nicht abgeschafft, aber doch reduziert. Reduce to the max hieß das einmal in der Werbung. Als ich neulich angefangen habe, alles wieder zu sortieren, wuchs nebenbei der Stapel der Bücher, die diesen Haushalt in Kürze verlassen werden. Das mache ich regelmässig, der Raum für Bücher ist begrenzt, so groß ist die Wohnung wirklich nicht. Ich behalte kategorisch nur drei Sorten von Büchern, das ist eine überschaubare Regel.


Ich behalte zum einen alle Bücher, die ich eventuell oder mit Sicherheit wieder lesen möchte, weil es sich lohnen könnte. Oder weil sich das wiederholte Lesen schon einmal gelohnt hat. Man ist mit Hamlet eben auch beim dritten Mal nicht fertig. Das sind Klassiker, das sind Bücher, die vielleicht nicht alle, aber doch zumindest ich sehr, sehr gut finde. Oder einmal finden könnte, manchmal ahnt man so etwas. Nicht auszuschließen, dass ich Jean Paul irgendwann kapiere. Was ein Klassiker ist, das bestimme dabei natürlich ich. Weswegen jemand wie Simenon hier in höchster Stückzahl vertreten ist, weswegen jemand wie Hans-Ulrich Treichel selbstverständlich bleiben darf. Ich bin überzeugter Anhänger der Büchergilde Gutenberg, ich habe viele meiner Lieblingsbücher in schönen oder sehr schönen Ausgaben, die gebe ich nicht weg. Die stellen vielleicht sogar einmal nettes Erbe dar, man weiß es nicht. Nicht bezogen auf den Wert, das dann sicher doch nicht, aber bezogen auf den Inhalt. Das sind die Bücher, die an der Wand neben meinem Schreibtisch stehen, und die sind mir da auch deutlich lieber als nackte Raufaser oder Kunstdrucke von Karstadt. Ich gucke beim Tippen ganz gern auf  die Romane von Fontane, das motiviert. Natürlich hat mein Schreiben rein gar nichts mit Fontane zu tun, aber es ist doch schön, beim Schreiben auf die Werke von Menschen zu sehen, die ernsthaft und erfolgreich geschrieben haben. Das gilt selbstverständlich auch für Ringelnatz oder Heinz Erhardt, das hat nichts mit dem inhaltlichen Ernst der Bücher zu tun.


Außerdem behalte ich die Bücher von Menschen, die ich kenne. Was Freunde und Bekannte geschrieben haben, das gibt man nicht weg, finde ich. Frau Ziefle, Frau Seddig, Frau Bogdan, Frau Beck, Herr Paul und so weiter, das ist die Fortsetzung des Freundeskreises im Bücherregal, das ist natürlich besonders schön. Und was ich selbst geschrieben habe, das steht da auch weiterhin, so viel Eitelkeit darf wohl sein? Und weil das in meinem Fall nur vier Bücher sind, sieht es immer ein wenig so aus, als könnten es noch mehr werden, das gefällt mir, so als Gedankenspiel. Man kommt zwar zu nix, aber nachdenken kann man ja. Und weil direkt darüber aber die ganze Strecke Simenon steht, werde ich permanent daran erinnert, dass ich bisher quasi gar nichts geschrieben habe, das finde ich gut, auch das motiviert. Manchmal. Und bescheiden macht es auch. Immer vor Augen haben, wie wenig man kann, in Qualität und Quantität. Und dann dennoch immer strebend sich bemühen, mehr geht eh nicht.


Schließlich behalte ich Bücher mit besonderem Nutzen, also etwa Kochbücher, Wanderführer, Singvogelbestimmbücher und Portugiesisch-für-den-Urlaub-Varianten. Tatsächlich haben natürlich nur die Kochbücher einen wirklichen Nutzen, aber die anderen könnten immerhin theoretisch auch einmal einen haben. Das denke ich etwa bei dem Singvogelbestimmbuch schon seit zwanzig Jahren, aber egal. Irgendwann sitzt dann doch noch irgendein seltsamer Piepmatz auf dem Balkon, mit ganz besonderem Federkleid – und dann! Dann werde ich höchst souverän den alten, gründlich eingestaubten Singvogelbestimmer aus dem Regal ziehen und nachschlagen können. Ein sehr beruhigendes Gefühl. Eine Singvogel-App könnte das natürlich auch oder sogar besser, aber die müsste ich dann erst runterladen, das scheint mir etwas umständlich, bis dahin ist der Vogel doch wieder weg..


Alle anderen Bücher verkaufe ich wieder. Zeitgenössische Autoren, deren Bücher ich bestenfalls nur so mittel finde – weg. Klassiker, die mir auch im zehnten Anlauf ein Rätsel bleiben und einfach nicht sympathisch werden, also etwa Stifter – weg. Moderne Schriftsteller, auf die ich auch nach Jahren noch nur mit “hä?” reagiere, also etwa Thomas Bernhard  - weg. Vielleicht bin ich zu dumm für sie, vielleicht passen sie einfach nicht zu mir, vielleicht fehlt mir etwas Bildungshintergrund, egal. Die müssen da nicht im Regal stehen und strafend gucken, weil ich sie nicht zu würdigen weiß, das nervt auf Dauer. Und Sachbücher, die mit einiger Sicherheit niemals wieder aufgeschlagen werden, weil das Thema nun einmal durch ist – weg.  “Das Wesen des Zen” – ja nun. Lange her.


Wenn man Bücher auf diese Art regelmässig durchsiebt, dann bleiben nur die übrig, zu denen man eine geradezu kuschelige Beziehung hat. Das sind dann vielleicht gar nicht so viele.  Aber selbst wenn ich auch diese Autoren irgendwann fast nur noch als e-Books lesen werde, da das fraglos viele Vorteile hat, selbst dann möchte ich genau diese Auswahl bitte dennoch als etwas besondere und leider auch raumgreifende Tapete neben meinem Schreibtisch stehen haben.


Womit ich ganz und gar nicht sagen möchte, dass die gedruckten Bände besser sind als E-Books. E-Books sind toll und das Abendland wird mit ihnen nicht untergehen. Man wird noch neue Erzählformen finden, die für das Medium optimiert sind. Ich glaube, es wird bald wieder mehr mit Sound, Bewegtbild und Effekt erzählt werden. Im Grunde ist das dann wie damals am Lagerfeuer, man kommt mit den modernsten Methoden wieder zum Anfang des Erzählens zurück, warum auch nicht. Erzählung, Comic, Film, Bild, Ton und Slideshow werden irgendwie zusammenfinden und das wird sicher großartig. Womöglich wird es normal, die Stimme der Erzählerin zuschalten zu können, womöglich wird man sich daran gewöhnen, tatsächlich zu sehen, wo ein Buch spielt, warum denn nicht. Womöglich werden sich die Buchstaben beim Lesen plötzlich auf kunstvolle Art verselbständigen und zu Illustrationen werden. Na, und so weiter. Autorinnen werden sich Gedanken machen, mit welchem Effekt man am schönsten von Seite zu Seite blättert, wie in Präsentationen. Das E-Book als Trickkiste steht erst am Anfang, es kommt noch ganz nackt daher und bietet oft nicht einmal das Coverfoto, mit dem noch die albernsten Taschenbücher glänzen können. Das wird so nicht bleiben, glaube ich, das wird eine spannende Entwicklung nehmen.  Es wäre ja auch komisch, wenn das nicht so wäre. Es war immer so.


Ich finde ein Buch keineswegs besser, wenn ich es beim Lesen auch riechen kann, ich kann diese Argumente der Printfetischisten nie richtig nachvollziehen. Ich schnuppere beim Lesen nicht regelmässig an den Seiten, ich streichele auch nicht dauernd den Einband und denke lustbebend: “Woah, Leinen”. So scheint es ja etlichen Anhängern der Druckerzeugnisse zu gehen. Nein, ich habe keine ausgeprägt romantische Beziehung zu meinen Büchern.  Die wirklichen Vorteile von Papierbüchern werden eher selten erwähnt, etwa hier. Sehr vieles spricht für E-Books, selbstverständlich werden sie sich langfristig durchsetzen und die Papierausgaben werden immer seltener werden, auch wenn sie sicher nicht ganz verschwinden werden.  Damit habe ich kein Problem. Aber ich finde es doch gut und richtig, dass ich aus einer anderen Zeit komme und diese gedruckten Bücher hier neben mir meine altmodische Leseerfahrung so schick dokumentieren.


Und ich gucke mir dann irgendwann gespannt an, was die Söhne in den eigenen Wohnungen so an den Wänden haben werden.


 

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Published on January 11, 2014 04:44

January 9, 2014

Kurz und klein

“Papa, Ihr macht jeden Abend Party, das ist gemein!”
“?”
“Ihr seht fern und esst Schokolade.”
“Stimmt. Party. Jeden Tag.” (Geht weinend ab)


— Gebbi Gibson (@GebbiGibson) 25. Dezember 2013



Mit den Kindern auf der Terrasse stehen, Knallerbsen schmeißen und “Party!” rufen. Die Kinder jubeln. Wir seufzen.


— Frische Brise (@_frischebrise) 31. Dezember 2013



"Lass mal die Mama. Die hat nen kleinen Kater."

"Wo? Wo ist der Kater?"

"Das sagt man doch nur so."

"ICH WILL JETZT MEINEN KATER!!!"


— Frollein_van_B (@Frollein_van_B) 1. Januar 2014



Und dann liegt bei deinen Freunden plötzlich ein Schnuller statt Dope auf dem Küchentisch.


— _Sara_ (@_die_sara) 25. Dezember 2013



"Wie verbringst du deinen Feierabend?"

"Ich bringe die Kinder ins Bett"

"Und dann?"

"Dann ist morgen!"


— Rita Kasino (@RitaKasino) 1. Januar 2014



Bin ich froh, dass meine Kinder bloß die Enkel meiner Eltern sind.


— Madame de Larenzow (@Larenzow) 26. Dezember 2013



Ohne Kinder bin ich zu früh abreisebereit. Dann schimpfe ich einfach noch 15 Minuten mit mir, weil ich meine Mütze nicht aufsetzen will.


— Gebbi Gibson (@GebbiGibson) 28. Dezember 2013



Wer meint, dass "Ich liebe dich" schwer zu sagen ist, hat noch nie zu seiner Oma "Ich hab keinen Hunger" gesagt.


— Fabiozzo (@Fabiozzo) 19. Dezember 2013



Kind 2 sitzt aufm Klo und schreit nach meinem Handy.
Der kann mal schön mit Schampooflaschen anfangen.
Hat uns auch nicht geschadet.


— doppelleben (@hochfrequent) 13. Dezember 2013



Rufe zuhause an um zu sagen, dass ich später komme. Kind 2.0 geht ran: "Mama, rufst du bitte woanders an? Ich kacke gerade." und legt auf.


— p47r1c14 c4mm4r474 (@dasnuf) 9. Januar 2014



5-Jährige: »Du bist geizig.«
10-Jährige: »Du weißt gar nicht, was das bedeutet!«
5-Jährige: »Das ändert nichts!«


— gallenbitter (@gallenbitter) 30. Dezember 2013



In ca. 20 Jahren wird das härteste im Leben unserer Kinder sein, einen Usernamen zu finden, der noch nicht vergeben ist.


— ProtoMike (@Proto_Mike) 30. Dezember 2013



"Mama, wenn einer mich mit Absicht voll umrennt, darf ich dann "
'Arschloch' rufen?" "WERWAR DAS? DER DA?" "Mama, BITTE tus nicht." "ORR!!"


— alles b. (@alles_b) 2. Januar 2014



Kinder kennen 47 Fortbewegungsmethoden für "ich renne überhaupt nicht in der Wohnung", die trotz allem genauso schnell sind.


— Pia Ziefle (@FrauZiefle) 2. Januar 2014



"Wenn wir das Sofa in den Flur stellen, müssen wir nicht mehr aufstehen, wenn einer klingelt."
Kind2(6), kennt sich aus mit Feng Shui.


— Rockus Dumbledore (@rock_galore) 3. Januar 2014



@gallenbitter mit Eltern ist es übrigens genau das gleiche


— timkurtbob (@timkurtbob) 3. Januar 2014



Von manchen Erfahrungen muss man sich den Rest seines Lebens erholen. Geburt, Kindheit und so.


— Madame de Larenzow (@Larenzow) 4. Januar 2014



Kind 1 schläft im Stehen. Ich habe ja immer schon gesagt, dass eine kleinere Immobilie vollkommen ausreichend gewesen wäre.


— quadratmeter (@meterhochzwei) 3. Januar 2014



"Bin ich hier bei den anonymen Müttern, die immer nerven?"
"Schuhe aus!"
"Alle begrüßen!"
"Handy weg!"
"Was!?"
"Werd ja nicht frech!"


— madame mo (@momentweise) 5. Januar 2014



"Kinder brauchen kein Geld zum glücklich sein." – sprach er und schnitze seinem Jungen eine Playstation 4 aus einem nassen Stück Treibholz.


— Hipster (@Szenebezirk) 5. Januar 2014



Tochterfreundin, 17: "Ich muss jetzt mit meiner Mutter Tee trinken. Hoffentlich will sie mich nicht aufklären. Wir trinken nie Tee."


— Binnewies_ (@Binnewies_) 7. Januar 2014



Sohn I: "Papa, geht mein Bruder auch zu dieser Impfung, wenn er 6 ist?" Ich: "Klar." Sohn I: "Okay, dann gehe ich da als Vorbild hin."


— Max. Buddenbohm (@Buddenbohm) 7. Januar 2014



Ich: "Könntest du wohl bitte aufhören, stundenlang das Wort Kackwurst zu wiederholen?"

Sohn II: "Soll ich lieber Scheiße sagen?"


— Max. Buddenbohm (@Buddenbohm) 9. Januar 2014



Ohne Kinder der Vorbildfunktion beraubt droht die völlige Verwahrlosung.


— ketura (@die_ketura) 8. Januar 2014



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Published on January 09, 2014 21:36

Maximilian Buddenbohm's Blog

Maximilian Buddenbohm
Maximilian Buddenbohm isn't a Goodreads Author (yet), but they do have a blog, so here are some recent posts imported from their feed.
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