Maximilian Buddenbohm's Blog, page 414

July 4, 2012

Man dümpelt so herum

Es gibt vieles, was man auch mit fortgeschrittener Lebenserfahrung nicht zu lernen vermag, obwohl es doch recht einfach wirkt. Etwa Hot-Dogs zu essen, ohne zu kleckern. Oder entspannt Urlaub zu Hause zu machen. „Urlaub zu Hause“, das ist ein interessantes Konzept, aber es geht einfach nicht auf, man kann es drehen und wenden wie es will. Ich habe nach einem allerletzten Versuch in dieser Woche jetzt endgültig alle Hoffnung fahren lassen, es jemals hinzubekommen.


Obwohl zunächst einiges dafür spricht. Es kostet ziemlich wenig, man muss sich nicht über die Küche ärgern, zumindest nicht mehr als sonst, man hat in der Regel ausgezeichnete Betten und man weiß sogar ohne lange Suchaktionen, wo die besten Spielplätze für die Kinder in der Nähe zu finden sind. Man weiß auch schon, wo die besten Leseplätze in den Parks sind, wo die guten Bars und wo es den wirklich guten Latte Macchiato gibt – alles geradezu ideal, um eine Woche in schönster Ruhe zu verbringen.


Ich: „Wir lassen uns in dieser Woche einfach mal treiben, ja?“

Herzdame: „Ja, super, so machen wir das. Ich sag Dir mal das Programm für morgen, okay?“


Denn man hat ja Zeit. Und weil man Zeit hat, kann man auch etwas machen. Man kann sich um die Vorhaben kümmern, zu denen man sonst nicht kommt, man kann zum Beispiel erstaunlich unerforschte Ecken der Wohnung aufräumen. Dauert ja nicht lange, es sei denn, man kommt dabei auf die Idee, die Möbel etwas umzustellen. Nur probeweise, nur ganz schnell.

Man kann Freunde treffen, die man Jahre nicht gesehen hat. Jetzt aber, endlich, endlich, jetzt hat man Zeit. So viel Zeit! Man kann die Freunde sogar zu sich einladen, das spart den Weg, wie toll ist das denn. Allerdings muss man dann auch für sie kochen, wofür man wiederum einkaufen muss. Und Geschenke für die Freunde sind auch überfällig, die muss man wohl noch kaufen gehen.


Und überhaupt muss man nebenbei ein paar Dinge erledigen, schnell zwischendurch, diese aufgehobenen Reste auf der To-Do-Liste, die man seit sechs Monaten stoisch vor sich hergeschoben hat. Jeden Tag war es nur ein routinierter Mausklick: „Mache ich irgendwann mal.“ Aber irgendwann, das ist natürlich jetzt, denn jetzt habe ich Zeit. Massig Zeit.


Arztbesuche etwa, die kann man elegant in diese Tage einsortieren, da stören sie die Büroarbeit nicht und auch sonst nichts. Endlich kann man entspannt im Wartezimmer sitzen, ohne auf die Uhr zu sehen, weil irgendein Meeting in Kürze beginnt. Vorsorge, Vorbeuge, Vor-Irgendwas, immer her damit, mache ich jetzt alles. Und die Kinder auch, es passt so super.


Und weil man in der Stadt ist und weil man Zeit hat, muss man auch überall hingehen, wo man eingeladen ist, das versteht sich von selbst und das ist auch toll, davon hat man nämlich seit Wochen oder Monaten geträumt, endlich mal entspannt alles zusagen zu können. Toll, noch ein Event. Ja, wir kommen. Hey, wir haben Zeit.

Wir sind nicht bei Trost. Wir haben in dieser Woche den vollsten Terminkalender des Jahres, sind schwer genervt und warten auf den Freitag. Der Freitag wird toll, da steht nämlich nichts zwischen 13:00 und 15: 30 auf der Liste, da ist vollkommen unverplantes Niemandsland, da ist eine organisatorische Nebelfront. Da werden wir uns einmal entspannt treiben lassen.


Einfach so.

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Published on July 04, 2012 12:57

July 3, 2012

July 1, 2012

Camping, Tag 4

Und dann ist das Erstaunliche geschehen und die Herzdame hat tatsächlich mit mir im Zelt übernachtet. Mit beiden Söhnen. Und es hat nicht geregnet, und es war nicht zu kalt und auch nicht zu warm. Und die Unterlagen waren flauschig und die Kinder schliefen ruhig, viel ruhiger als in den Betten. Und kein Nachtvogel störte und kein wildes Tier. Keine Insekten waren im Zelt, keine Steinchen unter dem Boden. Und am Morgen gab es einen winzigen Schauer, fast nur so, als hätte jemand kurz einen Rasensprenger Richtung Zelt gehalten. Und mit diesem Schauerchen gab das Zelt auf und ließ alles Wasser durch, die bedingungslose Kapitulation des Campingzubehörs.


Man muss auch mit Niederlagen leben können. Oftmals bringen sie einen auch weiter und führen zu ganz neuen Erfahrungen. Die Herzdame und ich haben zum Beispiel überrascht festgestellt, dass wir gut, sehr, sehr gut sogar darin sind, gemeinsam ein Zelt abzubauen. Hand in Hand, pure Harmonie, emsige Effizienz und zielgerichtetes Vorgehen. Wir haben uns mindestens zehn Minuten bestens verstanden. Und dann habe ich ihr natürlich zugestanden, dass das mit dem Zelt vielleicht auf Dauer doch etwas heikel ist, wenn man an künftige Familienurlaube denkt. Ich habe nämlich grundsätzlich kein Problem damit, auch einmal zurückzutreten, das muss in einer guten Ehe auch so sein. Gönnen zu können, das ist ein elementarer Bestandteil der gelungenen Beziehung.


Ich habe das sorgsam gefaltete Zelt und den ganzen Zubehörkrempel fein säuberlich im Auto verstaut. Dann habe ich mich dezent ins Haus zurückgezogen. Der Herzdame habe ich gesagt, ich müsste nun erst einmal ein wenig fleißig sein, sie könne aber ruhig mit den Söhnen im Garten bleiben, der mittlerweile heiter von der Sonne beschienen wurde. Die Herzdame, noch ganz enthusiasmiert vom Ende des Campingterrors, nickte lächelnd. Dann habe ich mich an Omas Schreibtisch gesetzt und das Notebook angemacht.


Denn auch in das Thema Wohnmobil muss man sich ja erst einmal in Ruhe einarbeiten.






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Published on July 01, 2012 08:22

June 30, 2012

Wir Männer in Schwarz

Im Gegensatz zu mir gucken die Söhne gerne Fußball. Dass sie davon noch nicht viel verstehen, das macht nichts, es sind eben noch Kleinkinder. Sohn II mag das Gebrüll der Fans, Sohn I schläft gerne beim Gemurmel des Kommentators ein, es ist für jeden etwas dabei. Sohn I hat durch die EM immerhin endlich einen reellen Berufswunsch, er möchte jetzt nämlich Schiedsrichter werden. Auf Nachfrage, wie er zu dem Wunsch kommt, hat er mir erklärt, dass der Schiedsrichter nicht so viel machen muss wie die anderen, trotzdem immer dabei ist, etwas bestimmen kann und in seinen schwarzen Sachen cool aussieht. Das ist soweit vollkommen nachvollziehbar, finde ich.


Als Sohn I auf meinem Computer Filme über Orchester gesehen hat, ließ er sich von mir die ganzen Instrumente erklären. Dabei entdeckten wir erstens faszinierend vielfältige Formen in der Flötenfraktion und zweitens bedeutende Bildungslücken beim Vater. Der Sohn sah sich alles en detail an, im Standbild und in der Bewegung, und stellte dann fest, er könne doch auch bei einem Orchester Schiedsrichter werden, wobei er auf den Dirigenten zeigte. Den Mann in Schwarz, der nicht viel macht, fast nur herumsteht, trotzdem immer dabei ist, etwas bestimmen kann und irgendwie sehr cool aussieht. Ich klärte ihn darüber auf, dass dieser Schiedsrichter allerdings keine roten oder gelben Karten zeigen dürfe, der Sohn fand den Beruf dennoch weiter faszinierend.


Und dann fiel es mir erst auf – natürlich eifert der Junge einfach dem familiären Vorbild nach! Auch ich trage schließlich sehr oft Schwarz und sehe natürlich cool aus. Auch ich bin immer dabei, bestimme gern alles und mache weniger als die anderen – und an diesem Punkt habe ich dann doch beschlossen, das Thema lieber noch einmal ganz in Ruhe zu durchdenken.


(Dieser Text erschien als Kolumne in den Lübecker Nachrichten und der Ostsee-Zeitung)






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Published on June 30, 2012 22:51

Camping, Tag 3

Nach dem ersten Experiment „Mittagsschlaf im Zelt“ hatte Sohn I zufällig Ohrenschmerzen bekommen, wobei das Wort „zufällig“ nur in meinem Sprachgebrauch vorkommt, denn ich bin erwachsen und befinde daher vollkommen frei, ob und wann etwas zusammenhängt. Für Kinder ist alles selbstverständlich als Kausalzusammenhang zu werten, wer im Zelt schläft, der bekommt also Ohrenschmerzen, das war ja soweit eine ganz klare Beweisführung. Ins Zelt mochte er daher vorerst nicht wieder, da war ihm seine Gesundheit doch lieber. Die Herzdame knurrte bei dem Test nach dreißig Minuten Ruhezeit über harte Unterlagen, die Enge im Schlafsack, die Luft und Gott weiß was, wer mag da schon zuhören. Ich lag schweigend neben Sohn II, der das Zelt toll fand, genau wie ich.


Ich beschloß, abends auf jeden Fall im Zelt zu schlafen, immerhin war es draußen deutlich wärmer geworden. Selbst wenn es auch nachts regnen sollte, würde es sicherlich nicht besonders kühl werden, alles kein Problem. „Ich geh mit Papa ins Zelt“, sagte Sohn II und nahm energisch meine Hand. „Nur Du und ich“ sagte er, mit einem sehr gewinnenden Lächeln. „Ganz genau“, sagte ich und rief der Herzdame ein siegesgewisses „1:1“ zu. Es schien mir möglich und wahrscheinlich, in Kürze in Führung zu gehen.


Die Herzdame sah sich derweil auf meiner neuen Kamera die Bilder an, die ich am Vormittag von ihr gemacht hatte und nörgelte daran herum. Ich erklärte ihr, dass auch die beste Kamera gewisse Motive nicht retten könne, nahm ihr den Apparat ab und ging mit Sohn II die Zeltleinen noch einmal stramm ziehen. Die Stimmung in der Familie wirkte eh nicht mehr besonders ausbaufähig, das gab den Dialogen ganz neue Freiheiten.


Zwischendurch regnete es, dann schüttete es, dann gewitterte es. Zwischen den Platzregenvarianten schauerte es ein wenig. Ich sah ab und zu ins Zelt, alles trocken, alles wunderbar. Das hatte ich sehr gut gekauft, Aber ich kenne mich ja auch aus.


Am Abend fragte die Herzdame Sohn II, ob er wirklich, wirklich bei mir im Zelt schlafen wolle. Der sagte ja, nur Papa und er. Und zeigte aufs Zelt.


Ich ging mit ihm ins Zelt, legte ihn hin und stopfte ihn in einen Schlafsack, er grinste breit und schlief zwei Sekunden später ein. Wurde doch noch einmal kurz wach und lauschte. Vor dem Zelt schwere Schritte, ein tiefes Brummeln und lautes Atmen, das war ein Wildschwein oder Opa auf einem letzten Kontrollgang im Garten. Minuten später seltsame Schreie im Gebüsch neben uns, ein aufgeregtes Fauchen und das Geräusch brechender Zweige, das war das gefürchtete Grüffelo oder nur die Familienkatze, die sich mit einem Nachbarkater prügelte. Ich erklärte dem Kleinen die Geräusche, er schlief beruhigt wieder ein. Sanft streichelte ein kleiner Schauer über die Zeltplane hinweg. Es roch nach Gras und nach Acker, dann sang ein paar Meter weiter tatsächlich eine Nachtigall, das hatte ich seit langer Zeit nicht mehr gehört.


Sohn II und ich schliefen Arm in Arm, bestens und lange.


Camping ist toll.






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Published on June 30, 2012 08:06

June 29, 2012

June 27, 2012

Blogsport: Heimatdorf

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Es gibt Mais, Baby. Auf Fototour in Friedewalde.


 



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Published on June 27, 2012 23:28

Camping, Tag 2

Ich: „Guck, sie sind eingeschlafen. Ist es nicht auch schön, wenn man so kuschelig warm und trocken im Zelt liegt, die Kinder Arm in Arm schlafen und der Regen so ganz sachte auf das Zelt trommelt?“


Herzdame: „Ich finde ja, es klingt nach vergeigtem Urlaub.“


 

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Published on June 27, 2012 10:53

Maximilian Buddenbohm's Blog

Maximilian Buddenbohm
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