Maximilian Buddenbohm's Blog, page 413

July 12, 2012

Verordnete Ruhe

Noch ein Tag auf der nordfriesischen Halbinsel Eiderstedt. Sohn II schwächelt etwas, kleine Magenverstimmung, deswegen bleibe ich mit ihm am Vormittag erst einmal im Bett, der Patient braucht Ruhe. Das Bett steht in einer Kammer unter dem Reetdach, neben einem weit geöffneten und festgestellten Sprossenfenster. Auf der Fensterbank ein Modell des Leuchtturms von Westerhever. Das Modell kann sogar blinken, aber dafür müsste ich es einschalten, und dafür müsste ich erst aufstehen. Das geht aber nicht, denn Sohn II schläft in meinen Arm gekuschelt. Also blinkt der Leuchtturm nicht. Macht nichts.


Dafür blinkt die Sonne, denn die Wolken rasen über den enorm weiten Himmel so schnell unter ihr dahin, als würde jemand andauernd auf den Lichtschalter drücken, wieder an, wieder aus. Alle paar Minuten ein herunterbrechender Regenschauer wie am Weltende, dann wieder gleißender Sonnenschein auf den nassen Garten, in dem es dann vieltausendfach glitzert und funkelt. Aufleuchtende Rosen und Heckenrosen, nassglänzende Bauernrosen, Gott weiß welche Arten, das ist hier einer der üppigsten Gärten, die ich je in Norddeutschland gesehen habe. Stauden mit Blüten in allen Farben, ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie die alle heißen. Sobald der Regen nur ganz kurz aufhört, schwirrt schon die Luft vor Hummeln und Bienen.


Ein Vogelnest in der Kletterrose am Fenster, da brütet die Grasmücke, sagt unsere Gastgeberin. Was auch immer eine Grasmücke ist, ich kenne die nur aus Märchen, kam nicht bei Andersen mal eine vor? Ein paar Fenster weiter nisten Hänflinge, hinten am Schuppen die Schwalben, durch den Garten fliegen auch Stieglitze, Goldammern, Grünfinken und Zaunkönige. Am Teich hinten sitzen die Frösche auf den Seerosenblättern, ab und zu platscht einer spritzend ins Wasser. Reiher ziehen in weiten Bögen über sie hinweg und drehen langsame Achten über dem Wasser.


Hinter dem Teich ein paar Kühe, die haben sich unter einer alten und krummen Weide versammelt und gucken bräsig in den Regen.


Ich sehe mir das alles an, ich höre den Insekten zu, ich lese ein wenig. Ich schlafe zwischendurch kurz ein. In diesem Raum gibt es kein Internet und keinen Handyempfang, keinen Fernseher und kein Radio und nur ein Buch in Griffweite, sinnigerweise ist es „Heile Welt“ von Kempowski. Ich mache nichts, gar nichts, ich gebe nur dem Sohn ab und zu etwas Wasser, bis er endlich, es ist schon am Nachmittag, sich ruckartig aufrichtet und „Käsebrot, Marmeladebrot, Butter“ sagt. Als diensthabender Arzt stelle ich die plötzliche Gesundung des Patienten fest und rappele mich mit ihm zusammen hoch, um nachzusehen, was die Küche unten so hergibt.


Das war der vermutlich entspannteste Tag des Jahres.


Magen-Darm zur rechten Zeit, schafft Ruhe und Behaglichkeit. Oder wie das heißt.


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Published on July 12, 2012 08:24

July 11, 2012

Fotografie

Da ich eigentlich gar keine Ahnung von Fotografie habe, wohl aber eine neue Kamera, war ich vor dem Ausflug an die Nordsee noch einmal schnell in der Bücherei und habe mir eine Armlänge Fotobücher ausgeliehen. Weiterbildung! Immer hungrig im Geiste bleiben, immer strebend sich bemühen. Wenn man schon vom Publikum Ausflüge geschenkt bekommt, kann man sich selbst auch etwas abverlangen, gar keine Frage. Also ein großer Stapel Bücher. Etwas wahllos zusammengestellt vielleicht, da ich ein quengelndes Kleinkind dabei hatte, das mal musste, Hunger und Durst hatte, lieber spielen wollte und mich, wie es lautstark verkündete, überhaupt ziemlich „plöd“ fand und dauernd an meiner Hand Richtung Ausgang zog, während ich eilig Buchtitel durchlas. Experten können raten, um welchen Sohn es sich handelte.


Ich habe all die Bücher jetzt durchgelesen – oder wenigstens quergelesen – oder wenigstens angeblättert. Und ich weiß daher jetzt quasi alles über grundlegende Techniken der Fotografie, und, was noch viel interessanter ist, ich könnte jetzt ein Fotolehrbuch schreiben. Das ist nämlich relativ einfach, wenn man ein paar gelesen hat, dann merkt man, dass in allen ziemlich exakt derselbe Inhalt steht. Es dürfte nicht weiter schwierig sein, so etwas zu reproduzieren. Das Grundrezept für ein Fotolehrbuch geht in etwa so:


Etwa ein Viertel des Buches widme man dem eher obskuren Problem der Wasserfotografie. Ich habe das bis zur Lektüre dieser Bücher gar nicht gewusst, aber offensichtlich treibt es die meisten Inhaber von Kameras um und um, wie man es denn bloß hinbekommen kann, Wasser einmal so zu fotografieren, dass man jeden Tropfen sieht, und einmal so, dass es fließend aussieht. Das Thema illustriere man zwingend mit einem Springbrunnen, es gibt definitiv kein Fotobuch ohne Bilder von Springbrunnen und das erklärt vermutlich auch, warum ich in der Fotografie nicht weiterkomme, ich fotografiere einfach keine Springbrunnen. Ich habe auch noch nie fotografisch Tropfen oder Spritzer eingefroren, ich habe Wasser bisher immer einfach ins Gefrierfach gestellt, wenn ich es gefroren haben wollte. Schlimm!


Ein weiteres Viertel widme man dem ähnlich obskuren Bereich der Feuerwerksfotografie. Denn abends, wenn rechtschaffen erschöpfte Profifotografen ermüdet aufs Sofa sinken und die rauchende Kamera endlich für ein paar Stunden an den Nagel hängen, zieht der ambitionierte Laie immer wieder hinaus in die Nacht und fotografiert ein Feuerwerk. Denn ein fortgeschrittener Fotograf ist man definitiv erst, wenn man genug brillant geknipste Feuerwerksexplosionen vorweisen kann. Was dem Jäger sein Vierzehnender ist dem Fotografen sein gestochen scharfes Feuerwerk. Keine Ahnung warum, ich habe noch nie im Leben Lust gehabt, ein Feuerwerk zu fotografieren, aber das muss so.


Im vorletzten Viertel kümmere man sich um Porträts bei Gegenlicht, die muss man irgendwie hinbekommen, statt sie einfach zu vermeiden, was in aller Regel gar nicht schwierig ist. Aber der Fotograf braucht Herausforderungen, harte Nüsse, schwierige Lichtverhältnisse. Auch das wird schon seinen Grund haben, auch wenn er mir unerfindlich bleibt.


Im letzten Viertel gehe man kurz noch auf die Sonderfälle „Strandfotografie“, „Schneefotografie“ und „Porträtsitzungen mit kohlpechrabenschwarzen Hunden“ sowie „Makros und Insektenpornos“ ein – fertig.


Abschließend muss man darauf hinweisen, dass man sehr, sehr viele Bilder machen muss, dass man nie ohne Kamera aus dem Haus gehen sollte und dass man auch bei Regen fotografieren kann, worin übrigens der tiefere Sinn der Plastiktüte zu stecken scheint, das habe ich bisher auch nicht gewusst


In einem der Bücher stand der nützliche Hinweis, dass man beim Fotografieren von Watvögeln in tropischen Regionen auf Alligatoren achten möge, das fand ich vollkommen überzeugend und einleuchtend und auch hilfreich, diesen Hinweis würde ich dann doch unbedingt zitieren wollen.


Vielleicht sollte ich einfach mal anfangen? Sachbücher schreiben ist nett, ich habe da Erfahrung. Vielleicht leihe ich aber auch besser noch eine Armlänge Fotolehrbücher aus, womöglich diesmal von etwas weiter hinten im Regal? Ich kenne mich nämlich nach wie vor nicht mit Fotografie aus, glaube ich. Spannend. Vielleicht mache ich aber auch einfach weiter Fotos, das könnte auch helfen.


Apropos. Gänzlich zusammenhangslos endet dieser Beitrag mit einem gesetzlich vorgesehen Bild. Denn laut einer Sonderbestimmung des Kreises Nordfriesland ist ein Ausflug nach Westerhever ohne Foto des Leuchtturms leider als ungültig zu betrachten. Das will ich natürlich unbedingt vermeiden.


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(Der Ausflug nach Nordfriesland wurde freundlicherweise finanziert durch die Flattr- und Werbeeinnahmen aus diesem Blog. Vielen Dank dafür!)






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Published on July 11, 2012 09:43

Nordfriesland in der Hauptsaison – die ganze Wahrheit

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Es ist nämlich wirklich überlaufen.






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Published on July 11, 2012 08:37

Nordfriesland in der Hauptsaison

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Total überlaufen.


(Der Ausflug nach Nordfriesland wurde freundlicherweise finanziert durch die Flattr- und Werbeeinnahmen aus diesem Blog. Vielen Dank dafür!)






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Published on July 11, 2012 02:35

July 10, 2012

Windhosen bei Husum

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Windhosen am Mast. Eine Installation von Julia Bornefeld.


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(Der Ausflug nach Husum wurde freundlicherweise finanziert durch die Flattr- und Werbeeinnahmen aus diesem Blog. Vielen Dank dafür!)

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Published on July 10, 2012 12:20

July 9, 2012

Grau, nass, wunderschön

Als wir anfingen, die Sachen für den Ausflug zu packen, war draußen Juliwetter, die Wohnung war heiß, die Nacht war schwül. Am nächsten Morgen, als wir anfingen, die Sachen ins Auto zu tragen, hatte sich das Wetter schon geändert, es fühlte sich eher nach Mitte September an. Als wir aus der Garage fuhren, war es mindestens Ende September, und als wir auf die Autobahn fuhren, war es schon Oktober. Wir zogen beim Beladen des Autos die warmen Pullis an, wir zogen die Regenjacken an. Ich weiß gar nicht, ob es überhaupt schon einmal ein Jahr in meinem Leben gab, in dem ich ein bestimmtes Outfit wirklich jeden Monat getragen habe, in diesem Jahr ist es ganz sicher so. Januar bis Juli, alles eine einzige Wetterzone. Wir müssen anscheinend bei uns nicht über die Klimaveränderung reden, sondern über die Klimavereinheitlichung. Oktober für alle, Oktober für immer.


Starkregen auf der Autobahn, wir ahnten den Weg bis hinter die Ausläufer von Hamburg, wir rieten den Weg bis zur Grenze von Dithmarschen, da klarte es dann immerhin soweit wieder auf, dass man wenigstens halbwegs die Spur erkennen konnte. Auf einer Hochbrücke machte das Auto sturmbedingt den größten Satz, den ich je am Steuer je erlebt habe, eine Erfahrung, auf die man auch gut verzichten kann. Der Himmel wurde allmählich weit und weiter, wir näherten uns der nordfriesischen Halbinsel Eiderstedt, hier gibt es den weitesten Himmel Deutschlands, wenn man vom Sonderfall Helgoland einmal absieht. Flaches Land bis zum Horizont, sehr viele Windräder, sehr viele Kühe und ungeheuerlich viele Wolken in einer geradezu maßlosen Wölbung über uns. Nur hier, auf dieser Halbinsel, nur hier gibt es diesen besonderen, geradezu phantastischen Effekt, der im Norden nicht mit Geld zu bezahlen ist: Hier sieht schlechtes Wetter immer gut aus. Hier ist sogar ein durchschnittlich grauer Himmel eine besondere Inszenierung, hier bieten die Wolken Spektakel und Dramen, da können die Hamburger Theater nicht mithalten.


Die Herzdame und ich, wir teilen eine besondere Liebe zu Eiderstedt, und es war bei uns beiden Liebe auf den ersten Blick, vor einigen Jahren. Hätten wir Geld wie Heu, wir hätten hier irgendwo ein Wochenendhaus, hätten wir Zeit ohne Ende, wir wären andauernd hier. Eine ziemlich menschenleere Gegend, obwohl Sankt Peter-Ording, da ganz hinten am Strand, der Ort mit den meisten Übernachtungen in Schleswig-Holstein ist. Nichts merkt man davon auf den Autobahnen oder Landstraßen, nichts ahnt man davon, wenn man über das Land sieht, wo man soweit sehen kann, wie man es gar nicht für möglich hält, wenn man nicht gerade auf einem Schiff oder einem Berg ist. Eine ziemlich menschenleere Gegend, zumindest wenn man es mit Hamburger Augen sieht. Verbuckelte Reetdachhäuser an der ersten, zweiten und dritten Deichlinie, das ist hier nicht irgendein Land, das ist erkämpftes Land, gefährdetes Land. Windschiefe Bäume, zerzauste Büsche, auf den Weiden gelegentlich Pferde, deren Mähnen wild im Sturm stehen.


Wir fahren durch, wir fahren an allem vorbei, wir wollen noch weiter oben etwas Wichtiges erledigen, nämlich Fischbrötchen in Husum essen, bei Loof am Hafen, wie immer. Matjes und Krabben, Fischfrikadellen für die Söhne, dann ein Spaziergang durch den Nieselregen und durch die Stadt. Enge Gassen, Giebelhäuschen, Touristen in genormter Outdoormode schieben sich von Teekontor zu Teekontor. Es gibt auch noch erstaunlich viele Buchhandlungen, mit überaus erstaunlich vielen Regionalkrimis in den Regalen und die Herzdame sagt wieder, ich sollte lieber Regionalkrimis schreiben, die würden sich wenigstens verkaufen. Ich habe Zweifel.


Die Wolken werden immer dunkelgrauer, der Himmel kommt immer näher, der Nieselregen wird dichter und dichter, und als wir um eine Ecke biegen und zufällig genau vor dem Storm-Haus stehen, pfeift der Wind uns klatschnass und kalt wie im November entgegen, unwillkürlich krümmen wir uns unter unseren Kapuzen und Schirmen zusammen.


So kann man sich natürlich auch vor einem der großen norddeutschen Dichter verneigen, es passt in jedem Fall.


(Der Ausflug nach Husum wurde freundlicherweise finanziert durch die Flattr- und Werbeeinnahmen aus diesem Blog. Vielen Dank dafür! Leider keine Bilder heute, mangels Unterwasserkamera.)






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Published on July 09, 2012 11:46

Ferien mit Flattr

Ich finde Flattr übrigens toll. Sie wissen schon, diesen kleinen Button unter vielen Einträgen hier, den sie anklicken können, um dadurch eine kleine, sehr kleine oder auch gar nicht so kleine Summe Geld an uns zu transferieren, wenn Ihnen ein Text gefallen hat. Oder ein Bild oder was auch immer. Viele Blogger finden Flattr nicht so toll, sei es wegen des eher unschönen Buttons oder weil da keine Riesensummen zusammenkommen, ich bin aber hell begeistert, und das aus sehr naheliegenden Gründen. Nämlich aus finanziellen Gründen. Via Flattr kann ich mir nämlich gelegentlich immerhin knapp dreistellige Beträge auszahlen. Also nichts, was jemals zu Reichtümern führen könnte, aber doch schon Geld, mit dem man etwas anfangen kann. Summen, über die man nicht undankbar hinweggehen sollte. Und um das etwas transparenter zu gestalten, wird hier ab sofort genau erklärt, wozu das Geld verwendet wird. Nämlich für Familienausflüge.


Das ist doch viel schöner und einleuchtender, finde ich, als das Geld einfach zu den anderen Einkommen zu addieren, auf das es sang- und klanglos im ewigen Haushaltsloch der Firma Buddenbohm & Söhne verschwindet. Nein, wir machen das jetzt anders. Wir nehmen das Geld aus den Flattr-Klicks (und auch das von den Amazon-Partnerprogrammklicks), betanken davon das Auto, fahren ans Meer oder auf einen Bauernhof oder wohin auch immer, machen Beweisbilder, schreiben im besten Fall etwas darüber und vermerken dann natürlich auch , dass dieser Beitrag von den Bloglesern finanziert wurde. Und zwar so:


„Dieser Ausflug wurde freundlicherweise durch die Flattr- und Werbeinnahmen im Blog finanziert. Vielen Dank!“


Wir sind dann mal kurz am Meer. Vielen Dank noch einmal.


Strand






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Published on July 09, 2012 03:21

July 7, 2012

Gelesen: „Tiere essen“ von Jonathan Safran Foer

Deutsche Übersetzung von Isabel Bogdan,Ingo Herzke und Brigitte Jakobeit. Ich halte das Buch für äußerst empfehlenswert, worin mich schon die amüsante Reaktion vieler Leute bestärkt, die meinen, das Buch partout nicht lesen zu wollen. Weil sie solche Angst haben, hinterher über Ihr Kotelett nachdenken zu müssen. So etwas auszusprechen, sich auch noch daran zu halten und dennoch für einen intelligenten Menschen zu halten, das ist schon nicht ganz ohne Komik.


Ansonsten ziehe ich es allerdings vor, mich da herauszuhalten. Ich habe am Anfang des Jahres ein wenig über meine Versuche geschrieben, die Ernährung auf vegetarische Küche umzustellen und habe es ziemlich schnell wieder gelassen. Ernährung gehört zu den Themen, die in Deutschland grundsätzlich humorlos besprochen werden müssen, gerne fanatisch, radikal und fundamentalistisch – alles nicht meine Welt. Wenn ich solche Diskussionen möchte, dann schreibe ich über die Dummheit der Impfgegner oder der Homöopathie-Fans, über Modelle zur Abschaffung des privaten Autobesitzes oder ähnliche brüllend komische Bereiche. Und dann warte ich gelassen ab, bis sich die ersten Kommentatoren gegenseitig umbringen. Nein, danke.


Es gibt aber dennoch etwas Bemerkenswertes zu dem Buch zu erzählen, ganz ohne auf den Inhalt einzugehen, den man allerdings gelesen haben sollte, wie ich noch einmal am Rande erwähnen möchte. Die Buchstaben des Titels bestehen nämlich aus Tieren, aus kleinen schwarzen Schweinen, Kühen, Enten, Hühnern, Schafen. Das sieht man auf den ersten Blick vielleicht gar nicht, es sei denn, man ist ein Kleinkind. Dann fällt so etwas natürlich sofort auf und Sohn I fragte mich dann auch: „Wieso sind da Tiere drauf?“ Und keine Sorge, es geht nicht darum, dass ihm nach meiner erklärenden Antwort die geschlachteten Tiere so schrecklich leidgetan hätten, kein Gedanke. Kleinkinder sind brutal und hart im Nehmen. Nein, der Sohn dachte nicht über das Schicksal der Tiere nach, sondern über ihre Anordnung auf dem Schutzumschlag des Buches. „Das sind Buchstaben, oder? Die Tiere sind die Buchstaben, so wie sie da stehen, ja?“


Genau. Und er wusste auch, was für Buchstaben das waren. Ein E, das kannte er aus dem Fahrstuhl, E wie Erdgeschoß. Ein S wie Schlange, das war ganz einfach, und das da hinten war ein N oder ein M, die sehen sich aber auch wirklich verdammt ähnlich. „E S S E N“ buchstabierte er. „Genau“, sagte ich und wiederholte die Laute der Buchstaben, „und zusammen ist das dann was?“ „Essen“, sagte der Sohn und sah mich verblüfft an. “Das hab ich jetzt gelesen, oder? Oder?“


Und dann haben wir zusammen auch noch das Wort „Tiere“ gelesen, was natürlich ein wenig schwieriger war aber auch ganz gut ging, und dann habe ich ihm erklärt, dass der Autor des Buches leider wirklich einen ziemlich blöden Namen hat, wenn man gerade erst Lesen lernt. „Tiere essen“, sagte der Sohn grinsend und sehr begeistert, „das hab ich jetzt gelesen. War gar nicht schwer.“ Er warf einen Blick auf das große Bücherregal und hatte die erste, die allererste Ahnung in seinem Leben, dass das alles eines Tages ihm gehören würde. Zweifellos ein großer Moment.


Und dann fragte er nach einem Wurstbrot.


Das macht der durchschnittliche Leser vermutlich übrigens nicht, wenn er gerade „Tiere essen“ gelesen hat.






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Published on July 07, 2012 23:06

Hello again

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Ich war ja schon damals beim Schlagermove, damals, als er noch durch kleine Hamburger Clubs gezogen ist und einen alle für komplett verrückt hielten, wenn man mit Prilblume auf der Wange ein paar Stationen S-Bahn gefahren ist. Damals, also 1997 oder so. Also lange bevor da etwa 500.000 Leute und mehr herumliefen, von denen die meisten die Songs nur noch aus den Erzählungen der Eltern oder gar Großeltern kennen und die größtenteils nicht einmal ansatzweise als textfest zu bezeichnen sind – und von denen nicht wenige schon angetrunken wirken, wenn sie nur eine Plastiksonnenblume aus der Ferne sehen. Ich bin ja sozusagen einer der ganz wenigen authentischen Besucher, ich bin Traditionswahrer, Ritualsänger und Überzeugungsdiscofoxer, so als Kind der Sechziger und Siebziger.


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Und es ist natürlich in einem gewissen Sinne eine bittere Erfahrung für mich, den Schlagermove heute mitzuerleben. All die Leute, die in modischer Verwirrung irgendetwas in grellen Neonfarben tragen, all die Menschen, die Jägermeister-Orange für die einzige echte Farbe der Siebziger halten, all die Menschen, die Red-Bull-Wodka mit einem Getränk der Vätergeneration verwechseln. Das ist alles sehr enttäuschend, das Ganze ist doch insgesamt verdächtig nah an den Karneval gerückt. Sturzbesoffene Massen, die grölend auf den Zug warten, taktlos schunkelnd, während von den ersten Wagen Kamelle geworfen werden, wer möchte so etwas sehen? Also außerhalb von Köln? Und wer möchte das riechen müssen, wie das Straßenbegleitgrün auf Sankt Pauli im Urin ertrinkt, wer möchte das miterleben, wie sich alle paar Meter jemand übergibt, weil Sekt bei Sonnenschein nun einmal nicht jedermanns Sache ist?

Nein, das ist alles sehr abstoßend und es gibt wirklich nur noch einen einzigen guten Grund, dort hinzugehen. Das ist allerdings fast ein zwingender Grund, der jedem unmittelbar einleuchten wird: Nämlich die stets geschmackvoll ausgewählte Musik, welche die Veranstaltung begleitet.







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Published on July 07, 2012 11:29

July 5, 2012

Nicht mein Tag

Sohn II: “Guck, ich hab Bagger auf der Unterbüx.”

Ich: „Ja, toll. Ganz toll.“

Sohn II: „Hast Du auch Bagger auf der Unterbüx?“

Ich: „Nein, habe ich nicht.“

Sohn II: „Tja. Hab ich wieder gewonnen, was?“

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Published on July 05, 2012 05:56

Maximilian Buddenbohm's Blog

Maximilian Buddenbohm
Maximilian Buddenbohm isn't a Goodreads Author (yet), but they do have a blog, so here are some recent posts imported from their feed.
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