Maximilian Buddenbohm's Blog, page 292
January 9, 2016
Zimmer mit Aussicht
Wo ich im letzten Artikel schon das Schreiben mit Aussicht erwähnt habe – ich sitze gerade auf dem Bett, das Bett ist noch ganz neu, das Schlafzimmer ist auch neu, wie bereits berichtet. Der Blick aus dem Fenster von hier aus ist es also auch. Da kann ich ja mal aufschreiben, was ich sehe. Der Blick geht von hinten über ein Hotel. Ein großes, nein, ein sehr großes weißes Gründerzeitgebäude an der Alster, es war einmal eines der Grand Hotels schlechthin, das hat sich mittlerweile wohl etwas relativiert. Von hinten ist es übrigens in aller Deutlichkeit pfui, heruntergekommene und abbruchreife Nebengebäude, das entspricht jedem nur denkbaren Klischee. Ab und zu hört man, wie große Wagen aus der Garage gefahren werden, die hier ihre Ausfahrt hat. Autos, in die dann vorne auf der lichten und pompösen Seite des Gebäudes wohlhabende Gäste einsteigen, nachdem ihnen ein Hotelangestellter wieder den Schlüssel gereicht hat. Es sind natürlich nicht irgendwelche Autos, es sind edle Limousinen und Sportwagen und SUVs. Die Angestellten, – sagt man eigentlich noch Pagen? – die diese Autos vorfahren, haben nur wenige Meter Gelegenheit, die prächtigen Motoren anzutesten, bevor sie um die Ecke biegen und die Autobesitzer sie auf der Vorderseite hören und bald auch sehen können. Also jagen sie aus der Garage und treten einmal kräftig auf das Gaspedal, es ist wirklich nur eine allzu kurze Strecke, aber die kann man ja, nicht wahr, und scheißegal, dass hier Zone 30 ist. Hier ist Zone Ich-will-auch-einmal. Es macht ein geradezu kindisch anmutendes BRUMM, wenn die Jungs, ich nehme einfach mal an, dass es Jungs sind, die ach so tollen Autos um die Ecke jagen.
Ich sehe das aber gar nicht vom Bett aus, ich höre nur ab und zu diese Autos und gucke dann arrogant und selbstgefällig, denn ich bin natürlich längst und gründlich erhaben über kindische BRUMM-Geräusche und Motoren-Neid. Das ist angenehm, so habe nämlich auch ich das Gefühl, im Leben etwas erreicht zu haben. Was ich tatsächlich sehe, das ist das Dach des Hotels und den Fahnenmast darauf. Genau genommen gibt es mehrere Fahnenmasten, ich sehe aber nur den in der Mitte. Das ist der, an dem man wechselnde Fahnen sieht, je nachdem, welcher Staatsgast da gerade residiert. Manchmal guckt man raus und denkt: ah, Frankreich. Guck an. Und wenn es ein Staatspräsident ist, der da schläft, dann stehen hier manchmal Polizeiwagen in den Nebenstraßen, in denen sich einsatzbereite Menschen ganz fürchterlich langweilen. Stundenlang.
Manchmal guckt man auch auf die Fahne und geht dann gleich wieder an den Computer, um eine Fahne zu googeln, die einem irgendwie entfernt bekannt vorkommt. Und denkt dann erst: ach guck, Ghana. Oder dergleichen. Im Moment weht da die Hamburgfahne, ich weiß gar nicht, ob die da immer weht, wenn gerade keine andere weht. Kann sein. Oder ob da gerade irgendwas stattfindet? Jedenfalls weht sie wirklich, wir haben böigen Wind, die Fahne schlägt kräftig hin und her. Wenn es ein paar Tage so gehen würde, sie wäre zerfetzt.
Der aufbrisende Wind kommt mit Anlauf über die Alster und greift hier auch nach den Dachfenstern unseres Schlafzimmers, er versucht, sie anzuheben. Ab und zu knacken und knarren sie bedrohlich, es pfeift und es heult. Die Fenster sind alt, die taugen schon lange nichts mehr, die taugen nur noch für eine hörspielmäßige Geräuschkulisse. Es ist seit Stunden schon dunkel über der Stadt, aber das große Hotel wird touristenfreundlich mit Scheinwerfern von unten angestrahlt. Die weiße Burg auf dem roten Grund der Fahne oben leuchtet daher jäh auf, wenn sich die Fahne im Wind einmal kurz streckt. Die Burg flackert dann hell im Dunkel, wobei das umgebende Rote etwas gespenstisch wirkt. Es ist so winterlich und gründlich dunkel draußen, dass das Rot noch gerade eben als Rot zu erkennen ist, es ist nur ein kleines, sehr bewegliches Rot im umfassenden Schwarz des Abends, ein eher ungewiss huschender Fleck Dunkelrot mit einer weißen Burg darin. Man könnte dieses Bild in einem Thriller verwenden, irgendeine endzeitliche Szene, diese Fahne als Rest von irgendwas, von Hamburg, von Deutschland, von was auch immer. Und dann reißt sie langsam ein.
Sie könnte übrigens auch auf Halbmast hängen, das würde ich gar nicht erkennen, weil das Ende des Mastes im Dunkeln nicht auszumachen ist. Das erforderte dann eine andere Kameraeinstellung, das wäre eigentlich auch ein netter Effekt. Je länger ich da hinsehe, desto unheimlicher sieht sie aus, diese rote, wild hin- und herschlagende Fahne im harten Schwarz des Winternachthimmels. Und desto gemütlicher wird es im Bett.
Doch, doch, es ist eine schöne Aussicht.
January 6, 2016
Woanders – Der Wirtschaftsteil
In der Brandeins geht es äußerst passend zum Jahresanfang um die Inventur und später im langen, langen Text immer mehr um die Freiheit. Da sind Schlussfolgerungen enthalten, denen man sich vielleicht nicht zwingend anschließen muss, darüber nachzudenken wird aber auch nicht schaden. Zumal auch der größer werdende Druck in Richtung nachhaltiger Wirtschaft als Gegensatz zur Freiheit empfunden werden kann, das betonen manche Medien ja bemerkenswert oft. Wohin kommt der Mensch, wenn er frei ist und frei wirtschaftet, was erschafft er und was richtet er an? (Im Text werden auch die ärmsten 10% der Bevölkerung erwähnt, dazu ganz nebenbei hier noch ein kleines Update.)
In der NZZ geht es um das Anthropozän, dessen Beginn und dessen Auswirkung.Und auch darum, die Verantwortung für den Planeten da zu lassen, wo sie angeblich hingehört – bei jedem Einzelnen. Wer, wenn nicht wir?
Laut der SZ handeln diese Einzelnen aber leider schizophren, sie fördern dauernd Entwicklungen, die sie nicht wollen, sie sind “massenhaft inkonsequent” (auch hier noch eine kleine Ergänzung zu einem Teilaspekt im Artikel, es geht um das Bargeld in Schweden, englischer Text).
In der Wirtschaftwoche Green Ecomomy findet man dagegen ein paar Zahlen, die einem in diesem Zusammenhang ganz nett vorkommen können. Und hier wird eine dieser einzelnen Verbraucherinnen interviewt.
Auch in der Zeit geht es um die Entscheidungen der Verbraucher, um ihre Macht und ihre Verantwortung: Teilen tut weh. Tut es das wirklich? Das Teilen gehört zu den allerersten Verhaltensweisen, die wir Kindern in Kindergärten beibringen, es ist hochgradig erwünscht. Warum eigentlich, wenn es doch so weh tut?
Zum Schluss wie fast immer der Link für den Freundeskreis Fahrrad. Ein Interview mit dem Bürgermeister von Kopenhagen. Besonders interessant und für deutsche Verhältnisse geradezu amüsant exotisch anmutend eine Information in einem Nebensatz: wenn es schneit, werden in Kopenhagen die Radwege zuerst gerämt. Dann erst die Straßen. Unvorstellbar.
Zwischenstand
Wir haben, wie berichtet, das Jahresende genutzt, um die Wohnung wieder einmal umzubauen und etwas zu renovieren. Diese Wohnung, der ein Zimmer fehlt, nicht aber Grundfläche, eine etwas spezielle Situation. Wir können die Wände nicht verschieben, wohl aber die Möbel, wir haben da bereits eine gewisse Erfahrung. Gefühlt hat hier jedes Möbelstück schon an jeder nur irgend denkbaren Stelle gestanden. Und wenn uns gar keine Möglichkeiten mehr einfallen, tauschen wir einfach ein paar Möbel gegen neue aus, der eine oder andere wird das aus der eigenen Wohnung kennen. Man optimiert so vor sich hin.
Wir haben das Kinderzimmer gegen das Schlafzimmer getauscht, die Kinder haben jetzt deutlich mehr Platz, wir weniger. Das ist allerdings in Ordnung, denn die Kinder spielen gerne und viel auf dem Boden, die Herzdame und ich eher nicht. Das Schlafzimmer ist jetzt so kuschelig, dass man es gar nicht mehr verlassen möchte, auch dieser Artikel entsteht im Bett, so etwas gab es hier früher nie. Was bin ich wieder wandlungsfähig! Immer flexibel und beweglich bleiben, zumindest im Kopf, das ist ganz wichtig. Körperlich gilt das allerdings nur noch mit Einschränkungen, das merken wir gerade an den neuen Hochbetten der Söhne. Sie haben jetzt jeder so ein Hochbett mit Schreibtisch und Schrank und Regal drunter, jeder hat sozusagen seine eigene Insel im Raum, wenn sie schon keine eigenen Zimmer bekommen. Was ich so schlimm übrigens nicht finde, wir hatten damals ja auch keines, wir hatten überhaupt nichts.
Sie haben also neue und ziemlich hohe Betten, wir haben erst nach dem Aufbau gemerkt, dass wir Erwachsenen da oben kaum noch in die Lager hineinkommen. Also wir kommen schon hinein, es hat aber etwas von einer Zirkusnummer. Sie wissen schon, diese Schlangenmenschen, die sich in merkwürdig kleine Behältnisse sortieren können. Und wenn wir oben sind, können wir uns nicht mehr aufrichten, ohne an die Decke zu dengeln, es ist tatsächlich etwas kompliziert. Und es erfordert etwas Vorbereitung, sich von dort wieder hinunter zu bewegen, es will dabei gründlich überlegt sein, welcher Körperteil zuerst zu bewegen ist. Seit dem ersten Absturz überlege ich das noch etwas gründlicher. Die Söhne haben diese Probleme natürlich nicht, die turnen in ihrem Raum jetzt so munter herum, als hätten wir ein perfektes Biotop für ihre Altersphase geschaffen.
Um zwei Zimmer einer Dreizimmerwohnung gegeneinander zu tauschen und sie auch noch zu streichen, muss man jedenfalls, so viel noch als Erfahrungsbericht, sämtliche Möbel aus den beiden betroffenen Zimmern in den Rest der Wohnung schieben, was dazu führt, das dort garantiert etwas umfällt, wenn sich jemand bewegt. Wir haben zwei sehr bewegliche Söhne, den Rest kann man sich denken. Es war ein wenig herausfordernd.
Die Herzdame hat sich während der Umbauphase in einen immer ausgeprägteren Inneneinrichtungsrausch gesteigert. Sie las bis spät in die Nacht Wohnmagazine, schlief mit Farbfächern in der Hand ein und sah alles in dieser Wohnung, lebendes Inventar eingeschlossen, mit einem ganz neuen und beeindruckend entschlossenen Blick an. Ich hatte am Schreibtisch dauernd Angst, dass sie mir irgendwann im Vorbeigehen eine Husse überwerfen würde, um dann resolut “So schon besser!” zu verkünden und sich dann immer weiter tatkräftig dem nächsten Stück mit Optimierungsbedarf zu widmen.
Mein Schreibtisch ist wieder einmal das letzte noch unbewegte Teil der Wohnung, ich habe ihn, immer wieder die Ballade von John Maynard murmelnd, bis zum Schluss eisern umklammert. Eventuell wandert aber auch er am Wochenende an einen neuen Platz. Dann würde ich zum ersten Mal seit acht Jahren wieder regelmäßig bei Tageslicht schreiben – was mag das für die Texte auf dieser Seite ausmachen? Wird es hier wonnig-sonnig an jedem Tag mit blauem Himmel? Oder färbt jede vorbeiziehende Wolke die Inhalte grau und betrüblich? Denke ich beim Bick auf die Kirchturmuhr vor dem Wohnzimmerfenster unentwegt über Zeit und Vergänglichkeit nach? Oder bringt mich der Spielplatz vor der Kirche eher wieder auf Familiengeschichten? Ich kann mich tatsächlich gar nicht erinnern, wie es ist mit Aussicht zu schreiben. Spannend.
Falls hier aber in den nächsten Tagen immer noch erstaunlich wenig passiert – alles okay. Ich schiebe vermutlich nur gerade wieder irgendwas durch die Wohnung statt zu schreiben. Es kann sich nur noch um Wochen handeln.
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 22. Nov 2015 um 1:24 Uhr
January 3, 2016
Woanders – Die zwanzigste Sonderausgabe Flucht und Fremdenfeindlichkeit
Europa: In der FAZ denkt man etwas gründlicher über Integration nach, über diesen Begriff, den man so leicht ohne weiteren Tiefgang verwendet. Ja, ja, integriert Euch mal, Integration ist super. Aber man kann durchaus ein paar Minuten mehr mit dem Begriff verbringen.
Europa: Eine Gegenüberstelllung von Bildern aus der Zeit direkt nach dem Zweiten Weltkrieg und von heute.
Iran: Bilder einer wasserlosen Gegend. Nicht nur die Politik vertreibt die Menschen. Solche Gegenden werden auch verlassen.
Libanon: Ein Artikel über syrische Kinder im Libanon: Gestohlene Kindheit.
Deutschland/Syrien: Lucie Marshall über ihr Weihnachtsfest. Gewiss nicht irgendeines.
Ghana/Italien/EU: Ein Text über den Zusammenhang zwischen Tomatenpreisen, Armut und Flucht und Lohnniveau.
Hamburg: Eine Geschichte über den Hass, dargestellt am Beispiel einer Rede in der Hamburger Bürgerschaft. Einer Rede mit Folgen.
Hamburg: Große Gebäude müssen nicht schlecht sein – ein Interview mit einer Stadtsoziologin, es geht um Neubauten, Integration und Chancen.
Deutschland: In der FAZ geht es um einen Leitfaden für Flüchtlinge: Nervt einfach nicht.
Europa: Bei Carta geht es um eine vergessene Minderheit, um Jenische.
Europa: Joschka Fischer (die Älteren erinnern sich) über die europäische Politik und die populistischen Parteien und die Ängste.
Europa: Migration in der Spätantike.
Und überhaupt: Nationale Identität ist ein Hirngespinst.
January 2, 2016
Sohn II mit Luftballons im Fahrstuhl
Auch schön, wenn man draußen herumläuft und ebenso lange wie erfolglos nach interessanten Bildern sucht, nur um zu Hause im Fahrstuhl festzustellen, dass das Motiv die ganze Zeit neben einem herläuft.
Esoterisch-philosophische Deutungen auf Kalenderspruchniveau bieten sich an, aber selbstverständlich unterlassen wir das, wo sollte das auch hinführen. Jeder denke sich einfach irgendwas, es wird schon passen.
December 31, 2015
The same procedure
Kein Silvester ohne dieses Bild, eh klar. Die Erinnerung an eine norddeutsch-ausgelassene Silvesterparty in einem Hamburger Vorort, es ist bereits viele, viele Jahre her. Deutlich erkennt man die sogenannte Hanseaten-Ekstase in meinem Blick. Denn man muss gerade die süddeutschen und auch rheinländischen Leser gelegentlich daran erinnern: wir hier oben, wir sind gar nicht so. Wir können auch ganz anders.
Gleicher Abend, einen Meter weiter: Die Herzdame, liebreizend wie immer.
Wir wünschen einen guten Rutsch und ein wundervolles Jahr 2016 – bewahren Sie unbedingt Haltung!
Bis nächstes Jahr. Ein Jahr, in dem – wenn alles klappt – mehr getanzt und mehr geschrieben wird. In diesem Jahr habe ich nur eine einzige Kurzgeschichte verfasst, das ist ein wenig dünn, ist es nicht? Es ist. Ich habe also gewissermaßen einen Vorsatz, das ist doch einmal etwas anderes, zu so etwas neige ich eigentlich gar nicht.
Ich werde dazu meinen oder unseren Alltag wiederum etwas umbauen müssen, das passt dann bald hoffentlich nett zur gerade komplett umgebauten Wohnung. Wobei es hier immer noch eher nach Baustelle als nach Wohnmagazin aussieht. Na, die Manuskriptseiten sehen auch noch eher nach Notizensammlung als nach Buch aus. Man schraubt so vor sich hin, hier wie da. Wie auch immer, es bleibt alles in Bewegung. Die Herzdame beginnt am ersten Werktag des Jahres einen neuen Job, Sohn II kommt im Sommer in die Schule, Sohn I schon in die dritte Klasse, Veränderungen alle paar Meter.
Und was auch immer dabei herauskommt: ich werde dann berichten.
Noch ein Dank
Weihnachtspost kam noch von Brigitte D und von der Sanddorndiva, ich danke herzlich und hoffe wirklich, ich habe niemanden vergessen. Es war und ist hier wegen Wohnungsumbau etwas chaotisch, to say the least.
Weihnachten war aber auch wegen der Leserinnengeschenke für die Söhne wieder großartig, sie wissen das beide sehr zu schätzen. Wie in jedem Jahr lagen diese Geschenke auch diesmal wieder extra, damit dieser doch sehr besondere Umstand auch von den Kindern angemessen gewürdigt werden kann, diese Gaben gehen hier also nicht im Rauschen unter.
Gelesen, vorgelesen, gesehen, gehört im Dezember
Ich habe im Dezember bemerkenswert wenig gelesen, das liegt an der Rubrik “Gesehen” und erklärt sich also weiter unten.
Alex Capus: Léon und Louise
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 2. Dez 2015 um 8:36 Uhr
Ich bin noch gar nicht allzu weit gekommen, die Fluffigkeit seines Schreibstils kann ich dennoch schon wieder preisen. Und ich meine das durchaus als Kompliment.
Kilian Kleinschmidt: Weil es um die Menschen geht
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 26. Nov 2015 um 3:48 Uhr
Da gab es neulich ein viel beachtetes Interview mit Kilian Kleinschmidt, dem ehemaligen Leiter eines gigantischen Flüchtlingscamps. Ich habe mir daraufhin auch sein Buch besorgt und durchgelesen. Er erzählt darin von seinem Leben als Katastrophenhelfer im Auftrag der UNO, weiß Gott kein gewöhnlicher Karriereweg. Nur Chuck Norrris und Kilian Kleinschmidt konnten diesen Weg genau so gehen, wie er nicht müde wird zu betonen, wenn auch ganz ohne Erwähnung des Schauspielers. Von der kaum zu überlesenden Machohaftigkeit abgesehen (die im Buch allerdings auch erklärt wird, so unreflektiert ist es nun auch wieder nicht), gibt es interessante Hintergründe zu den Themen Flucht, Verfolgung, Krieg und Nothilfe, es handelt sich natürlich um Erfahrungen, die man sich als gewöhnlicher Schreibtischmensch kaum vorstellen kann. Es sind viele Absätze enthalten, die wirklich erhellend sind, und die man sicher auch mit Gewinn lesen wird, wenn man in irgendeiner Form hier mit Geflüchteten zu tun hat.
Vorgelesen
Was im Dezember vorgelesen wurde, kam schon in den Weihnachtsmedien vor. Die waren zwar nicht ganz vollständig, aber was fehlte, wird einfach im nächsten Jahr im Dezember ergänzt, das ist ja auch quasi gleich. Bis dahin aber Pause von Weihnachten. Was gab es noch?
Tjibbe Veldkamp & Kees de Boer (Illustrationen): Bert und Bart retten die Welt – aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf
Ein von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) gepostetes Foto am 25. Dez 2015 um 10:03 Uhr
Ein großartiges Buch. Über zwei Jungs, die der Mutter nicht lieb genug sind, was man aber verstehen muss, da sie gerade vor größeren Aufgaben stehen, immerhin ist die Welt mit Schusswaffen vor einer Alieninvasion zu retten. Was die Mutter selbstredend nicht recht versteht, sie ist zu erwachsen und auch zu lieb, sie ist sogar so lieb, dass sie Schmetterlinge als Haustiere hält, es ist kaum auszuhalten. Es gibt sehr amüsante Ideen im Buch, die man als Elternteil ganz hervorragend klauen kann. Der Gedanke etwa, dass nicht ausreichend liebe Jungs zum Beweis ihrer freundlichen Gesinnung Bäume umarmen und knuddeln müssen, bevor sie wieder ihre Waffen zum Spielen bekommen – die Söhne kriegen sich vor Gruseln gar nicht wieder ein. Auch die Variante, dass nicht zureichend liebe Kinder zur inneren Befriedung unbedingt Elfenbilder malen müsen – ganz großartig. Im Buch malt einer der Jungs dann ein Meisterwerk mit dem Titel “Die Rache der Zombie-Elfen”, darüber lachen die Söhne immer noch. Wir empfehlen das Buch also wirklich einigermaßen dringend. Wobei ich beim Vorlesen Bert und Bart gegen die Vornamen der Söhne eingetauscht und aus der Mutter die Herzdame gemacht habe, das hat zum Spaß natürlich erheblich beigetragen.
Gesehen
Downton Abbey
Selten genug, dass ich eine Serie sehe, hier bin ich immerhin schon bei der zweiten Staffel. Die rauschend positiven Kritiken kann ich zwar nicht ganz nachvollziehen, ich finde die Story doch eher auf Groschenromanninveau, besonders wenn es um die ach so intrigante Dienerschaft geht, meine Güte. Aber ich bin sehr begeisterter Ausstattungsgucker, ich mag die Möbel und die Mode und die Autos, das ist alles ganz hinreißend. Hinreißend ist auch Michelle Dockery als Lady Mary und wunderbar sind etliche andere Hauptfiguren, etwa die umwerfende Großmutter oder der Butler. Wie überhaupt alle seltsam gut spielen, nach ein paar Folgen wundert man sich – da muss doch mal einer etwas abfallen, vergleichsweise gekünstelt wirken, weniger überzeugen? Aber das zieht sich tatsächlich durch, ich finde die Serie bis in die kleinste Nebenrolle hervorragend besetzt. Und es sind noch etliche Folgen übrig, wie nett. Das könnte sich allerdings negativ auf den Buchkonsum im Januar auswirken. Schlimm.
Hotel Transsilvanien Teil 2
Schon im November im Kino gesehen. Teil I kannten wir nicht, das machte aber nichts. Ein sehr schneller Film, mir sind diese modernen Kinderfilme alle zu schnell, aber das fällt natürlich unter Krückstockgefuchtel, das ist egal, ich bin ja nicht die Zielgruppe. Die Tochter von Graf Dracula heiratet einen Menschen und bekommt einen Sohn, von dem man nicht recht weiß, ob er ein Vampir oder doch leider nur ein Mensch ist. Der Großvater hofft selbstredend auf Vampirnachwuchs, aber die Zähne sehen nicht richtig aus und fliegen kann das Kind auch nicht …
Sohn I: “Ich fand den Film genial. Zu gruselig war er auch nicht, das ist ja alles nur gezeichnet. Für Kinder ab sechs Jahren müsste das schon gehen. Der Film ist mehr lustig als gruselig.”
Sohn II: “Ich fand den Film prima. Und ich möchte mich bei meinen Eltern bedanken, dass sie uns ins Kino eingeladen haben und dass es Popcorn gab.” [Die Söhne spielen zur Zeit gelegentlich ausgesucht höfliches Verhalten, das Spiel hat faszinierende Folgen.]
SOS – Ein spannender Sommer
Noch ein Kinderfilm, den haben wir auf DVD gesehen, der Film ist schon etwas älter. Etwas mehr zum Film gibt es hier. Das ist ein sich angenehm langsam entwickelnder Krimi, der Film eignet sich gut auch für kleinere Kinder, die das Genre Krimi noch nicht kennen. Auch die Spannung passt schon für Kleinere. Sehr beeindruckend dürfte für deutsche Helikoptereltern die Freiheit der Kinder in den norwegischen Fjorden sein, die Söhne hier waren davon jedenfalls sehr angetan: “Die fahren da den ganzen Tag mit dem Boot herum! Alleine! Irgendwohin!”
Gehört
Ich habe im Dezember dauernd Sachen gehört, zu denen es leider keine schicken Videos auf Youtube gibt, das ist auch schlimm. Hier immerhin die Resterampe:
Gisbert zu Knyphausen: Kräne
Den Herrn haben wir bei dem Release-Konzert zu “Unter meinem Bett” (Sohn I schrieb hier über die CD) live gesehen, dann habe ich hinterher noch etwas weiter seine Sachen gehört und die Kräne ziemlich schön gefunden.
Und daraufhin liefen hier wieder ein paar mehr deutschsprachige Titel, und wenn so etwas läuft, dann will immer jemand “Rosalinde” hören. Weil die ganze Familie da den Text kann, weil wir das völlig enthemmt alle mitsingen.Warum auch immer, das weiß gar keiner mehr so ganz genau. Es war auf jeden Fall einmal das Lieblingsstück von Sohn II und lief deswegen tagelang immer wieder und wieder. Wie auch immer, das ist hier seit Jahren im Standardrepertoire.
Johannes und Eckart Strate: Rosalinde
“The Notting Hillbillies”: Your own sweet ways
Von der Gruppe hatte ich bis vor kurzer Zeit noch nie gehört, da spielt allerdings ein gewisser Mark Knopfler eine Rolle, der Name kommt einem doch irgendwie bekannt vor. Ein schönes Winterlied. Also musikalisch, auf den Text habe ich noch gar nicht geachtet. Man kommt ja zu nix.
Sarah Vaughan: Misty
Das ist schön, dass sie hier vor dem Song etwas spricht, denn dann merkt man noch einmal dieses Whow, das man unweigerlich denkt, wenn sie die erste Zeile singt.
Fiona Apple: Why try to change me now
Das Stück ist gar nicht speziell für sie geschrieben worden. Erstaunlich.
Ana Moura: A case of you
Von Zeit zu Zeit höre ich Fado gern – wobei das hier kein Fado ist. Aber doch unverkennbar eine Fado-Sängerin. Das Lied ist übrigens von Joni Mitchell.
Das kann man natürlich mit dem Original vergleichen:
Oder man vergleicht mit Diana Krall. Youtube ist super, aber das sagte ich womöglich schon einmal irgendwann.
December 29, 2015
Elektrospielzeug – Ferdinand Lutz: Q-R-T Der neue Nachbar
(Ein Text von Jojo Buddenbohm, acht Jahre alt. Das Buch wurde uns vom Zeichner & Verfasser zugeschickt.)
Ein Buch ist eigentlich kein Elektrospielzeug und passt nicht zu meinem Kolumnentitel, aber ich glaube, über Bücher möchte ich auch ab und zu schreiben. Außerdem kommt Elektrospielzeug im Buch vor.
Q-R-T ist ein Comic, ein sehr lustiger. Es geht um einen Außerirdischen, der die Erde erforscht. Er ist ein Kind, er kommt von einem Planeten mit Namen Rzzz, auf dem man immer Kind bleibt. Er heißt Q-R-T, die Menschen nennen ihn aber Kurt. Auf der Erde beobachtet er die Menschen. Er macht das von einer ganz normalen Wohnung aus, die ihm ein anderer Außerirdischer überlassen hat, der hier auch geforscht hat und dann zu seinem Heimatplaneten zurückgereist ist. Das ist alles gut gezeichnet und ich konnte die Geschichte auch gut lesen. Q-R-T hat ein Haustier, das aussieht wie in Flummi, es ist ein Gestaltwandler und kann sein Aussehen beliebig ändern. Aber es kann nicht reden.
Es gibt einen Mann, der Aliens erwischen möchte, der wohnt in der Wohnung nebenan. Und es gibt auch ein kleines Mädchen, das Q-R-T helfen möchte, das versteht er aber nicht. Das Buch ist ziemlich dick, aber man schafft es doch schnell. Computerspiele spielen eine wichtige Rolle im Buch, das finde ich super. Q-R-T spielt die ganze Nacht, das würde ich auch gerne einmal machen.
Ich glaube, das Buch ist für Kinder ab etwa sechs oder sieben Jahren, man kann es ab dem ersten Schuljahr auch gut selbst lesen. Ich fand das Buch toll.
December 24, 2015
Frohe Weihnachten!
Das Artikelbild kann in diesem Jahr natürlich gar nichts anderes zeigen als den bewusst weihnachtsrot gewählten Gips von Sohn II, der hier eindrucksvoll vorführt, dass man sich in jedem Zustand irgendwie sinnvoll einbringen kann.
Machen Sie es sich schön, seien Sie nett zueinander und zum Rest der Welt!
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