Maximilian Buddenbohm's Blog, page 35

September 13, 2024

Ich werde älter, ich werde jünger

Ein Tipp für Instagram in Verbindung mit Hamburg: Ulrike Schimming besucht nach und nach alle (über hundert) Hamburger Stadtteile und dokumentiert ihre Touren jeweils mit kurzem Text und einigen Fotos. Hier etwa beispielhaft und zuletzt besucht Altengamme. Kann man was lernen, kann man was gucken, kann man sich Ausflugsziele vornehmen. In etwa 20 der Stadtteile war ich noch nie. Ich stelle es gerade beim Sichten der Liste fest, darunter auch der Klassiker fürs Nichtdagewesensein, die Insel Neuwerk. Die ist allerdings auch mehr als einen Nachmittagsspaziergang entfernt.

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Weiter mit dem Bericht aus Angeln. Es gibt erwartbare Standarddialoge bei Paaren, die gemeinsam durch die Jahre heranreifen. Etwa die morgendlichen Gespräche über Nächte in Hotels oder Ferienwohnungen, wenn man sich zu früher Stunde stöhnend darüber austauscht, wie man in den ungewohnten Betten geschlafen hat. Das knurrende Abwinken, die hochgezogenen Brauen, der Griff zu den Lendenwirbeln oder wo immer es morgens schmerzt.

Die leere Außenterrasse eines Restaurants am Strand von Steinberghaff

Und dann erwähnt der eine oder die andere, dass der Schlaf schlecht war. Weil die Matratze zu weich oder zu hart, zu durchgelegen oder sonst etwas war, weil das Bett gequietscht hat oder das geöffnete Fenster zu nah dran am Bett oder aber zu weit weg davon war. Oder weil es ein nicht zu erkennendes Geräusch in der Nacht gab oder eine Eule im Wald rief und der Stier auf der nahen Weide herumbrüllte. Weil dann auch noch der verdammte Hahn morgens um fünf krähte und ein Lieferwagen kam, was einem alles einfallen kann. Jedenfalls aber: Nein, leider nicht so gut geschlafen.

Die schlichte Wahrheit ist allerdings, dass man sich die Aufzählung der Argumente und Umstände auch sparen könnte. Die Wahrheit ist, dass man schlecht schläft, weil das Bett ein anderes Bett ist. Man schläft schlecht, weil man die Zeiten längst hinter sich gelassen hat, in denen man bei Eintritt von Müdigkeit überall selig schlafen konnte, Hauptsache man war irgendwie horizontal ausgerichtet. Das können die Söhne, das können wir nicht mehr.

Der Strand von Steinberghaff im Morgenlicht

Die Rückkehr nach Hause wird einem nach jedem Urlaub immer mehr schon durch die bloße Aussicht auf das eigene Bett versüßt. Ein vorausgreifendes Wohlgefühl spürt man beim Gedanken an die richtigen Kissen und die einzig zum abendlichen Lesen passende Nachttischbeleuchtung, mit der man nicht kämpfen muss. Was man wieder als eindeutigen Vorteil sehen kann, denn Zufriedenheit im Alltag wird bei manchen Aspekten mit jedem Jahr leichter erreichbar. Es ist nicht alles schlecht am Altern, ein paar Stücke vom Glück liegen deutlich näher um einen herum als in der Jugend.

Ein still liegender Katamaran auf der Ostsee vor Steinberghaff

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Ich bin ansonsten aber in den Cafés in Angeln, beim Hotelfrühstück und auch am Strand über weite Strecken das, was ich sonst nur noch ziemlich selten bin: Ich bin mit Abstand der jüngste Mann weit und breit. Alle um mich herum sind mir zehn, zwanzig Jahre und mehr voraus. Sie sind deutlich eine andere Boomer-Charge als ich oder etwas, das noch deutlich davor war. Die Silent Generation ist dann wohl der Fachbegriff, das musste ich kurz nachsehen. Oder dreht man es um, Generation Silent? Es scheint beides vorzukommen. Wie auch immer, Geburtsjahr 1928 bis 1945 jedenfalls, meine, vermutlich in vielen Fällen unsere Eltern.

Verblühende Kletterrosen in Rosa

In Hamburg muss ich erst ins Ohnsorg-Theater gehen, um eine derartige Jungbrunnerfahrung zu machen. Hier oben im ländlichen Norden fällt sie mir überall zu. Und das ist auch einmal nett, fast möchte ich ein wenig hüpfen beim Gehen. Es ist eine spürbar belebende Erfahrung, der Jüngste zu sein, vielleicht geht es noch Neunzigjährigen unter Hundertjährigen so.

Mir ist ein wenig zumute wie Alice im Wunderland. Die wurde in schneller Folge größer oder kleiner, der Buddenbohm im Angelland wird binnen Stunden älter oder jünger. Je nach gerade beachtetem Umstand.

Am Ende ist es bei der komplexen Frage, wie alt man sich fühlt, so wie bei der Bruchrechnung, man kann einige Gefühle einfach herauskürzen. Und das, was nach dieser Operation noch übrigbleibt, das ist man selbst als kleinster gemeinsamer Nenner seiner variablen Zustände.

Das vielleicht mal ermitteln.

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Published on September 13, 2024 21:37

September 12, 2024

Über der Schlei der Vogelzug

Über der Schlei der Vogelzug, die fortziehenden Flattermigranten. Die hauen jetzt alle ab, bevor die Grenzen wieder geschlossen werden. So wirkt der wirre Wahnsinn der Tagespolitik selbst dann noch auf die Gedanken, wenn man sich in den letzten Winkel des Landes zurückzieht und kaum noch Nachrichten liest. Man entkommt dem nicht ganz, man hat es immer weiter alles im Sinn, zumindest am Rande.

Unwirklich schöne Bilder sehen wir jedenfalls in Angeln. Strebsam ziehende Gänse und andere Vögel über den sturmgetriebenen Wassern am Tag der Anreise, dekorativ komponiert wie auf Fototapeten und Postern. Dabei ist es umgekehrt, und die Tapeten, Poster und Postkarten richten sich nach eben solchen Bildern hier draußen, etliche Vorlagen könnte ich heute aufnehmen.

Das Nach- oder Nebensaisonale steht der Gegend hier ausgesprochen gut. Die weite, sanft hügelige Leere in Angeln, die schon etwas hinfällige, septembrige Müdigkeit im Grün der Wäldchen und Hecken. Die am Wegesrand schwarz und krumpelig werdenden Brombeeren, die wegknickenden Stockrosen an den Gartenzäunen, die Blüten im Wegsinken noch weit offen. Überhaupt die Stauden aller Art mit den letzten Blüten, etliche aber auch schon schmucklos, starr und in Tarnfarben. Darüber das Bojenrot der Hagebutten und der üppig angerichteten Vogelbeeren. Die Reste vom Fest des großen Sommers.

Schwalben fliegen noch kleinteilig kurvend darüber hin. Aber es wird nur noch um wenige verbleibende Tage gehen, es sind ihre Abschlussrunden, dann ziehen auch sie.

Etwas in dieser Stimmung, etwas im graublauen Licht des aufklarenden nächsten Morgens und in der Ausstrahlung der alten Dörfer und der Reetdachhäuser passt seltsam gut zum zwischendurch gelesenen Uwe Johnson. Obwohl der nicht reich an Naturbeschreibungen ist, aber einige Zeilen zwischendurch treffen für mich doch etwas. Wie auch das eingestreute Plattdeutsch, selbst wenn seine Version von einem anderen Ostseestrand kommt, aus einer östlicheren Richtung.

Das aufgeschlagene Buch

Es fühlt sich passend an. Und es ist nur schade, dass ich nicht mehr Zeit habe, dem etwas nachzuspüren. Dieses vage Gefühl, ich käme, wenn ich nur etwas länger unter dem großen Birnbaum stünde, unter dessen Ästen es längst fruchtig gärt und herbstlich modert, noch auf etwas.  Auf etwas Wichtiges, Vergessenes oder zumindest auf bisher Unerkanntes. Auf irgendeinen Zusammenhang, der, wer weiß, in diesem Leben noch herzustellen ist. Aber zu greifen ist es doch nicht. Vielleicht noch nicht, und da fängt es auch wieder an zu regnen, ich gehe weiter und ins Trockene. Unklar, dies alles, was auch immer da innerlich wölkt und wabert. Urlaube bringen die Alltagsgedanken durcheinander und stellen vor neue, andere Rätsel.

Vollkommen klar ist dagegen der Blick über die Ostsee beim ersten Strandspaziergang nach dem Frühstück im Hotel. Detailreich die ruhig liegenden Segelboote, gestochen scharf die Möwen im freien Flug nach Dänemark. Eine Luft, eine Fernsicht, als hätte man die Schärfe in der Foto-App ein wenig höher als sonst geregelt.

Ruhende Segelboote auf der morgendlichen Ostsee

Langsam und allein am Strand entlanggehen, über braunen Tang und herbstfarbenen Sand. Dabei ein Gefühl aus der Vergangenheit in den Beinen, ein fernvertrautes Gehen. Längst und vollkommen zu Recht verblasste Erinnerungen fallen mir ein, aber auch wie beruhigend das immer war, Strecke zu machen am Meer entlang. Dieses besondere Küstenlicht des Vormittags, diese umarmende Ruhe abseits der touristisch interessanten Zeiten. Als Erwachsener weiß ich die Abwesenheit von Trubel und Unruhe eher zu würdigen als damals, wie es zu erwarten war.

Ein Gestänge mit aufgehängten, leeren Schaukelbänken auf einem Steg an der Ostsee

Eine tief schweigende Szenerie um mich herum. Nur mit dem leisen Schwappen der kleinen Wellen darin. Die heute in der Windstille am Tag nach dem Sturm niemanden mehr belästigen wollen, die nur äußerst unverbindlich an diesen Strand rollen und in aller Zurückhaltung flüsternd auf den Kieseln vergehen.

Wie die eigenen Gedanken, die nicht weit genug kommen.

Ein leerer Steg an der Ostsee, Steinberghaff

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Published on September 12, 2024 20:57

September 11, 2024

Mit Hui durchs Gekachelte

Andere schaffen es noch, über alles nachzudenken, ohne vor Widerwillen zwischendurch abzubrechen, Respekt: Giardino über hierarchische Weltbilder

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Auf dem Weg zum Hotel an der Ostsee halten wir in Arnis, bzw. vor Arnis. In diese winzige Stadt kann man nicht fahren, sie ist zu überschaubar für die Autos der Gäste. Eine Handvoll SUVs und dort würde schon nichts mehr gehen oder fahren. Die kleinste Stadt Deutschlands, ich wollte sie doch einmal gesehen haben, seit Jahren schon, nachdem ich oft davon gelesen hatte. Die größte Stadt, die kleinste Stadt, ein paar Superlative doch einsammeln im Laufe des Lebens. Die nördlichste Stadt fehlt mir auch noch, merke ich gerade, das ist Glücksburg, das habe ich merkwürdigerweise immer verpasst. Die südlichste Stadt fehlt eh, das ist Sonthofen, von westlich und östlich zu schweigen.

Ruhig ist es da, in Arnis, sehr ruhig. Es ist ausgesprochen sonntäglich in der Ausstrahlung, wenn nicht feiertäglich und außerdem nachsaisonal, an einem Dienstag Anfang September. Eine etwas unwirkliche, kulissenhafte Stimmung herrscht dort, wenn man sonst die Mitte der Großstadt gewohnt ist, das stete Tosen, Brausen und Wimmeln. Ein schöner Spaziergang führt um die Stadt herum, am heute unruhigen Wasser der Schlei entlang. Durch heftigen, rempelnden Wind gehen wir, bzw. gegen diesen Wind an, und uns wird dabei tatsächlich und ernsthaft herbstkalt. Da ist es also, dieses so gründlich vergessene Gefühl. Uns wird dann schnell bewusst, was wir alles doch nicht eingepackt haben, etwa Mützen und Schals.

Die Schlei an der Werft auf Arnis, unruhiges Wasser, bedeckter Himmel, graue Stimmung

Ein rabiater, heftiger Wechsel ist das, von den fast dreißig Grad am Sonntag in Hamburg zu diesen sechzehn Grad am Dienstag an der Küste. Ein Herbsteintritt wie mit dem Vorschlaghammer in unseren Kalender geprügelt.

Eine verlassene Rutsche für Kinder am Strand von Arnis, ziemlich verloren aussehend

In der Nähe von Arnis gehen wir in ein Café mit traditionell unfreundlicher Bedienung, das korrekte Wort ist wohl pampig. Für mich sind es Kindheitserinnerungen, so ist man im Service an der Ostsee gerne einmal. Zumindest an der in Schleswig-Holstein, für die ich es aus reicher Erfahrung beurteilen kann. Irgendeine Art von ruppigem Charme kann ich dabei nicht ausmachen, ich finde diese Art eher anstrengend. Aber es wirkt natürlich und echt, könnte man anfügen, fast entschuldigend. Aber nur fast.

Und weil die schärfsten Kritiker der Elche bekanntlich früher selbst welche waren, beeile ich mich, eine an dieser Stelle unvermeidliche Selbstbezichtigung hinzuzufügen. Denn auch ich komme von der Ostsee, wie sattsam anderweitig beschrieben, und kann daher keineswegs ausschließen, selbst so zu sein. Im Gegenteil, es ist wahrscheinlich so. Lieber also nicht in Cafés oder überhaupt im Tourismus arbeiten, das vielleicht daraus ableiten.

Eine Standardsituation in deutschen Cafés wird jedenfalls für uns aufgeführt: Es gibt Kuchen in einer Vitrine. Es ist für die Gäste nicht genau zu erkennen, was für Sorten wohl auf den Tellern stehen und es sind auch keine hilfreichen Schildchen dabei. Also fragt man das Personal – und das Personal rollt schwer genervt die Augen, also wirklich, diese Gäste, was für sensationell blöde Fragen die heute wieder stellen. Sollen sie doch irgendwas bestellen, Kuchen ist Kuchen. Meine Güte, was ist mit den Leuten.

Kurz zwischendurch die ferne Erinnerung an eine Bedienung im mecklenburgischen Zarrentin, die vor vielen, vielen Jahren, als wir in einem Café dort fragten, welchen Kuchen es gebe, die vermutlich in diesem Zusammenhang treffendste Antwort gab, schnippisch wie nur denkbar: „Das sehen Sie ja dann.“ Drehte ab und brachte zwei Teller. Es gab nur eine Sorte Kuchen, und ja, wir sahen es dann.

Die junge Frau, die bei uns am Tisch heute die Augen tatsächlich so rollt, dass es wie in einem alten amerikanischen Cartoon aussieht, fragt irgendwann ihren gutmütigen und ob ihrer Art sichtlich etwas verzweifelten Chef zischend hinter dem Tresen, wir hören es nur zufällig: „Was soll ich denn noch alles machen!?“ Und in dieser Frage erkennt man die Haltung gut beschrieben, denke ich mir, erkennt man auch die Erklärung. Der Alltag als bloße Zumutung, und es ist nun nicht so, dass ich oder wir es gar nicht nachvollziehen könnten.

Auf der Toilette des Cafés dann aber etwas ausgesprochen versöhnend norddeutsch Nettes, ein maritimes Pinkeln gewissermaßen. Denn in den Räumen sind zwei gegenüberliegende Fenster weit geöffnet und es zieht dort nicht etwa nur, nein, es stürmt einfach quer durch. Draußen tobt der Wind mit Stärke sieben oder acht, wenn nicht mehr, und mit ordentlich Hui pfeift es ungebremst um mich herum durchs Gekachelte, dass es mir den Seifenschaum am Waschbecken flockig von den Händen treibt und im Raum verweht. Ich mag das sehr, es fühlt sich ausgesprochen heimatlich an.

Gellende Möwenschreie in den durchjagenden Böen, während man die Kleidung vor dem Heraustreten wieder richtet, ach ja. Es ist ein mir so vertrautes Szenario, und die frühherbstlichen Strandtage meines früheren Lebens ziehen kurz an mir vorbei.

Wir fahren dann weiter zum Hotel, von dem ich hoffe, es gut ausgesucht zu haben. Die Optik stimmt schon einmal.

Ein Fachwerkhaus unter alten Bäumen

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Published on September 11, 2024 21:57

September 10, 2024

Kühle, Wind und Wetter

Ein Sohn ist also auf Klassenfahrt, wie gestern angerissen, das ist eine gute Gelegenheit für Eltern, sich einfach davonzumachen, den Pflichten des durchgetakteten Familien- und Berufsalltags zwischendurch zu entkommen. Das gilt sogar noch für Teenager-Eltern, haben wir uns gedacht, und es ist auch ein alter Brauch bei uns. Die Herzdame und ich haben also drei Tage Urlaub eingeplant, mittendrin im Alltag und außerhalb der Saison. Wir verdrücken uns für einige Tage an die Ostsee.

Wenn Sie sich die Landkarte von Deutschland bitte eben vorstellen, da oben, wo man Dänemark schon sehen und hören kann, wo man gerade Grenzen unbegreiflicherweise wieder dicht machen will, wo einem nicht mehr viele Städte einfallen und man den genauen Küstenverlauf vermutlich nicht mal eben aus dem Gedächtnis nachzeichnen könnte, denn es gibt da so Schlenker, dort fahren wir hin. Denn da kennen wir beide eher wenig, in der Gegend da, in Angeln, an der Schlei, zwischen Kappeln und Flensburg. So in etwa. Wenn Sie öfter in Blogs lesen, kennen Sie da einiges sicher von der Frischen Brise, sie ist da öfter und macht sehr schicke Fotos.

Der Wetterbericht wirft Kühle, Wind und Wetter aller Art für die nächsten Tage aus, etliches davon, viel Regen wird auch dabei sein. Mir ist das alles recht und angenehm, ich finde das erholsam nach den letzten Wochen mit der deutlichen Überdosis Sommer. Wind und Regen am Meer klingen für mich im Moment eher nach Rettung, keinesfalls aber nach Herausforderung.

Schwierig, ungewöhnlich schwierig ist für mich nur das Packen, und der Herzdame geht es ähnlich. Denn nach wie vor fehlt uns jede Vorstellung vom Frieren, vom Frösteln, von kalten Füßen, von textilkuscheliger Gemütlichkeit etc. Als habe unser Körpergedächtnis alle Herbste und Winter der letzten Jahre gelöscht. Wie war das denn bloß noch? Ich habe tatsächlich etwas Mühe, mir die richtige Herbstgarderobe vorzustellen. Monatelang habe ich keinen Pullover mehr angehabt, dermaßen gründlich raus war ich aus warmer Kleidung selten im Leben.

Aber egal, wir fahren mit dem Auto, da oben fahren eh keine Züge hin, wo wir hinwollen. Einfach alles in den Kofferraum hineinwerfen, was irgend in Betracht kommt. Das gilt dann auch für die Lektüre, einfach den Bestand auf einem Regalbrett komplett mitnehmen.

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Nicole Seiferts Buch habe ich nun durchgelesen. Ich bin sehr zufrieden damit, eine dicke Empfehlung ist das, Sie wollen das auch lesen. Und bestimmt ist es auch gut für Literaturinteressierte zu Weihnachten. Jetzt an Schenken denken!

In meiner Antiquariatszeit, die mittlerweile etwa hundertfünfzig Jahre her sein muss, haben wir früh im Herbst ein altes Poster ins Schaufenster gehängt. Ein gemalter Weihnachtsmann mit streng erhobenem Zeigefinger und eben diesem Satz war darauf, jetzt ans Schenken denken. Rituale aus der Vergangenheit.

Aus dem Laden heraus haben wir dann beobachtet, wie die Leute stehenblieben, die Zeile lasen und lachten. Und weitergingen.

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Die bisher verfügbaren Klemperer-Folgen hatte ich gerade sämtlich durchgehört, da wurden schon frische Folgen nachgelegt, es war just in time und wie bestellt von mir. In den neuen Episoden geht es um seinen letzten Lebensabschnitt in der DDR.

Ungemein bedrückend sind die gehörten Auszüge quer durch die Systeme, Zeiten und Staaten, wirklich schrecklich. Aber angemessen und richtig ist es doch, sich das alles noch einmal bewusst zu machen. So ist sie eben, unsere Geschichte, die unseres Landes und auch die unserer Familien. Kurz dann auch über die Bezüge meiner Sippe zur Geschichte nachgedacht. Aber nur einen Moment, man ist sonst schlagartig in Familienromandimensionen. Wer kennt es nicht, und wer hat schon die Zeit für so etwas.

Zumindest für mein Gefühl war das Hörerlebnis jedenfalls passend zur aktuellen Entwicklung. Und im öffentlichen Bücherschrank sehe ich auf meiner Morgenrunde eine alte Fischer-Taschenbuch-Ausgabe der Mutmaßungen über Jakob vom Johnson, gut abgegriffen und mit emsigen Kugelschreiberanmerkungen der altklugen Art. Das Buch passt hervorragend hinter Klemperers letzte Jahre, ich werde also an der Ostsee, auch das passt, noch einmal hineinsehen. „Aber Jakob ist immer quer über die Gleise gegangen“, es ist immer noch mein Lieblingsanfangssatz, nennenswert besser als „Ilsebill salzte nach.“

Ich lese das nach, das mit dem schönsten ersten Satz und dem Wettbewerb damals. Auf Platz zwei nach Grass war Kafka mit Gregor Samsa, das können wir alle auswendig, auf Platz drei war Siegfried Lenz: „Hamilkar Schaß, mein Großvater, ein Herrchen von, sagen wir mal, einundsiebzig Jahren, hatte sich gerade das Lesen beigebracht, als die Sache losging.“

Das ist aus der Geschichtensammlung „So zärtlich war Suleyken“, und jetzt raten Sie mal, was gleich neben dem Johnson im öffentlichen Bücherschrank stand.

„Hex, hex“, sagte der Autor kichernd.

Blick über Barkasssen am Anleger an den Landungsbrücken

 

Blick on oben aus einem Fenster heraus auf eine Fußgängerbrücke über den Alsterfleet, Höhe Buceriurs-Forum

Blick über Boote der weißen Flotte am Anleger Jungfernstieg

Ich muss in den nächsten Tagen dringend all die Sommerbilder verbraten, bevor sie saisonal vollkommen falsch aussehen.

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Published on September 10, 2024 22:02

September 9, 2024

Fallobst, Kastanien, Weinlaub

Vorweg ein herzlicher Dank für die freundliche Zusendung eines E-Gitarren-Lehrbuchs für Sohn I und für zwei Bände Alice Munro für mich. Der Herbstlektürestapel wächst und wächst, schon in den Oktober, wenn nicht in den November. Sehr schön ist das!

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Ein weiteres Update zum Overtourism: Rom erwägt Eintrittsgebühr für den Trevi-Brunnen.

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Die Kaltmamsell zitiert Nils Minkmar. Sie war diesmal schneller als ich, ich hätte das auch vorgesehen, und ähnlich in der Auswahl. Aber man beachte bitte bei ihr auch den Verweis zum Grabstein von Ströbele.

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Am Sonntag haben wir einen Sohn zur Klassenfahrt ins Ausland verabschiedet. Wir standen mit den anderen Eltern und Schülerinnen des Jahrgangs auf dem Schulhof und warteten auf die Reisebusse, die dann lange, lange nicht kamen. Nach alter Tradition geht am Tag der Cyclassics, des großen Hamburger Radrennens, nichts mehr in der Stadt. Der Verkehr wird mehr als kompliziert, die Umleitungen absurd. Wir standen da also ungeplant über eine Stunde und merkten in etwa alle gleichzeitig, womit im Sommerendspurt dieses Wochenendes schon keiner mehr gerechnet hatte – dass wir nämlich sämtlich in den allerletzten Stunden der ausklingenden Hitzeperiode in akute Sonnenbrandgefahr gerieten.

Sich monatelang vor der Strahlung verstecken wie ein Grottenolm, nur um am letzten Tag der Phase noch draußen knusprig geröstet zu werden. Es ist doch alles nur als eher schwarzer Humor der Göttinnen zu verstehen.

Und dann so eine gemeinschaftliche Bewegung der ganzen Gruppe in den schmalen Schattenstreifen unter den paar Bäumen hinein. Wie choreografiert sah es aus. Wieder ein Moment, in dem besonders gut zu beobachten war, wie gleich und synchron wir alle oft ticken, wie getaktet wir sind. Wir Herdentiere, wir Schwarmvögel.

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Kalendarisch programmgemäß habe ich beim morgendlichen Spaziergang durchs Revier urbanes Fallobst und auch die erste Kastanie gefunden. Ich habe diese Kastanie dann aber nicht mitgenommen, wie es doch Tradition ist. Denn es lag weit und breit nur eine einzige davon herum und ich dachte, irgendein Kind wird sie gewiss dringender brauchen. Und sich hoffentlich mehr darüber freuen.

Wenn das denn noch stimmt. Am Ende geht man bei solchen Themen von der eigenen Kindheit und der der eigenen Kinder aus und liegt längst falsch. Es hat sich alles weiterentwickelt und wer weiß wohin. Am Ende interessieren Kastanien seit Jahren keine Sau und keine Kinder mehr. Aber mich doch noch für ein Foto, denke ich widerständig, das immerhin, und damit nehme ich sie in gewisser Weise doch mit.

Und es war ohnehin, das ist auch richtig, noch kein Übergangsjackentag, und erst ab diesen Tagen hat man genug Taschen an den Klamotten, um Herbstfundstücke aller Art mit sich herumzuschleppen.

Auf dem Kirchhof der Wein an der Ziegelwand, er wird programmgemäß und dekorativ wie immer rot, es geht nun alles recht schnell, nehme ich an. Der Herbst wird etwas aufholen.

Ein gammelnder Apfel auf einem Mauervorsprung

Eine erste Kastanie vor einem nicht dazugehörigen welken Blatt

Rot werdendes Weinlaub an ziegelroter Kirchenmauer

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Gehört: Niederungen, eine Auswahl aus dem ersten Erzählband von Herta Müller, gelesen u.a. von ihr. Wiederum keine erheiternde Lektüre, was soll ich sagen. Es ist auch Herbst in meinen Themen, so kommt es mir vor.

Außerdem habe ich Sendungen über Bruckner gehört. Es waren gerade mehrere im Angebot, etwa hier das Kalenderblatt, zu seinem Geburtstag vor hundert Jahren. Ich glaube, die Symphonien merke ich mir für den weiteren Verlauf der Dunkelsaison einmal vor, ich habe da eine größere Bildungslücke. Und schon hat man weitere Pläne, so geht das zu.

Apropos Pläne, durch Nicole Seiferts Buch, das mich weiter begeistert, habe ich mittlerweile Nachholbedarf bei Ruth Rehmann, Ingeborg Drewitz, Barbara König, Helga M. Novak, Ingrid Bachér, Gisela Elsner sowie weiteren Frauen vermerkt. Und ich bin noch gar nicht durch, ich bin erst etwa in der Mitte des Buches. Sehr erfreuliche Lektüreaussichten und Weiterbildungsmöglichkeiten wachsen mir da zu.

Außerdem habe ich gestern noch Diverses auf arte hoffnungsvoll in die Lesezeichen geschoben und nebenbei sogar Theaterkarten für die Herzdame und mich gekauft, weitere für mich und eine geschätzte Freundin sind in Terminverhandlung. Die Tage der Monate mit -er am Ende werden zu kurz für das alles sein, es ist recht klar abzusehen.

Aber wenn sie zu lang wären – nicht auszudenken.

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Published on September 09, 2024 21:24

September 8, 2024

Rosa und Glitzer

Herr, höchste Zeit.

Der Sommer war zu groß.

Die Lyrik schonend anpassen, ich sage es ja, für kommende Generationen. Der Samstagabend findet als grandioses Finale statt, noch einmal ein letzter Sommerabend mit allem. Und die, die es mögen, werden ihn vermutlich als schön warm und sonnig und überhaupt genau richtig empfinden, alle anderen schwitzen und stöhnen am Rande des Bildausschnitts.

Ich gehe um die Außenalster, wo sich ein überdimensioniertes Wimmelbild des schönsten städtischen Friedens zeigt, ein urbanes Idyll erster Klasse. Szenen wie aus Werbeclips für den neuen September im Norden, für den August 2.0., für den mediterran gewordenen Hanseherbst. Alle paar Meter liegen Picknickdecken am Ufer, darauf Familienverbände, Freundeskreise oder Pärchen. Blicke in das klischeehaft vergoldete Frühabendlicht und über das weite Wasser, das mit all den SUP-Boards, Tret-, Ruder- und Segelbooten und auch diesen neuen Dingern, die wohl Foilboards heißen, aber sicher bin ich mir da nicht, aussieht wie ein riesiger Freizeitpark mitten in der Stadt. Ein Freizeitpark ohne Eintrittspreise, wie toll ist das denn, und die Leute kommen in Scharen und machen mit oder staunen.

Ein Mann sitzt am Ufer der Ufenalster, Sankt-Georg-Seite, er ist von hinten zu sehen. Vor ihm Ruder- und Segelboote, Sommreabend.

Gar nicht wenige Grüppchen mit Wohlstands- oder Kulturaccessoires sind auf meiner Runde zu sehen. Es gibt Wein aus Flaschen mit anspruchsvoll designtem Etikett, auch Sekt, Prosecco und Champagner kommen vor. Es gibt Bierzeltgarnituren mit Tischdecken und Sitzpolstern. Dazu die guten Gläser, im mit weißen Tüchern gepolsterten Korb mitgebracht, man hat alles dabei. Und das Essen besteht keineswegs aus den Käsewürfeln des Discounters und den Fertigfrikadellchen aus der roh aufgerissenen Plastikschale, wie man es von Ausflügen mit Kindern kennt. Es gibt eher betont Feines vom Catering-Service, Gerichte aus aller Welt, von Sushi bis zu bunten Hummus-Varianten auf frischem Fladenbrot neben Salat mit allem, was als gesund und schmackhaft durchgeht. Für „Women lauging with salad“ einige werden sich an das Meme erinnern, könnte man ergänzende Aufnahmen machen.

Vermutlich wird heute dieses und jenes gefeiert, das kann ich mir gut vorstellen. Da darf es eben etwas Besseres sein, und warum auch nicht. Außerdem die große Freude, dass es mit dem Wetter tatsächlich noch einmal geklappt hat. Dass man wirklich draußen und am Ufer sitzen kann, in den heiter farbigen Sommersachen, im Kleidchen, in Shorts, im luftigen Leinenhemd. Hat man bei der Planung immerhin nicht ahnen können. Nicht frierend sitzt man da, nicht nass, nicht klamm.

Und dabei auch noch genau zu wissen, dass es vermutlich schon morgen nicht mehr gehen wird! Was für ein Hauptgewinn dieser Abend ist.

Ein Mann sitzt am Ufer der Außenalster, Höhe Schwanenwik, er hat sein Fahrrad hinter sich abgelegt und liest etwas.

Vielleicht erklärt das, warum ich auf der ganzen verdammten Runde, immerhin 7,4 Kilometer lang, nichts als Frieden und Glück und Harmonie sehe. Alles sieht aus wie gecastet und geplottet, weichgezeichnet und warmgefiltert. Lachen und Knutschen und Umarmungen, neckendes Herumalbern an den Stegen und Wegen. Küssen und besinnliches Schweigen in trauter Gemeinsamkeit unter den alten Bäumen. Spielende Gruppen von Studentinnen mit Bällen und anderen Sportgeräten, selbstverständlich sieht alles überaus gekonnt aus.

Vertrauliches Flüstern unter Weidenzweigen am Wasser. Einige einzeln lesende Menschen, und sie wirken durch die Bank mit sich zufrieden und tiefenentspannt, nicht etwa einsam, zurückgelassen und verbittert. Besinnliches Blättern unter nur zögerlich bunter werdenden Blättern. Dazu heiter spielende Kinder vor dem Schilf, schlafende Babys im Schatten und wedelnde Hunde von ausgeprägter Niedlichkeit.

Zwei Männer und eine Frau auf einer Picknickdecke am Ufer der Außenalster

An einem Anleger ein attraktives junges Paar, das einen südamerikanischen Tanz einübt, sie sind beide weit Fortgeschrittene. Es sieht filmreif aus, und selbstverständlich filmten es einige auch tatsächlich und heimlich mit dem Handy und sehen dann angestrengt unbeteiligt in die weitere Gegend, als der Tänzer sich zwischendurch nach ihnen umsieht.

Also wirklich, es ist insgesamt seltsam und untypisch für diese Stadt. So hört der Sommer hier auf, mit einem Groß- und Generalidyll. Diese junge und vehement gut aussehende Frau, die mir auf einem E-Scooter entgegenkommt und ein sehr leichtes, sehr dünnes, langes Kleid trägt, das übertrieben malerisch im Fahrtwind nach hinten flaggt, als sei sie eine moderne und bemerkenswert gelungene Interpretation der ehrwürdigen Galionsfiguren im Altonaer Museum. Alles, was ich sehe, ist ein klein wenig zu gut.

Blick von der Krugkoppelbrücke auf die belebte Außenalster, etliche Boote, Freizeitvergnügen.

Vielleicht, um doch noch und endlich einen negativen Gedanken hineinzubringen, denn zu viel Rosa und Glitzer halte ich auf Dauer schlecht aus, hat die Hitze der letzten Wochen alle dermaßen erschöpft, dass für Streit und Unfrieden an diesem letzten Abend der Saison einfach keine Energie mehr verfügbar ist. Und sich also alle in süßer, erschöpfter Passivität dem finalen Sommersonnenuntergang ergeben. Das Stockholm-Syndrom und die Jahreszeiten, ein vermutlich eher unbehandeltes Thema.

Ja, so mag es sein.

***

Egal. Wir haben es jedenfalls geschafft und legen passend zu den Erscheinungen des phänologischen Stadtkalenders die Musik von damals auf. Das Jahr, die Stadt und wir alle sind eine Runde weiter.

John Prine, man kann ruhig ab und zu daran erinnern, ist auch einer von denen, die wir an die Corona-Pandemie verloren haben.

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Published on September 08, 2024 21:05

September 7, 2024

Altersmilde und tolerant

Für den Freundeskreis Elizabeth Strout gibt es ein Interview mit der Autorin im Guardian. Und demnächst gibt es dann Neues von ihrer Olive Kitteridge, das schon einmal vormerken.

***

Gehört: Herta Müller, Der Mensch ist ein großer Fasan auf der Welt, gelesen von Matthias Brandt. Mir fallen im Moment einfach keine erheiternden Inhalte zu, aber gute und wichtige sind es doch. Die Maigret-Serie, die ich abends sehe, ist gemäß der Buchvorlagen auch nicht direkt aus der Comedy-Ecke und Nicole Seiferts „Einige Herren sagten etwas dazu“ ist ebenfalls kaum erheiternd, nur besonders lesenswert und erhellend. Humor ist in meinen Zulieferungen gerade aus, wie es scheint.

Na, kommt vielleicht später wieder rein.

***

„Die Naach woor schwöhl un stickisch heiß.“ Es gibt zum Wetterbericht am Morgen wieder passendes Liedgut, und zwar die gelungene BAP-Adaption des Simple Twist of Fate von Bob Dylan, des Songs mit komplettem Kurzgeschichteninhalt.

„Er registriert: Dat Zemmer ‘s leer.
Sie ‘s niemieh do, et fällt ihm schwer,
zo dunn als ob et ejal wöhr,
un riehß et Finster op.
Er spürt die Leer‘ enn singem Kopp,
für ‘ne Moment un säät sich dann:
„Wahnsinn, wat einem all passiere kann.“

Man kann außerdem, wenn man dem Kölschen irgendwie nahesteht, eine Zeile des Liedes jederzeit auf das Wetter und den Wandel anwenden, wenn sie einem gerade nicht passen: „Sujet deit et Schicksal einem ahn.

Ich kann kein Kölsch, ich habe nur die Satzmelodien in meiner Kindheit gelernt. Damals bei der rheinischen Verwandtschaft, bei der anderen Großmutter und der Tante. Wo sich für mich alles nach einem anderen Land anfühlte, die Sprache, das Essen, die Stimmung, die Landschaft, die Häuser.

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Ich mache etwas erstaunt eine Feststellung beim abendlichen Spaziergang, der mich diesmal durch das neue Wohnquartier am Baakenhafen führt. Das ist gleich neben den Elbbrücken, die sie vielleicht auch dann kennen, wenn Sie mit Hamburg nicht so vertraut sind. Die Bilder im Text passen heute nicht recht, sie sind eher neben dem neuen Areal entstanden, in der direkten Nachbarschaft.

Ein altes Auto mit sportlicher Anmutung vor neuen Bürogebäuden im Elbbrückenquartier

Ich merke nämlich, dass ich nach etwa einer Woche mit mehr Bewegung als sonst keine Rückenschmerzen mehr habe. Gar keine. Nicht einmal beim sonst für mich so schwierigen Stehen. Obwohl ich nur gegangen bin, was unsere normalste Bewegungsform ist und den meisten kaum als Sport gilt.

Das wirkt also. Da dann besser mal dranbleiben, denn es ist ausgesprochen nett und der Stimmung zuträglich, wenn es hinten nicht schmerzt. Allerdings muss ich dann in der bald kommenden Regen- und Winterzeit vermehrt durch U-Bahn-Stationen und Passagen gehen, um nicht nass und frierend am frühen Abend durch die Stadt zu streichen.

Blick auf die neuen Häuser am Versmannkai

„Nass und frierend“, ich kann es mir im Moment kaum vorstellen, bei 20, nein, bei 21 Grad schon am frühen Morgen. Aber gut, es gibt etliche U-Bahnstationen, S-Bahnhöfe und Passagen in Hamburg, in denen Wetter aller Art nur stark begrenzt stattfindet. Die damalige Vorsicht bei der Wohnortwahl zahlt sich immer wieder aus. Ich nehme mir also weitere Gänge für die nächsten Monate unverbindlich vor und gehe auch im Herbst auf Tour.

Blick durch die Scheiben der U-Bahn-Station Elbbrücken auf den Feierabendverkehr auf der Zweibrückenstraße, im Hintergrund noch neu wirkende Hochhäuser

Noch eine zweite Feststellung gibt es bezüglich der Gegenden in der Hafencity. Nämlich dass sich mein Hirn nach wie vor konsequent weigert, dort irgendwelche Straßennamen abzuspeichern. Ich finde mich da zurecht und kenne die Richtungen, was an der Elbe auch nicht schwer ist. Erstaunlich kategorisch weiß ich aber nicht, wie da was heißt. Ich notiere es nur deswegen, weil ich zuverlässig weiß, dass es nicht nur mir so geht, dieses Defizit ist gängig in der Stadt. Vermutlich ist es ein Fall von Verweigerung gegenüber neu erbauten Quartieren: Diese Stadtviertel sind nicht von hier.

Ich nutze zur Orientierung oder um doch einmal Straßennamen nachzusehen übrigens eine Open-Maps App, Organic Maps, die finde ich sympathisch, was Datenschutz etc. betrifft und die Darstellung gefällt mir. Sie läuft mit heruntergeladenen Karten auch ohne Netz. Also sogar, wenn man einmal Zug fährt oder an der Nord- oder Ostsee ist. Keine bezahlte Werbung, nein.

Und schließlich werde ich, das ist das dritte Bemerknis, altersmilde und tolerant, denn auf einmal mag ich es da. Mir gefallen diese frischen Straßen, die gerade eben erst bezogenen Häuser, die neu eröffneten Läden für die Nahversorgung. Vielleicht baue ich geistig schon massiv ab und das kritische Denken fällt zuerst … wie soll man es präzise von einer Milderung unterscheiden können, und es ist auch egal. Unterm Strich war es immerhin ein positives Gefühl, das lasse ich erst einmal so.

Aber ich gehe demnächst noch einmal hin, um alles erneut nachzuprüfen.

Blick über die menschenleere Baakenhafenbrücke

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Published on September 07, 2024 21:46

September 6, 2024

Kaffee, Kuchen, Kassandra

Gehört, mit nennenswert mehr Bezug zum eigenen Leben, als ich zunächst angenommen hatte: Eine alte Folge Radiowissen, dort doch noch etwas gefunden, über Kassandra. Die unerhörte Seherin aus Troja.

Danach habe ich unwillkürlich noch lange über die Kassandra-Momente im eigenen Leben nachgedacht. Es wird ihnen vielleicht auch so gehen, wir haben sicher alle welche gehabt. Und wenn man erst ein gewisses Alter erreicht hat, blickt man womöglich oder wahrscheinlich sogar auf mehr als nur eine markante Vorhersage zurück, die deutlich im Gedächtnis blieb. Auf diese paar Vorhersagen, bei denen man richtig lag, erstaunlich goldrichtig mitunter, vielleicht ausdrücklich gegen die Mehrheitsmeinung. Was sich dann im Nachhinein besonders wertvoll anfühlt. Da doch einmal gründlich Recht gehabt! Und wie! Topchecker, der ich bin!

So ging es mir in den letzten Monaten bereits mehrfach, noch vor dem Hören dieser Sendung. Denn es kamen in verschiedenen Kontextsituationen derartige Themen und Einschätzungen aus der Vergangenheit zur Sprache und zur teils eingehenden Revision. Es boten sich bei manchen Themen umfassende Rückschauen und auch etwas Erinnerungsarbeit an. Ich weiß nicht recht, wie es dazu kam, es lag vielleicht in der Luft. Obwohl es jahreszeitlich noch nicht zu passen schien, der Sommer ist für mich keine Zeit der ausdrücklichen Erinnerungsarbeit. Aber egal.

Das ging jedenfalls so weit, dass ich in einem seltenen Moment von Zufriedenheit mit meinem Denkvermögen feststellen konnte – so schlecht in der Trenderkennung war ich in den letzten Jahrzehnten wahrhaftig nicht. Eher im Gegenteil. Was allerdings, so viel sofortige Verdunkelung der Stimmung muss sein, weiß Gott keine gute Erkenntnis für uns alle ist.

Warum, werden Sie da vielleicht fragen. Aber ich kann es unmöglich weiter ausführen, Teile der Antwort würden Sie verunsichern. Falls Sie sich an dieses Zitat überhaupt noch erinnern? Natürlich habe ich nachgesehen: 2015 war das, Thomas de Mazière hat es gesagt. Himmel, ist das auch schon so lange her.

Selbstverständlich ist es jedenfalls so, dass wir die vollkommen vergeigten Vorhersagen, die es bei jeder und jedem von uns ebenfalls zahlreich gegeben haben wird, eher nicht mehr parat haben. Dass wir die längst gründlich verdrängt haben, und besser wird es sein.

Ich dachte weiterführend darüber nach, was aktuell meine kassandrischen Vorhersagen wären. Mehr aus Spielerei allerdings, nicht aus aktueller Panik oder neu überbordender Weltuntergangsstimmung. Ich habe beim Pessimismus keinen besonderen Höhepunkt zu verzeichnen, die letzten Jahre haben mich auf alles gut vorbereitet. Ich bin lediglich unaufgeregt normalfatalistisch.

Was aber ein schönes Format wäre, wie mir dabei auffiel: Interviews mit Menschen über ihre dunkelsten Prophezeiungen zu führen. Besonders über die originelleren Varianten natürlich, nicht über die so sattsam bekannten Standards.

Also nicht über die Themen, die wir alle nicht mehr hören können, weil sie täglich wiederholt und sogar schon gelehrt werden, Klimawandel, Artensterben, Feinstaub, Pandemie, resistente Keime etc. Nein, die etwas schrägeren Ideen, die würde ich reizvoll finden.

Ein Pflanzkübel aus Beton an einem Straßenrand, in roter Farbe aufgesprüht:

Und diese spezielleren, vielleicht ausdrücklich nischigen, gerne betont berufsspezifischen („Was wird in Ihrer Branche GANZ FURCHTBAR werden?“) und ausdrücklich fachkompetenten Katastrophenvorhersagen dann gemeinsam etwas durchdenken.

Sie vielleicht vorsichtig relativieren, vielleicht auch gruselig vertiefen. Heiteres Weltuntergangsgeplauder, ein gemütliches Stündchen am Nachmittag mit Annahmen zum Schlimmstmöglichen. Kaffee, Kuchen, Kassandra.

Man könnte es entspannt als reines Entertainment auffassen. Denn glauben müsste das alles sowieso niemand. Man müsste sich, was auch immer da zur Sprache kommen sollte, zunächst nicht die geringsten Sorgen darüber machen. Wie immer bei Kassandra. Es gehört schließlich so, eine ehrwürdige Tradition.

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Im Guardian geht es um Flugscham und Overtourism.

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Blick über die Binnenalster in Richtung Rathaus. Eine Frau sitzt im Vordergrund am Ufer, mit dem Rücken zum Betrachter. Sommerabendstímmung.

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Published on September 06, 2024 21:53

September 5, 2024

15, 17

Am Mittwoch dann der Geburtstag des zweiten Sohnes. Während des morgendlichen Auspustens der Kerzen auf dem Kuchen gibt es draußen Donner, Blitze in schneller Folge und heftige Regengüsse. Es ist quasi ein kleines Starkregenereignis, gleichzeitig sehen wir aber auch Sonnenschein vor den hinteren Fenstern und also einen fantastischen Regenbogen als Sondergabe für den Teenager. Der sich zu früher Uhrzeit für Naturschönheiten aber nur mäßig interessiert.

Vermutlich, nein, sicherlich sogar ist es der wärmste Geburtstag, den der Sohn bisher hatte. Es ist schon am frühen Morgen vollkommen klar, dass es ein weiterer absurder Hitzetag werden wird. Ein Gewitter am Geburtstag haben wir ebenfalls noch nie gehabt, es ist also ein Tag mit mehreren Premieren. Aber der Sohn ist auch noch nie vorher 15 geworden.

15 und 17 sind die Altersstufen der Söhne jetzt. Es lungert eine Gang in dieser Wohnung, besonders wenn sie Besuch haben, was aus ihrer Sicht erfreulich oft der Fall ist. Ich habe häufig keine Ahnung, wie viele Personen gerade in der Wohnung sind, man verliert da schnell den Überblick. Herumhängende Jugendliche, wir hatten das Thema schon einmal.

Egal, die Sachen im Kühlschrank kann man jedenfalls zählen und regelmäßig nachfüllen. Und man braucht als Vater auch Beschäftigung und Bewegung.

Für mich gibt es dann noch einen Bürotag in Hammerbrook, wohin aber aus mir unklaren Gründen an diesem Morgen keine S-Bahnen vom Hauptbahnhof fahren. Ein ungeplanter und einigermaßen eiliger Fußmarsch findet daher nach einer Viertelstunde ungewisser Wartezeit statt, ich hetze ins Büro. Ich könnte und müsste danach schon wieder dringend duschen.

Blick über das algengrüne Wasser des Südkanals in Hammerbrook, Bürohausfassaden am Ufer

Immerhin geht es allen gleich. Der eigene Zustand muss einem heute keineswegs peinlich sein, überall zerfließt man in der Saunaluft. Und spätestens am Nachmittag sieht man es den Menschen in der Stadt wieder mehrheitlich an: Das Wetter ist nicht okay. Der Kreislauf, das Herz, der Blutdruck, die Müdigkeit nach der Tropennacht ohne Abkühlung, alles. Wir haben kollektiv Wetter.

Ich gehe beim trotz allem wiederum stark ausgedehnten Abendspaziergang an der Messe vorbei. Wo gerade die riesige SMM stattfindet, die „Weltleitmesse der maritimen Wirtschaft“, Shipbuilding, Machinery and Marine Technology. Habe ich das auch einmal gelernt.

Das finde ich aber erst später heraus, was da gerade los ist, erst einmal sehe ich nur überraschende Unmengen von Menschen im Business-Dress. Frauen und Männer, unfassbar viele davon, Schwärme und Herden, alle mit QR-Codes auf Pappfetzen um den Hals. Das sind ja Tausende, denke ich, und lese später erst nach, es sind eher Zigtausende. Die Straßen rings um die Messe sind rappelvoll, und viele suchen und winken mit weltweit gültiger Gestik nach Taxis. Die es längst nicht mehr gibt, sie sind vermutlich auf Stunden ausgebucht.

Ich sehe mir diese Menschen an und rate zunächst herum. Die meisten sehen deutlich nach Büro aus, teils auch, das ist vielleicht ebenfalls weltweit gültig, nach IT und anderen Nerdberufen. Hier bitte einen Exkurs über die Bedeutung karierter Herrenhemden dazu denken.

Manche sehen etwas anders aus, eher nach Berufen mit noch mehr Wirklichkeitsanteil, vielleicht nach etwas mit Maschinen etc. Und ich freue mich dann später, dass meine Beobachtungen gar nicht schlecht zur maritimen Wirtschaft passen. Zu den Schiffsbau-Ingenieuren etc. also, zu diesen Leuten, so steht es dann groß am Eingang der Messehallen, welche die maritime Wirtschaft verändern werden.

Natürlich steht es da auf Englisch. Change als Schlagwort wird immer noch gerne genommen und geglaubt, in allen Branchen.

Die Männer in den Anzügen und die Frauen in den Kostümen sind nach einem langen Messetag teils fortgeschritten derangiert. Hier und da muss man von stark verwüsteten Frisuren und Textilien reden. Man kann auf den Straßen um die Messe herum gut ableiten, wie viele Menschen mit solchen Hitzetagen wie in dieser Woche gut umgehen können. Es ist, wenn man die zahllosen und durchweg unversehrt wirkenden Besucherinnen aus Indien nicht mitzählt, mit großer Sicherheit nicht die Mehrheit. Und Anzug und Kostüm sind bei 30 Grad wohl doch nicht mehr die beste Wahl.

Man kann es sehen und ableiten, es drängt sich auf.

Es ist aber auch eine warmbuttrige Luft in diesen Stunden, dass nicht nur ich mich frage, ob gerade jeder bisher gemessene Rekord an Schwüle für Hamburg gebrochen wird. Später am Abend noch ein katastrophenfilmhaft rumpelndes Gewitter über unserem kleinen Bahnhofsviertel, dessen schweres Geschepper wie bestellt zu diesem Tag passt. Das Haus hat nicht gewackelt, der Strom und das Netz fielen keine Sekunde aus, aber es hätte gut gepasst und auch niemanden mehr überrascht.

Man kann natürlich – nie ist man ohne Möglichkeiten! – zur Abkühlung stets die Nachrichten aus all den Gegenden in der Welt lesen, in denen es noch heißer ist als bei uns, in denen noch mehr Rekorde gebrochen werden. Und das mache ich dann auch, Grüße gehen raus etwa nach Kalifornien.

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Auf den Wegen habe ich wieder die Tagebücher von Victor Klemperer gehört und aktuelle Politiknachrichten eher vermieden. Später doch noch nachgelesen, was im Guardian über die deutsche Wirtschaft stand: It’s an analog country in a digital world.

Man nickt mitwissend schon bei der Überschrift und der Rest überrascht ebenfalls eher nicht, wird aber lesenswert zusammengefasst. Dann noch etwas gehört: „Volkswagen ohne Volk – Deutschlands Autobauer in der Krise“. Es passte eher zu gut hinter den Artikel im Guardian.

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Ein handschriftlicher Satz auf einem Zaun: Werde wieder Fan von Deinem eigenen Leben

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Published on September 05, 2024 21:12

September 4, 2024

Avocados, Mangos, Oliven

Am Dienstag ein Office-Office-Tag in Hammerbrook. Ich habe mir nichts notiert und mir auch nichts gemerkt, es wird vermutlich ein recht normaler Tag gewesen sein. Zu warm natürlich, viel zu warm, wie alle diese Tage.

Morgendlicher Blick über ein Fleet in Hammerbrook

Gehört: Neben den Klemperer-Tagebüchern Eine Sendung über Avocados, über die Umweltschäden, die Bandenkriege. Das ist alles mehr oder weniger bekannt, in dieser geballten Form aber noch einmal neu erschreckend.

In Griechenland probieren sie es währenddessen mit Mangos statt Oliven.

Gelesen: Spanische Touristen fliehen vor der Hitze in den Schwarzwald (via Kaltmamsell). Also der zweite Artikel in kurzer Zeit zur Verlagerung von Reisezielen in den Norden, der Freundeskreis Trendbeobachtung steht am Start und liegt auf der Lauer.

Gelesen am Abend dann weiter in Nicole Seiferts Buch über die Autorinnen der Gruppe 47. Obwohl man es erwartet, dass es eher schrecklich war, wie mit den Frauen umgegangen wurde und wie ihre Werke und Leistungen systematisch herabgewürdigt wurden, war es doch noch schlimmer, noch wesentlich schlimmer. Ein gutes Buch, ein interessantes Buch, erhellend und auch erschütternd, dabei außerdem ein Pageturner von Sachbuch.

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In einem bibliothekarisch anmutenden Nebenprojekt befasse ich mich am Nachmittag gerade mit norddeutschen Bildern aus den beiden Weltkriegen, es geht um die Verschlagwortung von Fotos und Filmen. Und obwohl es ein gutes Projekt ist und eine angenehme Arbeit nach der Arbeit, trägt es thematisch auch nicht gerade zur Heiterkeit bei, wie man sich vorstellen kann.

Zum Ausgleich gehe ich noch mehr als sonst, noch viel mehr. Weite Strecken durch die Stadt, nach St. Pauli und zurück, quer durch Planten un Blomen, um die Innenstadt herum und am Hafen entlang, durch die Hafencity, dergleichen.

Blick in einen schmalen Gang, der zu einem Hinterhof führt. Gekachelte Wände, in denen sich Licht spiegelt, eine alte Deckenlampe.

Auf der Suche nach Fotomotiven, um die Jagd nach etwas Gutem in den Alltag zu integrieren. Mir ist vor einiger Zeit aufgefallen, dass ich tage- und wochenlang nichts aufgenommen habe. Ich dachte mir dann, ich versuche wieder, etwas konzentrierter hinzusehen, die Motive werden da draußen immerhin nicht verschwunden sein. Verschwunden ist nur ein wenig Wahrnehmungsfähigkeit in meinem Kopf, und so etwas kann man sich vermutlich auch wieder antrainieren. Nehme ich an.

Meine ausgedehnten Spaziergänge am Abend sind also gut gerechtfertigt. Ich muss diese Tage, wenige werden es wohl noch sein, die ohne herbstlichen Dauerregen geliefert werden, unbedingt nutzen. Auch wenn sie alle zu heiß sind.

Gehen, schwitzen und hinsehen.

Morgen noch einmal 31 Grad.

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Published on September 04, 2024 21:06

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Maximilian Buddenbohm
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