Katharina V. Haderer's Blog, page 7

March 15, 2015

Über schlechte Rezensionen

Wenn man selbst ein Buch im weltweiten Internet anzubieten hat, schreibt man Rezensionen anders, das gebe ich zu. Man weiß einfach, wie viel Arbeit und Herzblut in einem solchen Werk steckt. Dass Verrisse für die Zukunft eines Buches existenzbedrohend sein können. Man bangt um jeden Stern, grübelt, fragt sich, warum es dann doch nicht gereicht hat.


 


Als ich vor einem dreiviertel Jahr mein erstes Buch “Das Herz im Glas” auf den Markt brachte, war das Warten auf die allererste Rezension am schlimmsten. Ich saß. Tage vergingen.


Und dann war sie plötzlich da.

Ich, mitten unter Freunden, es war Abend – ich schaue hinein und BÄMM. Es war nicht einfach irgendeine Rezension – sondern eine 1-Stern-Rezension auf Amazon. Ich war verständlicherweise am Boden zerstört. Tränen flossen an diesem Abend reichlich, genau wie Weißwein, wenn ich mich recht entsinne. Ich kann mich erinnern, dass ich dieser 1-Stern-Rezension mein gesamtes Schaffen anhängte, quasi: Katharina, du bist nur einen Stern wert. Du schreibst einen Stern. Alles, was du schreibst, ist ein Stern – und wenn es Minus-Sterne gäbe, würde dir der/die LeserIn vermutlich auch das geben. Alle anderen werden diesem Buch nur einen Stern geben. Du wirst die schlechteste Schriftstellerin sein, die das Bewertungsportal Amazon je gesehen hat.


Fakt ist, danach kamen andere Rezensionen.

52, bis jetzt – und keine unter 4- und 5-Stern-Bereich. Ich schreibe das nicht, weil ich damit angeben möchte. Es geht mir darum, dass trotz dieses Vorreiters die anschließenden Leser sich ihr eigenes Bild machen konnten. Und dass es ein Unterschied zwischen 1*-Rezension und 1*-Rezension gibt. Schreibt jemand: “Dieses Buch hat auf jeder Seite 10 Rechtschreibfehler” werden sich zukünftige LeserInnen vielleicht gegen dieses Buch entscheiden. Hat es sich vielleicht um einen Fehlgriff gehandelt und man liest: “Ich mag keine Vampire, weiß nicht, warum ich dieses Buch gekauft habe” und im Klappentext steht: “Die Vampire machen Chicago unsicher”, wird der Neuleser die Schultern zucken und es trotzdem kaufen.


Viele LeserInnen lesen zuerst die schlechtesten Rezensionen eines Buches, um sich vorbereiten zu können. Sie dienen als Ausschlusskriterium. “Rechtschreibung schlecht? Nein danke. Zu wenig Liebesgeschichte? Das ist mir egal, ich mag eh nicht so viel Geschnulze.” Auch wenn wir Autoren uns wesentlich mehr über gute Rezensionen freuen, muss uns bewusst sein, dass Rezensionen auch aus einer Verkäufersicht Sinn machen – und zwar, indem wir dadurch unsere LeserInnensparte eingrenzen können.


Fakt ist nun mal: Die Welt steht uns an potentiellen LeserInnen offen, doch nicht alle davon werden wir erreichen, nicht alle gehören in unsere Zielgruppe. Diese gilt es zu eruieren.

Natürlich schreibe ich nicht aus heiterem Himmel darüber, sondern aus aktuellem Anlass. Bei meinem neuen Buch wartete gestern eine 1-Stern-Rezension auf mich. Da ich schon 20 gute hatte, ließ sich das Ganze natürlich wesentlich besser und ohne großem Drama bewältigen. Es ist normalerweise nicht üblich, schlechte Rezensionen zu posten. Man verschweigt sie und hofft, dass niemand sie je bemerken wird. Aber es gibt sie. Und manchmal sind sie ganz schön blöd. Wer immer mir diese Rezension geschrieben hat: Danke für deine Mühe. Es tut mir leid, dass du dich im Buch vergriffen hast. Aber ja, ich lese meine Rezensionen. Und wenn irgendetwas drinnen stehen würde, mit dem ich arbeiten könnte, würde ich es mir vielleicht zu Herzen nehmen.


1stern


Kann ich mich darüber aufregen? Eigentlich nicht. Ich kann sogar ein bisschen drüber lachen. Und meine KollegInnen trösten, wenn sie eine schlechte(re) Rezension bekommen. Man kann nicht der ganzen Welt gerecht werden, und das muss AutorInnen wie LeserInnen bewusst bleiben.


 •  0 comments  •  flag
Share on Twitter
Published on March 15, 2015 04:51

March 3, 2015

Zitat #3 – Andrea Kern, aus ihrem neuen Roman

Ich habe die große Ehre, immer wieder in aktuelle Projekte meiner Autorenkollegin und Freundin Andrea Kern (bekannt durch ihren Erstroman “Kindfrau” siehe Link) hineinzulesen. Sie schafft bildgewaltige, dramatische Prosa, die einem unter die Haut geht.


Ich durfte in das Exposée und die Leseprobe ihres neuesten Werks hineinlesen. Darüber darf ich vermutlich noch nicht allzu viel verraten. Stattdessen hat sie mir erlaubt, einen meiner Lieblingssätze zu teilen, der so stellvertretend für den Anfang des Buchs steht, dass es mir weh tut, denn ich weiß, wie es weitergeht.


 


AndreaKern


 •  0 comments  •  flag
Share on Twitter
Published on March 03, 2015 10:09

February 28, 2015

Zitate #2: Simon Beckett: Der Hof

Meine neueste Lektüre spielt auf einem abgelegenen Bauernhof in Südfrankreich. Was tun, wenn man in die Bärenfalle eines grimmigen Farmers tritt – und eigentlich selbst auf der Flucht ist?


d6vciz3elawe2peehsq09o6xrbp0gd2x


 •  0 comments  •  flag
Share on Twitter
Published on February 28, 2015 10:39

February 26, 2015

Tolle Zitate: #1

Weil’s länger wieder still um meinen Blog war, etwas für Zwischendurch:


Tolle Zitate aus Büchern, die ich gelesen habe oder gerade lese.


#1: Marie Graßhoff: Kernstaub


 


1424968444553


 •  0 comments  •  flag
Share on Twitter
Published on February 26, 2015 09:24

January 27, 2015

Ein Buch, 20 Blurbs

Klappentexte sollen über den Inhalt eines Buches Bescheid geben. Können sie das überhaupt? Oder machen sie falsche Versprechungen? Wie reagieren wir auf das Werbeinstrument nummer eins? (Bild gegoogelt, follow Link)


Es gibt eine Sache an Büchern, die total unterschätzt wird: Blurbs, oder sogenannte Klappentexte. Blurbs klingt aber viel passernder, wie ich finde – das Buch spuckt – oder blurbt – kurzerhand etwas heraus, das uns dazu anregen soll, es zu kaufen.


Blurbs werden selten von den AutorInnen selbst geschrieben, es sei denn, sie sind Selfpublisher. Es gibt eigene Schreiber, die sich aufs Blurb-Schreiben konzentrieren. Ein Blurb soll kurz, informativ und anregend sein. Je nach Genre kommen dabei ähnlich klingende Blurbs heraus, da sie sich auf bestimmte Details konzentrieren, (von denen man glaubt,) dass sie auf die jeweiligen Genre-Leser besonders gut wirken.


Zuletzt kaufte ich ein Buch, ohne mir den Klappentext anzusehen. Eine Autorenkollegin empfahl es, ich kaufte es. So leicht war das. Als ich einer Freundin davon erzählte, dass es mir gefiele, las sie sich den Klappentext durch und meinte, dass er sie nicht wirklich überzeugt hätte. Erst dann rang ich mich dazu durch, ihn anzusehen – und siehe da, ich hätte das Buch, so gut es mir bei den 30%, bei denen ich gerade am E-Reader bin, gefällt, niemals gekauft. Der Blurb legt seinen Fokus auf Geschehnisse im Buch, die die ersten 100 Seiten eigentlich gar keine Rolle spielen, bzw. schafft eine Vertiefung auf (Liebes)themen, wo bis dato keine waren. Viel mehr standen Thriller-Elemente und die Freundschaft der Protagonistin mit ihren beiden besten Freunden im Vordergrund.


Da ich Selfpublisherin bin, musste ich meinen Blurb selbst schreiben. Das gab mir gewisse Freiheiten zu entscheiden, was ich der Leserschaft über das Buch zeigen wollte. Herauskommen ist das hier:


Die Götter fielen vom Himmel – und mit ihnen versank die Stadt Badhre.


Anweisung der AVIS NIVEA:

“Im Falle einer Entführung, achten Sie auf Details.”


Über den Trümmern der versunkenen Stadt Archaibadhre erblüht das neue Neobadhre. Der alte Götterkrieg scheint längst vergessen. Als allerdings eines Tages eine Gruppe Fremder das Hauptquartier der Polizeiorganisation AVIS NIVEA stürmt, wird rasch klar, dass ein gefallener Gott seine Finger im Spiel haben muss. Auf der Suche nach Informationen schrecken die Angreifer nicht davor zurück, das gesamte Sekretariat zu entführen. Wer steckt hinter den Anschlägen? Droht Neobadhre erneut im Chaos zu versinken? Und wie soll es der obersten Chefsekretärin Alexandra Manzini zwischen magischen Zeichen und Schrottgolems gelingen, ihre Kollegen wieder heil an die Oberfläche zurückzubringen?


Ich entschied mich für ein schlagkräftiges Zitat, das den actiongeladenen Einstieg betont, sowie das berauschende Setting der titelgebenden Stadt. Im Vordergrund steht: Action, Entführung, Intrige, Thrillerelemente. Schlagwörter: fallende Götter, versunkene Stadt, Entführung, Polizeiorganisation, gefallener Gott, Anschläge, Chaos, Fantasyelemente.


Mein Buch ist aber kein reiner Action-Thriller, wie man anhand dieses Klappentextes glauben könnte. Da ich ihn als Science-Fantasy-Roman präsentiere, schienen mir diese Elemente aber wichtiger. Die wenigsten Bücher aber funktionieren singulär (okay – manche Liebesromane schon!), sondern vereinen verschiedene Handlungs- und Gefühlsebenen. Wäre mein Buch ein Liebesroman, würde der Blurb vermutlich ganz anders klingen:


“Die tollpatschige Alex ist Sekretärin der privaten Sicherheitsorganisation AVO. Als eines Tages die Schwarze Wacht auftaucht, allen voran der gutaussehende, schlagfertige Kain, bringen sie nicht nur ein ordentliches Chaos in die Sekretariatsunterlagen – sondern auch in Alex’ Herz …”


Ob das nun stimmt oder nicht, sei dahingestellt. Fakt ist, der Fokus wird hierbei ganz anders gelegt – ein Liebesroman bzw. Chickflit konzentriert sich auf innere Gefühlswelten und gutaussehende Gegenspieler sowie das emotionale Chaos, das diese auslösen. Die Identifikationsmöglichkeit mit der Protagonistin muss gegeben sein. (Und ich gendere jetzt absichtlich nicht.) Schlagwörter: tollpatschig, Sekretärin, gutaussehend, schlagfertig, Chaos, Herz.


Natürlich gibt es nicht nur Liebesromane, die sich gern einheitlicher Klappentexte bedienen. Wie wäre es mit etwas epischem Fantasy?


Zwei Städte, zwei Heere, ein anbrechender Krieg – aus den finsteren Höhlensystemen der versunkenen Stadt Archaibadhre kriecht die vergessen geglaubte Schwarze Armee, um sich ihren Platz am Himmel zurückzuerobern.


Alex ist ein unscheinbarer Sekretär einer privaten Sicherheitsorganisation. Als er und seine Kollegen in die Fänge der Schwarzen Armee laufen, scheint alles vergebens. Doch Alex entwickelt plötzlich Fähigkeiten, von denen er selbst nichts ahnt – und scheint damit der Einzige, der den Machenschaften der Schwarzen Einhalt gebieten kann.


Ja, ich habe ganz absichtlich die Protagonistin männlich gemacht; denn episch-fantastische Literatur zeichnet sich vor allem durch ihre 98% männlichen, äußerst epischen Protagonisten aus. Man muss sich nur die letzten beiden Tolkien-Schinken reinziehen – selbst die Filme haben sich zu weiblichen Nebencharakteren erbarmt, die so nie existierten. Bei epischer Literatur steht meistens ein Konflikt im Vordergrund, der alles – wenn nicht sogar die gesamte Welt – in die Tiefe zu reißen droht. Heere treten gegeneinander an, und dennoch bleibt die Erzählweise selten im Kollektiv, sondern konzentriert sich zusehends auf eine unscheinbare Figur, die das Blatt wenden kann. Schlagwörter: Heere, Krieg, kriecht Schwarze Armee, unscheinbar, ungeahnte Fähigkeiten, Einzige, einhalten.


So, und jetzt noch ein letztes Beispiel aus einer ganz anderen Richtung – nämlich dem Sachbuch, genauer: Das Geschichtsbuch. Hierbei haltet sich eine nüchterne, außenstehende Betrachtungsweise im Vordergrund.


Badhre gilt seit Jahrtausenden als Knotenpunkt der südwestlichen Königreiche. Nach dem Fall Badhres nach dem Zweiten Brand spaltete sich seine Rolle zunehmend in zwei Lager auf. Heute konzentrieren sich die versunkene Stadt Archaibadhre und die neue Stadt Neobadhre auf unterschiedliche Wirtschaftszweige. Während Neobadhre durch sein avantgardistisches Auftreten, seinen technischen Neuerungen und der rasant wachsenden Population zu den modernsten Städten Auroras zählt, hat sich Archaibadhre auf die Wiederaufarbeitung alter und magischer Güter spezialisiert und somit einen Nischenmarkt geschaffen, der die Bonität hochgestuft hat …”


Ich bin nicht so gut im Geschichtsbücher schreiben, daher ist mein Blurb auch etwas improvisiert ausgefallen ;-)

Fakt ist, dass alle vier Klappentexte einen Teil der Geschichte erhalten, die den gesamten Roman ausmacht. Ihr unterschiedlicher Fokus erzeugt unterschiedliche Erwartungshaltungen im Leser, die entweder bestätigt oder gebrochen werden können. In den meisten Fällen ist es schlecht, wenn der Inhalt etwas falsches verspricht; es sei denn, dem Leser gefällt das Buch im Nachhinein besser, als er erwartet hat.


In meinem Fall – und im Fall meiner Freundin Lisa – setzte die Inhaltsangabe des oben genannten Buches, das erst zu diesen Überlegungen geführt hat, einen Fokus auf eine im ersten Drittel nicht einmal vorhandene Liebesgeschichte. Und auch wenn diese Liebesgeschichte manch andere Leser anlocken mag, so haben wir uns von diesem Fokus abgelesen. Wir beide schätzen gute Liebesgeschichten. Aber es hat einfach keinen Reiz, auf Seite 12 zu wissen, was im Rest des Buches passiert und ständig mit durch-den-Wind-Protagonistinnen konfrontiert zu werden, weil der zukünftige Liebhaber einmal intensiv herüberschaut. Hätte ich die Inhaltsangabe zuvor gelesen, hätte ich das Buch nicht gekauft. Aus. Punkt. Und ich bin froh, dass ich es dennoch getan habe.


 



Das Buch, das ich gerade lese, und das ich bis jetzt wirklich gut finde, heißt “Pharos” von Laura Labas und ist als E-Book auf Amazon erhältlich.


 •  0 comments  •  flag
Share on Twitter
Published on January 27, 2015 09:54

January 26, 2015

Nach dem Buch ist vor dem Buch

Am Samstag, Tag der Veröffentlichung, wollte ich mich eigentlich hinsetzen und einen Blog-Eintrag sindexchreiben. Flux bekam ich eine E-Mail von dem Print-Unternehmen, mit dem ich mich bereits seit einer Woche ärgerte, da es mir in 12-Stunden-Abständen zu verlauten gab, dass irgendwelche Sachen im Interior- oder Cover-File nicht passen würden. Anstatt mir zu sagen, was dezidiert an Seite 10 nicht passte, wurden allerdings nur “Bitte, das passt nicht – sehen Sie sich die Vorgabenliste an”-Standard-Antworten geschrieben.

Ich, drei Zeilen weit beim Blog-Eintrag, hätte vor Wut die Welt zerschmettern können. Wenn man seit 7 Tagen nichts anderes tut, als das Cover in Photoshop zu ändern und die Formatierung in Word-Dateien, bekommt man dezente Wutanfälle. Es ist nämlich nicht so, als würde ich mich nicht auskennen (auch wenn mir das mein Vater vorgeworfen hat, dem zufällig das selbige Buch gewidmet ist). Die Kundenbetreuung war einfach unmöglich. Daher wechsle ich jetzt zu einem anderen Anbieter. Ob es geklappt hat, erfahrt ihr bald.



Am 24.Januar 2015 kam dennoch “Die versunkene Stadt” als E-Book heraus.

3 Tage sind es jetzt, und dennoch bin ich deutlich ruhiger geworden. Obwohl ich vom 23. auf den 24. vor Aufregung kaum schlafen konnte – ich habe bis vier Uhr in der Früh “Pharos – die Unwandelbaren I” von Laura Labas gelesen, gleich dem Vater, der auf die Geburt seines Kindes warten muss, aber sich aktiv nur an der Zeugung und nicht dem Gebärvorgang beteiligen kann – ist nun wieder der Alltag eingekehrt. Das ist wirklich nicht schlecht – die größte Anspannung ist vergangen, man sieht Dinge entspannter, spielt den Beobachter des Auf- und Ab-Rankings. Das Einzige, das einen noch aus dem Konzept bringen könnte, sind schlechte Rezensionen.


Nach dem Buch ist vor dem Buch.

Man macht keinen Urlaub. Vielleicht gönnt man sich einen halben Tag Entspannung, die man sich die zwei letzten Monate einfach nicht leisten konnte, aber im Großen und Ganzen ist man gedanklich schon wieder beim nächsten Buch, bei der nächsten Veröffentlichung angekommen. “Ach ja”, denkt man sich. “Band Zwei. Bin auf Seite soundso. Ich darf nicht vergessen, das aus dem ersten Band einfließen zu lassen.” Man setzt sich hin, hält die wichtigsten Gedanken in einem Notizbuch fest, und wandert anschließend an den Computer ab – ganz egal, ob sich das letzte Buch finanziell rentiert hat, ob es einem Energie ausgesaugt, einem die Haare vom Kopf gefressen hat. Man steckt mehr hinein, als man hinausbekommt, die meiste Zeit. Und dennoch macht man wie selbstverständlich mit dem nächsten weiter.


Eine weitere Analogie zu Kindern, wie ich finde. Nein, ich  bin nicht kinderfeindlich – ich bin nur selbst eines und fresse meinen Eltern mit einem elitären Beruf die Haare vom Kopf. Sie lieben mich dennoch, und unterstützen mich, und das, obwohl sie wissen … ich werde nicht damit aufhören.

Nach dem Buch ist vor dem Buch. Und genau an diesem Punkt stehe ich gerade.


 •  0 comments  •  flag
Share on Twitter
Published on January 26, 2015 01:13

January 20, 2015

Man lernt mit jeder Veröffentlichung

Noch vor ein paar Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, mich derart intensiv mit der Vermarktung von Büchern auseinanderzusetzen wie ich es heute muss. Wie wahrscheinlich die meisten Kreativen würden wir diesen Part gerne anderen überlassen, im Fall von Buchautoren, einem Verlag. Als Selfpublisher ist man dazu gezwungen, nicht nur den Kreativpart zu übernehmen, sondern auch das ganze Rundherum … ALLES privat zu bezahlen und somit auszulagern, kann sich nur die oberste Selfpublisher-Liga leisten.


In den meisten Filmen, oder sogar in manchen Büchern, bekommt man ja eine relativ romantische Vorstellung vom Schreiben aufgetischt … und tatsächlich, schreiben kann auch sehr romantisch sein (v.a. wenn man Liebesromane schreibt), aber – schreiben und ein Buch zu veröffentlichen sind zwei verschiedene Dinge. Um das zu verdeutlichen hier eine fesche Graphik:


SchreibenBuchveröff


Ich werde immer wieder gefragt: “Du, wie ist das – ich habe gute Ideen und überlege, selbst ein Buch zu schreiben.” Meine Antwort darauf: “Super! Setz dich hin und fang damit an!” Schreiben kann etwas Wunderschönes sein, eine Möglichkeit, sich von der Realität loszulösen, in einer geistigen Tätigkeit aufzugehen, seine Geschichten auszuleben. Wovon man sich aber loslösen muss, ist der Gedanke, bei den ersten paar Zeilen ein Buch zu schreiben, das der neue Weltbestseller a la Twilight wird. (Die Möglichkeit besteht, wie wir bei Twilight sehen, aber sie ist doch sehr klein.)


Ich kann hier nur aus meinen persönlichen Erfahrungen sprechen, aber man muss sich von dem Gedanken loslösen, dass Schreiben ein “Talent” sei. Natürlich, die Leidenschaft, Geschichten zu erfinden und sie festschreiben zu wollen, ist etwas, das uns zu einem gewissen Grad angeboren ist. Das Schreibhandwerk (man höre es bereits am Wort “Handwerk”) an sich hat aber weniger mit einer naturgegebenen Sprachbegabung zu tun, als mit Übung. Übung, Übung, Übung. Nur wer übt, wird besser. Und obwohl wir alle in der Schule schreiben lernen, hat das ziemlich wenig mit dem zu tun, was ich “Schreibhandwerk” nenne.


Vom Kleinsten bis zum Größten, ob nun



der Aufbau eines Satzes, die Wahl zwischen Glied- und Hauptsätzen, die Zusammenziehung von Hauptwortreihen (das Dach des Rathauses oder das Rathausdach)
der Aufbau eines Kapitels, der Spannungsbogen des gesamten Buches, der überliegende Spannungsbogen einer Buchreihe
die Wahl zwischen einfacher und metaphernreicher Sprache, Reduktion von Adjektiven und Adverbien
Ausgleich von Dialog und Erzähltext, keine Überstrapazierung von Romantik/Spannung/Erzählsituationen
Ausarbeitung von Charakteren, die nicht gänzlich durch äußere Beschreibung sondern Handlung und Erzählform hervorstechen, Einbettung in eine lebendige aber unaufdringliche Umgebung


… hier nur ein Ausschnitt von Dingen, die ich während der letzten Jahre als Schreibende lernen musste. Und all das hat nichts mit Beistrichsetzung und Rechtschreibung zu tun, wobei unserer Lehrer schon froh sind, wenn wir das zusammenbringen.


Was ich damit sagen will:


Einen unfertigen Roman zu selfpublishen, kann viel kaputt machen, schließlich besitzt man seinen Namen nur einmal. Bei jedem Buch, das ich dazwischen verfasst habe, habe ich neues gelernt, ein Konglomerat an übergeordnetem Wissen angesammelt, das nun  beim Schreiben mitschwingt. Manche mögen schneller lernen als ich, aber ich halte das Lernen für unumgänglich, um einen guten Roman zu produzieren.


Wenn du einen Roman schreiben willst – verdammt noch einmal, setz dich hin und fang endlich damit an. Es kann sein, dass du der neue Daniel Kehlmann, Patrick Süßkind oder, wenn’s Gott will, Charlotte Roche wirst. Vielleicht früher oder später; aber um das zu werden, musst du anfangen. Und üben. Und üben.


Wie meine Autorenkollegin Julia Mayer sagte:


“Wenn man länger am Überarbeiten und Korrigieren sitzt, als am Schreiben des eigentlichen Buches, merkt man, dass man das nicht mehr als Hobby macht.”


Diese Erfahrung habe ich auch gemacht. Ich sitze durchschnittlich gleich lang, wenn nicht sogar länger an der Überarbeitung eines Buches als am Schreiben selbst. Das Fernsehbild, wenn jemand “Ende” auf die Schreibmaschinentasten hackt und damit ist es getan, ist schön, aber nicht sehr realistisch. Selbst bei einem Verlag muss das Buch nach dem Lektorat überarbeitet werden, manchmal lange Strecken neu geschrieben.


(Ich seh dich noch immer nicht mit dem Griffel in der Hand!)


Als ich früher von Autoren las, die manchmal ein Buch ein halbes Jahr liegen lassen, bevor sie es überarbeiten, um entsprechenden Abstand zu erhalten, schien mir das unmöglich. Wer hat die Geduld, sein Buch ein halbes Jahr liegen zu lassen? Je mehr man schreibt, desto mehr Projekte müssen aber zugunsten der Überarbeitung links liegen bleiben; d.h. man hat oft mehrere Projekte fertig oder ist sehr weit, während man der Veröffentlichung eines anderen arbeitet. Das gibt einem Zeit, Abstand zu älteren Texten zu gewinnen und diese “objektiver” zu bearbeiten. Kollegin Julia zum Beispiel hat nebenbei meines Wissens nach 4 andere Projekte herumliegen; bei mir sind es 2,5 Bücher, die darauf warten, aus der Schublade geholt zu werden.


(Du hast noch immer nicht zu schreiben begonnen? Was soll das? Habe ich dir nicht gesagt, dass du endlich damit beginnen sollst?)


Zwischendurch kommt natürlich immer wieder der Zweifel bzw. die Verzweiflung auf, das geht glaube ich jedem Kreativling so. Zuletzt sendete mir ein Freund eine Nachricht mit den Worten: “Du hast noch Zeit.” Die Seite sagte:


What age did the greatest authors publish their most famous works? (klick drauf)


Und das lässt wirklich aufatmen. Nur Rosamunde nicht, oh bitte, bitte … lass mich nicht Rosamunde sein!


Und jetzt, verdammt, setz dich endlich an den Computer und fange an zu schreiben, sonst wird das nie was!


 


 


 


 •  0 comments  •  flag
Share on Twitter
Published on January 20, 2015 05:06