Maximilian Buddenbohm's Blog, page 29

November 14, 2024

Kultureller Eskapismus

In meiner flott in den Alltag integrierten Rettungsreihe „Kultureller Eskapismus“, die ich bisher weiterempfehlen kann, sie wirkt immerhin etwas gegen die übermäßig schlechte Stimmung, habe ich mich währenddessen noch mehrfach beorgeln lassen. Wieder in St. Petri und St. Jacobi.

Außenmauer St. Petri, bröckelnde Ziegel an einem alten Fenster

Es gab Werke von Buxtehude, Brahms und Bach. Was ein wenig so klingt, als müssten sie unbedingt mit B anfangen, diese Herren, in deren Kreis mir eine Frau bisher nicht begegnet ist. Frauen und alte Kirchenmusik … aber wen sollte das überraschen.

Dann gab es ein wenig Mendelssohn Bartholdy, immerhin ist bei ihm ein Name mit M vorangestellt. Eine Weile habe ich etwas trottelhaft überlegt, wieso auf dem Programmzettel die seltsame Kurzform „Felix Mende“ stand. Dann spät erst verstanden, dass der Organist an diesem Tag tatsächlich so hieß und etwas von Felix Mendelssohn Bartholdy spielte.

Sicher auch ein Spezialschicksal, mit diesem Namen.

Dann zwei abweichende Namen, Charles Tournemire und Jean Langlais, französiche Komponisten und Organisten, beide mir bisher unbekannt, auch interessant.

Außerdem habe ich zum ersten Mal gregorianische Gesänge da gehört, wo sie herkommen und hingehören, also in einem kirchlichen Raum, das war ebenfalls großartig (Ensemble Benedicte). Und natürlich war es besser, viel besser als über Kopfhörer auf dem Sofa.

Ich habe die singenden Damen und Herren nicht gesehen, während sie sangen, und dann nach dem Konzert gestaunt, wie wenig es waren. Ein Grüppchen nur – und für mich klangen sie überzeugend so, als sei ein ganzes Kloster angetreten. Faszinierend.

Eine Kirchenbank in St. Jacobi

***

Zwischendurch bin ich wieder an Podcasts gescheitert, weil ich die Sprache nicht mehr ertrage. Oder nein, die Sprache vielleicht noch, die Betonungen nicht. Ich habe einen wahren Hass darauf, dass alles und zu jedem Thema mittlerweile so vorgelesen wird, als sei es einem Bilderbuch für die ganz Kleinen entnommen.

Wenn man bei einem „großen Problem“ etwa das o in der ersten Silbe besonders groß macht. Wenn man es dramatisch in die Länge zieht, ordentlich überbetont. Ich habe sofort die Vorstellung eines Kindergärtners in einem Kreis von ganz Kleinen dabei, der beim Vorlesen mit beiden Händen die Größe des Problems auch anzeigt. Die Arme zur Decke erhoben, damit es wirklich von allen verstanden wird, dass dieses Problem bestimmt durch keine Tür passt. Die Augen dabei weit aufgerissen, Laientheaterblicke.

Meine Güte.

***

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Published on November 14, 2024 20:45

November 13, 2024

Vorindustriell und der Zukunft zugewandt

Die Innenstadt wird währenddessen weiter forciert vergemütlicht, hier im Beispiel der Markt auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz, kurz vor der Eröffnung.

Der noch geschlossene Weihnachtsmarkt auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz

Die großmütterliche Uhr im Bild mit doppeltem Festverdeutlichungssternchen als Möglichkeit der Traulichkeitskonzentration im Dingsymbol. An allen Bretterbuden klemmt derartiges. Eiche rustikal mit Märchenelementen, dunkles Holz, Vergangenheit, Wald, Bäuerliches, Vorindustrielles, Handwerkliches. Zeug aus einer Zeit, als das Wünschen noch geholfen hat.

Zwischen zwei großen Tannen in Kübeln das Wort „Winterwald“ geklemmt, ach schön, Illusion fast perfekt, nach dem dritten Glühwein spätestens.

Wenn man die Symbole von den Buden herunternimmt und nebeneinander aufreiht, ergeben sie abgelesen gewiss ein Volkslied. Im Grunde klemmt da das komplette Lyrikvokabular der damals so reich und schön vertonten Epoche, und von der Straße her ein Posthorn klingt.

Na, wenn es denn hilft. Man muss doch in Stimmung kommen. Sagt man.

***

Über den großen Widerwillen nachgedacht, mit dem nicht nur ich jetzt auf die Nachrichten aus Deutschland und der Welt sehe. Alles ekelhaft finden, tatsächlich ekelhaft, mit körperlich spürbarer Abwehr, ekelhaft, dumm und empörend. Aber überhaupt keine Nachrichten mehr zu lesen, das wird auch keine dauerhaft vernünftige Option zu sein. Am Ende muss man aus gewissen Entwicklungen Maßnahmen welcher Art auch immer ableiten. Das ist immerhin möglich, was weiß ich.

Ich habe noch keine Lösung für dieses Dilemma gefunden, abgesehen von der Simpelstrategie, kategorisch nur noch die Schlagzeilen zu lesen. Es ist alles enorm unbefriedigend, und man wird sich doch über Jahre mit diesem Zustand arrangieren müssen. Und darf dabei nicht einmal vergessen, dass es schon ein Privileg ist, ein großes sogar, wenn man sich mit etwas nur arrangieren muss. Quasi Kleinigkeit.

Aber es ist wie immer, das Relativieren bringt keine seelische Erleichterung und ist eine nur höchst theoretisch wirksame Kur.

Währenddessen poppen auf den Fußwegen bereits die Wahlplakate auf, in merkwürdiger Konkurrenz zur Weihnachtsdeko. Mit immerhin sinniger Verknüpfung der beiden Themen, wenn es um den Wahrheitsgehalt geht. Es ist alles sehr besinnlich, entschieden sozial auch, klimafreundlich und doch wachstumsorientiert, wunderbar heimelig und sicherheitshalber auch tief empfunden christlich, dabei aber doch irgendwie für alle und selbstverständlich für die Zukunft, sicher doch, bei Bedarf aber tief in der Vergangenheit verwurzelt.

Und Putten und Politiker, sie lächeln so lieb.

***

Egal. Wieder positiv enden, einfach wie gestern noch einen Moustaki anhängen. In der Dichtung und den anderen Künsten werden ebenfalls Versprechungen und Slogans geliefert, so ist es ja nicht, sie klingen nur besser:

„Je déclare l’état de bonheur permanent
et le droit de chacun à tous les privilèges.”

Das ist mal eine Ansage.

***

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Published on November 13, 2024 20:44

November 12, 2024

Brahms, Dunkelheit, Moustaki

Ob es am Montag oder Dienstag zwischendurch hell draußen war, ich könnte es nicht ernsthaft bezeugen und habe auch berechtigte Zweifel daran. Ich weiß nur halbwegs sicher, es hat zwischendurch geregnet, auch mehrmals und lange. Ich hörte die Tropfen auf den Scheiben und fand es im Home-Office halbwegs gemütlich. Immerhin war ich drinnen, der Regen war draußen, das war so weit in Ordnung. Es war, mit anderen Worten, ausgeprägt November. Und wann immer ich vor der Tür war, so oft war es leider nicht, war es dunkel dort.

Ansonsten habe ich viel gearbeitet und mich zwischendurch sogar als seltsam motiviert empfunden. An dem einen Morgen stand ein Sohn allerdings um 5 auf, um vor der Schule noch ins Fitness-Studio zu gehen. Es gibt immer irgendwelche anderen, die es noch sportlicher angehen. Kein Tag ohne Demütigung, ich sage es ja.

***

Beim eher ziellosen Herumgehen in der Stadt, kurz springe ich zeitlich zum Sonntag zurück, bin ich am Brahms-Museum vorbeigekommen. Ich hätte es nicht einmal parat gehabt, dass wir so ein Museum in der Stadt haben, dabei ist das doch einigermaßen naheliegend. Ich war auch noch nie diesem Hinterhof-Fachwerk-Ensemble dort um die Ecke, in der Peterstraße, und das kann man ruhig einmal gesehen haben.

Ein Fachwerkensemble in der Peterstraße, Komponistenviertel

Da also auch einmal hingehen, in dieses Museum, es war noch geschlossen, als ich davorstand. Womöglich sogar noch in diesem Jahr hingehen. Alles gleich umsetzen, oder doch wenigstens bald.

Auf dem weiteren Weg durch die graue Novemberstadt habe ich dann das Deutsche Requiem von Brahms gehört, wo der Herr mir schon so unvermittelt in den Weg sprang, das schien mir in der Folge passend zu sein. Und tatsächlich war es als Hintergrundmusik zu allem sehr schön, sogar als Soundtrack zur menschenleeren Eisbahn am Morgen und zum spätherbstlichen Park drumherum: „Das Gras ist verdorret und die Blume abgefallen.

Planten un Blomen in herbstlicher Verfärbung, Blick auf den Fernsehturm, ein umgestürzter Baum in einem Gewässer

Demnächst gibt es eine Aufführung des Requiems im Michel, sehe ich gerade, und zack, habe ich prompt eine Karte gekauft, als entschlossener Machertyp, der ich bekanntlich bin. Also manchmal. Eher selten. Egal.

Die noch menschenleere Eisbahn in Planten un Blomen am Morgen

***

Es gab ansonsten Maultaschensuppe ohne Rezept. Suppengrün, Maultaschen aus dem Kühlregal und was so herumlag. Mit frischer Petersilie darüber ist auch das schon von mindestens kantinentauglicher Qualität, wenn nicht besser.

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Auf Youtube, immer auch das Positive wahrnehmen, zeigen und hervorkehren, habe ich einen Clip von Moustaki und Barbara gefunden, und guck an, diese Aufnahme des Liedes kannte ich noch nicht. Schön, schön.

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Published on November 12, 2024 20:50

Dinge werden geregelt

Auf dem Stadtspaziergang am Sonntagmorgen, ich gehe wieder etwas nach, begegnen mir 24 Obdachlose. Hätte ich genauer hingesehen, wäre ich nur ein wenig aufmerksamer gewesen, die Zahl wäre sicher noch höher ausgefallen.

Immer wieder in den letzten Monaten und Jahren hatte ich das Gefühl, es sei eine Höchstzahl erreicht, dann wurden es erneut mehr. Seit Beginn der Pandemie ist die Lage auf der Straße eskaliert, Sie erinnern sich vielleicht noch an die Anfänge der Entwicklung. Die Medien berichteten zunächst häufig über den sprunghaften Anstieg der Verelendung, in meinen Texten stand ebenfalls einiges dazu.

Die Schlange vor der Essensausgabe in der Kirche gegenüber wurde länger und länger, bis hin zu Bildern, bei denen man unwillkürlich an Charles Dickens denkt oder an Bilder aus der Weimarer Zeit – hungrige Menschen warten im Regen auf etwas Suppe und Brot. Mein Indikator für die soziale Not im Blickfeld vor der Haustür.

Die Lage hat sich seit den ersten Coronajahren aber nicht wieder geändert. Man muss es sich vielleicht ab und zu bewusst machen, in unserem neuen, mehr oder weniger postpandemischen Alltag, dass dieses veränderte Normal da draußen nicht sehr alt ist.

Oder, noch ein Beispiel, ich gehe zum Einkaufen, ich zähle wieder mit: Zwölf bettelnde Menschen am Straßenrand. Nur auf dem Hinweg.

Währenddessen werden in der Stadt Scheindiskussionen geführt, etwa über das Bettelverbot im ÖPNV. Darf es das nun geben oder nicht, soll es das geben. Da hat man Meinungen dazu und sagt sie auch, schreibt sie, druckt sie, sendet sie. Dabei ist es vollkommen egal, ob es da ein Verbot gibt oder nicht. Es ist sowieso nicht daran zu denken, dass so ein Verbot jemals durchgesetzt werden könnte. Hundertschaften von Kontrolleuren müssten dafür pausenlos durch die Bahnen, immer wieder durch alle Wagen geschickt werden, das ist nicht realistisch. Es ist wie mit den Zone-30-Regelungen: Es ist egal, ob es sie gibt oder nicht, es hält sich eh niemand daran.

Und ich bin wieder bei der Herbeibehauptungskultur, die ich als so kennzeichnend für unsere Zeit empfinde. Wir sagen, das Betteln sei verboten, wir sagen, man solle langsam fahren, und wir hören dann auf. Die Umsetzung interessiert nicht, es ist alles egal.

Aber man hat doch etwas geregelt, und darin liegt die Tat. So meint man.

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Hier eine zusammenhangslose Möwe. Warum auch nicht.

Eine Möwe auf dem Dach eines Alsterbootes, im Hintergrund Wolken und die Alsterfontäne

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Ansonsten ein bemerkenswert sportlicher Wochenanfang, Aufgaben dicht an dicht, oder, um es doch einmal bemüht positiv auszudrücken: Vollbeschäftigung.

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Published on November 12, 2024 08:25

November 10, 2024

Spiegelungen und schwere Lasten

Eine Journalistin der Lokalzeitung, für die ich regelmäßig kolumnisiere, schrieb in der letzten Woche, dass man auch solche Nachrichtenlagen wie die aktuelle aufs Lokale herunterbrechen müsse. Womit sie aus Sicht der Zeitung Recht hat, und es gilt auch für mein Verständnis des Blogs. Welches keine Allgemeingültigkeit hat, Blogs können beliebig vielfältig interpretiert und jederzeit neu gedacht werden, eh klar. Andere etwa haben Anmerkungen zur Neuwahldiskussion.

Aber tatsächlich finde ich es interessant, auch mit jedem Jahr mehr, wie sich die Nachrichtenlage, die große Lage, im Lokalen und Erreichbaren spiegelt, vor meiner Haustür, in der Wohnung, im Büro, beim Discounter, im Supermarkt etc.

Und da standen sie am Freitag auch schon vor mir an der Kasse, die Interpreten der aktuellen Spiegelung. Zwei junge Männer in der Mittagspause oder Schulpause, das kann man in dem Alter nicht recht wissen. Achtzehn, neunzehn Jahre waren sie vielleicht alt, so in etwa. Sie sahen beim Warten in der Schlange auf den kleinen Pressestand neben der Kasse, auf die Schlagzeilen der Boulevardzeitung. Sie sahen den neu gewählten US-Präsidenten, und der eine sagte, anerkennend nickend:

„Trump ist der Mann, Digga, einfach der beste Mann. Erst haben sie alle gesagt, der kann nix, weißu, und dann wählen sie ihn doch. So einen braucht Deutschland jetzt auch.“

Und der andere antwortete: „Aber genau so einen, Digga, genau einen wie den. Das wär‘s.“

Denn wenn man die Spiegelungen im Lokalen beachtet, so heißt es ja nicht, dass sie einem gefallen müssen. Keineswegs heißt es das.

Eine streetartmäßiug beklebte Wand, ein Plakat zeigt das E von Edeka mit einem nachgestellten Digga

Am Rande interessant für mich, es fiel mir bei diesem Dialog auf, dass mir Schlagzeilen, also Print-Schlagzeilen, kaum noch im Alltag auffallen. Die beiden großen Läden, in die ich fast täglich gehe, haben die Zeitungen nicht mehr prominent platziert, sie sind in den letzten Jahren aus dem Blickfeld gerückt. Es schreibt sich leicht, ist aber wieder eine dickere Scheibe Kulturgeschichte.

Ansonsten wurde die aktuelle Eskalation der Politik in den Smalltalksituationen der vergangenen Woche eher lapidar erwähnt. Vor allem im Zusammenhang mit Sachen, die nicht gingen, die kaputt waren, nicht mehr liefen oder entgleisten, es gab in verschiedenen Zusammenhängen in meinem Umfeld einige davon:

Das jetzt auch noch. Na, das passt ja ins Bild.“

***

In der Mönckebergstraße wurde am Sonntag weiteres Weihnachtsdekozubehör auf besonders großen Fahrzeugen herangefahren, für Weihnachten braucht es einen Schwerlasttransport. Das kann man besonders sinnreich finden, je nach Einstellung zum Fest.

In den Timelines sah ich die mehrfach geäußerte Verwunderung, wie viel Weihnachten jetzt schon stattfindet, und noch während ich das las, sagte die Herzdame, dass wir Weihnachten mal aus dem Keller holen müssten.

Meinetwegen nicht, dachte ich. Aber egal.

Am Rathausmarkt muss währenddessen jemand mit Kommandogewalt den klassischen Befehl „Hisst das Weihnachtsfest!“ ausgerufen haben, ich sah es am Nachmittag.

Aufbauarbeiten am großen Weihnachtsstern auf dem Rathausmarkt, das hohe Gestänge, auf dem er sitzt, wird montiert

Und in den Foodblogs erscheinen währenddessen mehr und mehr Plätzchenrezepte, auch der erste Grünkohl wird auf diesen Seiten bereits verarbeitet. Es gibt Kohl und Kekse in chaotischer Weltlage, denn der Mensch braucht irgendeinen Halt.

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Schließlich: Die Bedeutung des Fucks beim Feuerkissen. Ein Weiterbildungslink.

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Und damit ab in eine neue Woche. Kennen Sie L.A. Salami? Ein hervorragendes Lied für den Montagmorgen.


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Published on November 10, 2024 20:50

November 9, 2024

Stupid mental health

Es gab, die Reihe wird fortgesetzt, eine asiatisch anmutende Hühnersuppe, frei nach dieser theoretischen Grundlage. Suppen passen in den Monat und ich kriege eh nicht mehr alle Familienangehörigen zu einer bestimmten Tageszeit zum Essen. Wir brauchen leicht aufwärmbare Gerichte, nachts aufwärmbare Gerichte. Teenagertaugliches Zeug brauchen wir, und viel davon.

***

Morgens bin ich kurz in den Park neben dem Supermarkt gegangen, um nachzusehen, ob der nun endlich nach bekannter Lyrikvorgabe georgemäßig totzusagen sei. Aber es wirkte immer noch alles recht belaubt und belebt dort, es war nicht einmal alles ordnungsgemäß gelb eingefärbt, außerdem gab es spielende Kinder auf dem Basketballfeld im Bild. Also nein.

Abwarten. Der November wird schon noch aufholen, er tat es bisher immer irgendwann. Falls die Vorjahre überhaupt noch etwas beweisen, man hat mittlerweile doch einige Zweifel.

Später eine Alsterrunde. Natürlich gegangen, nicht gejoggt, ich habe mich bis dahin noch im Griff. Leer war es auf den Wegen um die Alster herum, ungewohnt leer. Lange habe ich dort nicht mehr so viel Freiraum erlebt. Einige Szenen fast ohne Menschen gab es, nur Wasservögel im Bild, Kormorane, Schwäne, Blässhühner, Stockenten.

Am jahreszeitlich angemessenen Wetter wird das Ausbleiben der Menschen gelegen haben. Am elaborierten Novembergrau, das bis in die Details des Landschaftsbildes wirkte, bis in die Gesichter der wenigen Passanten auch. An der schwachnebeligen, diesigen, feuchtklammen Luft lag es gewiss, am Ausbleiben einer lockenden Helligkeit und dann daran, dass es schon am Vormittag so aussah, als wollte es gleich wieder dunkel werden. Es lohnte sich doch kaum, da erst rauszugehen.

Wir haben diese Phase des Jahres erreicht, in der man die Unfähigkeit zum Winterschlaf wieder allgemein bedauert.

Bunte Segel auf der novembergrauen Alster

Sogar weniger enthusiastische Sportmenschen als sonst sah ich, deutlich weniger. Auch die blieben an diesem Tag zu Hause und aßen vermutlich Lebkuchen oder ähnliches Zeug, damit sie bald wieder etwas abzutrainieren haben. Wenig Joggende also, und die liefen in seltsam anmutenden Outfitkombinationen. Unten kurze Hose, oben dicke Wollmütze, oder dünnes Muskelshirt und selbstgestrickter Schal sowie wollene Fäustlinge dazu, so etwas.

Ansonsten etliche Paare mit Kinderwagen. Oft mit den Großeltern oder befreundeten Menschen dabei. Männer gingen neben Männern, Frauen gingen neben Frauen, fast unweigerlich war das so, und viele gingen schweigend. Es war, so muss es allgemein empfunden worden sein, kein Plaudertag.

Nicht wenige sahen auf ihrer Runde arg gelangweilt, übermüdet, abgekämpft, zumindest lustlos aus. Ein blasses Elternpaar mit von Gähnkrämpfen entstellten Gesichtern. Ich erinnere mich an diese Phase bei uns, und mit Grauen. Man reißt sich zusammen, man schiebt um die Alster, denn man muss ja einmal raus. Die Kinder brauchen Luft, und eine weitere Motivation gibt es da nicht, braucht man auch nicht.

Eine leere Schaukel im Alstervorland, zwei Gartenstühle daneben

Einmal etliche Gänse im Tiefflug über den jungen Familien. Ein wenig sah es für einen Moment aus wie auf einer werbenden Skandinavienpostkarte, es fehlte nur etwas Weiß im Bild, etwas Winterschönheit in der Landschaft. Damit ist aber vorerst weiterhin nicht zu rechnen.

Schließlich die paar Menschen, die allein um die Alster gingen, mit den Kopfhörern auf und in eigener Musikwelt. Die manchmal recht schnell gingen, so wie ich. Und die dabei ein bekanntes Tiktok-Meme auszuleben schienen: „I’m going on a stupid walk for my stupid mental health.“ Eine geschichtliche Erläuterung dazu noch aus Corona-Zeiten findet man hier.

Mit finsterer Miene pflichtgemäß losgestapft, weil muss ja, warum auch immer. Es gibt mittlerweile Tausende von Versionen dieser Clips, und es ist keineswegs auszuschließen, dass ich ebenfalls danach ausgesehen habe, dass ich von Entgegenkommenden derartig einsortiert wurde.

Es passte schon, im weitesten Sinne. Aber ich mag den Monat, das immerhin. Es ist mir alles recht, das Grau, die Leere, die Ruhe, die frühe Dunkelheit auch. Und die Lebkuchen.

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Published on November 09, 2024 22:24

November 8, 2024

Winterkälte, warme Suppen

In die Reihe „Zeichen des Niedergangs“ können wir Vanessas Anmerkungen zur Buchung und Durchführung von Bahnreisen einordnen.

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Kein Trost, nirgends“, das ist vermutlich kein motivierender Teaser, aber Jonas Schaible schreibt einen lesenswerten Newsletter. Und in Zeiten, in denen es deutlich schwieriger wird, sich vernünftig zu informieren, sollten wir unsere Quellen umso mehr teilen.

Apropos teilen, neulich habe ich wieder einmal diese finnische Suppe gemacht, Lohikeitto, die ich eine Weile vergessen hatte. Es ist eine gute, einfache Suppe, und man hat nebenbei ein finnisches Wort gelernt.

***

Die Gorch Fock ist in Hamburg zu Gast. Ich habe das Schiff noch nie gesehen, gehe also eben zum Hafen, um nachzusehen, ob sie planmäßig angelegt hat. Ich mache das direkt nach dem Home-Office, das ich nur mit knapper Not gegen 13 Uhr nicht an die Wand werfe. Es war insgesamt eher nicht meine Woche, um es bündig zusammenzufassen, und hanseatische Contenance ist gerade eine knappe Ressource.

Egal, freitags ab eins macht jeder seins, es gibt alte Regeln, die muss man durchsetzen.

Wo war ich. Zum Hafen, zum Hafen, denn, wie schon der deutsche Barockdichter Bernd Begemann schrieb, „in Städten mit Häfen haben die Menschen noch Hoffnung.“

Ich gehe dorthin, bevor die Massen heranrauschen, denn am Wochenende ist „open ship“ und man kann den berühmten Segler besichtigen. Aber das wird vermutlich recht voll werden, lange Schlangen wird es da geben, das möchte ich wieder nicht.

Die Gorch Fock liegt allein an der Überseebrücke, und das sei, wie jemand im Fernsehen sagte, eine besondere Ehre. Ich gehe die lange Brücke runter, die ich schon als Kind an der Hand eines Hamburger Großonkels hinuntergegangen bin, und gucke mir das Schiff an. Um mich herum bereits etliche andere Fotografen, alle frierend im Wetter, welches gut zu Nordatlantikfahrten und dergleichen passen würde. Eiskalt fährt es einem in die Jackenärmel, es beißt einem in die Ohren und die Finger waren auch schon einmal beweglicher, das geht heute einwandfrei als Winterkälte durch. Vor der Gangway ein frostblasser Marinesoldat, der freundlich Besucherinnen abwehrt, nein, heute noch nicht.

Die Gorch Fock an der Überseebrücke im Hamburger Hafen vor grauem Novemberhimmel

Das Schiff ist deutlich kleiner, als ich gedacht hätte. Das wird daran liegen, glaube ich, dass es in den Medien immer schön freigestellt gezeigt wird. Möglichst beeindruckend fährt es in den Clips dahin, perspektivisch hervorgehoben legt es irgendwo an. Tatsächlich wirkt es da an unten der Brücke eher handlich als majestätisch.

Und vorne am Bug, diese Figur – sehen Sie das auch, wonach das aussieht? Nach Playmobil? Das kann doch nicht nur mein Eindruck sein.

Die Galionsfigur der Gorch Fock

Ich mache meine zwei Fotos und gehe wieder. Ich habe eine Bildungslücke geschlossen und verbleibe mit der Frage, ob es wohl dieses unvergessliche „Klack“ gemacht hat, als man den Vogel vorne drangesteckt hat.

Aber ich will nicht spotten, pardon. Großsegler sehe ich gerne, so ist es nicht.

Dann frierend nach Hause. An der Station Baumwall steige ich in die U-Bahn, in der Fahrgäste an den Fenstern kleben und „Wo ist sie denn?“ fragen, Masten im Blickfeld suchen: “Ist sie das? Ist sie das?“

Kurz aufwärmen und dann gleich wieder zum Einkaufen gehen. Man braucht mehr Suppe in diesen Zeiten.

Blick auf die Elbphilharmonie von der Überseebrücke aus

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Published on November 08, 2024 22:16

November 7, 2024

Sauna, Tango, Heavy Metal

Gehört: „Die glückliche Gesellschaft – kann man von Finnland lernen?“ Enthält Elemente wie etwa Saunagänge, Tango und Heavy Metal, das ist alles eher nicht mein Fall. Aber es wird auch mehr Natur genannt, um das persönliche Glück und das der Gesellschaft zu fördern, da könnte ich eher anschließen und mitmachen. Im Rahmen der Stadtnatur eben, also mit einigen dezenten Einschränkungen. Wald etwa steht mir hier nicht zur Verfügung, jedenfalls nicht mal eben so.

Aber es ist doch interessant, diese Sendung. Am Rande denke ich beim Hören die mich stets faszinierende Frage mit, warum wir, also wir als Gesellschaft, wenn nicht sogar als Menschheit, mit best practice so wenig anfangen können. Nicht im internationalen Vergleich, aber auch kaum vor Ort, etwa zwischen Bundesländern, Gemeinden etc. Selbst in Institutionen, Behörden, Konzernen, Firmen hat der Ansatz nicht die Wichtigkeit, die er aus meiner Sicht haben sollte und die in manchen Lehrbüchern steht. In der Politik schon gar nicht. Es ist meist nur eine theoretische Möglichkeit, und es wirkt oft exzentrisch, dem einmal ernsthaft und mit Ergebnissen nachgehen zu wollen. Seltsam, seltsam.

***

Außerdem gehört, und gleich mehrfach, einen alten Song von der geschätzten Janis Ian. Tea and Sympathy, aus dem Jahr 1976, da war ich zehn Jahre alt. Ich finde traurige Musik oft entspannend und angenehm, nicht herunterziehend, eher im Gegenteil. Der Song enthält eine Zeile, die man, so nehme ich an, mit jedem Lebensjahr verständnisinniger und auch mit jeweils leicht variierter Haltung mitsingen kann. Sie hat mich daher gerade etwas länger beschäftigt:

„Let’s drink a toast to those who most believe in what they’ve won.”

Man kann den Satz, es bietet sich gerade mit Nachdruck an, auch beim Verfolgen der aktuellen Entwicklungen in der Politik leise mitträllern. Es passt schon.


***

Den Mittwoch habe ich außerordentlich schlecht gelaunt verbracht, es wird kaum überraschen. Die Gründe dafür konnten Sie teils den Nachrichten entnehmen und werden es mit einiger Sicherheit auch getan haben. Am Nachmittag habe ich dennoch (ich vertraue in meiner Grundhaltung insgesamt eher auf den Trotz als auf die Hoffnung, merke ich, ich halte ihn für wesentlich verfügbarer und ebenso anwendbar, um sich seelisch zu stabilisieren) ein kleines Konzert in St. Petri besucht.

Etwas stolz bin ich dabei auf mich gewesen, diesen Plan tatsächlich und mit Erfolg in den doch übervollen Alltag eingebaut zu haben. Wie so ein Mensch, der Freizeitbeschäftigungen, Erholung und Kulturkonsum auseichend würdigt und dafür Raum macht.

Allerdings habe ich nicht vorher nachgesehen, was dort gespielt wurde, und das waren dann Werke eines Posaunenchores. Eines guten Posaunenchores, so ist es nicht, das habe ich durchaus hören und erkennen können, aber es ist musikalisch nicht unbedingt mein Fall.

Die Bögen über dem Altarraum von St. Petri

Und als sie abschließend eine Bläser-Version von Heal the world spielten, von einem Song also, den ich nicht ausstehen kann, weil ihn eine verrückte Nachbarin hier im Zustand der fortgeschrittenen Trunkenheit etwa einmal im Quartal stundenlang in Endlosschleife und brüllend laut abspielt, bis wir alle entnervt ans Gegenteil von heal denken … es gibt Tage, da tuste bei, wie ein anderer vor längerer Zeit oft geschrieben hat.

Aber das werden an diesem Tag etliche von uns in ähnlicher Weise gedacht haben, ich sah es in den Timelines. Es war alles etwas viel für uns, nicht wahr.

Die Elbpegelanzeige im Hamburger Hafen, Höhe Anleger Feuerschiff

***

Später habe ich mich zu ungewohnter Zeit eine Stunde aufs Sofa gelegt. Um mich von allem etwas zu erholen, durch konzentriertes Hören von Händel. Der hilft immerhin manchmal, siehe auch Bach. Eine Stunde war es etwa, die ich damit verbracht habe, mich bemüht auf Schönes zu konzentrieren, mit allerdings bescheidenem Erfolg. Danach habe ich wieder in die Nachrichten gesehen und nicht recht gewusst, wie absurd ich es finden sollte, dass meine Sofazeit ausgerechnet diese Stunde war, in der es auch noch die deutsche Regierung mit ordentlichem Geschepper zerlegt hat.

Die Wirklichkeit zeigte sich also wieder mit lächerlich überzogen wirkender Dramatik und allzu plattem Script. Ich selbst darin als abgewirtschafteter Hauptdarsteller mit lächerlicher Mimik wie im Stummfilm, händeringend vor einem Bildschirm – und solche Vorgaben muss man dann ausleben. Weil sie so bedrückend alternativlos daherkommt, diese immer holzschnittartiger werdende Wirklichkeit.

Manfred Krug hat, man kann das in seinen empfehlenswerten Tagebüchern nachlesen, beim Dreh stets noch in letzter Minute die Scripte solange korrigiert, bis ihm alles wirklich passte und seinen Vorstellungen von Niveau entsprach.

Da auch mal drüber nachdenken.

***

Frau Novemberregen schreibt: „Nach Berlin fahre ich übrigens zum Vergnügen, nicht zur Machtübernahme, das muss man derzeit ja dazu sagen.“

Man liest es mit leichtem Bedauern, nicht wahr, denn wie schon bei Vanessa neulich – man traut gewissen Bloggerinnen etwas zu. Denn man liest sie ja lange genug und kann es also kompetent beurteilen. Frau Herzbruch übernimmt bei denen dann die politische Kommunikation, da geht doch was.

Ich dagegen, ich bin raus. Ich möchte lieber nicht.

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Published on November 07, 2024 20:52

November 5, 2024

Vogelfutterfestspiele

Wir haben zur Monatswende auch die Vogelfutterfestspiele auf dem Balkon wieder eröffnet und die ersten Meisenknödel aufgehängt, von denen wir immer große Mengen bestellen, riesige Eimer voll. Wir haben auch die ersten Nüsse in den Blumentöpfen ausgelegt, und wir haben dann noch etwas hinter der Scheibe der Balkontür gestanden und abgewartet.

Die Kohlmeisen haben es zuerst mitbekommen und in ihrem Clan herumerzählt, schnell eskalierende Besuchszahlen. Die Spatzen, die über den ganzen Winter gesehen sicher am meisten vom Futter profitieren werden, sie lassen sich noch Zeit. Die Bande treibt sich gerade woanders herum, aber sie werden schon bald auftauchen und dann große Mengen konsumieren, nehme ich an.

Krähen und Elstern kamen noch nicht, sie sind auch in diesen Tagen weit und breit nicht zu sehen. Der Eichelhäher aber flog mit großer Selbstverständlichkeit vorbei und nahm sich eine Nuss. Als hätte es keine monatelange Sommerpause gegeben, keine Unterbrechung der normalen Abläufe.

Übrigens kam nur er immer wieder regelmäßig zum Nachsehen. Den ganzen Sommer über hat er uns fest im Programm behalten, all die futterlosen Monate lang. Ein fixer Kontrollpunkt in der Wiedervorbeiflugroutine war und ist unser Balkon für ihn. Alle drei Tage etwa hat er den Balkon abgecheckt, ob da nicht vielleicht doch … Kurz hat er jeweils die Blumentöpfe inspiziert, dann noch eben ein Rundumblick, auch sicherheitshalber den Boden unter den Möbeln kurz angesehen, dann schon weiter: Es hätte ja sein können. Wo einmal etwas war, könnte immerhin wieder etwas sein. Auch wir Menschen kennen das, etwa aus der Geschichte.

Es ist offensichtlich ein Vogel mit Pflichtgefühl und ehernen Routinen, ich finde das sympathisch. Es klingt etwas an in mir, wenn ich das beobachte. Dieses stoische Festhalten an Gewohnheiten, bis sie erneut zum Erfolg führen. Oder endlich einmal. Länger aushalten als andere, immerhin auch eine Strategie.

Geduld, Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen. Man sieht es dem Vogel nicht auf den ersten Blick an, dass er sein Verhalten an diesen Charaktereigenschaften ausrichtet. Eigentlich sehen eher die Krähen in ihrem seriösen Schwarz nach diesen längst unmodern gewordenen Tugenden aus, nicht aber der schillernde Häher. Mit seinen doch etwas geckenhaften Verzierungen im Federkleid und dieser zappelig anmutenden Kopfhaltung, die zunächst auf einen unsicheren Kandidaten tippen lässt.

Allerdings, das muss ich auch sehen, wird das Verhalten des Eichelhähers nicht belohnt. Nicht eine Nuss mehr gewinnt er am Ende durch sein eisernes, trotziges Beharren auf eingespielten Verhaltensweisen. Die Spatzen, die Blaumeisen oder die Rotkehlchen, die jetzt gerade vielleicht im Vorbeiflug von irgendeinem Vogelkumpel hören werden, dass da auf diesem Balkon wieder Futter liegt, die ihr Leben lang fest auf diese Beiläufigkeit, auf diesen Zufall und auf sonst gar nichts vertrauen, die damit gut durchkommen, die werden mindestens die gleiche Beute machen wie er. Oder sogar mehr. Weil er doch heute noch dringend siebzehn andere fest eingespeicherte Standorte prüfen muss, und vielleicht vergeblich. Während sie sich hemmungslos den Bauch vollschlagen, wo nur gerade etwas liegt, und solange es dort liegt.

Da auch mal drüber nachdenken. Aber erst, wenn ich dafür Zeit habe, vorher kommen noch siebzehn andere To-Dos.

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Im Bild Hammerbrook, das kam schon erstaunlich lange nicht mehr vor. Heute mal wieder dorthin, quasi routinierter Vorbeiflug.

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Published on November 05, 2024 21:23

November 4, 2024

Heranrollende Gemütlichkeit

Vorweg einen herzlichen Dank an die großzügigen Menschen, die in den letzten Tagen deutlich mehr als Kleingeld in den Hut geworfen haben. Noch mit äußerst freundlichen Zeilen dabei – ich freue mich! Es belebt die Motivation für den November, der, wie es aussieht, nicht eben der netteste Monat des Jahres für mich werden wird. Obwohl ich doch nichts gegen ihn habe, eher zum Freundeskreis gehöre, es mutet etwas ungerecht an.

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Mit der Herzdame am Montagabend die Termine bis Weihnachten sortiert. Wir haben in diese Restzeit von 2024 dummerweise auch Vorsorgetermine und ähnliches hineingeplant, damals am Jahresanfang. Als man alles irgendwohin packen wollte, möglichst weit weg. Nach Durchsicht haben wir hysterisch lachend festgestellt, dass das alles nicht gehen kann.

Und dass wir es alles dennoch machen, das haben wir dann auch festgestellt. Denn was soll man auch machen.

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Gehört: Einen unterhaltsamen Podcast (16 Minuten) über den Hit von Alphaville damals: Forever young – „Wenn wir gewusst hätten, dass diesen Song irgendwann die halbe Welt kennen würde, wir hätten es verbockt.“ Auch das habe ich bereits mehrfach notiert, ich weiß, aber man kann den Podcasts über Musik, Stars und Hits beispielhaft alles entnehmen, was man über Kreativität, Erfolg, Arbeit und Glück nur lernen kann, glaube ich.

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Währenddessen, kaum bloggt man ein, zwei Tage nicht, ist viel passiert, was das Voranschreiten des Jahres betrifft. Wir haben die ersten Mandarinen gegessen, ein wichtiger Schritt. Siehe auch erste Erdbeeren, Pflaumen etc.

Es gab den ersten Abendspaziergang, bei dem eine dickere Jacke doch die bessere Wahl gewesen wäre. Es gab das erste Laubharken im Garten, noch nie haben wir so spät im Jahr damit begonnen. Und es war dann nicht einmal viel, was da zusammenkam. Es hängt noch eine üppige Menge in den Bäumen, die Birke etwa ist noch halb bekleidet und wird demnächst erst Arbeit machen. Aber egal, man kann hervorragend Musik hören bei dieser Beschäftigung und sich mit den Pflichten arrangieren.

Und, um allfälligen belehrenden Kommentaren vorzubeugen, für die Igel, die es in Schrebergärten meist noch zahlreich gibt, haben wir gesorgt. Sie haben in unserem tendenziell unordentlichen, also als romantisch zu bezeichnenden Garten ausreichend Laubhaufen und Zonen, in denen sie nicht gestört werden.

Zwei, drei Weihnachtsmärkte wurden in der Stadt eröffnet. Weitere werden angekündigt, es geht schnell voran. Hier und da liegen Bretterstapel in den Fußgängerzonen bereit, das wird in Kürze alles routiniert verschraubt und aufgerichtet. Kaum anders als ein Bücherregal von Ikea, wenige Stunden wird es nur dauern. Die Gemütlichkeit auf Rädern wurde überall bereits herangerollt und ausgeliefert. Sie steht bald in überaus erwartbarer Form bereit, mit Glühweinduft und allem.

The same procedure, bis hin zum obligatorischen Glühweinvergleich über alle diese Märkte in den lokalen Medien, um den journalistischen Nachwuchs auch einmal vor die Tür zu bekommen. Man kennt das.

Bretterstapel vor der Rindermarkthalle, der Weuhnachtsmarkt in Einzelteilen

An den Fassaden der großen Kaufhäuser hängen die Neonzeichen der Zeit. Wenn man genau hinsieht, kann man bereits Merry Christmas in zig Sprachen, geschweifte Sterne, stilisierte Tannenbäume und dergleichen erkennen. Noch blass, aber demnächst wird das alles bunt leuchten. Auch der Winterdom wird aufgebaut, das jährliche Finale der öffentlichen Groß-Events in der Stadt. Das Riesenrad steht bereits, die Achterbahn Wilde Maus ist fast fertig, letzte Schrauben werden angezogen.

Dekoelemente von Fahrgeschäften auf dem Dom, noch auf einem Anhänger, ein Kassenhäuschen, eine große Plastikhand mit dem Peace-Zeichen und

Dezenten Nachtfrost gab es zum ersten Mal in den Randgebieten der Stadt, auch in den Gärten an der Bille.

Und am Sonntagmorgen sah ich auf den Wiesen unten am Alstervorland auch den ersten Raureif, Winter will es wirklich werden.

Raureif auf den Wiesen im Alstervorland

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Published on November 04, 2024 21:23

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Maximilian Buddenbohm
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