Maximilian Buddenbohm's Blog, page 238
November 19, 2017
Kinderbuchsession auf dem Barcamp Hamburg 2017
Gemäß uralter Tradition waren wir wieder mit den Söhnen auf dem Barcamp Hamburg. Und mittlerweile finden es auch die Kinder logisch, vor dem Besuch dort zu überlegen, ob wir eine Session anbieten können. Was übrigens auch eine gute Gelegenheit ist, sich zu fragen, was man eigentlich so macht. Kann man darüber was erzählen? Interessiert das jemanden, gibt es da Lernstoff, Anregungen? Wir haben natürlich neuerdings Gartenthemen, die sind aber alle noch theoretisch, die Schrebergartensession machen wir also lieber erst nächstes Jahr. Man will ja etwas vorweisen können, und seien es nur ein paar Möhrchen.
Sohn I hat in einer Session die mir bis heute vollkommen rätselhaften Spielregeln des Pokémon-Offline-Spiels erklärt, und als Familie gemeinsam haben wir die Kinderbücher vorgestellt, die in den letzten Jahren hier am besten ankamen. Beim Vorlesen, beim Lesen, beim, Immerwiederdurchblättern. Ein paar Klassiker, die wirklich jede und jeder kennt, haben wir gleich weggelassen, Lindgren muss man niemandem empfehlen. Lindgren war bei uns allerdings auch kein wirklicher Knaller.
Da auf Twitter nach den vorgestellten Büchern gefragt wurde, kommen die jetzt im Schnelldurchlauf hier im Blog. Ausführliche Rezensionen findet man natürlich an jeder Ecke im Internet, dazu reicht die Zeit im Moment auch nicht. Aber Weihnachten naht, vielleicht sucht die eine oder der andere doch noch praxiserprobte Anregungen? Es handelt sich wirklich um die beliebtesten Bücher, das müssen also nicht die pädagogisch wertvollsten sein.
Los geht’s:
Neil Gaiman: Die verrückte Ballonfahrt mit Professor Stegos Total-locker-in-der-Zeit-Herumreisemaschine. Wie eine Session-Teilnehmerin auf dem Barcamp sagte: “Eine hervorragende Heranführung an das Werk von Neil Gaiman.” Zeichnungen von Chris Riddell, Übersetzung von Ursula Höfker. Etwa ab fünf Jahren.
Tjibbe Veldkamp und Kees de Boer (Illustrationen): Bert und Bart retten die Welt. Übersetzung von Rolf Erdorf. Mit einer Mutter, die die Jungs zwingen will, Bäume zu umarmen und sie nicht mit Waffen spielen lässt. Schlimm! Und besonders schlimm, wenn man gerade Waffen gegen Außerirdische braucht. Dringend. Etwa ab fünf Jahren.
Haimo Kinzler und Leo Leowald: Gustav und Albo vom Aldebaran und der andere Band: Gustav und der Professor. Schon wieder ein Außerirdischer. Und Waffen spielen auch wieder eine Rolle, heißen hier aber Weltraumwummen. Außerdem mit einer ziemlich coolen Lehrerin: “ Ich bin natürlich in allen asiatischen Kampfkünsten ausgebildet!”, erklärt Frau Meier-Greulich, “Als Lehrerin muss man schließlich wissen, wie man seine Klasse verteidigt!” Die Bände enthalten Elemente aus Horror- und Science-Fictionfilmen, wunderbar aufbereitet für etwa Sechsjährige. Großer Spaß.
Jakob Martin Strid, Die unglaubliche Geschichte der Riesenbirne – oder wie Hieronymus Bergström Severin Olsen wieder in sein Amt als rechtmäßiger Bürgermeister von Glückshafen eingesetzt wurde – zur Freude aller Einwohner der Stadt, bis auf einen. Deutsch von Sigrid C. Engler. Unser zerlesenstes Buch, von Sohn II in Grund und Boden geliebt. Ein Buch, in das Kinder ab vier Jahren hineinwachsen können, mit jedem Jahr verstehen sie ein wenig mehr von der komplexen Geschichte und sehen noch mehr Details in den Bildern. Und im ersten Schuljahr lesen sie es dann endlich selbst. Und lesen und lesen. Das Buch kam hier im Blog schon öfter vor als meine eigenen Bücher, glaube ich.
Christian Berg: Kleines Monster Monstantin, mit Illustrationen von Jan Radermacher. Die Familie des Monsters Monstantin wird von einem Geisterbahnbesitzer entführt – es gibt aber auch Probleme! Schöne Geschichte über das Anderssein. Etwa ab vier Jahren.
Jan Jutte: Wach doch auf! Deutsch von Andrea Kluitmann. Sehr schön gezeichnete Geschichte von einem Jungen, der mit einem Elefanten befreundet ist, der morgens einfach nicht wach werden will. Dabei könnte man so schön spielen gehen! Aber das Tier schläft und schläft. Bis … Für die ganz Kleinen.
Timo Parvela: Ella in der Schule, aus dem Finnischen von Anu und Nina Stohner. Bilder von Sabine Wilharm. Es gibt mehrere Ella-Bände, alle perfekt passend für die ersten Grundschulklassen. Auch für Erwachsene unterhaltsam!
Dave Shelton: Bär im Boot. Übersetzt – und zwar saugut übersetzt – von Ingo Herzke. Die Sprache eine reine Freude, die Handlung irgendwie Kafka goes Disney, mein allerliebstes Vorlesebuch, das recht dick ist und in dem so gut wie gar nix passiert. Aber wie! Sehr große Empfehlung. Ab etwa fünf Jahren. Keine Grenze nach oben.
Christian Tielmann und Zapf (Bilder): Mein Leben mit Zombies und Kürbisbomben. Ebenfalls für Grundschüler. Das war nach Greg’s gefühlt hundertbändigem Tagebuch so ziemlich der einzige Comicroman, der hier richtig gut ankam. Eher zum Selberlesen.
Aino Havukainen und Sami Toivonen; Tatu und Patu und ihre verrückten Maschinen. Aus dem Finnischen von Elina Kritzokat. Läuft bei uns als Seite-1-Buch, weil wir so gut wie nie über das erste Maschinenbeispiel hinausgekommen sind. Das ist die Guten-Morgen-Maschine, die einen weckt, wäscht, frisiert, füttert usw., auf dem Bild ist so viel zu entdecken, danach ist die halbe Stunde an der Bettkante schon um. Das Buch enthält viele Maschinen, ich kenne wirklich nur die ganz vorne. Sehr gut so, auch wenn es wie ein Nachteil klingt. Das passt schon. Ab etwa vier Jahren.
Pierre Bailly und Céline Fraipont: Kleiner Strubbel. Übersetzung von Volker Zimmermann. Es gibt eine ganze Strubbel-Reihe, das sind Comics ohne jeden Text. Einzusetzen als Erstcomics oder als Comics zum Entdecken und Nacherzählen, sie machen aber auch dem begleitenden Elternteil oder dem großen Bruder noch Spaß, denn ganz harmlos sind sie nicht. Auf der letzten Seite gibt es für völlig einfallslose Eltern die in Bildern erzählte Geschichte noch einmal als Text.
Brandon Robshaw: Der 999.823ste Wunsch, Deutsch von Britt Somann. Das Buch kam hier im Blog gerade vor, im Moment das Lieblingsbuch von Sohn II. Ein Junge hat eine Million Wünsche frei und muss herausfinden, ob das gut ist oder nicht.
Ferdinand Lutz: Q-R-T – Der neue Nachbar. Ein Comic zum Selbstlesen ab dem ersten Grundschuljahr, das Buch diente auch als Beispiel für den Reprodukt-Verlag überhaupt. Immer mal ins Programm da sehen! Sehr feine Bücher.
Walter Moers: Die 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär. Die sinnige Heranführung an große Literatur, funktioniert ab etwa sieben Jahren, ist auch für die Vorleserin garantiert nicht langweilig. Bei uns nur echt mit einem sehr norddeutsch gesprochenen Käpt’n, ich habe viel Spaß.
Claudia Frieser: Leo und die Mumie. Ab etwa neun Jahren. Ein Kinderkrimi, der 1933 spielt, das mit den neun Jahren klappt also nur, wenn das Kind wenigstens minimale Geschichtskenntnisse hat. Größer müssen sie nicht sein, und dann ist das ein feiner Start in etwas komplexere Romanhandlungen und historische Themen.
Karin Lindeskov: Hamburg-ABC. Für die norddeutschen Kleinkinder. Enthält wichtige Vokabeln wie Zampelbüdel, Tüdelband und Peterwagen. In Hamburg eigentlich unentbehrlich.
Keri Smith: Mach dieses Buch fertig. Deutsch von Heike Bräutigam und Julia Stolz. Kein Vorlesebuch, überhaupt kein normales Buch. Eines, das man vollkritzeln muss, nass machen, anzünden (!), knicken, verkleben – “Erschaffen ist Zerstören”. Steht da drin. Schlimm! Und toll, versteht sich.
Isabel Kreitz: Der Laden. “Kinderbedarfsartikel” steht über dem Laden – und was es da alles gibt! Etwa die Brüllbonbons, nach deren Genuss man so laut reden kann, dass einen alle Erwachsenen hören. Etwa ab vier Jahren, wenn nicht sogar früher.
Sebastian Lybeck: Latte Igel, das ist eine ganze Reihe. Bilder von Daniel Napp. Lange Abenteuergeschichten in sehr kurzen Kapiteln, für diese Mischung ist man manchmal dankbar.
Thomas Müller: Apfelsaft holen. Für die ganz Kleinen, eine Geschichte über die Angst, die wir alle kennen, also über die Angst, alleine in den Keller zu gehen.
Craig Thompson: Weltraumkrümel. Deutsch von Matthias Wieland. Für kleine Comicleser, das Ding hat über 300 Seiten und ist schon einmal großartig dick, endlich ein Comic, der nicht gleich wieder aufhört. Sohn I war sehr begeistert.
Jean Marzollo und Walter Wick: Ich sehe was … Das ist auch eine Reihe. Bilderrätsel, die teils wirklich sehr, sehr schwer sind, ein willkommener Effekt, wenn man mit den Kindern gemeinsam sucht und sucht und sucht – und sie dann doch mal etwas vor einem finden. Und ja, wir haben auch schon weitergesucht, nachdem die Söhne eingeschlafen waren.
Julie Campbell: Trixie Belden auf der richtigen Spur. Eine Buchreihe aus der Kindheit der Herzdame, die kommt auch bei den Söhnen an. Denn – deswegen hatten wir das Buch auch mit – wichtig ist ja nicht, dass man nur die großartigsten Bücher überhaupt vorliest. Wichtig ist, dass man vorliest.
November 15, 2017
Beifang vom 15.11.2017
Bei der GLS Bank habe ich fünf Links zu Klima und Konsum zusammengestellt.
Ein Text über die Entfremdung von der Natur, es geht vor allem um Kinder. Interessant besonders der Absatz zur Natur in der Sprache: “Die Entwicklung macht sich auch in unserer Kommunikationskultur bemerkbar, denn Naturbegriffe verschwinden auch aus Songtexten, Romanen und Filmen, wie eine im März erschienene Studie feststellte. 6000 Liedtexte und ebenso viele Romane und Drehbücher hatten zwei Psychologinnen dafür durchsucht. Ihr Ergebnis: Seit den 1950er-Jahren gehen Vogel-, Baum-, und Blumennamen und andere Naturbegriffe wie Sonnenuntergang aus unserem Sprachgebrauch verloren.” Da mal drüber nachdenken! Oder drüber bloggen, schon klar.
Urban Gardening in Syrien. Kein Hipsterhobby.
Ich habe “Raumpatrouille” von Matthias Brandt gelesen. Es macht ein wenig Westdeutschlandheimweh und ja, so etwas gibt es auch. Besonders großartig die Geschichte einer gemeinsamen Radtour von Brandt und Wehner, Menschen meiner Generation oder älter werden das sicher lieben. Hier ein wenig mehr zum Buch.
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Abends lese ich gerade “Der 999.823ste Wunsch” von Brandon Robshaw vor (übersetzt von Britt Somann). Die Söhne (acht und zehn Jahre) sind begeistert, mir gefällt es auch. Es geht um einen Jungen, der eine Million Wünsche frei hat, es geht um diese Wünsche und ihre Konsequenzen. Eines dieser Kinderbücher, die geradezu unwiderstehlich zum Weiterdenken einladen, die Vorstellung dieser Wunschmöglichkeiten treibt mein Publikum hier ziemlich um. Denn man kommt ja von den naheliegenden Spontanwünschen schnell zu moralischen und praktischen Implikationen, wünscht man für sich, für andere, für die Welt? Und was ist wirklich sinnvoll, was macht wirklich Spaß, was bringt wem genau was? Und was hat noch Reiz, wenn man alles hat?
Sohn II: “Das ist das beste Buch, das wir je gelesen haben.”
Sohn I: “Das ist ein gutes und interessantes Buch, etwa für Kinder ab der zweiten Klasse.”
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Und nun The Lumineers mit “Sleep on the floor”.
November 14, 2017
Wir nicken uns anerkennend zu …
.. die Herzdame und ich. Denn im Onlinefamilienkalender steht auch in diesem Jahr Mitte November wieder etwas sehr Kluges drin. “Ab hier keine Termine mehr”, das steht da wörtlich. Und eindeutig wie eine klare Anweisung steht das da, ganz so als könne man sich daran halten, als wäre das möglich oder überhaupt nur denkbar. Einfach so und mitten aus dem Alltag heraus und zu viert. Ab hier keine Termine mehr.
Gemeint ist natürlich bis Jahresende, das wissen wir, auch wenn das da nicht ausdrücklich steht. Das Jahr besinnlich ausklingen lassen, die ruhige Zeit, solche Phrasen haben uns da vermutlich umgetrieben, als wir das in den Kalender eingetragen haben.Irgendwann im Januar war das sicher, als wir über die jährlich wiederkehrenden Termine nachgedacht haben, über die Geburtstage und Jahrestage und Feiertage und was da so alles immer wieder anfällt und erinnert oder irgendwie bedient werden will.
Ab hier keine Termine mehr, weil es ja die langen Winterabende gibt, noch so eine Phrase, die langen Winterabende, an denen man endlich alles machen kann, was man immer schon machen wollte. Irgendwas mit Gemütlichkeit oder mit hygge, wie man jetzt sagt. Oder wenigstens mit einer nice cup of tea. Irgendwas mit draußen ist es dunkel und drinnen ist es warm, mit Selbstgebackenem und leiser Musik im Hintergrund, mit ruhig spielenden Kindern und einem Bücherstapel auf dem Nachttisch, der mit jeder Woche ein wenig kleiner wird. Irgendwas mit schaurigen Graupelschauern am Fenster und heulendem Wind ums Haus und man rückt auf dem Sofa ein wenig enger zusammen und guckt dann einen familientauglichen Film mit schönen Menschen, flauschigen Hunden und Happy End. So denkt man sich das doch.
Ab hier keine Termine mehr, das steht da zwischen den ganzen Terminen, das steht da wie irgendein beliebiger anderer Termin, und danach kommen noch gefühlte tausend Termine bis Jahresende. Und wenn der Tag um ist, an dem das da steht, dann klicken wir das weg, wie man eben Sachen wegklickt, zu denen man eh nicht kommt, die überholt sind, fehlgeplant, längst von anderen Prioritäten überrollt, doch nicht so wichtig.
Ab hier keine Termine mehr, das steht da und wir klicken es also weg, aber vorher nicken wir uns kurz anerkennend zu und stoßen vielleicht sogar mit irgendwas an, ein Prost auf die gute, auf die wirklich sehr gute Absicht.
Denn doof sind wir ja nicht, die Herzdame und ich. Wir machen schon ganz gute Pläne. Jedes Jahr wieder.
Zwischendurch ein Dank …
… an den Leser Michael S., der uns den vermutlich sinnvollsten Adventskalender geschickt hat, den wir hier je hatten. Nämlich diesen Saatgutadventskalender vom Versandhaus “Mohnblume”.
Das ist doch mal durch und durch vernünftig. Und auch noch wiederverwendbar! Gefällt mir sehr, ganz herzlichen Dank. Oder, wie Sohn II sagte: “Das können wir nächstes Jahr auch mal für andere machen.” Recht hat er. Aber das hat er meistens.
November 12, 2017
Beifang vom 12.11.2017
Eine etwas lapidare Antwort auf die alte Frage, warum die Dinosaurier ausgestorben sind, sie könnte von den Söhnen kommen: “Pech gehabt.”
Bei der Autobranche reden wir eher nicht von Pech, da geht es um ein ganz anderes Problem.
“Wenn man auf dem Deich steht, während es regnet, steht man auf dem Deich, während es regnet.”
Bei History Reloaded geht es in zwei Artikeln um die Reformation und die Rolle der Frau, der erste Text ist im zweiten verlinkt. Finde ich ja spannend, solche Betrachtungen.
Eine Meldung, mit der man nichts anfangen kann, aber irgendwie klingt es so nett: Spermien navigieren musikalisch.
Gentrification in Altona. Völlig überraschend sind die Anwohner irgendwie dagegen.
Was man dagegen in Hamburg eher selten liest. Es sollen neue Kleingärten entstehen.
Luna zeichnet. Man bekommt direkt Lust, sich auch ein Blatt und einen Stift zu nehmen.
Und nun Albin de la Simone: “Dans la tête”.
November 10, 2017
Was schön war
In der Zentralbücherei war wieder jeder Platz, jeder Tisch, jeder Treppenabsatz mit Lernenden besetzt. Auf meinem Weg zur Gartenabteilung sah ich überall Menschen, die sich über Bücher, Zettel, Hefte, Karteikarten beugten, manche flüsternd in Gruppen, manche gedämpft diskutierend, manche im konzentrierten Zwiegespräch, manche leise lesend, Textmarker in der Hand, Lineale, Radiergummis, Kugelschreiber. Die meisten lernten Sprachen, viele Deutsch. Ich ging an ihnen vorbei in die etwas entlegene Abteilung meines Interesses, ich lerne in der Zentralbücherei gerade nur Gemüse. Aber es hat doch immer wieder eine schöne Wirkung, dieses allgemeine Lernen, man möchte gleich noch viel konzentrierter in sehr dicke Bücher sehen und sich auch Notizen machen, man möchte mehr wissen, mehr verstehen, schlauer aus dem Gebäude rausgehen, als man reingekommen ist.
Überall um mich herum waren lernende Menschen aus wer weiß wie vielen Ländern, Menschen, die hier arbeiten, studieren, gelandet sind, hergeflohen sind, zu Besuch sind, was auch immer, man sieht es ihnen nicht an, auch wenn man manchmal glaubt, es ihnen anzusehen. Man sollte sich da selbst aber erst einmal gar nichts glauben, erst recht nicht in der Mitte einer Millionenstadt.
Einer redete Russisch mit einem, der in deutscher Sprache antwortete, das war dann wohl eines dieser Lerntandems, dachte ich. Vielleicht war es aber auch etwas ganz anderes, vielleicht war es auch gar kein Russisch, was versteht man schon, wenn man nur mal eben vorbeigeht. Jedenfalls sah das alles nach großer Wissbegierde aus, wie auch immer motiviert.
Zwei junge Männer, gerade mal achtzehn oder neunzehn vielleicht, Berufsanfänger wohl, standen neben einer älteren Dame zwischen zwei Regalen. Sie redeten sehr leise, sie hatten sich extra in diese Ecke zurückgezogen, um niemanden zu stören. Ab und zu sahen sie sich um, ob auch wirklich niemand in der Nähe war, sie entschuldigten sich schon einmal bei mir, obwohl ich ein paar Meter entfernt stand. Die Männer schienen viele Fragen zu haben, es ging da gerade um deutsche Sätze, die man im Restaurant sagt, als Kellner, als Gast. Die Karte, die Getränkekarte, das Menü, was darf es sein und darf es noch etwas sein und ich möchte bitte zahlen. Beiden redeten ganz langsam, aber in ziemlich gut sortierter Grammatik. “Wie sagt man”, hörte ich, “Was kann man noch sagen?” Die Dame erklärte einen Satz, erklärte ihn noch einmal und sagte dann, wie es noch höflicher geht. Und noch höflicher und noch höflicher, also schon ganz fein. Die Männer murmelten, wiederholten und nickten, einer schrieb etwas auf. Dann verabschiedete sich die Dame und drehte sich um, diese Lektion schien beendet, aber einer der jungen Männer ging ihr schnell einen Schritt nach, ihm fehlte noch etwas. “Bitte”, sagte er nur halblaut, immer noch bemüht, bloß niemanden zu stören, “bitte – haben Sie noch ein paar Adjektive?”
Und das war schön. Fragt da jemand nach Adjektiven, als seien es erstrebenswerte Kostbarkeiten.
November 9, 2017
Beifang vom 09.11.2017
Bei der GLS Bank habe ich fünf Links zur nachhaltigen Wirtschaft mit ziemlich neuen Aspekten zusammengestellt. Mit Nussnougatcreme! Und anarchistischem Arbeitskampf! Wenn das keine ansprechende Mischung ist.
Sascha Lobo über die Zeichenerweiterung bei Twitter und über das Wir und überhaupt.
Sie sieht ihren Urgroßvater.
Hier geht es um das Verhältnis der Amish People zur Technik, Spoiler: Sie lehnen keineswegs alles ab, was neu ist. Die Einstellung zu technischen und sonstigen Neuerungen, dieser im Text gut beschriebene Default-Wert, der ist auch spannend, wenn man an die deutsche Gesellschaft denkt, an Branchen, an die Automobilindustrie, die Politik, an das eigene Leben. Ich stelle bei mir fest, dass ich im Laufe der Jahre in dieser Hinsicht sozusagen amisher werde, und das ist womöglich auch in Ordnung so. Denn: We end up gradually adopting new things simply because they’re there. Und das möchte man ja irgendwie nicht.
Die Niederlande und der Klimawandel. Die Sache mit der Flutwand da klingt technisch recht charmant.
Über die Gig Economy im 18. Jahrhundert.
Und nun Wolfgang Niedecken mit AnnenMayKantereit: Forever young.
November 8, 2017
Beifang vom 08.11.2017
Ein Text über das Und. So einfach ist es nämlich.
Über Attachment Parenting und Normal Parenting. Herrje.
Das Internet ist weg, das Käsebrot ist da.
In diesem Artikel ist die Rede von der Apfelsorte “Roter Rosmarin” – und wenn man so etwas liest, dann will man das doch haben. Schlimm. Wo kriegt man diese Äpfel jetzt her? Roter Rosmarin. Klingt großartig.
Ich glaube ja, dass Entwicklungen wie dieses Tretmobil gerade unterschätzt werden.
Das Berliner Radwegmodell sieht ganz einladend aus.
Und nun noch The Milk Carton Kids: “Poison Tree”.
November 7, 2017
Invisible Ink (Werbung)
Ein Text von Jojo Buddenbohm, zehn Jahre alt, auch bekannt als Sohn I, und von Maret Buddenbohm, auch bekannt als die Herzdame, etwas älter.
Wie Ihr wisst, gibt es gelegentlich Reklame im Blog, die gekennzeichnet werden muss, das hier ist so ein Fall.
Und im Übrigen gibt es am Ende auch etwas zu gewinnen.
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Jojo:
Das Spiel heißt Invisible Ink. Es ist ein Ratespiel ab drei Personen. Ein Spieler muss mit einem gelben Textmarker einen Begriff zeichnen, die anderen Spieler müssen raten, was er malt. Dabei tragen sie abwechselnd Brillen mit roten Gläsern. Dadurch sieht man den Textmarker nicht, man kann nur auf die Bewegungen achten.
Es gibt einen Würfel mit drei verschiedenen Symbolen, je nach Symbol wird preisgegeben, wer eine Brille tragen muss und wer nicht, entweder der Zeichner, die Ratenden oder alle.
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Wenn alle eine Brille aufhaben, ist es am schwierigsten zu raten, weil dann keiner die Zeichnung sehen kann. Auch der Zeichner sieht nicht, was er da malt.
Für jeden geratenen Begriff gibt es Punkte für den Zeichner und den, der richtig geraten hat. Gewonnen hat, wer am Ende die meisten Punkte hat.
Den Spieler, der zeichnet, nennt man Doppelagent, die Spieler, die raten, sind die Agenten. Das heißt, das ganze Spiel ist im Agenten-Style. Das Spiel würde aber auch ohne Agentenbrimborium funktionieren. Man braucht das eigentlich gar nicht.
Es ist eine Sanduhr dabei, die 40 Sekunden lang ist. In dieser Zeit muss man das Wort erraten. Aber ohne Sanduhr ist das auch noch cool.
Mir gefällt das Spiel ganz gut. Es ist witzig, weil das Ergebnis sehr lustig aussieht, wenn der Zeichner auch eine Brille aufhat und nicht sieht, was am Ende rauskommt.
Ich habe das Spiel einmal mit einem Freund und meiner Mutter gespielt und einmal mit meiner Mutter und meinem Bruder. Ich glaube, sie fanden es auch alle gut.
Das Spiel wäre etwa ab der zweiten Klasse, weil man für das Spiel lesen können muss, zumindest ein wenig. Die Wörter auf den Karten muss man lesen können, mein Bruder kann das schon.
Es gibt ein ähnliches Spiel, das ist Activity. Aber ich finde Invisible Ink besser und lustiger, weil man hier mit dieser Brille zeichnen muss und die Begriffe leichter sind. Das ist eigentlich immer lustiger. Und Activity muss man mit Gruppen spielen, aber Invisible Ink geht auch mit nur drei Spielern.
Ich würde das Spiel auch weiterempfehlen, es macht wirklich Spaß.
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Herzdame:
Eigentlich hat ja Jojo schon alles geschrieben. Aber hier noch mal Ergänzungen aus Elternsicht:
Anfangs habe ich gedacht, na super. Was hat der Mann, denn da angeschleppt? Und ich soll das testen? Mit Geheimagenten, Geheimtinte und Geheimbotschaften?
Und Spielanleitungen sind ja auch immer fürchterlich anstrengend zu verstehen. Aber als wir es dann raushatten, haben wir festgestellt, dass das Spiel eigentlich doch simpel ist und auch ohne diesen Agentenrahmen funktionieren würde.
Dann dachte ich: Zeichnen! Ich hasse Zeichnen. Bis heute zeichne ich auf dem Niveau einer Dreijährigen nur Strichmännchenzeichnungen. Das kann ja lustig werden. Und peinlich!
Es wurde dann aber wirklich sehr schnell sehr lustig. Und gar nicht mal peinlich. Weil ja sowieso alle Brillen tragen, durch die sie nichts sehen. Und wenn alle die abnehmen ist es am Ende auch spaßig, wie dämlich die Zeichnungen geworden sind. Da muss ich mich dann gar nicht mehr wegen meiner Zeichenkünste verstecken.
Durch das Raten auf Zeit kommt das ganze Spiel sehr schnell in Fahrt. Alle brüllen und raten durcheinander bis entweder der Begriff gefunden wurde oder die Zeit abgelaufen ist. Das ist schon ein sehr dynamisches Spiel. Sogar so dynamisch, dass Sohn 2, auch bekannt als Johnny, in kürzester Zeit auf dem Tisch saß und am Ende völlig durchdrehte.
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Bewertung:
Für wen ist das Spiel geeignet? Für alle großen und kleinen Geheimagenten mit starken Nerven und Zeichnen-Phobie ab zweiter Klasse.
Prädikat: empfehlenswert, turbulent und kurzweilig.
Und jetzt: Gewinne, Gewinne, Gewinne
Wer als Erste oder Erster hier in den Kommentaren einen der beiden gesuchten und hier gezeichneten Begriffe errät, gewinnt sein eigenes Spiel zum Weiterkritzeln und Raten. Was wurde hier abgebildet?
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November 6, 2017
Kurz und klein
Ihren Sinn für Ordnung hat meine Tochter von mir. pic.twitter.com/ZWHc3peBWv
— armarius (@_armarius_) 31. Oktober 2017
Ich bin so alt, ich hab noch in der Öffentlichkeit gestillt und keine Sau hats interessiert.
— mutterseelesonnig (@Mutterseele99) 30. Oktober 2017
Das Kind wischt gern. Ich lasse es also Bad und Küche wischen. Verwöhne ich das Kind zu sehr?
— Kirsten Fuchs (@kirsten_fuchs_) 29. Oktober 2017
Es ist ganz einfach. Erst schläft man nie und tut Milch in sie und dann schläft man auch nie und tut Pizza in sie und dann sind sie fertig.
— alles b. (@alles_b) 28. Oktober 2017
Hab das Fenster offen und höre draußen ein kleines Mädchen niesen.
Ich laut: „Gesundheit!“
*kurz Stille*
Sie dann glücklich: „Danke Haus.“#Kindersindeinfachtoll
— Shiny (@Shiny1jux) 27. Oktober 2017
Nicht jetzt, Kinder. Papa muss gerade einen Fremden im Internet auf einen Rechtschreibfehler hinweisen.
— Boxenlude® (@boxenlude) 11. Oktober 2017
Vereinbarkeit im Flugzeug: Der Flugkapitän so: „Heute fliegen wir mit meinem 5jährigen Sohn, der neben mir im Cockpit sitzt, nach München.“
— smart-mama (@smartmama_de) 12. Oktober 2017
Thomas Mann hätte auch keinen „Zauberberg“ geschrieben, wenn im Nebenzimmer Erika und Elisabeth „Bibi & Tina“ geschaut hätten.
— Albrecht Selge (@AlbrechtSelge) 21. Oktober 2017
Ist übrigens fast wie heizen, wenn man bügelperlt.
— Patricia Cammarata (@dasnuf) November 4, 2017
Der Kleine ist kaum raus aus seiner Mutter und hat schon eine Steuer-Identifikationsnummer. Herzlich willkommen in Deutschland, mein Sohn!
— Ben der Dehnung™ (@benderdehnung) 13. Oktober 2017
Es bleibt ein Kindergarten. Nur die Förmchen werden größer.
— Fräulein Leo (@fraeuleinleo) 5. November 2017
Viel weniger Stress mit älteren Kindern. Man muss nur Englischvokabeln & Textaufgaben um 6 Uhr lösen, während man duscht & Frühstück macht.
— Patricia Cammarata (@dasnuf) 6. November 2017
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