Maximilian Buddenbohm's Blog, page 235
December 31, 2017
Gartenbuchhinweis
Kurz vor Toresschluss noch ein Gartenbuchinweis von mir. Vor einiger Zeit hatte die Herzdame auch schon bei der Blogparade vom Hauptstadtgarten mitgespielt, das war hier. Sie hatte da quasi kein richtiges Gartenbuch, sondern ein Laubenbuch, ich werde auch kein typisches Gemüseanzuchtbuch oder Blumenbuch empfehlen. Obwohl mir ein paar gute begegnet sind, in Erinnerung ist mir etwa das Spriessbürger-Buch geblieben (siehe hier). Sehr brauchbar fand ich auch verschiedene Bücher der Stiftung Warentest, die regelmäßig in unspektakulärer Aufmachung, aber dafür mit sehr fundiertem Inhalt daherkommen, das gilt übrigens auch für deren Kochbücher.
Aber eines der Bücher, die mich in unserem ersten Gartenjahr überhaupt am meisten fasziniert haben ist “prinzessinnengärten – anders gärtnern in der Stadt”. Mit Texten von Marco Clausen und Stefanie Müller-Frank, herausgegeben von Nomadisch Grün, erschienen bei Dumont.
Die Prinzessinnengärten sind ein Gartenprojekt in Berlin, das ich nie gesehen habe, ich kenne das alles nur online und aus dem Buch. Wie bei etlichen ähnlichen Projekten auch, entstand es nicht aus einer Überfülle an gärtnerischem Fachwissen, sondern mehr aus Lust, etwas zu machen. Etwas irgendwie Sinnvolles, Schönes, Soziales, Grünes, Nettes, da kann man jetzt alles einfüllen, was dem mittlerweile vielgeschmähten Gutmenschen so Spaß macht.
Im Buch geht es dann um die vielen Aspekte dieses Machens, um soziologische, politische, gärtnerische, stadtplanerische Aspekte, was womöglich etwas dröge klingt, es aber überhaupt nicht ist. Im Gegenteil, man bekommt schon beim Lesen Lust, sich an so etwas zu beteiligen, auch etwas zu machen, in die Stadt einzugreifen, und sei es nur, durch das Pflanzen von Kapuzinerkresse auf der nächsten Verkehrsinsel (das ist eine Ordnungswidrigkeit, also pfui, machen Sie das nicht. Oder machen Sie das doch, aber wir kennen uns nicht, eh klar.). Es ist ein gartenpolitisches Buch, durchsetzt mit Hinweisen auf bepflanzbare Tetrapacks und auf überraschend simple self-made Tomatengewächshäuser, es gibt sogar Kochrezepte, es ist ein Buch, das mir enorm viel Lust gemacht hat, endlich irgendwo anzufangen. In einem Gartenprojekt, im eigenen Schrebergarten, auf dem Balkon, wie auch immer.
Ein wenig gefährlich ist für mich dabei die häufige Erwähnung von Themen aus der Stadtplanung, denn Stadtplanung finde ich ungeheuer interessant – wenn ich da einmal anfange, ich finde nie wieder raus, ende irgendwann als Halbwissensexperte in Stadtteilgremien und diskutiere dort Parkaumverordnungen, schlimm. Aber es ist eben auch so, dass ich mich als Vater dabei etwas zuständig fühle, denn noch gehöre ich ja zur weltgestaltenden Generation und die Söhne stehen demnächst zur Übernahme bereit, da ist es doch ganz gut für alle Beteiligten, etwas getan zu haben. Und sei es nur, Naturschutz, Ernährungspolitik, Ökologie und dergleichen auf ein paar Quadratmetern enthusiastisch vorzumachen, man beginnt eben irgendwo, wie klein auch immer. Und wenn man dabei seine politischen Ansichten schon nicht erfolgreich an den Nachwuchs weitergibt, dann doch wenigstens ein knackiges Möhrchen. Wer also sein Garteninteresse etwas intensiver mit seinem Weltbild verbandeln möchte, wird in diesem Buch vermutlich auch fündig.
Wir erhalten soeben übrigens endlich die Nachricht, dass die alte Laube abgerissen wird, das könnte schon im Januar/Februar über die Bühne gehen. Im nächsten Jahr kann die Herzdame sich dann also gestalterisch in der neuen Laube austoben, während ich draußen auf den Beeten, die dann keinem Bagger mehr im Weg liegen, nach Herzenslust herumdilettieren werde. Das entsprechende Möhrchenbeweisbild folgt dann, wie klein und vermurkelt auch immer die erste Ernte ausfallen wird. Ich habe seit langer Zeit nicht mehr so dermaßen Lust auf etwas gehabt.
December 30, 2017
Beifang vom 30.12.2017
Ich hatte drüben bei der GLS Bank einen Wirtschaftsteil zum Thema Wasserstandsmeldungen zusammengestellt.
Passend dazu hier noch eine Warnung vor dem schwarzen Schwan.
An diesen Herren gehe ich jeden Tag vorbei: die Schachspieler am Hamburger Hauptbahnhof.
“ Alle haben einen an der Hacke bis auf Bov Bjerg .”
“Der Hund mag mich am meisten, wenn ich mir ein Brot schmiere.” Ich mag solche Artikel, in denen andere von ihrer Erholung und ihren herrlich leeren Tagen erzählen. Ich glaube, ich nehme beim Lesen etwas parasitär Anteil an diesen Ruhephasen. Es sieht nicht so aus, als würde ich selbst entspannte Tage in absehbarer Zeit hinbekommen, aber es ist doch besser als nichts, davon zu lesen. Viel besser.
Wader, Mey, Brassens. Das kann Hannes Wader natürlich auch selbst erzählen:
December 23, 2017
Noch ein Hinweis, noch ein Trecker, noch ein Lied
Wenn man schon etwas ältere Kinder hat, die also bereits ein paar Jahre Smartphone oder Tablet-Erfahrung haben, kann man ganz leicht zu einer äußerst entspannten Stunde kommen, auch an ungeheuer aufregenden Festtagen wie heute. Man muss dazu nur den Shop aufrufen, in dem man all die Jahre die Apps für den Nachwuchs gekauft oder kostenlos heruntergeladen hat und dann rückwärts scrollen. Sehr, sehr weit.
Bis man irgendwann da landet, wo man zum allerersten Mal eine App für ein Kleinkind installiert hat, vielleicht war es eine, in der ein kleiner blauer Trecker durch eine lustige Landschaft fuhr. Und die lädt man dann wieder aufs Gerät. Und die daneben auch, und dann gleich noch ein paar aus dieser Zeit, man stößt dabei schon auf Logos und Titelbilder, da wird einem ganz warm ums Herz. Man hat gleich ein paar längst vergessene Startmelodien wieder im Ohr. Was haben die einen damals genervt! Heute sind sie die Musik von damals, kann man ruhig noch einmal auflegen, hier, hör mal! Weißte noch? Die App macht düdelüüt und man denkt, verdammt, wie lange ist das schon her.
Dann gibt man das Gerät einfach den Kindern, man muss dazu nicht einmal etwas sagen. Aber genau hinsehen sollte man schon, wenn das ach so große und schon fortgeschritten coole Kind im vielleicht bereits zweistelligen Alter plötzlich den längst vergessen Trecker wiederfindet, der da klein und blau durch die lustige Landschaft fährt, mit diesem ungeheuer vertrauten Motorengeräusch, das es heute noch am liebsten sofort nachmachen möchte. Wie das Kind guckt, wenn der Trecker wieder fährt, immer noch begleitet von dieser aufreizend munteren Melodie, die die Eltern vor sieben oder noch mehr Jahren komplett in den Wahnsinn getrieben hat, aber heute tatsächlich für den Nostalgie-Flash des Tages sorgt. Wie selig grinsend also ziemlich große Kinder ihre Kleinkind-Apps noch einmal starten und die Geräusche von damals hören, die Figuren von damals bewegen, die Menüs von damals immer noch genau kennen und wie sie leise Sprechertexte nach wie vor auswendig mitmurmeln – das ist schon schön.
Diese Kinder können später mit zwanzig oder dreißig Jahren im Heimatort der Eltern natürlich auch eine verstaubte Kiste voller Bilderbücher auf dem Dachboden finden, so wie wir es einmal zu Weihnachten gemacht haben, das hat Tradition, das gehört so und das bleibt auch erhalten. Sie können aber außerdem einfach auf dem Sofa auf “Herunterladen” klicken. Wenn es die App dann überhaupt noch gibt, versteht sich, und wenn sie auf der aktuellen Hardware noch läuft, da wird es sicher schon heikel. Ansonsten müssen sie wohl in eines der App-Museen gehen, die es dann hoffentlich überall geben wird, App-Museen voller kleiner blauer Trecker, die für alle Zeiten durch lustige Landschaften fahren und vor denen dann verklärt guckende Erwachsene sitzen, vielleicht schon mit einem Kleinkind im Arm.
Und damit schöne Weihnachten, haben Sie es schön! Der Musikclip des Tages wurde von den Söhnen ausgesucht und hat ganz ausdrücklich meinen Segen, so eine überaus stimmungsvolle Version des Songs. Denn man soll bei allem auch nicht vergessen: Weihnachten ist im Grunde eine ernste Angelegenheit.
Beifang vom 23.12.2017
Bei Sounds & Books geht es um das neue Album von Manfred Maurenbrecher. Sie sollten das auch mal hören, die Songs sind saugut getextet. Das gerät ja leicht in Vergessenheit, wie gute Lieder geschrieben werden und was einen Liedtext mit Kawumm eigentlich ausmacht – beim Hören kann es einem wieder einfallen. Einmal hören wird allerdings nicht reichen, ganz und gar nicht. Songs wie “Zu früh” brauchen ein paar Wiederholungen.
“Warten auf den letzten Sturm.”
Für die Freunde des norddeutschen Tonfalls, man kann hier einmal hören, wie das Heimatdorf der Herzdame klingt. Das ist ein Artikel über eine Dame, die in diesem Jahr vierundfünfzigmal Frankfurter Kranz gebacken hat, wenn das keine stolze Leistung ist. Das liest man doch und fragt sich unwillkürlich: Was bitte habe ich denn in diesem Jahr fertiggestellt? Und dann geht man sich schämen. Unter dem Text jedenfalls ein Audiofile, Margret fängt darin beim Rezept hochdeutsch an und verfällt dann mehr und mehr ins Platt der Region. Das sich erheblich von dem Platt meiner Kindheit unterscheidet, welches wiederum eine Mischung der Plattvarianten aus Mecklenburg, Vorpommern, Lübeck, Holstein und Hamburg war und wesentlich breiter klingt.
Ich kann Platt nicht flüssig sprechen, aber komplett verstehen, im Heimatdorf der Herzdame verstehe ich allerdings nicht alles. Und die Herzdame versteht “hier oben” nicht alles. Die Söhne verstehen natürlich hier wie dort noch weniger als wir, aber auch deutlich mehr als gar nichts – ich müsste dringend mal Plattdeutsch vorlesen, um da noch mehr zu vermitteln.
Wo wir schon dabei sind, hier noch zwei alte Stücke vom Kiesewetter, seine beiden bekanntesten Herbst-/Wintersongs. Einer plattdeutsch gesungen, einer hochdeutsch, für jeden was dabei. Diese Musik lief in meiner Familie früher so oft und so selbstverständlich, die ist mir geradezu ein Stück Heimat, ganz ohne Schlagerpeinlichkeit.
Wenn de Wind dreiht, vun Nord weiht,
Un Reg’n geg’n de Finster neiht,
De Schieb’n dahl rennt, denn föhl ik mi wohl.
Wenn dat Füer in Kamin brennt,
Un jeder di bi’n Vörnam nennt,
Weil he di kennt, denn is uns Hus vull.
Und das muss ich auch noch irgendwann hinkriegen, einen langen Winterurlaub in Nordfriesland. Mit Kamin und allem. Man hat ja so Ziele im Leben.
December 22, 2017
Last-Minute-Geschenk: Pralinen mit Granatapfel
Ein Text von Maret Buddenbohm, auch bekannt als die Herzdame.
Für alle, die auf den letzten Drücker noch ein Geschenk brauchen, habe ich hier ein super schnelles, super leckeres Pralinenrezept von meiner Freundin Claudia. Ich hatte sie nach ihrer Party via WhatsApp um das Rezept gebeten und hier ist es:
“Granatapfel auf dem Boden der Form, dann flüssige Schokolade drüber, dann wieder Granatapfel drüber, einen Klecks Schokolade drauf, dann noch ein bisschen Meersalz drauf. Und evtl. Blütenblätter zum Hübschmachen drauf. Kann man mit Vollmilchschokolade machen, ich habe dunkle verwendet. Je hochwertiger, desto leckerer.”
Man kann die Schokolade direkt in Pralinenpapier geben oder man verwendet extra Pralinenförmchen aus Silikon.
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Jetzt nur noch hübsch verpacken und zack fertig.
Und bitte, liebe Leserinnen, beschenkt keine Claudia mit diesen Pralinen, es könnte auch meine sein.
December 21, 2017
Bücher und Begriffe
Wieder so eine unleidliche Phase, in der mir die meisten Bücher nicht gefallen, wofür sie aber gar nichts können. Ich hole mir hohe Stapel aus der Bücherei, lese reihenweise Romane an und werfe sie nach ein paar Seiten zur Seite. Ich weiß nicht, was ich lesen soll, es passt alles nicht, ich finde alle Handlungen furchtbar, was interessiert mich das, wer da was macht, ich möchte die ganze Zeit “Mir doch egal!” rufen. Normal, das habe ich alle paar Wochen, das gibt sich wieder. Einige schöne Szenen immerhin bei Tove Jansson gefunden, “Die Tochter des Bildhauers”, Deutsch von Brigitta Kicherer, auch ein bemerkenswerter Nachname, aber das nur am Rande. Wenn da mal keine albernen Vorfahren im Spiel waren! Schon schön.
Ein Beitrag geteilt von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) am Dez 16, 2017 um 12:12 PST
In dem Buch jedenfalls geht es um die Kindheit, wenn nicht sogar um den – Achtung! Schwer abgenutzter Begriff! – Kindheitszauber, man traut sich gar nicht, das hinzuschreiben, pfui Spinne. Aber gleich zu Anfang wird da kindlich-religiöse Verzückung geschildert und die Kleinen spielen im Garten das Volk Israel und ziehen umher und murren, weil die das in der Bibel auch gemacht haben, das ist ganz groß. Schon die Vorstellung, murrend umherzuziehen, die sprach mich an, sogar sehr, eventuell mache ich das einfach auch gleich mal. Dann wird in dem Buch in heidnischer Verkommenheit noch ein goldenes Kalb gebaut, das die depperten Erwachsenen später für ein frommes Lamm halten werden, und darin liegt so viel von der Dramatik der stets verkannten Kinderspiele, man erinnert sich nur mit Schaudern an ähnliche Erfahrungen. Empfehlenswertes Buch! Es ist, kommen Sie mal näher ran, ich muss ein peinliches Wort benutzen, das schreibt man nicht gerne laut, es ist poetisch. Ja, schlimm. Als würde man André Heller sagen, huah! Dabei kann das Wort ja gar nichts dafür, es ist eben nur etwas unzeitgemäß und abgenudelt.
Mir kommen im Zuge meiner Beschäftigung mit Gartendingen übrigens dauernd Wörter von besonderem poetischem Reiz unter, ich hatte das neulich schon am Beispiel des Mulchens erläutert, aber das hört gar nicht auf. Und irgendwo hatte ich gerade einen Artikel verlinkt, in dem es um das Verschwinden der Natur aus der Sprache ging, wir alle und natürlich besonders die Jüngeren benutzen angeblich immer weniger Vokabeln und Metaphern aus der Natur, stand da. Und da möchte man ja aus reiner Reaktanz sofort zum Naturdichter werden und ostentativ Gänseblümchen besingen, mir fällt nur gerade gar kein Reim darauf ein, irgendwas ist immer. Was bohrt sich durch die Ackerkrume? Ist das nicht eine Gänseblume? Na ja. Da nochmal drüber nachdenken!
Zu den poetischen Begriffen aus dem Gartenbereich gehört zum Beispiel einer, der bezeichnet ein Mittelchen, das man einfach so kaufen kann. Aber wie das klingt! Es klingt so, als würde man es beim Zauberer seines Vertrauens holen müssen. Als würde man dort ganz verstohlen hingehen, wenn die Nachbarn gerade nicht hinsehen, in der Abenddämmerung vielleicht, als würde man da leise anklopfen und warten, dass der alte Mann endlich öffnet. Man würde schüchtern seinen Wunsch murmeln, während der Greis sich am selbstverständlich sehr langen Bart krault. Er würde eine Augenbraue heben und sagen, dass das aber schon wirklich lange niemand mehr bei ihm bestellt hat. Und er würde einen hinein bitten, man würde ihm zögernd ins Lager folgen, durch unvorstellbar unaufgeräumte Gänge. Lauter Kisten und Kasten und Tiegel und Schachteln und verstaubte Gläser mit dem absonderlichsten Inhalt und Beutel und Fässer, aus denen hier und da etwas ragt, das man lieber nicht so genau ansieht. Er würde kramen und wühlen und räumen und endlich würde er ein schillerndes Reagenzglas sinnend ins allerletzte Tageslicht halten, sachte dagegenklopfen und sagen: “Ich wusste doch, ich habe noch etwas.” Und er würde einen erstaunlich geringen Betrag nennen, bevor es dann den Besitzer wechselt, das Bewurzelungspulver. Das doch beim besten Willen überhaupt nicht so klingt, als sei es ein normales Mittel im Garten, eher so, als würde man es ruhelosen Menschen heimlich nachts in die Schuhe stäuben, damit sie endlich irgendwo ankommen. Wir haben das Zeug jetzt jedenfalls hier und ich überlege noch, was ich damit mache. Und bei wem.
Ein anderes Wort, einem Gartenblog entnommen, ist eine wunderschöne Beleidigung für missliebige Senioren. Und wer würde da nicht irgendein Beispiel kennen, die alte Hexe von nebenan, den Rumpelgreis von um die Ecke, den besorgten Nörgelrentner vom Dienst in der Warteschlange vor einem. Für diese Beispiele bitte einmal vormerken, sie bei passender Gelegenheit mit “Sie Fruchtmumie!” zu beschimpfen, einfach nur, um das Wort einmal im Leben so wunderbar treffend angebracht zu haben. Und nicht, wie es eigentlich gemeint ist, als Bezeichnung für verschrumpelte Äpfel oder Birnen, die aus irgendeinem Grund nicht vom Baum gefallen, sondern oben vergammelt sind, als hätten sie ein Recht auf ewiges Leben.
Egal. Ich lese weiter Bücher an und werfe weg. Macht dann doch auch Spaß.
December 20, 2017
Die Herzdame geht ins Konzert: Shantel & Bucovina Club Orkestar
Ein Text von Maret Buddenbohm, auch bekannt als die Herzdame, seit 100 Jahren zum ersten Mal wieder im Mojo Club und das erste Mal bei Shantel gewesen.
Ich war im Konzert. Das war am 22. November. Schon etwas her. Aber auch ich komme ja zu nichts und frage mich immer, wie das die ganzen „echten“ Blogger machen, regelmäßig und zeitnah Texte zu veröffentlichen. Ich will immer so viel schreiben – wenn die Kinder groß sind vielleicht.
Stefan Hantel, eher bekannt unter seinem Künstlernamen Shantel begleitet mich schon seit dem Ende der 1990er: ich Anfang 20, neu in Hamburg und möglichst jeden Abend in Clubs unterwegs. Ach, das waren noch Zeiten als man endlich 21 war und in den Mojo Club durfte ohne zu mogeln.
Was viele nicht wissen, Shantel hat nicht immer Balkan-Pop gemacht. Angefangen hat er als DJ in den 90ern mit Downbeat – elektronische, eher langsame Lounge-Musik. Das Album „Higher than the Funk“ von 1998 steht immer noch bei mir im Regal und ist auch immer noch gut.
Zwischendurch hatte ich ihn aus den Augen verloren und mich dann erstmal kurz gewundert, dass es noch einen weiteren Künstler mit dem Namen Shantel gibt, der aber nicht Downbeat sondern Balkan-Pop macht. Die Sache war aber schnell aufgeklärt. Stefan Hantels Großeltern kamen aus der Bukowina und bei einer Reise in deren Heimatstadt Czernowitz in der heutigen Ukraine begann er sich für osteuropäische Musik zu erwärmen und diese mit elektronischen Klängen zu mixen.
2003 und 2005 veröffentlichte Shantel dann zwei Compilations unter dem Titel „Bucovina Club“, mit dabei eigene Songs, Remixe sowie Songs anderer osteuropäischer Künstler. Der Sound ist super tanzbar und trug massiv zum Erfolg des Balkan-Pops bei.
Seitdem tourt Shantel abwechselnd mal alleine als DJ durch die Clubs oder gibt mit seinem extra hierfür ins Leben gerufene Bucovina Club Orkestar Konzerte.
Zu seinen erfolgreichsten Stücken gehören „Disko Partizani“ oder „Disko Boy“. Ich glaube, die hat der Gatte hier im Blog auch schon mal verlinkt:
Seit Jahren schon wollte ich immer mal zu einem Konzert des Bucovina Club Orkestars gehen, aber irgendwas war immer. Nun habe ich es endlich mal geschafft, mir meine Freundin S. geschnappt und sie dahingeschleppt. Und es hat sich wirklich gelohnt.
Das Konzert fand, wie geschrieben, im Mojo statt, wo ich seit der Neueröffnung auch noch nicht gewesen bin. Der Sound war eher die Kategorie „geht so“. Ich weiß nicht, ob das an der Akustik des Clubs lag, ob ich ungünstig gestanden habe oder ob die Trompeten verbogen waren. Aber wirklich schlimm fand ich das nicht, wenn ich guten Sound möchte, kann ich auch die teuren Boxen meines Vaters aufdrehen.
Viel entscheidender als den Sound fand ich die Stimmung und die war großartig. Mit den ersten Klängen fingen auch gleich die ersten Leute um mich herum an zu tanzen. Es dauerte auch nicht lange und der ganze Saal hüpfte und tanzte mit. Und das, obwohl bestimmt so manch steifer Hanseat anwesend war. Auch die haben es nicht ausgehalten, nur mit dem Fuß zu wippen. Und schön war auch, dass die ganzen „Ausdruckstänzer“, über die man sich normalerweise gern lustig macht, nicht großartig auffielen.
Das Orkestar hat es immer wieder geschafft, die Menge neu anzuheizen und zum Schluss stand das halbe Publikum auf der Bühne zwischen den Musikern und hat da getanzt. Meine Freundin und ich hatten lange nicht mehr so viel Spaß und sind ganz beglückt nach Hause.
Der Schweiß läuft in die Schuhe: Shantel & Bucovina Club Orkestar
A post shared by Maret Buddenbohm (@hildchen77) on Nov 22, 2017 at 2:20pm PST
Leider habe ich den Anfängerfehler begangen und mich für den Weg „schön warm“ angezogen – mit meinen dicken Winterstiefeln. Sehr schlau. Nicht nur, dass es sich beim Tanzen anfühlte, als hätte ich Beton an den Füßen, es dauerte auch keine 15 Minuten und in den Schuhen stand das Wasser bis zum Rand. Das nächste Mal weiß ich es besser und es wird ein nächstes Mal geben. Da bin ich sicher!
Shantel & Bucovina Club Orkestar
A post shared by Maret Buddenbohm (@hildchen77) on Nov 22, 2017 at 3:04pm PST
Währenddessen …
… hatte die Herzdame gerade einen runden Geburtstag und wurde von der allerliebsten morgendlichen Kaffeerunde beim Portugiesen mit einer Geburtstagstorte bedacht, die Maßstäbe gesetzt hat. Es dürfte nicht einfach sein, die noch jemals zu toppen, nein, im Grunde kann man den Gedanken gleich aufgeben: Das war die Torte schlechthin.
Es gab beim Morgenkaffee einige Spekulationen über den Unterleib der Dame in der Torte, hat sie nun Beine oder nicht? Und wenn nicht, trennt dann jemand im Bäckereibetrieb Tortenbarbies durch? Mit einem Hieb, routininiert wie im Schlachthof? Um die Beine anschließend vielleicht anderweitig zu verwenden, etwa für die Torten, die man zum Geburtstag von Synchronschwimmerinnen überreicht, bei denen dann nur Damenbeine aus blauem Zuckerguss ragen? Aber wie viele Synchronschwimmerinnengeburtstage werden schon feierlich mit großen Torten begangen? Oder kann man irgendwo halbe Barbies kaufen, speziell für Torten – und was ist das dann wieder für ein absurder Markt?
Um das Rätsel aufzulösen: Nei, sie hat keine Beine. Sie endet hüftabwärts in einer Art Plastikpflock, man könnte sie problemlos damit in etwas anderes rammen als in eine rosafarbene Torte, etwa in einen Kürbis. Pardon, ich denke nach wie vor sehr gartenorientiert, da kann man nichts machen. Oder in einem Komposthaufen, versteht sich. Als Zucchinikönigin mit segnend erhobenen Armen auf die Fruchtbarkeit des Gemüses um sie herum hinweisend? So in der Art. Wir werden dann berichten.
Last-Minute Geschenktipp: Glücksorte in Hamburg
Für HamburgerInnen, Hamburgbesucher und was sonst noch alles durch diese Stadt läuft und sich fragt, was hier schön und besonders ist: “Glücksorte in Hamburg” von Cornelius Hartz. Darinnen Beschreibungen von achtzig Orten in der Stadt, jeweils mit einem Bild und einer ausführlichen Erklärung vorgestellt, es wird also erläutert, was dieser Ort mit dem speziellen Hamburger Glück zu tun hat. Ich bin ja überhaupt kein Anhänger dieses ewigen “Schönste Stadt der Welt”-Gefasels, ich halte Hamburg in seiner baulichen Mehrheit eher für eine unschöne Stadt. Aber es gibt eben doch tolle Stellen, gar keine Frage. Und die wollen erst einmal gefunden sein.
Ich habe gerade gezählt, ich habe 31 dieser Orte im Buch noch nicht besucht, da habe ich also noch etwas vor, auch schön. 31 klingt viel, aber so ist das, wenn man nicht als Tourist in die Stadt kommt und nie Tourist hier war, dann denkt man eben, ja, in den Jenisch-Park könnte ich demnächst auch mal, das soll da ja ganz hübsch sein. Dann vergehen die Jahre und man kommt zu nix und zack, sind es schon Jahrzehnte und man war da immer noch nicht und weiß nur, der liegt da hinten irgendwo. Und alle anderen waren längst da. Oft.
Natürlich sind Klassiker wie der Isemarkt drin, die auch in Reiseführern prominent vorkommen, es dürfte aber wirklich für alle auch die eine oder andere Überraschung dabei sein. Und ein paar dieser Orte, zu denen sich viele aus Hamburg noch nie aufgerafft haben, das dürfte besonders für Naturschutzgebiete und andere Ziele etwas weiter draußen gelten. Bei einigen Orten merkt man übrigens deutlich, wie die Zeit vergeht, den im Buch erwähnten ganz besondere Plattenladen etwa, den kenne ich noch als ganz normalen Plattenladen. Da ging man eben Platten kaufen, kein Ding. Aber kaum hält man etwas ein paar Jahre aus, schon ist man speziell, es geht den Plattenläden also wie den Leuten.
Selbstverständlich sind auch Orte zu finden, bei denen die eigene Erfahrung eher unglücklicher Art war, Orte, die irgendwie einfach nicht passen wollten, weil das Wetter doof war, das Personal schlecht gelaunt, die eigene Stimmung verheerend – aber hey, gib mir eine zwölfte Chance, wie Bernd Begemann sang.
Mit dem Buch kann man quasi überhaupt nix falsch machen, sofern der zu beschenkende Mensch eine Hamburgreise nicht gerade kategorisch ausschließt. Und wer würde das tun. Bevor eine gewisse Bloggerin aus Berlinerin jetzt kommentiert: Ja, ich weiß. Ausnahme/Regeln.
Ein Hinweis noch für all die Suchenden, die in den nächsten Tagen hektisch in der dezent überfüllten Innenstadt herumrennen und Geschenke suchen: Das Buch ist meines Wissens im Moment nicht bei Thalia lieferbar, sonst aber schon. Und die kleinen Buchläden sind ja eh interessanter.
December 16, 2017
Beifang vom 17.12.2017
“Mehrere Studien aus den letzten Jahren haben ergeben, dass mit der Hand geschriebene Texte kreativer sind und komplexere Sätze haben.” Das hat mich etwas überrascht, das mit der Satzlänge. Aber vielleicht finde ich das Schreiben mit der Hand immer noch zu anstrengend, nachdem ich es fast jahrzehntelang nicht gemacht habe und erst in letzter Zeit wieder Notizen mit der Hand mache. Leicht fällt es mir nach wie vor nicht, ganze Seiten mit der Hand zu füllen, aber ich müsste auch noch einmal über die Hardware dabei nachdenken, hinterhergeworfene Werbekugelschreiber aus Hotels sind vielleicht auf Dauer doch nicht das Mittel der Wahl. Ich schreibe also gewiss keine längeren Sätze mit der Hand, aber ich glaube doch, mir fällt entschieden mehr ein, wenn ich es dauernd sofort mit der Hand notiere. Daraus werden dann nicht zwingend durchdachte Texte, ganz und gar nicht, das Zeitproblem bleibt ja immer- aber es ist dennoch erst einmal befriedigend, dass einem überhaupt etwas einfällt, dass einem mehr einfällt. Die Handschrift an sich hat übrigens noch mehr Vorteile, ich habe z.B. gerade nach einer von mir verfassten Kolumne in einer Regionalzeitung einen Leserbrief erhalten, der vermutlich ein sehr wütender war, das kann ich aber nur ahnen, denn er war komplett unlesbar. Das war keine Sauklaue, sondern eine dermaßen durchstilisierte, hochgejazzte und selbstverliebte Handschrift – keine Chance. Auch andere wussten keinen Rat, da war beim besten Willen nichts zu entziffern. Ahnen konnte ich nur, dass mir da “Oma-Positionen” vorgeworfen wurden, damit kann ich leben. Gut sogar. Hervorragend!
Daniel Fiene denkt über Blogs nach, Gedanken, die vermutlich alle umtreiben, die ein Blog betreiben, besonders was das Notizenhafte der Einfälle betrifft, siehe auch oben, so ein Zufall. Ich neige bei diesen Fragen dazu, zwar eine Meinung zu haben, diese aber dauernd zu ändern, womöglich täglich, aber hey, es ist ein schnelllebige Zeit. Und die Schlussfolgerung im Text ist etwas gewagt, to say the least. Aber nett, nett ist sie schon.
Sibylle Berg zum Dritten Advent.
Rumänien holzt seine Wälder ab.
Der Musiktipp kommt heute von Sohn I, passt etwas zynisch zum Rumänientext und lässt mich sprachlos zurück.
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