Maximilian Buddenbohm's Blog, page 146

January 1, 2021

And so it begins

Neujahrsspaziergang. An den Straßenrändern liegen die ersten abgeschmückten Tannenbäume, hier und da hängt ein Glitzerrest in den Zweigen. Jemand hat ein Raclette-Gerät neben seinen Baum gestellt, das kann auch weg, das kann alles weg, geh mir bloß weg mit Weihnachten und Festessen und überhaupt, raus damit. Also so sieht das aus, das Raclette-Gerät steht da so passiv-aggressiv vor der Tür. Es sind fast keine Böllerreste auf den Fußwegen zu sehen, keine hölzernen Raketenstangen, keine aufgeweichten Pappröhrchen. Kaum leere Sektflaschen, keine Plastikgläser. Da vor dem Mülleimer liegt eine Handvoll Konfetti, golden und silbern, da fand kurz Fröhlichkeit statt. Oder der Versuch, versteht sich.


Die Bude der Wahrsagerin vor dem Bahnhof ist noch geschlossen, die lässt das Jahr auch erst einmal auf sich zukommen.


Im Bahnhof gehe ich an den Gleisen vorbei, ein Zug fährt nach Chur. Das ist seltsam, denn ich habe noch nie gesehen, dass ein Zug nach Chur vom Hauptbahnhof fährt. Entweder ich habe das durch einen Zufall noch nie wahrgenommen oder die Verbindung ist neu. Ich gehe am Zug vorbei und sehe hinein, wie sieht man aus, wenn man nach Chur fährt? Man sieht schlecht gelaunt aus, soweit man das mit den Masken erkennen kann. Die wenigen Passagiere haben viel Platz und grummeln ihn voll. Mehrere Zugbegleiter und andere Menschen von der Bahn stehen am Zug und unterhalten sich. Einer sieht mich, macht eine einladende Geste zur offenen Zugtür hin und lächelt verbindlich. Die Bahn kobert, das ist auch neu. Aber der Zug ist wirklich leer, ich kann das verstehen. Ich fahre dennoch nicht nach Chur, wo ist das überhaupt und es heißt ja auch immer: „Zurückbleiben bitte.“ Die Türen schließen sich.


Im Durchgang zur U-Bahn sitzen vier Obdachlose aus Osteuropa. Das kann man sich als zusammenhängenden Begriff denken, Obdachlose aus Osteuropa, quasi in einem Wort. So kommen sie in den Hamburger Medien vor, es sind in diesem Jahr mehr als je zuvor. Die vier Obdachlosenausosteuropa singen gemeinsam ein Lied mit vielen Strophen. Wenn eine neue Strophe anfängt, dann freuen sie sich, dass alle den Text wissen. Das sieht man deutlich, bei jedem Strophenanfang freuen die sich, gucken sich an und strahlen. Und sonst, das kann man ruhig raten, freuen die sich nicht so oft. Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder das Lied ist traurig, dann klingt es bei den Vieren etwas lustiger, weil sie alle betrunken sind und nicht gerade schön singen. Oder aber das Lied ist lustig, dann klingt es bei den Vieren etwas getragener, aus dem gleichen Grund. Es ist so dazwischen und man bekommt es nicht heraus, wenn man kein Russisch kann, oder welche Sprache das ist. Ich kann es nicht erkennen. Vor den vier Sängern steht kein Becher, sie betteln nicht. Das ist bei den Obdachlosenausosteuropa häufig so, dass die gar nicht betteln, dass die nur da sind, nur da sitzen. Und manchmal singen. Eine neue Strophe fängt an, alle kennen den Text, das Lied ist wirklich lang. Winterlang.


Bei mehreren Restaurants in der Bahnhofsgegend sind die Speisekarten in den Aushängekästen herabgesunken, verrutscht und verblasst. Darum kümmert sich niemand mehr, wozu auch. In etlichen Eingängen liegen Obdachlose, woher auch immer, das sieht man den Schlafsäcken nicht an. Müll weht vorbei und gepflegt wirkt das alles nicht. Wenn man die Stadt schließt, dann lässt sie sich gehen. An den Fenstern der Restaurants, der Imbisse und Läden hängen Zettel, in manchen Fenstern etliche davon. Hygienekonzepte, Bitten um Masken, Erklärungen, Verlautbarungen, Regeln, Piktogramme mit AHA, Verweise auf noch offene Zweigstellen in anderen Gegenden, liebe Kundinnen und Kunden, dear customer. Hinweise auf Telefonnummern, Webseiten und Mailadressen. Wegen Corona, wegen der aktuellen Situation, wegen der Verordnungen.


Manchmal wurden Zettel über Zettel geklebt, die Novemberzettel verdecken so halb die Märzzettel, darüber etwas aus dem Dezember. Man könnte Zettelarchäologie betreiben und Schicht um Schicht freilegen. Bei einem Italiener hängt ein Blatt in Din A4 aus dem März, darauf steht einfach nur „Zum Mitnehmen“. Halb darüber klebt ein Zettel in DIN A3 aus dem November oder Dezember, darauf steht in riesiger Schrift, farbig und mit Ausrufezeichen: „ZUM MITNEHMEN!“


Ich gehe noch einmal durch den Bahnhof. Eine Frau bestellt gerade etwas beim Bäcker, ich höre im Vorbeigehen die empörte Reaktion des Verkäufers: „Ja, hallo – schönes Neues erst einmal, so viel Zeit muss schon sein!“ Die Frau stöhnt und sagt: „Schönes Neues.“ Der Mann sagt, ich hätte darauf wetten können: „Geht doch.“


Ansonsten ein ungewohnt entspannter Tag. Es war, ich möchte mich da festlegen, der bisher beste Tag des Jahres.


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Published on January 01, 2021 22:49

Blinken und Rauschen

Am Abend wird der Fernsehturm in pink angestrahlt und auch von innen her üppig beleuchtet, also da oben jedenfalls, wo früher einmal das Panorama-Restaurant war, wo also die vielen Fenster sind, die umlaufenden, da blinkt es. Da laufen Lichter um den Turm, Disco nichts dagegen. Die Söhne sind angetan, ihre Zimmer bestehen immerhin auch hauptsächlich aus Lichteffekten, da gucken Experten. Der Turm leuchtet so hell auf über der Stadt, dass der fast noch volle Mond daneben etwas mau wirkt, so eine einfache und gleichförmig leuchtende Scheibe, das ist doch eher etwas simpel, wenn man ehrlich ist. Man kann heute mehr Effekte. Das Licht am Turm spiralt in Mustern empor und wieder runter, es flackert und dreht, es macht Streifen und Wirbel, es kreist, das ist ein ausgefeiltes und langes Programm, das da läuft. Der Turm macht definitiv etwas her, das ist als Feuerwerksersatz gar nicht schlecht und vor allem schön leise.


Allerdings ist dieses pinkfarbene Licht am Turm vielleicht auch Magenta, fällt mir nach einer Weile auf, und das ist doch bedenklich. Dann wäre der Zauber am Ende von der Telekom gesponsort und man hätte nur durch kurzes Schönfinden irgendeinem Werbestrategen sein oberschlaues Konzept bestätigt, und das möchte man ja nicht. Lebe wild und unberechenbar! Ich gucke über die Alster zum strahlenden Fernsehturm und finde ihn also sicherheitshalber nur halbschön. Da habe ich es ihnen aber gegeben, den Werbestrategen. Das Jahr mit klarer Kante gegen den Konsum und den Kapitalismus beenden, so läuft das hier nämlich.


Die großen und seit Wochen geschlossenen Hotels an der Alster haben in der Silvesternacht Fensterbotschaften geschaltet. In der Radisson-Fassade leuchtet ein Herz, im Royal Meridien erkennt man 2021 und mich interessiert dabei nur, wie sie das wohl gemacht haben. Ich stelle mir den Menschen vor, der da mit einem Laufzettel über die Gänge geeilt ist, 14. Stock, Zimmer 887 Licht an, Zimmer 888 Licht aus, nein, andersherum, wieder zurück. Und hinterher dann vors Haus, etwas auf Abstand rennen und gespannt hochsehen, wie haben wir das gemacht? Na? Und dann hat das fensterpixelige Herz irgendwo einen falschen Zacken, also noch einmal rein, noch einmal hoch in den 12. Stock, im Zimmer ganz rechts muss das Licht doch wieder aus und dann aber endlich. Wie die oder der da leise fluchend über den leeren und dunklen, etwas gespenstisch wirkenden Gang geht und mit dem Lichtschalter das Herz richtet. Nichts zu hören, rein gar nichts, nur die Schritte und die klappenden Türen. Schon auch schön! Und die Nachtspaziergänger an der Alster gucken über die glitzernde Wasserfläche und sagen „Guck mal, ein Herz!“ Das sind dann so die Erfolge und warum auch nicht.


In der Nacht, als die Familie längst in den Betten liegt, hebt die Heizung an zu rauschen. Und zwar rauscht sie nicht wie in einer Wohnung aus den Achtzigern des letzten Jahrhunderts, sie rauscht eher wie in einem mühsam renovierten und uraltes Schloss in den schottischen Highlands oder was weiß ich wo, sie rauscht so, dass man an Gruselromane denkt, mindestens aber an Edgar Wallace. Die Rohre singen und summen, ich stehe mehrfach auf, um nachzusehen, ob da irgendwo etwas ausläuft. Die Heizung hat noch nie solche Geräusche gemacht, in all den Jahren nicht. Ein Wildbach strudelt auf einmal durch die Rohre. Die Familie schläft, nur ich sitze im Bett und höre dem schnell strömenden Wasser zu. Alles fließt in den Wänden hinter dem Bett. Das alte Jahr geht da ab, denke ich mir, es löst sich aus allem, es fließt ab und schmilzt weg und am nächsten Morgen ist nichts mehr davon da.


Und apropos Schmelze. Da die Jahresendfeierlichkeiten jetzt durch sind, wäre mir allmählich nach einem Tulpenstrauß, nächster Halt Frühling, Sie kennen das. Aber die Blumenläden haben im Lockdown geschlossen, sogar die im Bahnhof. Schlimm.


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Published on January 01, 2021 01:08

December 31, 2020

The same procedure

Wir folgen der in diesem Blog hinlänglich etablierten Tradition, kein Silvester ohne diese Bilder, eh klar. Es handelt sich beim Folgenden also um die Erinnerung an eine norddeutsch-ausgelassene Silvesterparty in einem Hamburger Vorort, der Abend ist bereits viele, viele Jahre her und eigentlich längst nicht mehr wahr. Deutlich erkennt man jedenfalls die sogenannte Hanseaten-Ekstase in meinem Blick.

Denn man muss gerade die süddeutschen und besonders die rheinländischen Leserinnen und Leser gelegentlich daran erinnern: wir hier oben, wir sind gar nicht so. Wir können auch ganz anders:


Hanseaten-Ekstase


Gleicher Abend, nur einen Meter weiter: Die Herzdame, liebreizend wie stets und dabei auf diese einmalig nordostwestfälische Weise in strahlender Herzlichkeit gut gelaunt:


Die Herzdame

Silvester 2020 ziehen wir Erwägung, angesichts des unvermeidbar schwierigen Januars um Mitternacht eher Helme aufzusetzen, keine Partyhüte. Wobei wir, es fällt mir gerade erst auf, tatsächlich keine Partyhüte im Haus haben. So bricht das Jahr endlich auch mit dieser Tradition, aber das fällt nicht weiter auf.


Ich habe weder irgendwelche Vorsätze für 2021 noch Zeit für einen Rückblick. Ich halte mich weiter strikt an die Strategie, die sich in den letzten Monaten bewährt hat: Morgens aufwachen und mal gucken, was geht. Denn mehr geht ja nicht. Ich habe vor einiger Zeit beim Goethe-Institut einen Text über Planlosigkeit geschrieben, den kann ich auch auf mich anwenden.


Gestern las ich auf Twitter die Morgengrüße einer Pastorin, wobei ich gleich sagen muss, dass ich mich darüber nicht lustig machen möchte. Ich denke nur darüber nach. Sie schrieb da nämlich, dass sie den LeserInnen das wünsche, was Gott für sie vorgesehen hat. Ich bin nun weder religiös noch theologisch bewandert, aber das ist doch etwas seltsam, nicht wahr. Denn wenn Gott es nicht vorgesehen hat, hätte es dann Sinn, es zu wünschen? Wohl kaum. Wenn es aber vorgesehen ist, muss es dann durch den Wunsch eines Menschleins verstärkt werden? Wohl kaum. Ist die Aussage also nicht eigentlich: Möge passieren, was passieren wird? Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr kommt mir dieser pastorale Morgenwunsch wie eine trickreiche und mit etwas Beiwerk aufgeladene Verbrämung der bewährten Formel “Muss ja” vor.


Ich kann nur für mich feststellen: Es geht auch ohne Beiwerk. Muss ja. 2020 zumindest ging es auf diese Art.


Kommen Sie gut rüber, bewahren Sie unbedingt Haltung, ich schließe mit den besten Wünschen zum Neuen Jahr. Wir sehen uns drüben, wenn Sie mögen.


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Published on December 31, 2020 05:18

December 30, 2020

Links am Morgen

Falls Sie übrigens noch ein Vorhaben für die letzten Stunden des Jahres brauchen – man könnte jetzt hervorragend The Disintegration Loops von William Basinski hören. Bis zum Ende. Passt schon. Auf Spotify verfügbar. Also man kann das als Kunstwerk hören oder aber sich beim Hören fragen, ob man eigentlich noch alle Latten am Zaun hat, mit so etwas Zeit zu verbringen und ich finde es ganz schön zwischen diesen beiden Einstellungen. Man muss sich ja nicht immer entscheiden.


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Ansonsten der Nekrolog auf ein Jahr, ein Gedicht von Mascha Kaléko. Zu lesen während man kopfschüttelnd das Jahr ablaufen lässt.


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“It might not be today but things will be okay – next year.” Na dann.



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Published on December 30, 2020 22:49

December 28, 2020

Links am Morgen

Auf arte eine sehenswerte Dokumentation über Selma Lagerlöf. Es kommt auch ein Übersetzer vor, dessen Wohnzimmer ich nicht ohne einen leichten Anflug von Neid sehen kann, überhaupt ist das alles sehr nett ausgestattet. By the way, wieso kommt hier eigentlich so oft arte vor? Weil mir das da reicht. Ich komme mit zig Streamingdiensten und Mediatheken nicht zurecht, mir ist das alles zu üppig, zu überbordend und zu verwirrend und Serien sehe ich sowieso eher nicht, ich hätte also gerne weniger Auswahl, nicht mehr. Im Moment reicht arte. Keine bezahlte Werbung, nur so eine seltsame Strategie der Freizeitbewältigung. 


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Ich lese gerade “Schwitters” von Ulrike Draesner, hier eine Rezension dazu


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Ich höre gerade “Von zwanzig bis dreißig”, der Lebenserinnerungen zweiter Teil von Theodor Fontane. Als Hörbuch auf Spotify verfügbar, gelesen von Karlheinz Gabor. Das Buch läuft 15 Stunden, Fontane entschuldigt sich gleich zu Beginn für die Länge des Textes und bietet an, zum Ausgleich keinen weiteren Teil mehr zu schreiben. Daran hat er sich dann auch gehalten, wenn ich es recht erinnere.


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Published on December 28, 2020 23:31

Währenddessen im Hirn

Ich habe in einem solchen Ausmaß keine Lust auf den Januar mit seiner doch ziemlich wahrscheinlichen Kollision von Home-Office und Home-School, es tut mir schon fast körperlich weh. Daher male ich mir das jetzt alles fürchterlich farbig aus, worst case galore, mit den jeweils übelsten Entwicklungen in allen nur denkbaren Bereichen. Also wie es wird, wenn es richtig, richtig, schlecht wird. Also wie es wahrscheinlich wird, schon klar, Sie merken, ich kann mir Rollen aneignen. In irgendeinem Lebenshilfebuch stand nämlich mal, das solle man in solchen Fällen unbedingt tun, man würde dann schon dadurch gestärkt in das vermeintliche Übel hineinschreiten, das sei quasi eine Resilienzmaßnahme – und wie einfach! Und wie billig! 


Ein anderer Teil von mir steht allerdings daneben, Sie kennen das hoffentlich, wenn ein Teil von Ihnen neben Ihnen steht (sagen Sie jetzt nichts), also neben mir steht dieser andere Teil und sagt die ganze Zeit immer wieder: “Also wir nennen das ja schlicht Realismus.” Wen er dabei aber nun wieder mit wir meint – lassen wir das.


Wozu jedenfalls eine weitere innere Figur, die des langjährigen Autors nämlich, ungefragt etwas aus ihrer Erfahrung beisteuert, wobei sie sich auch noch jovial mit der Rolle des Leser verbrüdert, und die beiden brummen also Arm in Arm und im Brustton der Überzeugung: “Sollste mal sehen, wenn du dir das alles so schlimm denkst – dann wird der Januar voll super. Eh klar. Kennt man doch.” Und sie nicken und grinsen breit und wirken außerdem etwas angeheitert.


Währenddessen sitze ich hier zwischen meinen nur projizierten inneren Figuren und denke, dass der Januar, gesund-fatalistisch betrachtet, selbstverständlich einfach eine Fortsetzung der letzten Wochen werden wird, was auch sonst, weil der kalendarische Übergang mit dem Alltag gar nichts zu tun hat, und ich fühle mich sogar halbwegs schlau bei diesem Gedanken, weswegen auf einmal ein schicksalsgläubiger Persönlichkeitsanteil von mir entnervt auf die Uhr sieht und mit einem Anflug von Ungeduld etwas im Kalender nachschlägt und murmelnd rechnet, ich meine etwas mit “sieben” zu verstehen, aber wen interessiert das. 


Mein innerer Käpt’n schreitet dagegen die ganze Zeit in mühsam niedergerungener Nervösität über die innere Brücke und lässt die anderen reden. Er drückt den Rücken durch und ignoriert alle nach Kräften. Er hat auch wirklich nicht für jeden Unsinn Zeit, er muss immerhin noch den Kurs bestimmen. Aber er nimmt sich doch vor, das Gerede der Stimmen später im Logbuch einzutragen. Pflicht ist Pflicht – und mit Pflicht kennt er sich aus. 


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Published on December 28, 2020 08:37

December 27, 2020

Links am Morgen

Der Weihnachtsrückblick von Anke


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Wenn man das Skifahren nicht mag, aber aus der Gegend kommt


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Resilienzkritik


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Auf arte eine Doku über Sammy Davis Jr. Eine bittere Angelegenheit.


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Published on December 27, 2020 22:42

Eine Dankespostkarte

Rückseite


Ich habe noch zu danken für diverse Geschenksendungen, die uns rechtzeitig erreicht haben, Freuden für mich, die Söhne und die Herzdame, es war ganz großartig! Unterm Baum liegen bei uns immer auch Pakete mit der Aufschrift „Von LeserInnen“. Das ist für die Söhne schon eine Tradition über etliche Jahre, und zwar eine besonders schöne. Herzlichen Dank!


Vorderseite


Die Herzdame, die Söhne und ich stehen vor einem riesigen Klinikbau, wobei wir schnatternd vor Kälte etwas auf und ab hüpfen und ausgiebig fluchen, weil der Boden vor dem Gebäude aufgeweicht und glitschig ist vom Regen und wenn man jetzt ausrutscht und hier in eine Pfütze fällt – alleine der Gedanke, da wird einem gleich noch viel kälter. Es ist ruckartig eisig geworden, ein Sturm braust polar heran und es pfeift um uns herum. Wir sehen immer wieder an den vielen Fenstern hoch. Hinter uns nichts als Gegend, die Klinik liegt ganz am Rand der Stadt, dahinter kommt nichts mehr. Ein kleines Parkgewässer noch, auf dem schwimmen ein paar Stockenten. Ich kann da nicht hinsehen, schon die Vorstellung, jetzt im Wasser zu sein – ich friere wie schon lange nicht mehr. Weiter hinten im Bild noch etliche Zelte und Container. Corona-Teststationen sind das, ein Bild wie im Katastrophenfilm. Ein Bild wie in echt. Da stehen etliche Menschen in Schlangen an, da laufen einige Menschen in Vollschutzmontur herum. In der weiteren Ferne wird es bergig, da oben ist ein Ausflugslokal, da waren wir schon mal. Das war noch zu der Zeit, als man in Restaurants konnte und so. Weißt du noch. Die Söhne jagen immer wieder an der Front des Gebäudes auf und ab und gucken da hoch und hier hoch, wo da wohl gleich ein Fenster aufgeht. Da, wo das Fenster aufgeht, da guckt nämlich ihr überraschter Opa raus und winkt. Wir winken zurück, wir winken uns warm. Auf dem Krankenhausgelände trägt man Maske, was wir hin- und herrufen ist daher kaum zu verstehen aber hey, wir haben uns kurz gesehen.


Der Opa kann das Fenster nicht lange offenhalten, denn der Wind will zu ihm rein, will dringend zu Besuch und fährt ihm ins Nachthemd und lieber kein Risiko, er ist wirklich krank genug. Wir winken, er winkt. Wir können nicht rein, er kann nicht raus, wir winken. Weihnachten 2020, die Winkeweihnacht, so werden wir das erinnern.


Das ist ein Bild, wie es vermutlich viele gegeben hat in diesem Jahr. Es ist im Grunde also gar ein besonderes Bild. Und doch.


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Published on December 27, 2020 07:44

December 25, 2020

Links am Morgen

Wir konnten mal Winterschlaf und sind dann in der Evolution falsch abgebogen. Schimm. 


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Über Lernen und Noten


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Auf arte eine Doku über Laurel & Hardy. Kann man etwas lernen. 


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Published on December 25, 2020 22:40

December 23, 2020

Trinkgeldbericht November/Dezember

Let’s call it a year, also zumindest in diesem Zusammenhang hier. Ich werfe die beiden letzten Monate zusammen und berichte en bloc. Was besonders einladend und einfach ist, da es rein gar nichts zu berichten gibt. Nicht etwa, weil es keine Trinkgelder gegeben hätte, die kamen erstaunlicherweise dennoch, obwohl hier vergleichsweise wenig erschien, das war wiederum eine tröstliche Erfahrung. Also die Summen, nicht das Nichtschreiben. Sondern weil wir nichts ausgegeben haben. Ich habe die Beträge lediglich sorgsam registriert, Graf Zahl nichts dagegen, alles notiert und dann eichhörnchenhaft für später zurückgelegt.


Denn unser mindestens mittelgroßes Projekt der Wohnungsumgestaltung, für das wir im Moment alles verwenden wollen, damit es gut, wenn nicht sogar sehr gut wird, es hängt gerade. Weil das Bett, unser neues Bett, nicht lieferbar ist. Dieses Bett ist nun aber tiefdunkelblau und wird den Raum daher ganz erheblich beeinflussen, weswegen wir mit allen weiteren Entscheidungen warten müssen, bis wir es an seinem Standort gesehen haben. Dann stellen wir uns nämlich Hand in Hand davor und lassen es auf uns wirken wie in einem Achtsamkeitsseminar – und dann geht es erst weiter. Wenn wir jetzt Sachen kaufen würden, die irgendeine Farbe haben, dann würden wir das eventuell falsch machen. Und Sachen kaufen, die keine Farbe haben, das ist auf Dauer auch schwierig. 


Wir warten also einfach. Das Warten ist ja bekanntlich kein großes Problem für mich, es zerlegt mich nur nervlich komplett, aber das fällt in diesem Jahr wirklich nicht mehr auf. 


Wie immer also, vielen Dank für jeden eingeworfenen Euro und jeden Cent, es schafft alles Möglichkeiten und es war mir und uns wieder ein Fest. Und zwar ein großes.


Auf Twitter wurde in letzter Zeit hier und da erörtert, was denn in diesem Jahr schön gewesen sei, also schön trotz allem, schön obwohl, schön trotz irgendwas, es war immer so ein Gegensatzpaar, das da erörtert wurde, die Zeitläufte und das jeweilige Erleben oder Handeln. Ich möchte hier unter eiliger Umkurvung allzu pathetischer Gefühlsbekundungen noch einmal nachdrücklich darauf hinweisen, dass es zweifellos bessere Jahre gab, dass es aber schön, wirklich schön war, dass Sie einen Teil unserer Lebensführung finanziert haben, damit also dieses Blog, diese Texte, uns. Man kann als Autor heute auch auf diese Art honoriert werden, das funktioniert, das ist erhebend und wahrhaft tragend, ich danke sehr dafür.


Ich möchte noch eine kleine Erläuterung dranhängen. Ähnliche Gedankengänge kamen hier schon vor, das gebe ich vorweg zu, ich denke aber tatsächlich öfter darüber nach, es beschäftigt mich nachhaltig. Daher noch eine Variation zum Thema. In den letzten Wochen gab es gleich mehrere Kommentare, hier oder an anderer Stelle, Facebook etc., die sich darauf bezogen, dass meine Texte entspannend und/oder erheiternd seien. Das hat mich natürlich gefreut, denn so sind sie ja auch gemeint, so ist die ganze Veranstaltung auf dieser Seite gemeint. Es ist aber auch in sich erheiternd, denn ich bin weder entspannt noch heiter. Ich bin eher etwas vergrincht, ich bin eher knurrig und ebenso chronifiziert wie allumfassend genervt, ich bin bestenfalls sehr, sehr skeptisch -und wenn ich manchmal wahrhaft begeisterungsfähige Menschen treffe, dann weiß ich gleich, die sind anders als ich. Nicht falsch verstehen, ich bin das alles durchaus lustvoll.


Aber wenn ich mich dann an die Tastatur setze, mit meinen ernsten und schweren Gedankengängen, mit meiner angebitterten Verfassung, meinem Pessimismus und meiner fatalistischen Grundhaltung, dann wird daraus routinemäßig das, was Sie hier lesen. Es dauert vielleicht nur ein, zwei Zeilen, dann dämmert schon eine Pointe oder eine Wende ins Lichtere. Meine Hände machen das, nicht mein Hirn. Es passiert erst beim Tippen, nicht beim Denken, es ist nachgelagert. Es passiert gewissermaßen in der Maschine, beim Produktionsvorgang. Und das, was dabei dann herauskommt, das erheitert Sie also ab und zu. Oder es entspannt sogar, was für mich noch amüsanter ist, denn ich weiß gar nicht, was Entspannung ist. Auf einer Ebene. 


Aber weil ich eben so schreibe, wie ich schreibe, ist es eben doch alles da, bin ich also doch irgendwie heiter und vielleicht sogar entspannt, und sei es nur beim Schreiben, da dann aber womöglich sogar sehr, wie mir schwant. Hätte ich kein Blog, ich wüsste das vielleicht gar nicht! Ich bedarf dieser Beweisführung, so sieht es nämlich aus. Und so haben also manchmal Sie etwas davon und ich aber auch oft – das sind doch viele Vorteile. Zumindest im besten Fall. 


Ich bleibe daher dabei, so ein Blog ist eine feine Sache. Und obwohl ich in diesem überaus seltsamen Jahr sogar daran manchmal gezweifelt habe, will ich daher dennoch gerne versuchen, diese Seite hier auch im nächsten Jahr mit was auch immer zu befüllen, meine Hände also einfach machen zu lassen. Das wird schon.


Haben Sie bitte schöne Weihnachten, machen Sie es sich fein und seien Sie nett zueinander.



Kernfamilienweihnachtsatmo.


Die Herzdame: „Wie ist der Plan?“

Ich: „Welcher Plan?“

Die Söhne: „Wann ist nun eigentlich Weihnachten?“


— Max.Buddenbohm (@Buddenbohm) December 23, 2020




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Published on December 23, 2020 02:22

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