Maximilian Buddenbohm's Blog, page 116

March 21, 2022

Themen, Pflichten und Klimbim

Der erste Tag nach dem Urlaub war, ich habe es nicht anders erwartet, etwas erschlagend, es ist einfach zu viel Zeug für so wenig Stunden, zu viele Themen, Pflichten und Klimbim, es geht schlicht nicht auf, es kann auch gar nicht aufgehen.

Der einzig berichtenswerte Moment war, als ich aus dem Büro nach Hause kam und die Nachrichten nachlas. Man weiß heute nicht recht, ob man nach zwei, drei Stunden ohne Ticker irgendeine fatale Weltenwendung womöglich verpasst hat, und dann steht man doof da, während um einen herum schon alle die Koffer packen und flüchten. Oder Sonnenblumenöl kaufen, meine Güte.

Ich saß also und las, und der Nachbar, der dauernd Klavier übt, der spielte wieder in der Wohnung neben mir. Was mich fast nie nervt, ich habe die doch etwas längliche Jingle-Bells-Phase aus dem Dezember schon wieder erfolgreich verdrängt. Er spielte ein Stück, das mir vage bekannt vorkam. Das geht mir oft so, bei diesen leisen Tönen durch die Wand, dass ich erst nach einer ganzen Weile darauf komme, was der da eigentlich spielt, obwohl die ganze Zeit schon klar ist, dass es sich um ein gängiges Stück handeln muss. Aber die Pausen, die er macht, die vielen Wiederholungen einzelner Passagen, die Wand zwischen uns – es wirkt alles etwas verfremdend.

Ich las von Mariupol und von Eingreiftruppen, von Belagerungen und Kriegsflüchtlingen. Der Nachbar übte immer weiter Klavier, und dann kam ich darauf: Imagine. John Lennon.

Das wäre in einer Geschichte zu kitschig, zu gesucht und zu platt, aber in der Wirklichkeit, da ist das einfach so. Einer liest Kriegsnachrichten, einer spielt ein Friedensliedchen und am Kirchturm vor unseren Fenstern weht die ukrainische Flagge.

So geht es hier gerade zu.

***

Ich hatte lange keine Werbung mehr unter diesen Texten, ich werde das auch künftig eher selten haben, aber bei gewissen Kunden mache ich doch gerne eine Ausnahme. Etwa für die untenstehende Veranstaltung, bei der ich damals, vor Corona, mehrmals war und die ich dabei für interessant befunden habe, das Europacamp der Zeitstiftung in Hamburg. Ich werde, wenn es denn alles so eintritt, wie erwartet, in diesem Jahr wieder hingehen, das wird dann die erste Veranstaltung seit dem März 2020 sein, es war damals auch die erste, die abgesagt wurde. Das aktuelle Programm etc. finden Sie unter dem Link unten.

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Sie können hier Geld in den allerdings nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber ganz klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch, die Daten dazu finden Sie hier. Wer mehr für Dinge ist, es gibt auch einen Wunschzettel. Merci!

Es folgt Werbung, sie ist heute gar nicht einmal so unpassend.

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Published on March 21, 2022 12:34

March 20, 2022

Währenddessen in den Blogs, Ausgabe 21.3.2022

Der Krieg ist der neue Joker. Auch interessante Kommentare darunter, die Wahrheitsfindung ist nicht eben simpel. Ich bin immer überrascht, wie viele an so etwas wie eine unweigerliche Mechanik des Marktes glauben, an nichtexistierende Naturgesetze, die sich zwingend auf Preise auswirken, und immer in eine Richtung, das war, ganz im Ernst, eine starke Marketingleistung des Kapitalismus oder des Neoliberalismus, was weiß ich.

Wobei ich aber nicht behaupten würde, irgendetwas tiefer zu durchblicken als der Rest, ich habe weder BWL noch VWL studiert, Gott bewahre, ich interessiere mich überhaupt nicht für … Moment. Gerade fällt mir ein, ich arbeite in einer Finanzabteilung. Contenance.

Ich staune jedenfalls immer noch, das wollte ich nur eben sagen, wie viele Geschäfte und Gastrobetriebe Corona bis heute überlebt haben, das beweist mir ausreichend, dass ich offensichtlich nicht genug von Wirtschaft verstehe. Es ist doch komplett kontraintuitiv, oder nicht?

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Hier eine Fortsetzung aus Frankreich, ich glaube, die hatte ich noch nicht.

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Published on March 20, 2022 22:07

Eine Dankespostkarte

Rückseite

Ich habe zu danken, mehrfach sogar, und zwar einerseits für die Zusendung eines kleinen Bildbandes über die Sonnenallee in Berlin von Klaus Heymach, also vom Fotografen selbst – es gibt gewisse Ähnlichkeiten zum Steindamm hier um die Ecke. Gute Bilder, das mochte ich. Dann gab es noch ein weiteres Kartenspiel, Skyjo. Ich war daran bis jetzt nicht beteiligt und kann dazu also nichts sagen, aber die Herzdame hebt weiter hinten den Daumen, das war also auch gut. Es gab ferner eine große Dose Hausbrand Espresso, die ist noch geschlossen, wird es aber nicht mehr lange sein, denn nach einer Woche auf Eiderstedt freue ich mich auf nichts so sehr wie auf einen guten Kaffee. Den es auf der Halbinsel nirgendwo gibt, wenn man ihn nicht selbst macht, und wir hatten nichts dafür mit, wir haben ohnehin immer zu viel Gepäck, allein die Bücherstapel. Es wird mir wie immer ein feierlicher Akt sein, in Hamburg wieder Kaffee zu trinken, irgendeinen Vorteil soll die Großstadt auch haben. Muss sie auch haben.

Aber das ist nicht alles, wofür ich zu danken habe. Ich habe, es fiel Ihnen vielleicht auf, in den letzten Monaten keinen Trinkgeldbericht geschrieben, was vielleicht etwas ungehörig erschien, es lag aber daran, dass ich das Geld nicht ausgegeben habe, keinen Euro davon, sondern alles gespart habe. Für diese Woche Urlaub auf Eiderstedt, die Sie uns freundlicherweise komplett finanziert haben. Also die Anfahrt, die Wohnung auf dem Hof, die Stunden im Strandkorb und im Stall, die Gänge über die Weiden und zum Leuchtturm in Westerhever, sogar die Stachelbeertrümmertorte aus dem Café im Dorf. Die Einkäufe beim Edeka in der kleinen Stadt Garding, die Gummistiefel für alle, die auch zwingend erforderlich waren. Alles.

Wie großartig ist das denn, wenn ich das Geld so zurücklege, dann ist es noch toller, noch fantastischer, was es ermöglicht. Wir vier danken sehr und herzlich, echtjetztmal. Das war eine zwar im Ergebnis zu kurze, aber doch dringend notwendige Pause, vor allem auch für die Jungs, deren Leben intrapandemisch sonst nur noch aus Ganztagsschule und Bildschirmen besteht.

Die Herzdame und ich haben das Entspannungsziel zwar nicht erreicht, aber das wussten wir vorher, das war sozusagen eingeplant und in Kauf genommen. Es war dennoch wichtig und richtig, und ein wenig Entspannung ist besser als keine.

Vorderseite

Zu diesem Dankestext passt eine klassische Postkarte von der Halbinsel Eiderstedt, vielleicht noch mit einem kleinen Soundeffekt, wie es ihn bei Klappkarten oft gibt. Sie können sich dafür schon einmal Gänsegeschrei denken, aber womöglich etwas anders, als sie es kennen. Wenn Sie einmal ziehende Gänse gesehen haben, so eine Schar am Himmel oder zwei oder drei, dann nehmen Sie die einfach mal zehn oder auch gleich mal zwanzig und mehr, stellen Sie sich vor, es sind geradezu fantastisch viele Gänse über ihnen, in einer Landschaft, in der sonst nichts ist und der Zug der Vögel reicht den ganzen unverbauten Horizont entlang. Es sind keine redenden Menschen um Sie herum, es ist kein Verkehr, es gibt keine Züge, keine Stadtgeräusche, gar nichts, und Sie stehen da vor diesem unwirklichen Zug einer wahren Unzahl von Gänsen am Himmel vor ihnen und die Schreie der Gänse füllen die Landschaft bis zum Horizont. So laut ist das, so viele Vögel sind das, so überaus eindrucksvoll kommt Ihnen das vor, Sie haben das Gefühl, dass man diese Gänse bis zur nächsten Stadt hören muss, wo auch immer die von hier aus ist, dass man im ganzen Land, in ganz Nordfriesland in diesem Fall, in diesem Moment die Gänse hört. Haben Sie das?

Dann das Bild dazu, es ist eiderstedttypisch einfach. Eine Weide vor ihnen, bis zum Horizont, flach wie ein Blatt Papier, und die Sonne steht gerade so, dass das Grün darauf nicht langweilig märzmatt aussieht, sondern tiefdunkelgrün, fast spätsommerlich, dramatisch durchschattiert. Das täuscht, aber es sieht gut aus. Dieses Grün also, soweit sie nur sehen können, und man kann hier enorm weit sehen. Am Horizont in doppelter Kirchturmhöhe wattierte Ölbildwolken. Man möchte dringend auf Landschaftsmaler umschulen, wenn man diese Wolken sieht und dort, da steht tatsächlich ein Kirchturm. Wie im Landschaftsmallehrbuch für Anfänger sieht das aus, ein Beispielbild ist das, with a happy little church. Ein Graben zieht sich durch die Weide vor uns, schnurgerade zum Horizont hin. Verwelktes Gras an den Uferstreifen, die Himmelsspiegelung im Wasser, ein ungemein sattes Schwarzblau mit einem Glitzern im leichten Wind, dass man unwillkürlich an Metallic denkt und das, so denkt man, das könnte man aber schwer malen, wie würde man das denn bloß machen, Landschaftsmaler haben es auch nicht immer leicht. Auch dieses Blau ist eine Täuschung, versteht sich, in Wahrheit ist das Wasser in den Gräben auf Eiderstedt zu dieser Jahreszeit schlicht baustellenpfützenfarben, es ist eher unschön und einfach schlammig, aber jetzt gerade, jetzt sieht man das nicht und der Graben sieht aus wie aus einem Naturfilm. Aus einer dieser wunderschönen Dokus ist er, die man abends seufzend sieht und dabei denkt, oh, da möchte ich aber auch mal hin. Es ist alles eine Frage des Lichts und des Moments. Hinten ein kaum noch zu erkennendes Geflatter in der Luft, dicht über dem Wasser, der abziehende Reiher ist das.

Auf der Weide steht ein struppiges Pony, ein kleiner Schimmel. Der sieht so aus, dass man gleich weiß, das ist ein Tier, dass dauernd draußen steht. Das sieht dermaßen robust und angeschmuddelt aus, das gehört da hin, unter den freien Himmel. Es grast, was soll es auch sonst machen. Neben ihm ein Schaf. Dichte Wolle, untenherum ist es fast schwarz vom Schlamm. Die beiden grasen nebeneinander, in gemütlicher Gesprächsentfernung, so sieht es jedenfalls aus. Ringsum ist alles leer, bis zum Kirchturm hin, die beiden könnten sich weit, weit voneinander entfernen, aber sie grasen nebeneinander. Wir können uns vorstellen, dass sie Freunde sind, die mögen sich, die beiden, das ist eine angenehme Vorstellung. Sie grasen gemächlich von links nach rechts durch das Bild und über ihnen ziehen die Gänse in hoher Reisegeschwindigkeit von rechts nach links. Hunderte, Tausende, wer will das schätzen, es ist unwägbar. Mehr Gänse, als ich jemals sah, so viele allemal. Das Pony und das Schaf sehen nicht hoch, sie kennen das vermutlich schon, ziehende Gänse eben, wie in jedem Jahr, März eben. Vielleicht sehen auch die Gänse nicht runter, sie kennen das auch alles schon, Nordfriesland eben, und nur der Mensch steht da und gafft und denkt und grast dabei nicht und fliegt und zieht auch nicht und staunt nur, und ob das nun ein Vorteil für unsere Art ist, wer weiß. Die Weide sieht sehr schmackhaft aus, in diesem Licht jedenfalls, sogar im März, aber ins Gras beißen, das ist bei den Zweibeinern etwas anderes als bei den beiden noch winterfelligen Freunden da. Ins Gras beißen möchte man nicht, das Zusehen muss reichen.

So sind die Bilder auf Eiderstedt, so einfach. Grüne Fläche, blauer Strich, leicht schattierte Watte am Horizont, Vögelgestrichel, zwei Nutztiere. Fertig. Man macht sich keinen Begriff, wie schön das sein kann.

Noch einmal: Vielen Dank für diese Woche. Im Sommer fahren wir wieder hin. Wir haben es zumindest fest vor.

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Published on March 20, 2022 02:42

March 17, 2022

Währenddessen in den Blogs, Ausgabe 17.3.2022

Über Idioten. Irgendwo auf Twitter stand auch das Wort „Testosterongehampel“, das schien mir passend. Das ist auch etwas, womit ich nicht gerechnet hätte, dass mir Testosterongehampel dermaßen prominent und wie ernst gemeint, wie eine ganz gewöhnliche Nachricht also, gleichberechtigt neben Meldungen über die Inflationsrate und Gesetzesvorhaben in den Tickern begegnet: „Musk fordert Putin zum Zweikampf“. Ich denke nicht, dass diese Zeile da per Naturgesetz ohne jede Einordnung in den Meldungen stand, ich halte es eher für ein deutliches Versagen, sie so zu bringen, das sind die Abgründe des Ticker-Journalismus oder überhaupt der Medien, an die ich immer öfter Anforderungen habe, die sie durchaus nicht mehr erfüllen.

Ich werde immer konservativer, haltungskonservativer, linkskonservativer, das ist das Alter und ich werde es wohl ausleben. Mit dem Krückstock fuchteln, wo es mir angebracht scheint.

Draußen sehe ich Vögel, bunte Gänse sind es. Sie sind so nah, ich kann sie sogar erkennen, es sind Nilgänse. Ich lese Nilgänse nach. Eine Nilgans hat damals, am Anfang von allem, das Weltenei gelegt, so lese ich, aus dem der Schöpfergott Amun als „Der große Gackerer“ hervorging. Das gefällt mir, denke ich, das ist ein schöner Begriff. Der große Gackerer. Ja, der hat alles gemacht. Eine dermaßen plausible Annahme ist das.

Ich lese Somerset Maugham: „Die halbe Wahrheit – keine Autobiografie“. Darin gleich am Anfang eine Passage über Politiker:

„An den bedeutenden Staatsmännern, die ich […] kennenlernte, vermochte ich keine herausragenden Fähigkeiten zu entdecken. Ich schloss daraus, vielleicht etwas voreilig, dass nicht besonders viel Intelligenz vonnöten sei, um eine Nation zu regieren. Seitdem habe ich in verschiedenen Ländern zahlreiche Politiker kennengelernt, die hohe Ämter bekleideten. Noch heute staune ich über ihre intellektuelle Mittelmäßigkeit. Ich fand, dass sie über die alltäglichsten Dinge des Lebens kaum Bescheid wussten und dass sie nur selten differenziert dachten oder eine lebendige Phantasie besaßen. Zeitweilig schien mir, dass sie ihr hohes Amt einzig ihrer Redegabe verdankten, denn es dürfte einigermaßen unmöglich sein, in einer demokratischen Gesellschaft an die Macht zu kommen, wenn man nicht imstande ist, das Ohr der Öffentlichkeit zu gewinnen.“

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Falls mir überhaupt jemals der Gedanke gekommen ist, dabei sein zu wollen, wenn Geschichte geschrieben wird: Ich revidiere diesen Wunsch.

Dieser Blogeintrag der stets lesenswerten Vanessa ist ein gutes Beispiel für eine naheliegende Entwicklung. Der Krieg kann nicht dauerhaft einziges Thema sein, das hätte auch keinen Sinn, aber er bricht doch überall und immer wieder durch. In so vielen Texten gerade ein Absatz, ein Halbsatz, eine Erwähnung. Die Blogs sind durchsetzt mit Krieg, alles ist durchsetzt mit Krieg. Natürlich auch mit Corona, aber eher nicht mit Klima, da haben wir übrigens wieder das Problem, das ganz große.

Hier auf Eiderstedt ist die Nachrichtenlage zunächst weit weg, es geht hier um andere Dinge. Es wehen keine blaugelben Flaggen in den Dörfern, es kleben keine Peace-Zeichen in den Schaufenstern, es gibt keine aktuellen Graffitis an den Stromkästen und Mauern. Es gibt auch keine Kneipen, in denen permanent Fernseher mit Nachrichten laufen, keine oder kaum Kioske, bei denen man im Vorbeigehen schon die Schlagzeilen sieht, die Ausrufezeichen, die Horrorbilder. Keine digital gesteuerten Leuchtreklamen mit wechselnden Bildern am Straßenrand, die zwischendurch auch Tickermeldungen anzeigen oder Spendenaufrufe einblenden.

Aber wenn man mit jemandem spricht, dann merkt man es doch. Nicht unbedingt direkt. Aber wie schon bei Corona, es ist diese erdrückende Unplanbarkeit, dieses allgegenwärtige „Man weiß ja nicht, was noch alles kommt“, dieses Abwinken, dieses Verstummen, wenn es um das Große und Ganze geht, dieses Nichtmehrvorausschauen, jetzt schon im dritten Jahr und mit neuen, deutlich erweiterten Problemen. Man sieht nicht mehr so gerne und schon gar nicht leichthin nach vorne, selbst bei der Planung der nächsten Urlaubswochen, bei der Buchung der nächsten Ferienwohnung kommt so ein eingeschobener Satz der Vorsicht, der Skepsis: „Na, wer weiß.“ Der Pessimismus, der Realismus, der Fatalismus, was auch immer.

Die Söhne sind im Stall, die Söhne sehen hier viel seltener aufs Handy, und wenn sie abends fernsehen, dann durchgehend alberne Comedyserien, die ich kaum aushalten kann. Das ist aber gut, denke ich, das ist bestimmt auch einmal gut für sie.

Ein Sohn kommt am Nachmittag aus dem Stall, er hat Stroh im Haar. Er hat Stroh überall, er hat Schafschiet an den Schuhen, ein durchdringender Geruch nach Scheune und Tier umgibt ihn, nach Pferd, Schaf und Mist. Das steht ihm alles sehr gut, finde ich, und sehe einigermaßen bemüht darüber hinweg, was er gerade alles auf dem Boden verteilt. „Was sind eigentlich thermobarische Waffen“, fragt er mich.

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Bei Nicole Diekmann geht es um den letzten Satz, aber man muss schon alles lesen, um es richtig würdigen zu können. Wer nicht auf Twitter ist, wird diesen Link vielleicht auslassen wollen.

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Published on March 17, 2022 09:49

March 16, 2022

Die Auspizien des März

Ich gehe die Wege zwischen den Fennen entlang, von denen ich bis eben gerade dachte, dass sie mit V geschrieben werden. Warum eigentlich? Das Sprachgefühl ist auch so eine seltsame Sache.

Am ersten Graben, über den der Weg geht, steigt dicht neben mir ein Reiher auf, ein riesiger Vogel mit elegant gebogenem Hals, der gemächlich und fast geräuschlos losfliegt, ungemein lässig wirkt das, und er fliegt auch nur hundert Meter weit. Er lässt sich auf der Weide wieder nieder und sieht zu mir herüber, ob ich da bald mal vorbei bin oder was, ich störe nicht unerheblich, sagt sein Blick. Nicht weit von ihm entfernt sitzen etliche rastende Schwäne im Feld, Singschwäne werden es sein, die Schnäbel so hell. Weiter hinten Kanadagänse, der helle Streifen am Kopf, der dunkle Hals, und zwar ist es eine ganze Armee, wenn ich das Wort in diesen Zeiten einmal so friedlich gebrauchen darf. Sie haben einen ganzen Acker besetzt, sie ruhen sich dort ein paar Stunden aus, sie werden bald weitermüssen. Ganz still und unbewegt sitzen sie da, auf den ersten Blick sehen sie aus wie dunkle Steine, weit über das Feld gestreut.

Über ihnen ein aus Vögeln gebildeter Pfeil am Himmel, das ist eine andere Gänseart, nehme ich an. Erkennen kann ich es nicht. Da, noch ein Pfeil, und noch einer. Es ziehen Trupps quer über den Himmel. Pfeile, Geschwader, wilde Horden und auch sortierte Einheiten in strenger Formation. Ich bleibe stehen und sehe nach oben: Der Vogelzug war pünktlich. Es ist eine ungeheure Bewegung unter den Wolken, es ist ein Reisegeschehen, wie ich es noch nie sah, und doch fällt es erst auf, wenn man stehenbleibt und Zeit für das Bild hat.

Auf Eiderstedt ist Nebensaison, nur die Hamburger haben jetzt Ferien, es sind kaum Touristen hier. Aber was da oben gereist wird … Unglaubliche Mengen sind in Bewegung. Aus dem Süden werden sie alle kommen, es geht weiter in den Norden, nach Skandinavien vermutlich, ich kenne mich nicht aus.

Zum ersten Mal im Leben sehe ich auch einen dieser Schwärme unvorstellbarer Größe, die im Flug dauernd die Formation ändern, das kannte ich bisher nur aus Tierfilmen. Eine gewaltige Animation, das Bild wandelt sich, es dreht sich, es verformt sich, eine schwarze Wolke, die disneyhafte Fomen aus sich heraus gebiert, die in zwei Teile zerfällt, wieder zusammenschmilzt, sich mehrfach verdreht und verquirlt, die nach oben aufgeht, dann links und rechts Ausbuchtungen bildet, dann Pfeilspitzen und ich denke kurz, jetzt geht es los, die Zeichen, die Zeichen, aber dann fliegt der Schwarm einfach nur vorüber, in einer Geschwindigkeit, die ich nicht für möglich gehalten hätte, jagend wie eine Sturmböe. Ein schwarzes Orakelgebilde, das nicht spricht und nichts zeigt, nur ein abstraktes Gebilde, das vergeht wie verweht, verflogen, verflattert.

Vögel ziehen, sinken auf die Äcker, steigen auf, landen, kreisen, überall ist Flugverkehr. Einige reisen langsam und stetig, andere als ginge es um ihr Leben, in höchster Eile geht es voran.

Auspizien, das Wort kenne ich noch aus Asterix, von dem ich also doch fürs Leben gelernt habe, wir haben es schon damals vermutet. So verweilen und nach oben sehen, den ziehenden Vögeln zusehen, stundenlang.

Nein, das wäre zu anstrengend. Hinlegen müsste ich mich dabei, der Rücken, der Rücken. Ein Feldbett müsste ich haben.

Alle Vogelformationen, die über Nordfriesland ziehen, sind so weit oben, landen so weit weg von mir, dass ich kaum eine Art erkennen kann. Das tröstet mich etwas darüber hinweg, dass ich auch auf zwei Meter Abstand die meisten nicht erkennen könnte, Naturtrottel der ich bin, entfremdeter Stadtmensch. Ich denke Kiebitz und Lerche, also nur als Beispiel, aber ich weiß es nicht genau, es kommt nur so ungefähr hin. Ich denke, es wäre noch etwas schöner, wenn ich es wüsste, wenn ich doch bloß ein wenig mehr wüsste. Da vorne jagen Austernfischer über die Gräben, signalfarbene Schnäbel und strenges Schwarzweiß im Gefieder, die immerhin sind einfach. Aber die ziehen auch nicht.

Für einen Moment sehe ich eine rote Fahne in den Ackerfurchen, da läuft ein Fuchs, die Jäger sagen Lunte zu seinem Schweif. Am Wegrand liegt ein halber Hase, der Unterkörper wurde schon verzehrt, dunkles Blut im Gras. Nicht weit davon sitzen zwei Krähen und lassen mich erst einmal passieren, bevor sie sich diesen Hasen einmal näher ansehen.

Der Wind kommt von der Nordsee und ist noch winterlich kalt, was kann man Mitte März erwarten. Hier und da stehen hoch oben strahlend weiße Möwen im drängenden Wehen, auch große Greifvögel sehe ich als Silhouetten über den Feldern, geduldig beobachtend. Die Schwäne auf dem Feld knabbern an Halmen, der Wind knabbert an meinen Ohren.

An den Rändern der Gräben das verdorrte hohe Gras aus dem letzten Sommer, es zischelt im Wind, es flüstert, es tänzelt im Südwest. Wellen gehen unaufhörlich durch die Reihen, choreographiert sieht das aus. Hinter einer Wegbiegung steht eine große Scheune, gelbe Flechten auf dem längst vergrauten Holz, dicke Moospolster auf dem Dach. Hinter dem Gebäude ist es auf einmal windstill, ist es schon Mai. Die Luft ist hier ungeahnt warm in der Mittagssonne und duftet überwältigend intensiv nach Kraut und Erde. Auch die Vögel klingen hier anders und ein erster Schmetterling schwankt bunt über kurzhalsige Narzissen, Mückenpünktchen um ihn herum. Zehn, zwanzig Maimeter gehe ich nur durch diese Wärmeinsel, dann ist schon wieder gnadenlos März. Wieder der Eiswind, das mattgelbe Grasgeschaukel, die müdgrünen Weiden mit den sandfarbenen Flecken der Winterkargheit, die betongrauen Wege, der nur blassblaue Himmel, die harsche Seeluft.

Ein Strauch am Wegrand. Ein hingehockter Strauch mit kräftigem Stamm, der ist im Sturm großgeworden, und das sieht man ihm an. Moosbesetzt ist auch er und seine Zweige sehen aus wie angespannte Muskeln, als würde er mit großer Kraftanstrengung alles von sich im Wind zusammenhalten, die ganze Zeit, sein Leben lang, nie nachgeben, keine Lässigkeit jemals. Sehr groß ist er nicht dabei geworden, aber doch stark und dicht, und in seinen Zweigen zwitschert es, ohne dass ich einen Vogel sehen könnte. Das Geäst ist zu verworren, darin wohnt es sich gut, im größten Gewirr brütet man gerne. Wer kennt es nicht.

Ich sehe wieder nach oben, die Vögel ziehen über mich hinweg. Über Eiderstedt, über Nordfriesland, über Schleswig-Holstein und weiter, hunderttausend Vögel und mehr. Ich sollte mehr rausgehen, das deute ich aus der Vogelschau. Der Augur auf weiter Flur.

Ich gehe zurück auf den Hof (keine bezahlte Werbung, nein, aber wir sind zum neunten Mal hier, das sagt auch etwas aus), ich sehe mir die Schafe, die Lämmer, die Pferde, die Katzen und den Hund an. Dafür gibt es keinen lateinischen Begriff, glaube ich, aber schön ist es ebenfalls. Unter den Dachbalken des Stalls sehe ich noch keine einzige Schwalbe, aber lange dauert es nicht mehr, bis auch ihre Saison beginnt. Vielleicht kommt die erste schon morgen, übermorgen, am Wochenende. Die alten Nester sind noch da, bezugsfertig hängen sie unterm Dach.

Wenn ich das nächste Mal nach Eiderstedt komme, füttern sie schon wieder Nachwuchs darin. Ich werde berichten, nehme ich an.

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Published on March 16, 2022 03:05

March 14, 2022

Währenddessen in den Blogs, Ausgabe 15.3.2022

Es gibt ukrainische Knoblauchbrötchen. Der einleitende Absatz dort ist in dieser Art jetzt öfter zu lesen – man möchte das Thema gar nicht, es ist aber nun einmal da, man kommt nicht daran vorbei, seelisch nicht, auch sonst nicht. Und helfen will man doch, und man tut es dann auch. Unten im verlinkten Artikel folgen weitere Rezepte aus der Ukraine, man kann vielleicht noch mehr Foodblogs so entdecken. Ich finde es nicht abwegig, sich auch über die Küche der Krise anzunähern, ich finde das eher naheliegend und richtig.

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Ein Literaturhinweis zu Odessa: Isaak Babel, den auch einmal vormerken. Und hier noch ein ganz kleines Fundstück, ein Satz ist es nur – da mal drüber nachdenken, wie das auch für uns gerade gilt, wie es in jedem Jahr gilt. Ich neige dieser Haltung vor jedem Jahreszeitenwechsel zu, auch zum Herbst hin. In einem anderen Blog eine Rezension zu Kurkow: „Es ist ein ganz besonderes, ja aufregendes Buch und ich wünschte, es wäre nicht erst der unselige Angriffskrieg auf die Ukraine gewesen, der mich überhaupt erst darauf aufmerksam gemacht hat.“ Kurkow steht hier auch auf der Leseliste.

Ich habe gerade „Mitternachtsblüte“ durchgelesen, ein Roman von Maria Matios, aus dem Ukrainischen von Maria Weissenböck, hier eine Rezension dazu. Das Buch fand ich hervorragend. Es erhellt die Geschichte der Bukowina, wenn man bei der Gegend von Erhellen überhaupt reden kann, das Wort passt nicht einmal, bei der furchtbaren Geschichte. Es spielt im letzten Weltkrieg, also in Nummer II, wenn wir einmal annehmen wollen, dass Nummer III noch nicht begonnen hat. Die Meinungen gehen da gerade auseinander, wie man wohl sagen muss. Jetzt lese ich „Internat“ von Serhij Zhadan, aus dem Ukrainischen von Juri Durkot und Sabine Stöhr, da ist man im aktuellen Kriegsgeschehen, und zwar tief drin. Auch dazu eine Rezension. Es gibt eine auffällige Verbindung zwischen den Büchern und damit auch zwischen den Kriegen, das sind die Opfer, die manchmal nicht einmal verstanden haben, wer da nun gerade wen und warum – und es ist auch egal, es ist immer das gleiche Leid, der gleiche Tod, die gleichen Verletzungen.

Von Zhadan habe ich schon letzte Woche „Die Erfindung des Jazz im Donbass“gelesen (Deutsch wieder von Durkot/Stöhr), und wenn Sie eine Ahnung bekommen wollen, wie die Gegend da eigentlich aussieht – lesen Sie diesen Roman, da entsteht ein Bild.

Der Kaffeehaussitzer denkt auch über den Krieg nach, er fängt bei Remarque an und endet bei den Nachrichten: „Das alles geht mir durch den Kopf, während dieses über neunzig Jahre alte Buch neben mir liegt. Es sind ungeordnete und unstrukturierte Gedanken; voller Fassungslosigkeit und Wut ob der Nachrichtenmeldungen aus der Ukraine, die täglich schlimmer werden.

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Es ist Krieg, was soll ich noch schreiben. Eine Frage, die sich viele jetzt stellen. Wenn man aber an die letzten Kriege denkt – wir können an diese Kriege nur denken, weil Menschen geschrieben haben. Wir haben Tagebücher, Romane und Geschichten aus diesen Zeiten gelesen, wir haben sie lesenswert gefunden. Nun sind wir die Schreibenden, es ist eine Feststellung ohne Dünkel, Pathos oder Beben. Es ist einfach so. Weitermachen.

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Über leere Blicke.

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Frau Herzbruch über Logik und Vorhersagen.

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Bei anderen Themen kommt der Krieg am Rande vor, etwa hier, bei der Aussaat, da ragt er in einen Halbsatz des Textes, der ansonsten von der Schönheit der Fachvokabeln geprägt ist. Ich verstehe gar nicht alles, es ist ein wenig wie bei maritim geprägten Texten, in denen detailreich die Besonderheiten der Takelage erklärt werden – es klingt gut und anziehend, aber wiederholen könnte man das nicht, wenn man kein Segler oder Matrose ist. Ich finde es, pardon, das passt hier gar nicht her, ein wenig schade, dass mein Brotberuf nicht auch von altehrwürdigen Fachvokabeln geprägt ist, sondern von hohlen Anglizismen der eher depperten Art. Als ich damals noch im Antiquariat gearbeitet habe, als ich dort gerade begonnen hatte, las ich dauernd im Hiller, „Wörterbuch des Buches“, denn darin stand alles, was es an Fachvokabular zum Thema Buch gab – also zur Hardware, nicht zu Texten darin. Ich habe die sehr gemocht, diese Vokabeln, es fühlte sich bereichernd an, die zu kennen.

Ich schreibe dies auf Eiderstedt. Direkt neben mir, nur eine Wand weiter, ist ein großer Schafstall, in dem über hundert Schafe mit ihren Lämmern stehen. Je Schaf sind es ein bis zwei Lämmer, und der Bauer hat viele Bereiche mit Gattern abgesteckt. Es gibt lauter Einzelzimmer für Mutterschafe in der großen Scheune, und so ein abgesteckter Bereich, das ist ein Hock, Mehrzahl Höcker. Wieder etwas gelernt. Auch friedliche Dinge lernen, das ist wichtig.

Apropos Landwirtschaft. Wenn Sie sich bitte mal kurz einen norddeutschen Geflügelzüchter vorstellen, etwa Richtung Ostholstein, mit einer sehr breiten und gemächlichen Aussprache, und wenn dieser Landwirt dann von seinen Puten spricht – dann ist dieser Plural Puten im Klang identisch mit dem, was die Amerikaner in den Nachrichten sagen, wenn es um Putin geht. Es klingt genau gleich. Faszinierend. Aber das nur am Rande.

Sprühkunst: Der Kopf von Putin, daneben steht

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Sie können hier Geld in den allerdings nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber ganz klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch, die Daten dazu finden Sie hier. Wer mehr für Dinge ist, es gibt auch einen Wunschzettel. Merci!

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Published on March 14, 2022 22:58

March 12, 2022

Währenddessen in den Blogs, Ausgabe 13.3.22

Eine Kleinigkeit am Rande. Gestern ging ich morgens Brötchen holen, so wie jeden Morgen, und ich ging an einem chinesischen Hotel vorbei (dessen Leuchtreklame als Stock-Foto übrigens ganz erstaunlich oft das Hamburger Nachtleben illustriert, als gäbe es hier so etwas wie China-Town), es ist ein großes, gelbes Schild mit längst verblassten Schriftzeichen darauf. Mein Hirn suchte im Vorbeigehen jedenfalls kurz das dazu passende Blau, ich habe es gemerkt, manchmal erwischt man sich ja beim Denken. Ich habe das Blau gesucht, weil das doch jetzt im Stadtbild so gehört, Blaugelb. Aber eigentlich wollte ich das hier zeigen:

Es gibt Kekse, der Alltag ist politisch, also sind es auch Foodblogs. Bei der Frischen Brise findet sich noch der Hinweis, dass diese speziellen Kekse bei einem Wismarer Bäcker in Kuchenstückgröße als „Ukrainer“ verkauft werden. Etwas, das vielleicht sogar bleiben könnte. Das mal prüfen, wenn alles vorbei ist. Also wenn alles einmal vorbei sein sollte. Wobei ich die Hanseaten, welche die Urform dieses Kuchens bilden, immer für einen Verzweiflungskuchen gehalten habe, die isst man doch nur, wenn es nichts anderes mehr gibt, Mürbeteig mit Glasur und Marmelade, na ja. Aber das nur am Rande. Gibt es Hanseaten auch im Süden, und wie heißen sie da? Oder gibt es schon überall Ukrainer als caritatives Gebäck? Was man immer alles nicht weiß!

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Ein Fototagebuch aus Kiew. Gefunden durch den Ukraine-Newsletter der Krautreporter, der ist hier zu abonnieren.

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Alle sind verrückt geworden.  Ja, das trifft es wohl.

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Oder geringfügig anders ausgedrückt und im gleichen Blog der sehr geschätzten Nicole Diekmann: „Also: Ich glaube, es hackt.“ Über eine Nachricht, die wie ausgedacht wirkt, ein konstruierter Fall für Ethik-Seminare und PGW-Diskussionen in der Oberstufe muss das doch sein. Darf man das? Wer darf das? Welche Folge hat das? Diskutieren Sie! Man muss dabei wohl zur Antwort durchdringen, so glaube ich, dass Hass zum Kern dieser Firma gehört. Hass ist eines ihrer Produkte, und zwar eines der richtig gut laufenden.

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Ich habe da heute vormittag meine Hilfe angeboten beim Sortieren und Packen, ich war überflüssig, so viele Helferinnen und Helfer waren da, an diesem strahlend schönen Samstag, tief im Odenwald, und das war ja auch irgendwie sehr schön. Und surreal auch ein bißchen, aber allemal gut gegen die bleierne Schwere.

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Wer Bullies gewähren lässt, ist selbst gewalttätig. Frau Schrupp hat schon wieder Recht, das kommt bei ihr öfter vor.

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Bei Instagram im Stream von Nora-Eugenie Gomringer ein Hinweis auf ein Buch, das auch gerade passt. Lutz C. Klevemann, Lemberg. Und sehen Sie, es ist gerade so: Ich finde also diesen Instagram-Post, ich baue den Link hier ein und gerate dabei zufällig kurz auf eine Nachrichtenseite: In der Stadt sind gerade Explosionen zu hören.


 

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Ein Beitrag geteilt von Nora-Eugenie Gomringer (@noraegomringer)


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Published on March 12, 2022 21:59

March 9, 2022

Währenddessen in den Blogs am 10.03.2022

Wie bereits angedeutet, ich schaffe gerade keine erzählenden Texte, ich kann mich „nur“ an Links entlang hangeln. Noch zwei eher anstrengende Tage mit unangenehmer Spannung, dann lichtet sich hier vielleicht etwas, aber ich glaube es erst, wenn es so weit ist. An dieser Stelle hätte mein früherer Chef im Antiquariat wieder stumm den ollen Bloch aus dem Regal gezogen, den Staub darauf weggepustet und ihn kurz mahnend hochgehalten: „Das Prinzip Hoffnung.“

Falls Sie sich meine Laune kurz vorstellen mögen, es ist jetzt so, dass die Söhne Ferien haben und die Herzdame Urlaub, nur ich nicht. Zerfressen vor Neid beschreibt es unzureichend. Noch zwei Werktage, noch eine Kolumne, dazu die denkbar absurdeste Nachrichtenlage (ist es die übelste, die wir in unserem Leben hatten?). Dann eine Woche Urlaub. Nichts gegen eine Woche, aber reichen wird es nicht, es müssten sechs Wochen sein, sechs Monate oder gleich ein Sabbatical, so etwas.

Egal. Jetzt Links. Nicole Diekmann kommentiert Tobias Hans, ich finde es noch sehr freundlich. Das Video von Tobias Hans war tatsächlich so beschaffen, dass ich mich ernsthaft zuhause auf dem Sofa ganz furchtbar darüber aufgeregt habe, also im Sinne von Wut, also im Sinne von als betroffener Bürger herumfluchen wollen, also im Sinne von ich habe es der irritierten Familie erzählt, und dann wieder diese Blicke, was hat er denn nun schon wieder und warum schreit er dauernd Mietpreisbremse, warum will er die Mülltonne anzünden und warum ist er so rot im Gesicht. Contenance! So wichtig. Tobias Hans hat mich stark überfordert, ich werde ihm viel zu verzeihen haben, ich mittelfleißiger Mensch und Mittelverdiener. Himmel.

Pardon. Es geht gleich wieder, wie war noch diese Atemübung und wo steht der Entspannungstee. Ich habe es vor Jahren schon einmal getwittert, es stimmt immer noch: Der Entspannungstee soll 8 Minuten ziehen -was man da alles abfackeln kann.

Aber es geht hier gar nicht um mich. Es geht um Links. Pardon. Hier, noch einer:

Und zwar noch einmal Nicole Diekmann, der letzte Satz, ne. So ist es.

Die Flagge der Ukraine weht an einem Kirchturm

Und bei Frau Fragmente lesen wir den ersten Satz und denken kurz drüber nach, denn in fünfzig Jahren lesen den Historikerinnen, markieren den, notieren das Datum und schreiben dann was von Verdichtung der Ahnungen.

In diesem Zusammenhang auch mal nachdenken über die „logic of appropriateness.“ Es ist allerdings ein wenig unheimlich, to say the least, selbst für den Freundeskreis Pessimismus. Aber inhaltlich, dabei möchte ich bleiben, ist es interessant, besonders der Hinweis, dass soziale Medien massiv in diese Richtung drängen.

Apropos interessant, und obwohl es gar kein Blogartikel ist, mir lief gestern die 3,5%-Regel wieder über den Weg, von der ich früher (2019, nehme ich an) schon einmal wusste, die ich dann wieder komplett vergessen habe. Die 3,5%-Regel für die gewaltfreie Veränderung der Gesellschaft. Noch so ein faszinierender Gedanke. Falls er mittlerweile wiederlegt ist, habe ich es zumindest beim Googlen eben gerade nicht gefunden.

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Published on March 09, 2022 21:28

March 8, 2022

Währenddessen in den Blogs

Vier Links, nur auf die Schnelle, aber die dann doch. Über Helden, über den Morgen des Kriegsanfangs, über Russland, über einen Gast aus der Ukraine.

In einem Krieg gibt es keine Helden, in einem Krieg gibt es nur Opfer. Auch die vermeintlichen Helden sind am Ende des Tages Opfer. Es sind Menschen, die etwas tun mussten, dass sie nie tun wollten.“

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Ich habe für das Goethe-Institut etwas über die Lage vor ein paar Tagen geschrieben.

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Marina Weisband: Russland verstehen.

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Und dann noch die Geschichte von Tatjana.

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Published on March 08, 2022 11:41

March 6, 2022

Währenddessen in den Blogs

Es kann gut sein, dass ich in dieser Woche kaum zum Schreiben kommen werde, wenn es nicht so ist wie oft, und ich unter Überlast erst recht viel schreibe, quasi Ausflucht, quasi Prokrastinationstexte, mal sehen. Tendeziell jedenfalls ist hier Land unter, zum Bloglesen wenigstens komme ich hoffentlich dennoch zwischendurch und wenn, dann zeige ich hier weiterhin, was mir auffiel, gefiel oder was mich informierte.

„… aber die größte Macke hat doch dieser Putin!“ Wenn man Blogs liest, bekommt man auch mit, was man so redet, etwa im Odenwald.

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Von hochkommenden Erinnerungen.

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Pazifismus bedeutet nicht, nichts zu tun, sondern ist etwas Aktives. Es bedeutet Widerstand und Sabotage. Es bedeutet, sich konsequent selbst nicht an gewaltsamen Strukturen und Aktionen zu beteiligen, auch um den Preis eigener Nachteile oder angesichts von Gefahren. Genau das ist ja gegenüber Putin eben nicht passiert, sondern es gab ein sich Anbiedern, Honig um den Mund schmieren usw.

Nämlich, möchte man da sagen, nämlich.

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Ein Bericht aus Odessa: Die Verwandten aus Russland rufen nicht mehr an.

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Wut, Hilflosigkeit, Sorge – und Fluchtgedanken verschiedenster Art, die sich aktuell vor allem darin ausleben, den Krieg und das, was damit zusammenhängt, immer wieder beiseite zu schieben, mich dem Alltag, der „Normalität“ zu widmen. Das markiert die zweite Februarhälfte, und ich kann mich schon gar nicht mehr genau erinnern, was vorher war.

Die immer lesenswerte Monatsnotiz.

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Published on March 06, 2022 21:52

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Maximilian Buddenbohm
Maximilian Buddenbohm isn't a Goodreads Author (yet), but they do have a blog, so here are some recent posts imported from their feed.
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