Bloß eine Rezension – oder nicht?

Ich freue mich prinzipiell über jedes Feedback, und habe selbst schon mal mit einer zwei Sterne Rezension für eines meiner Bücher geworben. Mit Erfolg.


Ein „was für eine schöne Story, ich habe von an Beginn bis zum Ende mitgelitten“ lese ich ebenso wie eine zweiseitige, detailverliebte Ausführung. Dabei ist es zweitrangig, ob es sich um drei, vier, oder fünf Sterne handelt. Hauptsache der Leser bringt Lob und Kritik auf eine Weise auf den Punkt, die mir als Autor in meiner Entwicklung weiterhilft.


Aber einige Rezensenten verblüffen mich doch immer wieder. Facetten meiner eigenen Geschichte werden mir aufgezeigt, die ich niemals bewusst hineingeschrieben, bzw. beabsichtigt hatte. Sie entstanden im Schreibfluss und wurden von mir zwar ausgeführt, aber nicht wirklich bemerkt.


Plötzlich entfalten sie sich, während ich einen fremden Text über meinen Roman lese, und helfen mir, meine eigenen Protagonisten besser zu verstehen.


Das ist der Moment, in dem ich mich seltsam berührt fühle. Einerseits, weil sich jemand die Mühe gemacht hat, sich so tief auf die fiktiven Geschehnisse einzulassen, andererseits, weil ich bestimmte Zusammenhänge selbst nicht erkannt habe, es wahrscheinlich aber hätte tun sollen.


Ich durchleuchte meine Helden nicht. Sie kommen, stellen sich vor und mosern, wenn ich versuche, sie in eine bestimmte Richtung zu biegen. Also lasse ich ihnen weitestgehend ihren Willen.


Wenn ein Leser sie auf einmal besser kennengelernt hat, als ich, kränkt mich das fast ein wenig.


Aber nur fast. Unterm Strich begreife ich in solchen Augenblicken, was Geschichten wirklich sind.


Von dem Autor in die Gedanken der Leser geworfen, verweigern sie jeglichen Stillstand. Sie entwickeln sich mit den Träumen und Sehnsüchten der Menschen, ändern die Richtung, wachsen und werden zu etwas Lebendigem, das sich längst nicht mehr zwischen digitale oder auch wirkliche Buchseiten sperren lässt.


Vielleicht verleiht der Autor seinen Geschichten Flügel, indem er ihnen bereits im Keim die Sehnsucht nach Freiheit mit auf den Weg gibt.


Aber der Leser bringt ihnen das Fliegen bei, nur weil er ihnen gestattet, sich in Kopf und Herz auszubreiten.


Ich bin mir sicher, dass ich jetzt für jeden meiner Kollegen spreche, wenn ich mich bei allen lesenden Traumtänzern für die Fürsorge unseren Geschichten gegenüber bedanke.


Ohne eure Rückmeldungen würden wir nie erfahren, was aus unseren „Kleinen“ geworden ist.


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Published on January 19, 2015 07:19
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