Eine Selbstkritik #cbmbd14

Am Wochenende besuchten wir Projekte des Centre for Disability in Development (CDD) in Gaibandha. Das CDD setzt sich dafür ein, dass Menschen mit Behinderungen bei schweren Katastrophen (Monsun, Erdbeben etc.) bei Evakuierungen ebenfalls gerettet werden.


Dies tun sie durch u.a. Aufklärungen (z.B.: Straßen-Theater)






Traditionelles Straßen-Theater in #Bangladesch. #cbmbd14


A photo posted by Raul Krauthausen (@raulkrauthausen) on Okt 10, 2014 at 5:35 PDT





aber auch durch den (Um)bau von barrierefreien Evakuierungsstätten. Auch einzelne Leuchtturmprojekte wurden realisiert. So z.B. das barrierefreie Haus von Bashah M. und seiner Familie.






besuchte gerade Badshah M. (38). Er wohnt im einzigen barrierefreien Haus weit und breit. Gefördert durch die.CBM. Ich werde nachdenklich. Mehr dazu im kommenden Blogartikel. #cbmbd14


A photo posted by Raul Krauthausen (@raulkrauthausen) on Okt 10, 2014 at 1:06 PDT





Ihn besuchten wir mit dem Boot vom CDD-Centre aus. Er wohnt in einem Ward (kleines Dorf) mit ca. 700 Familien (über 3000 Einwohner). 60 Einwohner davon haben eine Behinderung. Aber nur Herr M. hat das barrierefreie Haus. Warum?

Die Erklärungen der Verantwortlichen stimmen mich nachdenklich. Auf der einen Seite fehle das Geld, aber auf der anderen Seite auch der Wille der Regierung, Barrierefreiheit im ländlichen Raum umzusetzen. Will eine NGO beispielsweise eine Maßnahme zur Barrierefreiheit starten, muss dies vorher erst von der Regierung genehmigt werden. Ein langer und schwieriger Prozess.

Ergebnis: Es gibt einige Leuchtturmprojekte für einzelne Familien, aber zu wenig Fortschritt für das ganze Dorf. Das erzeugt Neid und Missgunst unter den Bewohnern.






Rundgang durch ein Ward in Gaibandha. #cbmbd14


A photo posted by Raul Krauthausen (@raulkrauthausen) on Okt 10, 2014 at 7:54 PDT





Auf unserem Rundgang durch das Dorf sahen wir viele Menschen mit Augenkrankheiten. Vermutlich der „graue Star“. Die Menschen schienen keine medizinische Versorgung bekommen zu haben. Eine Familie erzählte sogar, dass sie sich die Augensalbe für die jüngste Tochter nicht mehr leisten kann, seitdem der Vater gestorben ist. Wie kann es sein, dass ein Leuchtturmprojekt mit Rampe und barrierefreier Toilette für eine einzelne Person (für insgesamt umgerechnet ca. 1200 €) gebaut werden kann, aber das Geld für eine Salbe fehlt? Warum wird das von den NGOs vor Ort nicht gesehen und ebenfalls ein Projekt initiiert?


Höchste Zeit für eine kritische Betrachtung mit den Verantwortlichen am Abend.




Beim De-Briefing. #cbmbd14


A photo posted by Raul Krauthausen (@raulkrauthausen) on Okt 10, 2014 at 5:28 PDT





In den Gesprächen offenbaren sich mögliche Ursachen für das Dilemma:

Zum Einen ist da die „Projektitis“, wie ich sie nenne. Es gibt unzählige Projekte mit klar abgesteckten Grenzen und Zielen. Ein Blick über den Projekt-Tellerrand und mehr Flexibilität in der individuellen Unterstützung der Menschen vor Ort ist hier selten anzutreffen.

Zum Anderen scheint es (noch?) keine Feedbackstrukturen zu geben, die es den NGOs ermöglichen, Feedback der Menschen vor Ort (NGO-Mitarbeiter und Bevölkerung) in die eigene Projektevaluierung einfließen zu lassen.

Darüberhinaus wäre es ebenfalls sicher sinnvoll, dass einzelne NGOs mit ihren spezifischen Projekten z.B. das CDD mit seinem Thema „Barrierefreiheit im Desastermanagement“ mit anderen NGOs zum Thema Augenkrankheiten vernetzen.


Ein letzter Gedanke zum Schluss:

In den letzten Tagen haben wir 2-4 Stationen pro Tag besucht. Von Rehazentren über Schulen bis hin zu einzelnen Familien zuhause. Überall wurden wir sehr gastfreundlich aufgenommen.

Was mich jedoch plagt ist die Befürchtung, dass wir wie Kolonialherren wirken könnten. Wir fahren mit schicken Autos in arme Gegenden.






Das ist unser #Konvoi von der Hauptstadt #Dhaka in den Norden nach #Ghaibanda. Gerade machen wir Rast. #cbmbd14


A photo posted by Raul Krauthausen (@raulkrauthausen) on Okt 10, 2014 at 1:14 PDT





Bleiben kurze Zeit, lernen die Menschen vor Ort nur oberflächlich kennen, machen Fotos, verbreiten eine unglaubliche Unruhe im Dorf und zischen nach getaner Arbeit und der „Schicksals-Story im Kasten“ wieder ab. Auch unsere Guides wirken auf mich manchmal etwas ruppig im Umgang mit den Bewohnern vor Ort. Ich habe ab und zu den Eindruck, dass die Menschen, die wir besuchen, nicht ausreichend über den Ablauf und Aufwand mit uns informiert wurden.






Nach ein paar Stunden scheint es sich herumzusprechen, dass wir im Ort sind. Ich bin die Attraktion. Dabei geht es hier nicht um uns. #cbmbd14


A video posted by Raul Krauthausen (@raulkrauthausen) on Okt 10, 2014 at 4:32 PDT





Ich habe Sorge, dass wir sie überrumpeln und am Ende sogar keine Dankbarkeit dafür zeigen, dass sie sich die Zeit für uns nehmen. Ich bin irgendwie Teil des Systems und kann nur schwer mein Bedürfnis nach Vertrauensschaffenden Maßnahmen befriedigen.


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Published on October 21, 2014 08:07
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