Rücken an Rücken (Teaser aus meiner Kurzgeschichte in “Eine Feder für Wölfe”
Futter. Der Duft kam von links. Am liebsten hätte Soo nachgesehen, aber seine Augen gingen immer noch nicht auf.
Es roch gut. Richtig gut. Sein Magen krampfte vor Hunger. Der Duft wurde intensiver. Mischte sich mit dem Geruch alten Öls und Hundefell. Und Mensch. Und etwas, das komisch roch. Nicht unangenehm. Nur komisch.
„Woher hast du den Viku?“
Eine gute Stimme. Tief, befehlend. Käme sie von einem Rudelführer und nicht von einem Menschen, wäre sie vertrauenerweckend.
„Geht dich nichts an“, blaffte Boris.
„Doch. Ich will ihn kaufen.“
Soos Herz holperte an seine Rippen. Kaufen? Wozu? War der Mann ein Kriegsherr?
„Du hast ihn geschlagen?“, fragte der Mann.
„Und wenn?“
„Dann bist du dumm und bald tot. Ein Viku vergisst nie, wer ihm Unrecht getan hat.“
Das würde er gewiss nicht. Gedanklich fiel Soo Boris an und ließ nicht von ihm ab, eh die Beine mit Zappeln aufhörten.
„Kennst dich mit den Viechern wohl aus?“
Er war kein Vieh!
Der Mann antwortete nicht, aber sein Geruch wurde stärker. An Soos linker Gesichtshälfte wurde es warm. Seine Hand?
*
Ein Häufchen Elend mit räudigem Fell. Coel hockte sich zu dem Viku und hielt ihm die Hand hin. Ganz leicht ging der Kopf nach links und er schnupperte.
„Kannst du mich verstehen?“
Der Junge nickte. Er war in einem erbärmlichen Zustand.
Fürs Umkehren war es zu spät. Nur durch seine Nähe hatte Coel Hilfe in Aussicht gestellt. Sie jetzt wieder wegzunehmen, wäre grausam.
Der Viku war kein Wildwuchs. Er verstand die Normsprache, war demnach menschliche Gesellschaft gewohnt. Das machte die Lage nicht rosig, aber wenigstens war sie nicht mehr völlig aussichtslos.
Die Augen sahen schlimm aus.
„Was hast du mit ihm gemacht?“
Boris zuckte die Schultern. „Sand und Fliegen. Was sonst? Der Weg durch die Ödnis ist weit und die Nomaden werden nicht dazu gekommen sein, ihm unterwegs das Fell zu striegeln.“ Er lachte gehässig. „Ist vielleicht ganz gut, wenn er blind ist. Dann bemerkt er nicht, was in den Zwingerecken auf ihn wartet.“
„Gar nichts. Ich habe dir gesagt, dass ich ihn kaufen werde.“ Er reichte Boris das Bündel Kreditscheine und der Händler pfiff durch die Zähne. „Willst du nicht feilschen?“
„Ich will dich nicht länger als nötig in meiner Nähe ertragen müssen.“ Und dabei Gefahr laufen, doch noch einen Rückzieher zu machen.
Boris spuckte aus. „Du gehörst Merap Teus. Deshalb fühlst du dich sicher. Aber das bist du nicht.“ Grinsend wandte er sich dem Zwingermeister zu. „Nicht wahr, Raik?“
„Um Kerle wie den hinter meine Gitter zu sperren, brauche ich keinen Muttizettel seines Tycoons.“ Der Koloss tätschelte die breiten, narbenzerfurchten Schädel seiner Hunde, ohne Coel aus den Augen zu lassen. „Ich nehme ihn mir, und wenn er wieder aufwacht, kämpft er.“
Raik. Namen und Gesicht musste er sich merken.
„Was ist jetzt, Boris? Verkaufst du mir den Viku? Um die Gebote nach oben zu treiben, ist er zu schmächtig. Er taugt nichts für den Zwinger.“ Coel wandte sich zu Raik. „Ebenso wenig wie ich. Deine Prügelknechte hätten mir in zwei Minuten das Genick gebrochen. Denkst du, das fänden die Zuschauer spannend?“
Verdammt, donnerte sein Herz. Wegen eines verlausten Wolfsjungen setzte er sein Leben aufs Spiel.


