Faust: Der Tragödie erster Teil
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Denn freilich mag ich gern die Menge sehen,   Wenn sich der Strom nach unsrer Bude drängt,   Und mit gewaltig wiederholten Wehen   Sich durch die enge Gnadenpforte zwängt;   Bei hellem Tage, schon vor vieren,   Mit Stößen sich bis an die Kasse ficht   Und, wie in Hungersnot um Brot an Bäckertüren,   Um ein Billet sich fast die Hälse bricht.
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Oft, wenn es erst durch Jahre durchgedrungen,   Erscheint es in vollendeter Gestalt.   Was glänzt, ist für den Augenblick geboren,   Das Echte bleibt der Nachwelt unverloren.
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Wenn ich nur nichts von Nachwelt hören sollte.   Gesetzt, daß ich von Nachwelt reden wollte,   Wer machte denn der Mitwelt Spaß?   Den will sie doch und soll ihn haben.
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Laßt Phantasie, mit allen ihren Chören,   Vernunft, Verstand, Empfindung, Leidenschaft,   Doch, merkt euch wohl! nicht ohne Narrheit hören.
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Wird vieles vor den Augen abgesponnen,   So daß die Menge staunend gaffen kann,   Da habt Ihr in der Breite gleich gewonnen,   Ihr seid ein vielgeliebter Mann.
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Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen;   Und jeder geht zufrieden aus dem Haus.
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In bunten Bildern wenig Klarheit,   Viel Irrtum und ein Fünkchen Wahrheit,   So wird der beste Trank gebraut,   Der alle Welt erquickt und auferbaut.
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Wer fertig ist, dem ist nichts recht zu machen;   Ein Werdender wird immer dankbar sein.
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Ich hatte nichts und doch genug:   Den Drang nach Wahrheit und die Lust am Trug.   Gib ungebändigt jene Triebe,   Das tiefe, schmerzenvolle Glück,   Des Hasses Kraft, die Macht der Liebe,   Gib meine Jugend mir zurück!
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Der Worte sind genug gewechselt,   Laßt mich auch endlich Taten sehn!   Indes ihr Komplimente drechselt,   Kann etwas Nützliches geschehn.   Was hilft es, viel von Stimmung reden?   Dem Zaudernden erscheint sie nie.
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Was heute nicht geschieht, ist morgen nicht getan,   Und keinen Tag soll man verpassen,   Das Mögliche soll der Entschluß   Beherzt sogleich beim Schopfe fassen,
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Ein wenig besser würd er leben,   Hättst du ihm nicht den Schein des Himmelslichts gegeben;   Er nennt's Vernunft und braucht's allein,   Nur tierischer als jedes Tier zu sein.
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Vom Himmel fordert er die schönsten Sterne   Und von der Erde jede höchste Lust,   Und alle Näh und alle Ferne   Befriedigt nicht die tiefbewegte Brust.
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Es irrt der Mensch so lang er strebt.
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Des Menschen Tätigkeit kann allzu leicht erschlaffen,   er liebt sich bald die unbedingte Ruh;
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Habe nun, ach! Philosophie,   Juristerei und Medizin,   Und leider auch Theologie   Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.   Da steh ich nun, ich armer Tor!   Und bin so klug als wie zuvor;   Heiße Magister, heiße Doktor gar   Und ziehe schon an die zehen Jahr   Herauf, herab und quer und krumm   Meine Schüler an der Nase herum-   Und sehe, daß wir nichts wissen können!
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Mich plagen keine Skrupel noch Zweifel,   Fürchte mich weder vor Hölle noch Teufel-   Dafür ist mir auch alle Freud entrissen,   Bilde mir nicht ein, was Rechts zu wissen,   Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren,   Die Menschen zu bessern und zu bekehren.
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Daß ich erkenne, was die Welt   Im Innersten zusammenhält,
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Soll ich dir, Flammenbildung, weichen?   Ich bin's, bin Faust, bin deinesgleichen!
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Du gleichst dem Geist, den du begreifst,   Nicht mir!
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Ihr last gewiß ein griechisch Trauerspiel?   In dieser Kunst möcht ich was profitieren,   Denn heutzutage wirkt das viel.
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Bewundrung von Kindern und Affen,   Wenn euch darnach der Gaumen steht-   Doch werdet ihr nie Herz zu Herzen schaffen,
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Mein Freund, die Zeiten der Vergangenheit   Sind uns ein Buch mit sieben Siegeln.
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Darf eine solche Menschenstimme hier,   Wo Geisterfülle mich umgab, ertönen?   Doch ach! für diesmal dank ich dir,   Dem ärmlichsten von allen Erdensöhnen.   Du rissest mich von der Verzweiflung los,   Die mir die Sinne schon zerstören wollte.   Ach! die Erscheinung war so riesengroß,   Daß ich mich recht als Zwerg empfinden sollte.
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Die Sorge nistet gleich im tiefen Herzen,   Dort wirket sie geheime Schmerzen,   Unruhig wiegt sie sich und störet Lust und Ruh;   Sie deckt sich stets mit neuen Masken zu,   Sie mag als Haus und Hof, als Weib und Kind erscheinen,   Als Feuer, Wasser, Dolch und Gift;
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Ich stand am Tor, ihr solltet Schlüssel sein;   Zwar euer Bart ist kraus, doch hebt ihr nicht die Riegel.
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Was du ererbt von deinen Vätern hast,   Erwirb es, um es zu besitzen.   Was man nicht nützt, ist eine schwere Last,   Nur was der Augenblick erschafft, das kann er nützen.
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Zufrieden jauchzet groß und klein:   Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein!
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Wenn du als Jüngling deinen Vater ehrst,   So wirst du gern von ihm empfangen;   Wenn du als Mann die Wissenschaft vermehrst,   So kann dein Sohn zu höhrem Ziel gelangen.
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Doch ist es jedem eingeboren   Daß sein Gefühl hinauf und vorwärts dringt,
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Ich hatte selbst oft grillenhafte Stunden,   Doch solchen Trieb hab ich noch nie empfunden.   Man sieht sich leicht an Wald und Feldern satt;   Des Vogels Fittich werd ich nie beneiden.
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Du bist dir nur des einen Triebs bewußt,   O lerne nie den andern kennen!   Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust,   Die eine will sich von der andern trennen;   Die eine hält, in derber Liebeslust,   Sich an die Welt mit klammernden Organen;   Die andre hebt gewaltsam sich vom Dust   Zu den Gefilden hoher Ahnen.
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Wir sind gewohnt, daß die Menschen verhöhnen,   Was sie nicht verstehn,   Daß sie vor dem Guten und Schönen,   Das ihnen oft beschwerlich ist, murren;
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Ein Teil von jener Kraft, Die stets das Böse will und stets das Gute   schafft.
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Ich bin der Geist, der stets verneint!   Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,   Ist wert, daß es zugrunde geht;   Drum besser wär's, daß nichts entstünde.   So ist denn alles, was ihr Sünde,   Zerstörung, kurz, das Böse nennt,   Mein eigentliches Element.
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In jedem Kleide werd ich wohl die Pein   Des engen Erdelebens fühlen.   Ich bin zu alt, um nur zu spielen,   Zu jung, um ohne Wunsch zu sein.
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Werd ich beruhigt je mich auf ein Faulbett legen,   So sei es gleich um mich getan!   Kannst du mich schmeichelnd je belügen,   Daß ich mir selbst gefallen mag,   Kannst du mich mit Genuß betrügen-   Das sei für mich der letzte Tag!   Die Wette biet ich!
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Werd ich zum Augenblicke sagen:   Verweile doch! du bist so schön!   Dann magst du mich in Fesseln schlagen,   Dann will ich gern zugrunde gehn!
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Des Denkens Faden ist zerrissen   Mir ekelt lange vor allem Wissen.   Laß in den Tiefen der Sinnlichkeit   Uns glühende Leidenschaften stillen!
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Du bist am Ende- was du bist.   Setz dir Perücken auf von Millionen Locken,   Setz deinen Fuß auf ellenhohe Socken,   Du bleibst doch immer, was du bist.
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Verachte nur Vernunft und Wissenschaft,   Des Menschen allerhöchste Kraft,   Laß nur in Blend- und Zauberwerken   Dich von dem Lügengeist bestärken,
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FAUST:   Allein bei meinem langen Bart   Fehlt mir die leichte Lebensart.   Es wird mir der Versuch nicht glücken;   Ich wußte nie mich in die Welt zu schicken.   Vor andern fühl ich mich so klein;   Ich werde stets verlegen sein.   MEPHISTOPHELES:   Mein guter Freund, das wird sich alles geben;   Sobald du dir vertraust, sobald weißt du zu leben.
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Wenn sie nicht über Kopfweh klagen,   So lang der Wirt nur weiter borgt,   Sind sie vergnügt und unbesorgt.
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Den Acker, den du erntest, selbst zu düngen;   Das ist das beste Mittel, glaub,   Auf achtzig Jahr dich zu verjüngen!   FAUST:   Das bin ich nicht gewöhnt, ich kann mich nicht bequemen,   Den Spaten in die Hand zu nehmen.   Das enge Leben steht mir gar nicht an.   MEPHISTOPHELES:   So muß denn doch die Hexe dran.
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Sie ist so sitt- und tugendreich,
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Hör, du mußt mir die Dirne schaffen!
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Es ist ein gar unschuldig Ding,   Das eben für nichts zur Beichte ging;   Über die hab ich keine Gewalt!
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Was hilft's, nur grade zu genießen?   Die Freud ist lange nicht so groß,
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Hab Appetit auch ohne das.
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Was willst du hier? Was wird das Herz dir schwer?   Armsel'ger Faust! ich kenne dich nicht mehr.   Umgibt mich hier ein Zauberduft?   Mich drang's, so grade zu genießen,   Und fühle mich in Liebestraum zerfließen!
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