Sneak-Peek “Der antimagische Golem” – Prolog
Hallo meine Lieben,
Auch wenn ich covertechnisch an einem anderen Manuskript arbeite, geht es natürlich auch beim “Antimagischen Golem” voran. Momentan überarbeite ich die ersten 100 Seiten. Um die Zeit ein wenig zu überbrücken (ich weiß, es gibt andere AutorInnen, die so viel schneller als ich schreiben -.- ) möchte ich gern mit euch den Prolog teilen. Ich hoffe, er macht Lust auf mehr! Wie immer gilt: Es handelt sich um die Manuskript-Version, heißt, es wurde noch nicht von fremden Augen gelesen. Änderungen und Fehler sind möglich! :-)
Der antimagische Golem
Götterdämmerung Band 2.2
von Katharina V. Haderer
PROLOG
Bevor Alex die Augen aufschlug, vernahm sie ein Rascheln. Sie öffnete den Mund, ein bitterer Geschmack lag schwer auf ihrer Zunge. Sie schluckte, doch der Speichel wollte den Mundraum nicht richtig benetzen.
Sie konnte sich leise schmatzen hören. Als sie den Kopf zu drehen versuchte, bemerkte sie, dass sie auf etwas Weichem lag. Das Knistern einer Jacke streifte ihr Ohr. Es roch fremdartig. Zeitversetzt erkannte sie den Geruch eines Mannes.
Sie hörte, wie sich ihrer Kehle ein fragendes Ächzen entrang. Der Untergrund, auf dem sie lag, bewegte sich, ihr Kopf kippte hin und her, als befände sie sich auf einem schaukelnden Boot. »Schschscht«, flüsterte jemand, doch der Laut verlor sich nicht auf den Wellen, sondern wurde hohl zurückgeworfen. Zögerlich kletterte die Erinnerung zurück hinter ihre Stirn und nähte sich dort fest.
Etwas legte sich kühl an ihre Lippen. »Trinke.« Sie spürte, wie Flüssigkeit in ihren Mund lief. Kalt rann sie über ihre Zunge, sie schluckte, hustete, doch trank gierig weiter. Ihr Gesicht juckte. Instinktiv hob sie die Hand und strich sich darüber, es fühlte sich klebrig an, eine seltsame Ablagerung bröckelte von ihrer Stirn. »Was …?«
»Bleib liegen.« Die Stimme war ihr bekannt, doch nicht bekannt genug, als dass sie sie sogleich identifizieren hätte können. Sie wälzte sich zur Seite und bemerkte, dass sie in einem Nest aus Jacken lag. Als sie die Augen öffnete, verschwamm die Umgebung. Der Schatten über ihr bewegte sich. Sie hörte, wie Wasser aus der Flasche gekippt wurde und ihr nasse Finger über die Stirn fuhren, um die bröckelnde Schicht fortzuwaschen. Sie versuchte, die Hände fortzustoßen. »Halte still«, befahl der Mann. »Du bist voller Blut.« Sie gehorchte. Sie konnte sich nicht erinnern, dass sie jemals von irgendjemandem gewaschen worden war – nicht seitdem ihre Erinnerungen einsetzten. Die ungewohnte Intimität erfüllte sie mit Unbehagen und machte, dass sie sich klein und verletzlich fühlte.
»K-Kain …?«, stieß sie aus.
»Hm?«
Sie räusperte sich, der Belag schien von ihren Stimmbändern abzubröckeln wie die Kruste von ihrem Gesicht. »Was ist passiert?«
Seine Finger stoppten in der Bewegung, harrten an ihrer Stirn. »Eine Umbra hat dich überwältigt.«
Die Übelkeit klammerte sich mit der Bitternis von Galle an sie, sie wälzte sich über die Schulter, den Kopf immer noch in seinem Schoß, und hielt den Brechreiz zurück. Ihre Finger krochen unter ihre Wange, die sich kalt und wächsern anfühlte. »I-ich kann mich nicht erinnern«, sagte sie. »Welcher Umbra? Was ist passiert?«
Sein Körper lauerte als Schatten über ihr, was die Erinnerung an die letzten Ereignisse auslöste – ein körperloser Schatten, der mit einem grausamen Ächzen durch den Stein zu ihr hindurchgefahren war. Ein Frösteln überzog ihren Körper. Kains Hand löste sich von ihrer Stirn, er zog das Jackett über ihre Schulter, das sie zudeckte. »Eine Umbra ist ein Totengeist«, sagte er. »Er hat dich überwältigt.«
Sie blinzelte. Die Welt blieb trüb. »Wie kann es sein, dass ich noch am Leben bin?«
Stille schlug ihr entgegen.
»Sie konnte ich diesen Ansturm überleben?«
Sie hörte keinen Laut, glaubte jedoch wahrzunehmen, dass Kain schluckte. »Du hast es überlebt«, sagte er. »Reicht das nicht?«
Sie antwortete nicht, starrte in die trübe Welt hinaus, der Atem flach. »Ich kann ihn noch immer spüren«, flüsterte sie. »Er befindet sich irgendwo hier unten. Und er ist anders, als die Geister, die ich bisher traf. Er ist so viel … größer.«
Sie spürte Kains Hand an ihrer Schulter. »Ich musste das Gebiet verlassen, um dich außer Reichweite zu bringen. Viele sind hier während der Götterdämmerung versunken«
Fragend wand sie den Kopf, sein Gesicht ein ovales Rund über ihr.
»Und ihre Geister wohnen noch immer in ihren Körpern?«
Sein Schatten nickte zögerlich.
Ihr Kopf sackte zurück. »Ich verstehe das nicht …«
»Wir müssen weiter. Wir befinden uns in einem Bereich, der von Patrouillen der Grauen Wacht aus der Bastion Alpha gestreift wird. Glaubst du, du kannst stehen?«
Sie zog die Arme an, stemmte den Oberkörper in die Höhe. Kain packte sie unter den Achseln und half ihr hoch. Das Jackett rutschte von ihr ab. »Ich kann stehen«, sagte sie. »Aber ich sehe nicht richtig …«
»Das wundert mich nicht«, brummte er. »Du solltest deine Augen sehen.«
Sie hob das Kinn. »Meine Augen? Was meinst du?«
»Sie leuchten.«
Alex schluckte, die Bitternis wanderte ihren Rachen herab. Kain erfasste ihre Hand, packte mit der anderen den Rucksack. Er hob das Jackett auf und zog es ihr über die Schultern. »Komm.«
»Wo ist Nicodemus?«
Ein Seufzen löste sich aus seiner Kehle. »Du hast es schon wieder vergessen? Er ist verschwunden.«
Die Angst kroch kalt in ihre Brust und umklammerte ihr Herz. »W-was?«
»Er ist davongelaufen. Wir konnten ihn nicht mehr finden.«
Ihre Gefühle rangen miteinander. Einerseits war da die Angst um ein Lebewesen, dessen Obsorge sie übernommen hatte, andererseits die Furcht, erneut schutzlos von Élaines erbarmungslosen Augen zu sein.
Kain drückte ihre Hand. »Keine Sorge«, sagte er. »Ich bringe dich nach Herbsten. Niemand wird Hand an dich legen.« Seine Finger umschlossen fest die ihren, rau und warm. »Niemand außer mir.« Es sollte wie ein Scherz klingen, doch aus irgendeinem Grund war es Alex, als stünde mehr dahinter. Sie legte die Stirn in Falten und schwieg. Kain schritt voran und zog sie mit sich. Sie folgte seiner Führung. Unbewusst lauschte sie in die Finsternis, horchte nach dem Ächzen in der Tiefe, und wusste, würde sie ihm erneut begegnen, könnte sie ihm kein zweites Mal entkommen.
Die Zweifel, ob Kain zu folgen eine gute Idee gewesen war, dämpften ab. Sie war noch am Leben, war sie es nicht? Ohne ihn wäre sie vielleicht schon am Weg zum Nifengrund. Sie hätte eine schlechtere Wahl treffen können.
Der Halbgott konnte sie beschützen.
Der antimagische Golem ist die Fortsetzung der Götterdämmerung-Reihe. Der erste Band heißt “Die versunkene Stadt” und ist als eBook via Amazon und als Printbuch in http://www.katharinavhaderer.com/buecher/die-goetterdaemmerung-trilogie/die-versunkene-stadt-band-1/taschenbuch/ erhältlich.

