Als Lucky Luke Nichtraucher wurde

Es gibt vermutlich kein Werk der Weltliteratur, das nicht von wohlmeinenden Lektoren, Erben, Herausgebern und Literaturwissenschaftlern mit der Zeit etwas "verbessert" worden ist.
Das ist ein normaler Vorgang, vor allem, wenn der Urheber des Werkes nicht mehr lebt, wie im Fall der Bibel: Moses und Gott sind bekanntlich ebenso tot wie Friedrich Nietzsche, dessen Werk von seiner besorgten Schwester Elisabeth posthum maßgeblich manipuliert und durch Fälschungen ergänzt wurde, und schon Plato machte umfangreiche Vorschläge, wie die Literatur seiner Zeit von "schädlichen" Passagen und Begriffen zu säubern sei. Die Wurzel der Zensur ist stets Fürsorge, gut gemeint aber schlecht gemacht.
Lindgren und Preußler sind also weiß Gott nicht die Ersten, die es trifft: Lucky Luke musste aus politisch korrekten Gründen das Rauchen aufgeben, Billy Wilders "Some Like it Hot" durfte in Deutschland 1959 zunächst nicht gezeigt werden; gegen die Publikation der Blechtrommel von Günter Grass wurde gleich mehrfach geklagt und Klaus Manns Roman "Mephisto" wurde 1966 mit Verweis auf die Grundrechte(!) verboten. Wo beginnt Zensur und, sehr aktuell, wo beginnt die deutsche Spezialität der Selbstzensur ?
Die Eingriffe beginnen, wenn man es genau nimmt, schon bei Rechtschreibreformen, verlaufen über Streichungen oder, wie es immer so schön heißt "behutsame Anpassungen an heutige Lesegewohnheiten" und gipfeln bei Komplettverboten ganzer Werke.
Dabei ist es doch eigentlich ganz einfach:
Da Bücher in gewisser Hinsicht Lebensmittel sind, könnte man ein Label entwickeln, das zertifziert, ob ein Buch genetisch modifiziert worden ist oder nicht.

Ich finde es nicht schlimm, wenn veraltete Begriffe aus betagten Kinderbüchern ausgetauscht werden. Als professioneller Autor ist man ständig mit Fragen der Wortwahl konfrontiert, und fast jede Neuauflage bringt Veränderungen mit sich. Außerdem ist es für Verleger und Autoren vollkommen klar: Lieber eine Idee neu formulieren als weniger Exemplare verkaufen.
Published on February 13, 2013 15:12
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über Bücher, Filme und Publikationen
Albrecht hat in Heidelberg und Berlin Geschichte, Philosophie und Politik studiert. Seit 1999 ist er Autor für Film, Print, Radio und TV, unter anderem für UTB, SR, ARTE, Pro7Sat1 und den RBB. Er lebt
Albrecht hat in Heidelberg und Berlin Geschichte, Philosophie und Politik studiert. Seit 1999 ist er Autor für Film, Print, Radio und TV, unter anderem für UTB, SR, ARTE, Pro7Sat1 und den RBB. Er lebt seit 2012 mit seiner Frau Afraa und seinem Sohn Wieland im Schwarzwald. In diesem Blog geht es um Bücher, Publikationen und kreative Prozesse.
In einigen wissenschaftlichen Arbeiten befasst Albrecht sich mit Themen der Geistesgeschichte, aber auch mit der griechischen Antike, sozialen Mythen aus der jüngeren deutsch-europäischen Vergangenheit und mit den Techniken des wissenschaftlichen Arbeitens. Albrecht ist überzeugt davon, dass es eigentlich keinen Unterschied zwischen wissenschaftlicher Literatur und Unterhaltungsliteratur gibt - vorausgesetzt sie sind gut geschrieben und recherchiert. ...more
In einigen wissenschaftlichen Arbeiten befasst Albrecht sich mit Themen der Geistesgeschichte, aber auch mit der griechischen Antike, sozialen Mythen aus der jüngeren deutsch-europäischen Vergangenheit und mit den Techniken des wissenschaftlichen Arbeitens. Albrecht ist überzeugt davon, dass es eigentlich keinen Unterschied zwischen wissenschaftlicher Literatur und Unterhaltungsliteratur gibt - vorausgesetzt sie sind gut geschrieben und recherchiert. ...more
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