Was lange währt, wird endlich gut.

Lieber Leser,
vor über einem Jahr durfte ich eine Rohfassung dieses Buches lesen. Mein Urteil von damals findest Du hier. Es lautet, kurz gefasst: "Noch nicht fertig." Nun hat Frau Spitznagel ihre Geschichten veröffentlicht und mir die Endfassung geschickt. Wie hat sich das Buch verändert! Es ist gewachsen, hat den Babyspeck abgelegt und Radfahren gelernt. Jetzt kommen die Geschichten zügig vom Anfang zum Schluss, ohne Schlenker oder Stürze.
Geblieben sind die skurrilen Einfälle: Münchhausen kämpft gegen Zombies, Kommunisten demonstrieren vor dem Lebkuchenhaus, ein Dämon genießt mit seinem Besessenen einen Joint. Neu sind sieben der zehn Texte. Jetzt sind es sechs packende Geschichten, dazu zwei Gedichte und zwei Ultrakurzgeschichten. Diese (sowohl die Gedichte als auch die Ultrakurzgeschichten) halte ich für Füllmaterial. Aber sie füllen zusammen nicht zehn Prozent der Seiten. Es bleibt über 90 % Lesespaß.
Drei Geschichten kannte ich aus der Rohfassung: "Carl und die Untoten", "Das Lebkuchenhaus" und "Hans-Peter und das Monster unter seinem Bett". Alle drei sind besser geworden. Weg ist der umständliche Plusquamperfekt. Stattdessen geht es der Reihe nach. Die Figuren habe ich diesmal lebendig vor Augen. Alle sechs Geschichten überraschen zuerst, dann fesseln sie mich. Geblieben ist der Tonfall, halb Umgangssprache, halb Schüleraufsatz. Wird das die neue Schriftsprache einer Generation, die auf Deutsch nur noch die Übersetzungen englischer Bücher liest? Meine kleine Schwester klingt genauso. Vielleicht müssen wir uns daran gewöhnen, an "da ist" statt "es gibt" und Wortchimären wie "Fangirlerei".
Marie-Christin Spitznagel werde ich im Auge behalten.
Hochachtungsvoll
Christina Widmann de Fran

Eine Sammlung ungewöhnlicher Geschichten von Marie-Christin Spitznagel
Ich danke für ein Rezensionsexemplar.
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