Pseudowissenschaft leicht zerpflückt: Lynne McTaggart - Das Nullpunkt-Feld

ich hoffte auf faszinierende, wenig bekannte Forschung. Ich bekam ein wirres Bündel aus längst widerlegten Experimenten, zusammengehalten durch logische Fehlschlüsse. Fußnoten verweisen auf Gespräche und auf andere sensationalistische Bücher.

Ein Astronaut probiert aus, ob er vom Mond Gedanken auf die Erde übertragen kann. Er schafft es nicht. Später reden er und seine Helfer sich heraus: Die Presse hat das Experiment angekündigt, deshalb haben die Gedanken anderer Leute ihnen dazwischen gefunkt. Diesen Versuch beschreibt Lynne McTaggart im ersten Kapitel und vergisst zu erwähnen, dass er mussglückte. Im Gegenteil, sie nennt Mitchells Experiment "erfolgreich" und leitet über in die Quantenphysik. Dort erwähnt sie die Quantenverschränkung. Weil wir über Quantenverschränkung kaum etwas wissen, erfindet McTaggart sich einiges. Es folgt eine lange Liste an Fragen, welche die Naturwissenschaft angeblich nicht beantworten kann: warum Arme zu Armen und Beine zu Beinen werden, warum wir Krebs bekommen, wie sich der Körper mitunter selbst heilen kann, und weitere. Doch, darüber wissen wir inzwischen einiges. Und was wir nicht wissen, finden wir noch heraus.

Zweites Kapitel: Physik. Die Gravitation, die Van-der-Waals-Kräfte, Atome, Moleküle - all das konnte mein Physiklehrer ohne ein Nullpunkt-Feld erklären. Lynne McTaggart aber behauptet - belegt nicht, behauptet - dass ein geheimnisvolles Nullpunkt-Feld die Welt im Innersten zusammenhält.

Drittes Kapitel: Fritz-Albert Popp und seine Biophotonen. Die gibt es: Lebende Zellen schicken manchmal ein Photon auf die Reise. Warum, weiß man nicht. Auf ein paar Photonen baut Lynne McTaggart ein Hochhaus aus abenteuerlichen Gedanken: Über das Nullpunkt-Feld sollen Biophotonen regeln, welche Gene wann abgelesen werden und wie und warum. Als ob die Genregulation nicht ohne ginge. Auch die Homöopathie soll über Biophotonen funktionieren. Da sehe ich zwei Probleme: Dass sie nicht funktioniert, wenn man sie gegen ein Placebo testet, und dass Wasser kein Licht speichern kann.

Kapitel vier: Jacques Benveniste, dessen Experimente kein anderes Labor wiederholen konnte. Auch hier geht es um Homöopathie und das angebliche Gedächtnis von Wasser. Benveniste ging zwischendurch so weit, zu behaupten, er hätte die "Daten" aus dem Wasser elektrisch abgelesen und übers Internet in anderes Wasser übertragen. Heißt das, bald braucht niemand mehr Globuli zu kaufen? Können wir stattdessen den Heil-Code aus dem Netz herunterladen und in ein Glas Wasser überspielen? Alle Homöopathie-Verkäufer würden pleite gehen. Gut, dass Benveniste sein Experiment nicht vor Zeugen wiederholen wollte.

Es geht weiter: Hirnfirschung, Parapsychologie. Ich überfliege nur noch, habe genug von Lynne McTaggarts umständlicher Erzählweise voller Zeit- und Logiksprünge. Kapitel für Kapitel breitet sie missglückte Experimente aus, als ob sie geglückt wären. Egal, ob die gescheiterten Forscher an ein geheimnisvolles Feld glaubten oder an etwas anderes, McTaggart zwängt sie alle in ihre Argumentation. Was die Hirnforschung tatsächlich weiß, ignoriert diese Frau. Wenn es wenigstens unterhaltsam geschrieben wäre! Aber Das Nullpunkt-Feld war meine Zeit nicht wert.

Hochachtungsvoll
Christina Widmann de Fran

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Published on February 06, 2020 07:11
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