Lars Jaeger: Supermacht Wissenschaft

Unsere Zukunft zwischen Himmel und Hölle
Lieber Autor,

was wollen Sie mit Ihrem Buch verbreiten, Angst oder Hoffnung? Über weite Kapitel klingt es nach Angst. Sie malen uns die Schrecken einer totalen Überwachung und Steuerung aus und sagen, dass ein Teil davon schon technisch möglich ist, sogar schon geschieht. Welcher Teil? Das sagen Sie nicht. Und ich kenne mich nicht genug aus, um nachzuforschen.

Wo ich mich ein bisschen auskenne, ist die Gentechnik. Da behaupten Sie auf den ersten paar Seiten, die Herren in den weißen Kitteln würden schon heute Bakterien künstlich herstellen. Später rudern Sie zurück: Lediglich Bakteriengene schreibt man künstlich ab und schleust sie einem entgenten Bakterium wieder ein. Leben aus nichts, eine Zelle aus etwas, das vorher keine Zelle war - davon sind und bleiben wir weit entfernt. Ob jemals ein CRISPR-Baby zur Welt kommen wird, steht auch in den Sternen. Seitdem ein paar Chinesen 2012 einzelne nicht lebensfähige Embryonen manipulierten, hat man nichts mehr gehört. Oder doch? Dann sähe ich gerne die Quellen. Aber Quellenangaben sind dünn gesät in Supermacht Wissenschaft, obwohl Sie auf fast jeder Seite eine Fußnote stehen haben. Was ist wahr, wo übertreiben Sie? Was geschieht schon und was könnte bald passieren?

Die US-Regierung lässt Algorithmen ausrechnen, wer vielleicht ein Terrorist ist. Drohnen schießen diese Leute automatisch ab. Was? Wo? Seit wann? Warum höre ich davon zum ersten Mal, warum finde ich nichts in einer schnellen Google-Suche?

Im Kapitel über das Netz, das uns alle fängt, erzählen Sie von einem Experiment: Ein Professor legte Facebook-Konten an, ließ ein paar Studenten harmlose Dinge mit "Like" versehen und übergab die Konten dann einem Computerprogramm, das alle Freundschaftsanfragen automatisch annehmen sollte und "Like" gab für alles, was ihm Facebook vorschlug. Nach kurzer Zeit wurden ein paar der Konten vom IS kontaktiert. Wie viele von wie vielen, Herr Jaeger? Die Quelle, bitte!

Sie sprechen wichtige und packende Themen an, aber nie bin ich mir sicher, wie viel ich Ihnen glauben darf. Schwarzmalern Sie oder steht es wirklich so schlecht? Reißt der Fortschritt uns alle in den Abgrund? Sie schlagen eine Lösung vor. Nein, Sie fordern. Sie fordern einen runden Tisch, an dem Wissenschaftler, Unternehmer, Politiker und Bürger entscheiden, wo es hingehen soll mit der Forschung und den Technologien. Das klingt wie im Bundestag: Wenn du nicht mehr weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis. Damit dieser Arbeitskreis weltweit etwas bewirken könnte, bräuchte er allerdings weltweite Macht. Eine Weltregierung - ist das Ihr Vorschlag, Herr Jaeger? Das wäre die größte Dystopie von allen. Eine Regierung, der kein Mensch auswandern kann und die niemand an den Nachbarn misst, weil es keine gibt - eine solche Regierung würde unweigerlich zur Tyrannei. Mit allem Mitteln der modernen Technik, um die ganze Welt unter ihrer Fuchtel zu halten.

Habe ich einen besseren Vorschlag? Nein. Aber ich schreibe kein Buch und behaupte, einen zu haben.

Hochachtungsvoll
Christina Widmann de Fran

Supermacht Wissenschaft: Unsere Zukunft zwischen Himmel und Hölle von Lars Jaeger

erschienen: 2017 beim Gütersloher Verlagshaus
Ich danke für ein Rezensionsexemplar

ISBN: 978-3-579-08682-8

Leseprobe vom Verlag

Erhältlich auf Amazon.de.

Mehr von und über Lars Jaeger auf www.larsjaeger.ch

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Published on June 10, 2019 09:31
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