Die Methode Puigdemont

Der ehemalige katalanische Präsident holt die internationale Presse weiter auf seine Seite.

Carles Puigdemont ist in Belgien und soll einen Anwalt konsultiert haben. So, wie mir diese Schlagzeile von den Nachrichten auf web.de entgegenleuchtet, sieht es aus, als hätte er die Polizei auf den Fersen und wäre nach Brüssel geflüchtet. Die Wahrheit sieht anders aus: Carles Puigdemont hat seine Propagandareise nach Belgien gründlich geplant. Gereist ist er, wie jeder Schengen-Bürger durch Europa reisen kann: ungehindert. Die spanische Polizei hat zwar genug Handhabe, um ihn zu verhaften, aber der eigene Präsident hält sie zurück.

Unterdessen hat Mariano Rajoy die katalanische Regierung offiziell abgesetzt und Neuwahlen anberaumt, für den 21. Dezember diesen Jahres. Ein schwerer Fehler, denn er gibt Puigdemont und Konsorten damit 50 Tage Zeit für ihre Propaganda. Eine Propaganda, die Früchte trägt: Die internationale Presse stellt das katalanische Volk inzwischen durchweg als unterdrückt und benachteiligt dar; man betrachtet historische Hintergründe durch die gefärbte Brille eines katalanischen Nationalmärchens; Puigdemont reist als freier Mann und gilt als Flüchtling.

Rajoy weigert sich standhaft, durchzugreifen. Er hat pro forma gehandelt und lässt den Abtrünnigen jeden möglichen Vorteil: Die wichtigsten Zeitungen, Radiosender und Fernsehkanäle von Katalonien sind fest in der Hand der Separatisten und betreiben fleißig Propaganda. Offizielle Gegendarstellungen gibt es nicht. Zur Wahl werden sich die beiden Separatistenparteien CUP und Junts pel Sí mit einer gemeinsamen Liste stellen, während die Verfassungstreuen gespalten auftreten. Wer im spanischen Wahlrecht, das Sitze nach Bezirken vergibt, gewinnen wird, ist abzusehen.

 •  0 comments  •  flag
Share on Twitter
Published on October 31, 2017 14:41
No comments have been added yet.