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Grandioser Einstieg. Sprache, Satzbau, Erzählweise machen die Verfassung des Ich-Erzählers im ersten Kapitel plastisch erlebbar.

„Proust ruft die Zauberstunde der Kindheit herauf..." Walter Benjamin

Nur, damit ich nicht vergesse, wozu ich noch was sagen will:
sprachliches Niveau, Sympathie für Figuren, heitere Distanz, Bedeutung von Kleinigkeiten, schrullige Tante Leonie, Genauigkeit der Beobachtungen, gesellschaftliche und literarische Auseinandersetzung

Ich kann jeden verstehen, der an Prousts "Recherche" verzweifelt und das Werk nicht zu Ende liest.
Ich jedoch bin hingerissen!
Ich glaube, noch nie so ein vielschichtiges, spannendes Werk gelesen zu haben.
Da ist die Oberfläche: belangloses, oberflächliches, langweiliges Geplauder ohne Richtung und Ziel. Scheinbar. Doch Proust schafft es so, mich in die Gedanken- und Gefühlswelt seiner Protagonisten zu versetzen...

Meine Kindle-Ausgabe hat einen wunderbaren Anmerkungsapparat. Danke dafür!

Prousts "Lobgesang des Spargels" mündet in der Beschreibung, wie diese Gemüsestangen "... noch die ganze Nacht hindurch, wenn ich am Abend davon gegessen hatte, ... sogar mein Nachtgeschirr in ein Duftgefäß verwandelten." - Toller Humor, oder?

Dieser Roman entschleunigt!
Proust hat sich Zeit genommen. Viel Zeit. Und so gibt er auch mir Zeit. Zum Lesen, Entdecken, Nachdenken ...
Ich liebe es!

Bereits jetzt faszinieren mich Prousts Stil und seine Art, die Welt zu betrachten. Seine Aufmerksamkeit selbst für noch so kleine Einzelheiten und damit seine Wertschätzung für alle diese Dinge. Er nimmt sich Zeit und schenkt sie damit auch mir. Zeit zum Lesen, zum Genießen, zum Nachdenken. Ich merke, wie das auch meine Sicht auf die Welt verändert, dass ich mehr Details wahrnehme und Querverbindungen entdecke.

Oh mein Gott! Was für ein Unterschied.

Also ich habe heute die Kapitel 7-12 durchgeritten! Was für ein Buch!

Ich bin jetzt auf Seite 81 und erstaunt, wie reich dieses Buch ist. Ich habe schon so viel angestrichen, wie ich sonst vielleicht auf 200 Seiten notiert hätte.
Meine Ausgabe hat einen sehr umfangreichen Anhang. Ich dort steht viel zur Geschichte des Werks und zur (Selbst-)Zensur Wildes. Ich hoffe mal, dass ich das zusätzliche Pensum auch schaffe.

Natürlich lese ich den "Dorian" nicht zum ersten Mal. Ich war einfach neugierig auf den unzensierten Wortlaut des Romans. Daher lese ich deren Übersetzung von Rademacher. Allerdings kann ich nicht beurteilen, welche Unterschiede zur früher gelesenen Version gibt. Das ist schon zu lange her.
Mich begeistert der Esprit Wildes: Unzählige Bonmots schon allein im 1. Kapitel.
Gruß
Gerd, des Thomas' Mann