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Der ehemalige Sohn
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Filipenko: Der ehemalige Sohn > ehem. Sohn 5. Abschnitt: "Franzisk ließ seinen Mantel auf den Boden…" bis 24.7.

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Babette Ernst | 1607 comments bis Schluss


Peter (slawophilist) | 592 comments Der vorangegangene Abschnitt mit den unerwarteten Menschenmassen, die gegen die "Wahl" kam mir wie die Katharsis einer griechischen Tragödie vor, die Reinigung des Helden in der Einsicht ... denn es gibt nichts Wichtigeres, als über den Abgrund der eigenen Angst zu springen.

Dann jedoch setzt der ultimative Horror ein in Gestalt des brutalen Niederknüppels der Proteste, der Verfolgung der Beteiligten (wobei das Einloggen des Handys in der entsprechenden Funkzelle reicht!), Zisks Selbstvorwürfe und Einsicht, dass er nicht mehr in diese Welt gehört, dass er lediglich ein ehemaliger ist, Stass gescheiterte Adoption und Selbstmord. Ich bin als Leser am Boden, zumal mir das Thema Adoption sehr nahe geht, da wir unseren Sohn vor 14 Jahren in der Ukraine adoptiert haben.

Und am Ende bleibt nur noch die Emigration, mit der man wie im Lied von Jacek Kaczmarski Unsere Klasse die Wurzeln verliert.


Babette Ernst | 1607 comments Du hast recht, es ist sooo aussichtslos. Im vorigen Abschnitt konnte ich die Euphorie angesichts der Menschenmassen so gut nachvollziehen, aber man wusste ja schon, wie es endet und wie auch die aktuellen Proteste endeten.
Da ist der große Unterschied zur DDR, in der die Polizisten und Sicherheitsleute irgendwann entschieden, keine Gewalt einzusetzen. Die Gewaltbereitschaft der jungen Leute hatte ohnehin deutlich abgenommen. Trotzdem habe ich mich am Ende des Buches gefragt: Was wäre gewesen, wenn...

Die Szene mit der gescheiterten Adoption hat nochmal gezeigt, wie die gesamten gesellschaftlichen Werte in einer Diktatur erodieren.


message 4: by Tee&Tacheles (new)

Tee&Tacheles | 290 comments Ich fand das Ende - wenn auch natürlich aufgrund der politischen Realität vorhersehbar - auch sehr traurig. Man kann die Resignation der Bevölkerung gut nachvollziehen. Allerdings erscheint mir vor diesem Hintergrund die deutsche Wiedervereinigung tatsächlich als ein noch größeres Wunder.

Gut fand ich auch, dass Filipenko auch darauf eingeht, was für psychische Traumata das für die Bevölkerung bedeutet - selbst wenn sie vielleicht körperlich unversehrt bleiben.

Stass' Selbstmord kam für mich sehr überraschend, ist aber sicherlich ein Ausweg, den einige aufgrund der Perspektivlosigkeit wählen.

@Peter: Vielen Dank für das Lied. Das passt wirklich sehr gut!


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