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December 28, 2022 - January 19, 2023
Dafür, dass junge Menschen, vor allem aber junge Frauen in wichtigen Gremien, Aufsichtsräten, Stiftungen, Parteien und Chefetagen bis zur Irrelevanz unterrepräsentiert sind, scheinen wir doch zumindest die ein oder andere Lebenskrise beim Mann auslösen zu können. Toll.
»Ich denke, man meint damit eine Kultur, die von sich selbst annimmt, dass sie dominant ist, sowohl ökonomisch wie in der Geschlechterpolitik, wie global gesehen. Und deswegen ist der Kontrollverlust des alten weißen Mannes gleichbedeutend mit dem Niedergang des Westens, der westlichen Dominanz der Industriegesellschaft. Und als kulturelles Konzept beschreibt es den Zeitenwandel, dass eben eine patriarchale Welt zugrunde geht.«
Jeder Mann ist sexistisch. Dieser Satz liest sich sehr schmerzhaft und je nach Selbstbewusstsein der Person wie eine Beleidigung, aber Männer sollten diesen Fakt einfach annehmen und versuchen, nicht hysterisch zu werden. Wir leben in einer patriarchalen Gesellschaft, bis heute. Unsere kulturelle Prägung beruht auf der Übermacht des Mannes, diese Übermacht durchzieht ausnahmslos jeden gesellschaftlichen, politischen und persönlichen Bereich unseres Lebens. Das heißt nicht, dass jeder Mann in jeder Sekunde seines Lebens ein Sexist ist, es bedeutet aber eben, dass ein Mann, nur weil er sich
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»Die gute Nachricht ist, dass es möglich ist, Erkenntnisse und Selbstzweifel zuzulassen, und dass es vielleicht auch gar keine Schwäche sein muss, sich selbst infrage zu stellen, das kann auch Lernfortschritt oder Freiheit bedeuten.«
Wenn Diekmanns Theorie stimmt und Geschlechterkonflikte eine Generationensache, damit auch eine Frage der Zeit sind, müsste ja in Zukunft alles besser werden. Die heranwachsende Generation müsste demnach ein Haufen progressiver, aufgeschlossener und an Gleichberechtigung interessierter Männer sein. Was für eine schöne Vorstellung. Tatsächlich habe ich manchmal den Eindruck, der männliche Teil meiner Generation unterteilt sich relativ genau zur Hälfte in gute Jungs und diejenigen, die ungefragt Fotos von ihrem erigierten Penis an fremde Frauen im Internet schicken und völlig fassungslos sind,
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Frauen stehen nie nur für sich als Einzelperson, sie werden immer auch als weiblich betrachtet. Der weiße Mann ist im Gegensatz dazu der Prototyp des Menschen, nur er kann es sich erlauben, nach seiner Einzelleistung bewertet zu werden. Ich als weibliche Autorin repräsentiere immer gleich die Fähigkeiten meines Geschlechts mit, ob ich will oder nicht. Die Bürde dieser nicht zu leistenden Aufgabe kann müde machen, traurig, oder eben dafür sorgen, dass Frauen in vorauseilendem Gehorsam mehr leisten wollen als ihre männlichen Kollegen. Ja, das kann anstrengend sein für genau diese Kollegen. Aber
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Männer, die sagen, sie seien unsicher, ob sie ein alter weißer Mann seien, aber man könne das ja mal gemeinsam ergründen, sind keine alten weißen Männer. Das Eingestehen von Unsicherheit, von Hader, das Fragende und Suchende, ist kein Charakterzug des alten weißen Mannes. Der alte weiße Mann entscheidet, denn es gehört zu seiner DNA, Angst vor Machtverlust zu haben und der erste Schritt dahin ist ja, Entscheidungskompetenz aus der Hand zu geben.
»Du musst Leute haben, die den Mumm haben, zu stören, diese heile Welt, die es ja gar nicht gibt, wie soll es anders gehen? Die Gegenreaktion, ›Man darf jetzt gar nix mehr sagen‹, ist ja einfach nur ein Ausdruck dessen, dass der Druck größer wird. Natürlich darf man’s immer noch sagen, aber du darfst nicht erwarten, dass nichts zurückkommt. Du darfst alles sagen. Aber du wirst es eben niemals so haben, dass alle antworten: ›Ah, er hat recht, super, Schluss der Debatte.‹ Nein, da kommt eben was zurück.«
Der Konsens macht träge im Kopf. Es ist zwar eine tröstende Selbstbestätigung, mit Menschen zu sprechen, die der gleichen Meinung sind, wie man selbst, am Ende des Tages ist das allerdings eher Therapie als Revolution.
Eine Frau hat immer etwas zu beweisen, eine Frau mit Kopftuch sowieso, Ali auch, ein Schwarzer auch, ausnahmslos jede gesellschaftliche Gruppe außer dem weißen Mann wird über ihre Zugehörigkeit und die damit verbundenen Vorahnungen definiert.
Geburtstagsgeschenke, dazugehörige Sektflaschen für den Chef, Gutscheine, das dazugehörige Geld einsammeln dafür, Kuchen backen, Rundmails mit Erinnerungen, all das sind Aufgaben, die meiner Erfahrung nach (und Kevins Erfahrung nach offensichtlich auch) fast automatisch und undiskutiert von Frauen erledigt werden. Selten weil die Männer sie dazu zwingen, höchstens, weil Frauen je nach Charakter sehr anfällig sind für Männer, die sich aus Bequemlichkeit gerne dusseliger stellen als sie sind. Da erscheint das bloße Kaufen eines Blumenstraußes oder das Betreten einer Parfümerie wie angewandte
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Frauen können streng genommen nicht darüber jammern, dass ihr Mann nie kocht, wenn sie ungefragt oder zumindest undiskutiert einkaufen, kochen, abwaschen und sich insgeheim auch daran erfreuen, den Mann bekocht zu haben. In manchen Fällen dürfen wir Frauen protestieren, in diesem aber nicht. Während Protest häufig daraus besteht, etwas zu machen, würde Protest von uns Frauen in diesem Fall einfach mal so aussehen, etwas nicht zu machen. Der bequemste Boykott der Welt.

