More on this book
Community
Kindle Notes & Highlights
Als Claus am frühen Morgen frierend zu sich kommt, hat er von Mehl geträumt. Es ist nicht zu fassen – immerzu geschieht das. Früher hat er Träume voller Licht und Lärm gehabt. Musik gab es in seinen Träumen, manchmal haben Geister mit ihm gesprochen. Aber das ist lange her. Heute träumt er von Mehl.
Das solt ihr nit tun, ihr solet alle Beume bladen und alle Wasser waden und all Berge stigen und alle Gottesengel mieden, und alle Glocken werden klingen und alle Messe singen und alle Evengelien gelesen sollen ihr die Gesundheit widder nesen.
Die Liebe zu den Kindern – besser, man kämpft gegen sie an. Man kommt ja auch nicht einem Hund zu nahe; sogar wenn er freundlich aussieht, kann er zuschnappen. Stets muss man einen Abstand lassen zwischen sich und seinem Kind, sie sterben einfach zu schnell. Aber mit jedem Jahr, das vergeht, gewöhnt man sich mehr an so ein Wesen. Man fasst Zutrauen, man erlaubt sich, es gernzuhaben. Und plötzlich ist es weg.
Man gewöhne sich daran, sagte der Abt. Die ersten Jahre seien die schlimmsten gewesen, da habe er das Büßerhemd manchmal ausgezogen und den eiternden Oberkörper mit Wasser gekühlt. Aber dann habe er sich seiner Schwäche geschämt, und Gott habe ihm Mal für Mal die Kraft geschenkt, es wieder anzuziehen. Es habe Augenblicke gegeben, da der Schmerz so wild geworden sei, so teufelsgewaltig spitz und flammend, dass er gemeint habe, er verliere den Verstand. Aber das Beten habe geholfen. Gewohnheit habe geholfen. Und seine Haut sei dicker geworden. Ab dem vierten Jahr habe sich der ständige Schmerz
...more
Das Wesen der Ehe bestand nicht nur darin, dass man Kinder hatte, es bestand auch aus all den Verwundungen, die man einander zugefügt, all den Fehlern, die man miteinander gemacht hatte, all den Dingen, die man einander für immer übel nahm.
Kircher blinzelte. Ihm ging es nicht gut. Er fragte sich, ob es am Schaukeln der Kutsche lag oder doch an diesen beiden Deutschen. Unfreundlich waren sie, überernst, beschränkt, dicke Stirnen hatten sie, und außerdem, man konnte es schwer ignorieren, rochen sie schlecht. Er war lange nicht im Reich gewesen, er hatte schon fast vergessen gehabt, wie viel Kopfschmerzen es machte, unter Deutschen zu sein.