Drei Kameraden
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Kindle Notes & Highlights
Read between September 19 - December 20, 2022
13%
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Sieh dir die Zigarre an! Eine Mark fünfzig das Stück. Du hast mir einen Milliardär verjagt.« Gottfried nahm mir die Zigarre aus der Hand, beroch sie und zündete sie sich an. »Ich habe dir einen Schwindler verjagt. Milliardäre rauchen nicht solche Zigarren. Die rauchen welche zu einem Groschen das Stück.«
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»Der arme Wurm«, sagte ich, »der hat noch keine Ahnung, was ihm bevorsteht. Möchte wissen, für was für einen Krieg der gerade zurechtkommt.«
14%
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»Die Grundpfeiler der menschlichen Gesellschaft sind Habgier, Angst und Korruption«, gab Grau zurück. »Der Mensch ist böse, aber er liebt das Gute – wenn andere es tun.«
Pascal
Markiere sonst nicht solche pseudo-deepen Quotes, aber in Drei Kameraden kommen die irgendwie sehr stimmig.
15%
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Für sehr schwierige Gäste hatte er einen Hammer unter der Theke bereit. Das Lokal lag praktisch; dicht beim Krankenhaus. Alfons sparte so die Transportkosten.
Pascal
Die Zeile mit dem Krankenhaus ist so viel effektiver als zu zeigen, wie der Hammer verwendet wird...
15%
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»Bier?«, fragte er. »Korn und was zu essen«, sagte ich. »Und die Dame?«, fragte Alfons. »Die Dame will auch einen Korn«, sagte Patrice Hollmann. »Heftig, heftig«, meinte Alfons.
Pascal
"Heftig, heftig" – muss ich auch in meinen Alltagswortschatz aufnehmen.
17%
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Der Schmied nahm uns noch eine Sekunde beiseite. »Hört mal zu«, sagte er, »wenn ihr mal jemand zu verhauen habt – ich wohne Leibnizstraße sechzehn, Hinterhof, zwei Treppen links. Eventuell, wenn’s mehrere sind, komme ich auch mit meinem Verein.«
Pascal
Ohne die Implikationen von Gewalt und Ellenbogengesellschaft zu verherrlichen: Das ist eine ganz spezifische Art von Gemeinschaft, die in solchen Verhältnissen vermittelt wird.
20%
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»Richtig! Was so Schlagerdichtern alles einfällt! Ich glaube, es sind die einzigen Romantiker, die es noch gibt.« Sie lachte. »Warum auch nicht? So ein Grammofon ist ja auch wie eine Art Stammbuch. Früher schrieb man sich Verse ins Album – heute schenkt man sich Grammofonplatten. Wenn ich mich an irgendetwas erinnern will, brauche ich nur die Platte von damals aufzulegen, und schon ist alles wieder da.«
Pascal
Auch 100 Jahre später noch wahr. ("Schlager" natürlich breit ausgeweitet, weil es heute auch mehr gibt. Damals war das wahrscheinlich die Unterscheidung: Klassische Musik vs. Schlager (und vielleicht noch vs. Volkslieder?))
28%
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»War eine gute Frau«, fuhr er fort, »eine Seele von Frau. Nie verlangte sie was. Zehn Jahre lang hat sie denselben Mantel getragen. Blusen und so was schneiderte sie sich alles selbst. Und das Haus machte sie ganz allein – ohne Mädchen.« Aha, dachte ich, das machte die Neue wahrscheinlich alles nicht. Der Bäcker begann sich auszusprechen. Er erzählte mir, wie sparsam die Frau gewesen sei. Es war merkwürdig, wie gerührt die Erinnerung an gespartes Geld diesen versoffenen Kegelbruder machte.
Pascal
Liebe alles daran. Das "Aha", den "versoffenen Kegelbruder" und generell den Slam am Ende.
29%
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Melancholisch wird man, wenn man über das Leben nachdenkt – zynisch, wenn man sieht, wie die meisten damit fertig werden.«
Pascal
Mehr als nur eine platte Phrase, weil der letzte Nebensatz tatsächlich mehrere Ebenen hat.
38%
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»Das verstehst du nicht«, erwiderte Lenz, »du kommerzieller Sohn des zwanzigsten Jahrhunderts.« Ferdinand Grau lachte. Fred auch. Schließlich lachten wir alle. Wenn man über das zwanzigste Jahrhundert nicht lachte, musste man sich erschießen. Aber man konnte nicht lange darüber lachen. Es war ja eigentlich zum Heulen.
Pascal
Vielleicht das beste für sich stehende Zitat aus dem gesamten Roman.
43%
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nur die Liebe richtig beleuchten. Sie weckt die schlechten Instinkte des Mannes – den Drang nach Besitz, nach Geltung, nach Verdienen, nach Ruhe. Nicht umsonst sehen Diktatoren es gern, wenn ihre Mitarbeiter verheiratet sind – sie sind so weniger gefährlich.
Pascal
Das wird hier so nebenher eingestreut, aber wahrscheinlich steckt da unheimlich viel hinter. Weil ja, natürlich überlege ich zweimal, in den Widerstand zu gehen, wenn ich eine Familie habe. Wer allein lebt, hat hingegen wenig zu verlieren. Vor allem zu einer Zeit, wo materieller Besitz weniger verbreitet war als heute.
49%
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Arbeit ist heute eine so ungeheure Sache geworden, weil so viele Menschen keine haben, dass sie alles andere erdrückt. Wie schön das hier ist! Seit ein paar Jahren habe ich das nicht gesehen. Ich habe zwei Autos, eine Zehnzimmerwohnung und genug Geld – was habe ich davon! Was ist das gegen diesen Sommermorgen im Freien! Arbeit – eine finstere Besessenheit – immer mit der Illusion, dass es später mal anders wird. Es wird nie anders. Komisch, was man so aus seinem Leben macht.«
50%
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Jetzt sah ich plötzlich, dass ich einem Menschen etwas sein konnte, einfach weil ich da war, und dass er glücklich war, weil ich bei ihm war. Wenn man das so sagt, klingt es sehr einfach, aber wenn man darüber nachdenkt, ist es eine ungeheure Sache, die überhaupt kein Ende hat.
55%
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»Außerdem«, erklärte Gottfried weiter, »kommst du jetzt in die Zeit, wo sich der Unterschied zwischen einem Bourgeois und einem Kavalier zeigt. Der Bourgeois wird immer unaufmerksamer, je länger er eine Frau kennt. Der Kavalier immer aufmerksamer.«
55%
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»Den Pastoren sind die Blumen egal, sonst wäre der Garten besser gepflegt. Und der liebe Gott hat höchstens seinen Spaß dran, wenn du jemand damit eine Freude machst. Der ist gar nicht so.«
Pascal
Schönes kleines Beispiel dafür, dass christliche Werte häufig auf einer Linie mit sozialistisch angehauchten Denkweisen, Gesetzen und Politik sind. Wie kann es sein, dass das scheinbar noch nie jemand richtig ausgespielt hat?
65%
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Er liebte die Frau nicht mehr, das war anzunehmen – aber er war an sie gewöhnt, und für einen Buchhalter konnte Gewohnheit mehr sein als liebe.
Pascal
Man hätte auch einfach schreiben können "der dude war Buchhalter", aber nein, Charakterisierungen gehen in diesem Roman für gewöhnlich immer einen Schritt weiter. Sehr charmant.
67%
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»Die armen Reichen!«, sagte Pat. »Da ist es wahrscheinlich besser, wir bilden uns ein, wir wären es schon gewesen und hätten alles bereits wieder verloren. Du hast einfach vor einer Woche Bankrott gemacht und alles verkaufen müssen – unser Haus und meinen Schmuck und deine Autos. Was meinst du dazu?« »Das ist sogar höchst zeitgemäß«, erwiderte ich.
69%
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das kann doch alles nicht stimmen! So viel Leben, und Pat muss fort!
Pascal
fühls
70%
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»Mein Kind …«, Frau Zalewski wurde wieder von Rührung gepackt. »Kommen Sie bald wieder! Ihr Zimmer ist immer für Sie da. Und wenn der Kaiser selbst darin wohnte, er müsste raus, wenn Sie kommen.«
Pascal
Eines der tausenden Beispiele für den Zusammenhalt der "unteren Klasse" in diesem Roman.
70%
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»Solange man sich nicht ergibt, ist man mehr als das Schicksal.«
72%
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»Mach dir nichts draus«, sagte sie und sah mich an. »Es geht alles vorüber.« »Stimmt«, sagte ich. »Das ist die sicherste Wahrheit, die es auf der Welt gibt.«
74%
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ich konnte mir nicht vorstellen, wie sie lebte, und manchmal, in den dunklen, schmutzigen Dezemberwochen, wo es nicht einmal mittags richtig hell wurde, glaubte ich, sie sei mir längst entglitten, und alles sei vorbei. Es schien mir endlos, seit sie fort war, und ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie wiederkommen würde.
78%
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»jetzt weiß ich, was die Leute wollen. Sie wollen gar keine Politik. Sie wollen Religionsersatz.«
85%
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Für mich war’s schlimmer. Ich kann mich nicht mit Gedanken trösten, wenn ich allein bin. Ich bin dann allein, mehr weiß ich nicht. Es ist leichter, ohne Liebe allein zu sein.«
86%
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»Er hat mir erklärt, woher es wahrscheinlich käme. Er hätte schon viele Patienten im gleichen Alter gehabt. Es seien Folgen des Krieges. Unterernährung in den Entwicklungsjahren.
Pascal
Die vergessenen Folgen des Krieges. Vielleicht aus heutiger Sicht wichtiger, noch einmal an sowas zu erinnern als damals, als es noch frisch war. Nicht nur im Schützengraben haben die Leute bleibende Schäden davongetragen.
88%
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viele werden auch wieder zu einer Schulklasse, die die Liegekur schwänzt wie früher die Turnstunde, und angstvoll kichernd in Läden und Konditoreien flüchtet, wenn der Arzt zufällig vorbeikommt.
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das Lob des Alkohols, insbesondere des Rums und seiner die Realität distanzierenden Wirkung. Das kulminiert in dem Bild von der Bar als »Kommandobrücke des Lebens«, von der aus die Kameraden »brausend in die Zukunft« steuern (S. 23), eine Zukunft, die bei nüchtern-analytischer Betrachtung negiert wird.
Pascal
Das ist aus dem Nachwort. Fasst sehr gut zusammen, wieso ich die ganzen Barszenen im Roman so faszinierend fand. Lässt sich auch super aufs eigene Leben übertragen: Ohne Alkohol zu sehr verherrlichen zu wollen – manchmal tut es wirklich gut, die "nüchtern-analytische Betrachtung" zu negieren und optimistisch die Zukunft zu planen. Im worst case ist es Eskapismus, im best case bleiben wirklich gute Ideen und Resolutionen hängen, die sonst überrational herausgefiltert worden wären.