Verratene Revolution: Was ist die Sowjetunion und wohin treibt sie? (Trotzki-Bibliothek) (German Edition)
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Kindle Notes & Highlights
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Russland betrat die Bahn der proletarischen Revolution, nicht weil seine Wirtschaft zuerst für die sozialistische Umwälzung reif gewesen wäre, sondern weil sich diese auf kapitalistischer Grundlage überhaupt nicht weiterentwickeln konnte. Die Vergesellschaftung des Eigentums an den Produktionsmitteln war eine notwendige Voraussetzung, um das Land aus der Barbarei herauszuführen: Das ist das Gesetz der kombinierten Entwicklung der zurückgebliebenen Länder.
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Hätte 1918 die Sozialdemokratie in Deutschland die ihr von den Arbeitern aufgedrängte Macht zur sozialistischen Umwälzung benutzt, statt zur Rettung des Kapitalismus,[44] so ist aufgrund der russischen Erfahrung unschwer zu begreifen, welch unüberwindliche Wirtschaftsmacht heute das sozialistische mittel- und osteuropäische Massiv und ein erheblicher Teil Asiens darstellen würde. Die historischen Verbrechen des Reformismus werden die Völker der Erde mit neuen Kriegen und Revolutionen zu bezahlen haben.
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Die Bruttofortschritte der Schwerindustrie stellen eine gewaltige Errungenschaft dar: Nur auf diesem Fundament kann man bauen; doch der Prüfstein modernen Wirtschaftens ist die Herstellung der feinsten Details, die sowohl technische wie allgemeine Kultur erfordert. Auf diesem Gebiet ist die Rückständigkeit der Sowjetunion noch sehr groß.
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Aber Roggenbrot und Kartoffeln als vorherrschende Nahrung der Bevölkerung, das sind eben klassische Zeichen der Not!
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Sinowjew und Kamenew schlossen sich mit ihren Anhängern 1926 der Opposition von 1923 (den »Trotzkisten«) an.
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Es ist vielleicht nicht überflüssig hinzuzufügen, dass die Ingenieure und Ökonomen, die diesen Plan aufstellten, einige Jahre später als bewusste, auf Anweisung einer ausländischen Macht handelnde Schädlinge gerichtlich schwer bestraft wurden. Die Angeklagten hätten, wenn sie es gewagt hätten, erwidern können, dass ihr Planwerk ganz der damaligen »Generallinie« des Politbüros entsprach und nach dessen Vorschrift ausgeführt worden war.
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Der Marxismus ist zutiefst vom Optimismus des Fortschritts durchdrungen und – beiläufig gesagt – schon allein dadurch ein unversöhnlicher Gegner der Religion.
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Die Tendenzen zur Bürokratisierung, welche die Arbeiterbewegung der kapitalistischen Länder ersticken, werden sich auch nach der proletarischen Umwälzung bemerkbar machen. Doch es ist ganz klar, dass dieses »Gesetz« umso ausgeprägter und direkter in Erscheinung treten muss, je ärmer die aus der Revolution geborene Gesellschaft ist. Entsprechend gröbere Formen wird der Bürokratismus dann annehmen, und umso mehr kann er die sozialistische Entwicklung gefährden.
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Unter den allergünstigsten Bedingungen, d. h. bei Ausbleiben innerer Erschütterungen und äußerer Katastrophen, bedürfte es noch mehrerer Fünfjahrespläne, bis die UdSSR so weit wäre, sich vollständig die Wirtschafts- und Erziehungsleistungen anzueignen, auf die die Erstlinge der kapitalistischen Zivilisation ein ganzes Zeitalter verwandten. Die Anwendung sozialistischer Methoden zur Lösung vorsozialistischer Aufgaben, das ist das eigentliche Wesen der heutigen Wirtschaft und Kultur in der UdSSR.
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Die Sowjetwirtschaft steht dem Kapitalismus von Hitler, Baldwin und Roosevelt gegenüber, nicht dem von Bismarck, Palmerston oder Abraham Lincoln; zweitens wachsen mit der Weiterentwicklung der internationalen Technik auch die menschlichen Bedürfnisse: Die Zeitgenossen von Marx kannten weder Automobil, noch Kino oder Flugzeug. Heute jedoch wäre die sozialistische Gesellschaft undenkbar ohne den freien Genuss all dieser Dinge.
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Aber der politische Kampf ist seinem Wesen nach ein Kampf von Interessen und Kräften, nicht von Argumenten.
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Aber die Klassen selbst hatten sich unter den barbarischen Bedingungen des Zarismus und eines zurückgebliebenen Kapitalismus geformt und entsprachen durchaus nicht wie auf Kommando den Anforderungen einer sozialistischen Revolution.
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Über die Hintergründe der Stachanowbewegung erklärte Stalin: »Es lebt sich besser, es ist eine Freude geworden zu leben. Und wenn das Leben froh ist, geht die Arbeit von der Hand.«
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Außerdem haben es die Frauen aus der herrschenden Schicht viel leichter, ihre Familie klein zu halten, als die Arbeiterinnen und insbesondere die Bäuerinnen. Die augenblickliche Kampagne gegen die Abtreibungen geht von der Bürokratie aus, berührt sie selbst aber nicht.
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Jedoch selbst die kühnste Revolution wäre genauso wenig wie das »allmächtige« britische Parlament dazu in der Lage, die Frau in einen Mann zu verwandeln, oder besser gesagt, die Last der Schwangerschaft, des Gebärens, des Stillens und der Kindererziehung zu gleichen Teilen auf beide zu verteilen. Die Revolution machte einen heroischen Versuch, den sogenannten Familienherd zu zerstören, d. h. jene archaische, muffige und starre Einrichtung, in der die Frau der werktätigen Klassen von der Kindheit bis zum Tode wahre Zwangsarbeit leisten muss. An die Stelle der Familie als geschlossenem ...more
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Aus denselben zufälligen Pressenotizen, aus den Episoden der Kriminalchronik kann der Leser von der Existenz der Prostitution in der UdSSR erfahren, d. h. der tiefsten Degradierung der Frau im Interesse des zahlungsfähigen Mannes.
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»Die Geburt eines Kindes ist für viele Frauen eine ernste Bedrohung ihrer Lage …« Genau aus diesem Grund hatte die Revolutionsmacht der Frau das Recht auf Abtreibung gebracht, das, wo Not und Familienjoch weiterhin bestehen, eines der bedeutendsten politischen und kulturellen Bürgerrechte ist – was die Eunuchen und alten Jungfern beiderlei Geschlechts darüber auch sagen mögen. Allein, auch dies an sich traurige Recht der Frau verwandelt sich bei faktischer sozialer Ungleichheit in ein Vorrecht.
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Nein, die Sowjetfrau ist noch nicht frei. Die völlige Gleichberechtigung brachte bisher unvergleichlich größere Vorteile für die Frauen der obersten Schichten, die Vertreterinnen der bürokratischen, technischen, pädagogischen, überhaupt geistigen Arbeit, als für die Arbeiterinnen und besonders die Bäuerinnen. Solange die Gesellschaft nicht in der Lage ist, die materiellen Familiensorgen zu übernehmen, kann eine Mutter nur dann mit Erfolg eine gesellschaftliche Funktion ausüben, wenn ihr eine weiße Sklavin zu Diensten steht: Kindermädchen, Dienstmädchen, Köchin usw.
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Die Menschewiki stützten sich auf die biederen Facharbeiter, die Oberschicht des Proletariats, prahlten sehr damit und sahen die Bolschewiki von oben herab an. Die späteren Ereignisse zeigten ihnen unbarmherzig ihren Fehler auf: Im entscheidenden Augenblick riss die Jugend die reiferen Schichten und sogar die Alten mit sich.
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Die Sowjetunion stellt einen grandiosen Tiegel dar, in dem der Charakter dutzender Völkerschaften umgeschmolzen wird. Die Mystik der »slawischen Seele« wird wie Schlacke ausgeschieden.
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Die Politik als höchste Kommandoform bleibt gänzlich in den Händen der sogenannten alten Garde. Und bei allen glühenden, oft schmeichelnden Ansprachen an die Jugend wachen die Alten scharf über ihr Monopol.
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Da nun aber die Residenz der Macht der Kreml ist und die Peripherie sich nach dem Zentrum richten muss, erhält die Bürokratie unvermeidlich einen großmachtähnlichen, russifizierenden Anstrich; den anderen Nationalitäten lässt sie nur ein unbestrittenes Recht: Das Loblied auf den Schiedsrichter in ihrer Sprache zu singen.
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Geistiges Schaffen verlangt nach Freiheit. Das eigentliche Bestreben des Kommunismus, die Natur der Technik und die Technik dem Plan zu unterwerfen, damit die Materie ohne Sträuben alles hergebe, was der Mensch braucht, und noch weit mehr, hat zum höchsten Ziel, die schöpferischen Kräfte des Menschen endgültig und ein für allemal aus allen Umklammerungen, Beschränkungen und erniedrigenden Abhängigkeiten zu befreien. Die persönlichen Beziehungen, die Wissenschaft und die Kunst werden keinem von außen aufgezwungenen »Plan« oder auch nur dem Schatten eines Zwangs unterliegen. In welchem Maße das ...more
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Die marxistische Produktion geht über scholastisches Flickwerk nicht hinaus, das darin besteht, dass in einem fort ein und dieselben vorher gebilligten Gedanken wiedergekäut und alte Zitate aufgewärmt werden, je nach den konjunkturellen Bedürfnissen des Apparats. Durch die Staatskanäle werden Millionen Exemplare von Büchern und Broschüren vertrieben, die niemand braucht und die mit Hilfe von Kleister, Schmeichelei und anderen Klebstoffen hergestellt werden. Die Marxisten, die etwas Wertvolles und Selbstständiges zu sagen hätten, sitzen hinter Schloss und Riegel oder sind gezwungen zu ...more
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Unter diesen Umständen sind die Losungen des Pazifismus, der internationalen Abrüstung unter dem Kapitalismus, der Schiedsgerichte usw. nicht nur eine reaktionäre Utopie, sondern auch ein direkter Betrug an den Werktätigen, der darauf abzielt, das Proletariat zu entwaffnen und es von der Aufgabe, die Ausbeuter zu entwaffnen, abzulenken.«