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Und mich ergreift ein längst entwöhntes Sehnen Nach jenem stillen, ernsten Geisterreich, Es schwebet nun in unbestimmten Tönen Mein lispelnd Lied, der Äolsharfe gleich, Ein Schauer faßt mich, Träne folgt den Tränen, Das strenge Herz, es fühlt sich mild und weich; Was ich besitze, seh ich wie im Weiten, Und was verschwand, wird mir zu Wirklichkeiten.
Ich weiß, wie man den Geist des Volks versöhnt; Doch so verlegen bin ich nie gewesen: Zwar sind sie an das Beste nicht gewöhnt, Allein sie haben schrecklich viel gelesen. Wie machen wir's, daß alles frisch und neu Und mit Bedeutung auch gefällig sei?
DICHTER: O sprich mir nicht von jener bunten Menge, Bei deren Anblick uns der Geist entflieht. Verhülle mir das wogende Gedränge, Das wider Willen uns zum Strudel zieht. Nein, führe mich zur stillen Himmelsenge, Wo nur dem Dichter reine Freude blüht; Wo Lieb und Freundschaft unsres Herzens Segen Mit Götterhand erschaffen und erpflegen.
Drum seid nur brav und zeigt euch musterhaft, Laßt Phantasie, mit allen ihren Chören, Vernunft, Verstand, Empfindung, Leidenschaft, Doch, merkt euch wohl! nicht ohne Narrheit hören. DIREKTOR: Besonders aber laßt genug geschehn! Man kommt zu schaun, man will am liebsten sehn.
Welch Schauspiel! Aber ach! ein Schauspiel nur! Wo fass ich dich, unendliche Natur?
WAGNER: Ach! wenn man so in sein Museum gebannt ist, Und sieht die Welt kaum einen Feiertag, Kaum durch ein Fernglas, nur von weitem, Wie soll man sie durch Überredung leiten? FAUST: Wenn ihr's nicht fühlt, ihr werdet's nicht erjagen, Wenn es nicht aus der Seele dringt Und mit urkräftigem Behagen Die Herzen aller Hörer zwingt.
MEPHISTOPHELES: Ich salutiere den gelehrten Herrn! Ihr habt mich weidlich schwitzen machen. FAUST: Wie nennst du dich? MEPHISTOPHELES: Die Frage scheint mir klein Für einen, der das Wort so sehr verachtet, Der, weit entfernt von allem Schein, Nur in der Wesen Tiefe trachtet.
Nun gut, wer bist du denn? MEPHISTOPHELES: Ein Teil von jener Kraft, Die stets das Böse will und stets das Gute schafft. FAUST: Was ist mit diesem Rätselwort gemeint? MEPHISTOPHELES: Ich bin der Geist, der stets verneint! Und das mit Recht; denn alles, was entsteht, Ist wert, daß es zugrunde geht; Drum besser wär's, daß nichts entstünde. So ist denn alles, was ihr Sünde, Zerstörung, kurz, das Böse nennt, Mein eigentliches Element. FAUST: Du nennst dich einen Teil, und stehst doch ganz vor mir?
FAUST: Nun kenn ich deine würd'gen Pflichten! Du kannst im Großen nichts vernichten Und fängst es nun im Kleinen an. MEPHISTOPHELES: Und freilich ist nicht viel damit getan. Was sich dem Nichts entgegenstellt, Das Etwas, diese plumpe Welt So viel als ich schon unternommen Ich wußte nicht ihr beizukommen Mit Wellen, Stürmen, Schütteln, Brand- Geruhig bleibt am Ende Meer und Land!
FAUST: In jedem Kleide werd ich wohl die Pein Des engen Erdelebens fühlen. Ich bin zu alt, um nur zu spielen, Zu jung, um ohne Wunsch zu sein.
Die schlechteste Gesellschaft läßt dich fühlen, Daß du ein Mensch mit Menschen bist. Doch so ist's nicht gemeint Dich unter das Pack zu stoßen. Ich bin keiner von den Großen; Doch willst du, mit mir vereint, Deine Schritte durchs Leben nehmen, So will ich mich gern bequemen, Dein zu sein, auf der Stelle. Ich bin dein Geselle, Und mach ich dir's recht, Bin ich dein Diener, bin dein Knecht! FAUST: Und was soll ich dagegen dir erfüllen? MEPHISTOPHELES: Dazu hast du noch eine lange Frist. FAUST: Nein, nein! der Teufel ist ein Egoist Und tut nicht leicht um
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Der große Geist hat mich verschmäht, Vor mir verschließt sich die Natur Des Denkens Faden ist zerrissen Mir ekelt lange vor allem Wissen. Laß in den Tiefen der Sinnlichkeit Uns glühende Leidenschaften stillen! In undurchdrungnen Zauberhüllen Sei jedes Wunder gleich bereit! Stürzen wir uns in das Rauschen der Zeit, Ins Rollen der Begebenheit! Da mag denn Schmerz und Genuß, Gelingen und Verdruß Miteinander wechseln, wie es kann; Nur rastlos betätigt sich der Mann.
MEPHISTOPHELES (in Fausts langem Kleide): Verachte nur Vernunft und Wissenschaft, Des Menschen allerhöchste Kraft, Laß nur in Blend- und Zauberwerken Dich von dem Lügengeist bestärken, So hab ich dich schon unbedingt- Ihm hat das Schicksal einen Geist gegeben, Der ungebändigt immer vorwärts dringt, Und dessen übereiltes Streben Der Erde Freuden überspringt. Den schlepp ich durch das wilde Leben, Durch flache Unbedeutenheit, Er soll mir zappeln, starren, kleben, Und seiner Unersättlichkeit Soll Speis und Trank vor gier'gen Lippen schweben; Er wird Erquickung sich
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FAUST: Beim Himmel, dieses Kind ist schön! So etwas hab ich nie gesehn. Sie ist so sitt- und tugendreich, Und etwas schnippisch doch zugleich.
MEPHISTOPHELES: Ist's nicht ein Mann, sei's derweil ein Galan. 's ist eine der größten Himmelsgaben, So ein lieb Ding im Arm zu haben. MARGARETE: Das ist des Landes nicht der Brauch. MEPHISTOPHELES: Brauch oder nicht! Es gibt sich auch.
Bin ich der Flüchtling nicht? der Unbehauste? Der Unmensch ohne Zweck und Ruh, Der wie ein Wassersturz von Fels zu Felsen brauste, Begierig wütend nach dem Abgrund zu? Und seitwärts sie, mit kindlich dumpfen Sinnen, Im Hüttchen auf dem kleinen Alpenfeld, Und all ihr häusliches Beginnen Umfangen in der kleinen Welt.
MEPHISTOPHELES: Wie's wieder siedet, wieder glüht! Geh ein und tröste sie, du Tor! Wo so ein Köpfchen keinen Ausgang sieht, Stellt er sich gleich das Ende vor. Es lebe, wer sich tapfer hält! Du bist doch sonst so ziemlich eingeteufelt. Nichts Abgeschmackters find ich auf der Welt Als einen Teufel, der verzweifelt.
MEPHISTOPHELES: Ich hab's ausführlich wohl vernommen, Herr Doktor wurden da katechisiert; Hoff, es soll Ihnen wohl bekommen. Die Mädels sind doch sehr interessiert, Ob einer fromm und schlicht nach altem Brauch. Sie denken: duckt er da, folgt er uns eben auch. FAUST: Du Ungeheuer siehst nicht ein, Wie diese treue liebe Seele Von ihrem Glauben voll, Der ganz allein Ihr seligmachend ist, sich heilig quäle, Daß sie den liebsten Mann verloren halten soll. MEPHISTOPHELES: Du übersinnlicher sinnlicher Freier, Ein Mägdelein nasführet dich.
GRETCHEN: (nach Hause gehend): Wie konnt ich sonst so tapfer schmälen, Wenn tät ein armes Mägdlein fehlen! Wie konnt ich über andrer Sünden Nicht Worte gnug der Zunge finden! Wie schien mir's schwarz, und schwärzt's noch gar, Mir's immer doch nicht schwarz gnug war, Und segnet mich und tat so groß, Und bin nun selbst der Sünde bloß! Doch- alles, was dazu mich trieb, Gott! war so gut! ach, war so lieb!
Hörst du Stimmen in der Höhe? In der Ferne, in der Nähe? Ja, den ganzen Berg entlang Strömt ein wütender Zaubergesang! HEXEN (im Chor): Die Hexen zu dem Brocken ziehn, Die Stoppel ist gelb, die Saat ist grün. Dort sammelt sich der große Hauf, Herr Urian sitzt oben auf. So geht es über Stein und Stock, Es farzt die Hexe, es stinkt der Bock.
Das leuchtet, sprüht und stinkt und brennt! Ein wahres Hexenelement! Nur fest an mir! sonst sind wir gleich getrennt. Wo bist du? FAUST (in der Ferne): Hier! MEPHISTOPHELES: Was! dort schon hingerissen? Da werd ich Hausrecht brauchen müssen. Platz! Junker Voland kommt. Platz! süßer Pöbel, Platz! Hier, Doktor, fasse mich! und nun in einem Satz Laß uns aus dem Gedräng entweichen; Es ist zu toll, sogar für meinesgleichen.
MEPHISTOPHELES: Da sieh nur, welche bunten Flammen! Es ist ein muntrer Klub beisammen. Im Kleinen ist man nicht allein. FAUST: Doch droben möcht ich lieber sein! Schon seh ich Glut und Wirbelrauch. Dort strömt die Menge zu dem Bösen; Da muß sich manches Rätsel lösen. MEPHISTOPHELES: Doch manches Rätsel knüpft sich auch. Laß du die große Welt nur sausen, Wir wollen hier im stillen hausen. Es ist doch lange hergebracht, Daß in der großen Welt man kleine Welten macht.
Wie lange hab ich nicht am Wahn hinausgekehrt, Und nie wird's rein; das ist doch unerhört! DIE SCHÖNE: So hört doch auf, uns hier zu ennuyieren! PROKTOPHANTASMIST: Ich sag's euch Geistern ins Gesicht: Den Geistesdespotismus leid ich nicht; Mein Geist kann ihn nicht exerzieren. (Es wird fortgetanzt.) Heut, seh ich, will mir nichts gelingen; Doch eine Reise nehm ich immer mit Und hoffe noch vor meinem letzten Schritt Die Teufel und die Dichter zu bezwingen.
OBERON: Gatten, die sich vertragen wollen, Lernen's von uns beiden! Wenn sich zweie lieben sollen, Braucht man sie nur zu scheiden. TITANIA: Schmollt der Mann und grillt die Frau, So faßt sie nur behende, Führt mir nach dem Mittag sie, Und ihn an Nordens Ende.
Großer, herrlicher Geist, der du mir zu erscheinen würdigtest, der du mein Herz kennest und meine Seele, warum an den Schandgesellen mich schmieden, der sich am Schaden weidet und am Verderben sich letzt? MEPHISTOPHELES: Endigst du?
MEPHISTOPHELES: Ich kann die Bande des Rächers nicht lösen, seine Riegel nicht öffnen.- "Rette sie!"- Wer war's, der sie ins Verderben stürzte? Ich oder du? (Faust blickt wild umher.) Greifst du nach dem Donner? Wohl, daß er euch elenden Sterblichen nicht gegeben ward!

