Maja Ilisch's Blog, page 2
May 2, 2024
Mitleidscrisis
Ich habe kürzlich meinen Geburtstag gefeiert, und es war mein neunundvierzigster. Da ich das Glück habe, ausgerechnet am Welttag des Buches meinen Geburtstag feiern zu dürfen, erinnern sich auch viele alte Bekannte an meinen Geburtstag, und ich konnte mich über zahlreiche liebe Glückwünsche freuen, die nicht nur auf der Facebook-Erinnerungsfunktion beruhten. Aber so sehr ich mich darauf gefreut habe, in ein neues Lebensjahr einzutreten, neue Chancen ergreifen zu könenn und leckeren Kuchen zu ess...
April 18, 2024
Stubenhocker
Es ist lange her, dass ich ein Waldkind war. Damals, als ich im Ruhrgebiet gelebt habe, war ich wirklich viel draußen. Wir hatten über eine längere Zeit keinen Garten – unser Vermieter hatte das Grundstück, wo unser erster Garten war, als Bauland verkauft – aber das hat mir nicht so viel ausgemacht: Auf unserer Straße gab es etwas viel besseres. Sie endete in einer Sackgasse, danach kam ein Brennesseldickicht, dann ein Stück Brachland, wo ein alter Tiefbunker war, in dem wir Mutproben abhielten,...
April 5, 2024
Wolken Schatten Spiegel Zeit II
Normalerweise, wenn ich ein Buch auf meinem Romanfriedhof zu Grabe trage, bedeutet das, dass dieses Buch tot ist, mausetot, und ich nie wieder daran arbeiten werde. Es gibt Ausnahmen – so habe ich »Die Welt in der Wühlkiste« ausgeschlachtet und daraus meine »Neraval-Sage« gemacht, und ich plane schon ganz lange, »Klagende Flamme« komplett neu aufzuziehen, abzüglich der zu spät erkannten rassistischen Tendenzen der ersten Fassung, aber noch habe ich mich da nicht drangetraut, da ich mir nicht sic...
March 24, 2024
Die Spur des Noir
Im Rahmen von »wieder mehr lesen« bin ich bei einem langjährigen Lieblingsbuch von mir angekommen, das – zusammen mit seiner Verfilmung – meinen schriftstellerischen und persönlichen Werdegang mehr geprägt hat als kaum ein anderes. Ich werde es rezensieren, so wie ich alles, was ich zur Zeit lese, rezensiere – aber es würde den Rahmen einer Rezi sprengen, da auch noch auf alles, was dieses Buch Ende der Achtziger mit mir gemacht hat, einzugehen, insbesondere, weil ich meine eigenen Werke übliche...
March 21, 2024
Der Romanfriedhof: »Die Kinder des Hauses Otrempa«
Nicht alles, was ich auf meinen Romanfriedhof hinaustrage, ist auch wirklich schon mausetot, mumifiziert, kaputt. Manches ist dabei, da denke ich, eigentlich zuckt das ja noch – und dann geht mir auf, dass ich seit zehn Jahren nicht mehr daran geschrieben habe und auch schon genauso lange keinen Plan mehr, wie es weitergehen sollte, und dann ist es doch an der Zeit, mich in Trauerkleidung zu werfen und das Projekt zu Grabe zu tragen. Es muss ja nicht für immer sein. Das Schöne an einem Romanfrie...
February 20, 2024
Mein Lieblingsbuch
Die wahrscheinlich früheste erhaltene Tonaufnahme von mir befindet sich am Ende eines Mixtapes, das mein Vater für mich aufgenommen hat, als ich drei oder vier Jahre alt war. Nach der Mischung aus Kinderliedern, Folk- und Protestsongs war ein noch ein bisschen Platz auf der Kassette, und mein Vater hat einen kleinen Dialog zwischen uns mit dem Mikrophon des Kassettenrekorders aufgenommen. Welches Lied auf der Kassette mein Lieblingslied ist, fragt er mich, und ich antworte mit beinahe entrüstete...
January 1, 2024
Wat kütt? Dat kütt! IX
Eben noch habe ich meinen Rückblick auf das vergangene Jahr 2023 veröffentlicht, da ist auch schon die Fortsetzung da: Der Ausblick auf das neue Jahr. Traditionell ist dies der erste Beitrag, den ich jedes Jahr veröffentliche, und manchmal ist danach auch nicht mehr viel gekommen, aber jetzt bin ich gut dabei, im Fluss, und will einfach nur da weitermachen, wo ich aufgehört habe. 2023 war ein Schreibjahr, in dem ich mehr geschrieben habe als in jedem anderen Jahr meines Lebens, in dem ich an jed...
December 31, 2023
Ein Jahr der Superlative
Normalerweise habe ich in diesem Blog Jahresrückblicke aus einem einfachen Grund gepostet: Weil ich entgegen vollmundiger Versprechen aus dem Januar, dieses Jahr endlich wieder mehr zu bloggen, spätestens ab März keine Beiträge mehr verfasst habe und Nachholbedarf hatte. Aber der Rückblick für 2023 ist anders. Er ist für die Leute, die nicht das ganze Jahr über diesem Blog gefolgt sind, damit die sich nicht durch die rund fünfzig Beiträge, die ich dieses Jahr geschrieben habe, arbeiten müssen, u...
December 28, 2023
Perspektivisch herausgefordert
Alles, aber auch wirklich alles, ist aus dem Ruder gelaufen, seit ich vor bald vierundzwanzig Jahren mit der Arbeit an den »Chroniken der Elomaran« angefangen habe – auch die Perspektivträger. Und jetzt, wo die beiden ehemals getrennten Handlungsstränge zusammengelaufen sind, muss ich das irgendwie ausbaden. Ich habe schlichtweg zu viele Perspektiven.
Ich mag Bücher, die stringent vom Anfang bis zum Ende aus einer einzigen Perspektive erzählt werden. Da wissen die Leser:innen niemals mehr als de...
December 27, 2023
»Ich hasse Bücher!« III
Als wir vor nunmehr acht Jahren in unser Haus gezogen sind, haben uns unsere Möbelpacker verflucht. Hochgerechnet zehntausend Bücher mussten mit, eingepackt in Bücherwannen und stabilen Pappkartons, und auch wenn wir dem Umzugsunternehmen gesagt hatten, dass wir viele Bücher besitzten, ja, wirklich viele, hatten die sich darunter eher etwas um die fünfhundert Bücher vorgstellt als das Zwanzigfache davon. Ich liebe meine Bücher. Ich kann mich nicht von ihnen trennen, ich mag nicht aussortieren, i...


