Award-winning author Shawn Stewart Ruff is author of the novels Days Running (2025), GJS II (2016), Toss and Whirl and Pass (2010), Finlater (2008), and the novella One/10th (2013). He is also editor of the landmark anthology Go the Way Your Blood Beats (1996).
Skipped a few stories because an anthology will always be a mixed bag as far as personal taste, but there are definitely some treasures in here! Favorite old friend, James Baldwin; Favorite new friend, Becky Birtha.
Herrliche Zusammenstellung schwarzer lesbischer und schwuler Autoren aus mehreren Jahrzehnten amerikanischer Literatur, die irgendwie untergegangen sein muss. Die Zahl der Leserwertungen in Goodreads hält sich in Grenzen, besprochen hat es vor mir nur einer, niemand von den mit mir befreundeten Goodreads-Usern hatte es bisher als „to-read“ gekennzeichnet. Im internationalen Second-Hand-Handel kostet es (kartonierte Ausgabe) immer noch deutlich weniger als ein neues Exemplar 1996 kostete, was, angesichts des Gebotenen, mit knapp 17 Dollar auch nicht wirklich zu teuer war. Ich kann mich glücklich schätzen, dass mich dieses Buch, als ich noch gar nichts von ihm wusste, erreicht hat: Die Algrorithmen des Internetbuchhändler meines Vertrauens hatten wohl gerade einen kleinen Dachschaden, fanden gar keinen Konkurrenten im Netz für den Preisvergleich und verlangten für das einzige vorrätige Exemplar einen lächerlich kleinen Preis – und eben in diesem Moment war mir, wegen seinem schönen Roman „Finlater“, S.S. Ruff eben zum ersten Mal aufgefallen. Diesen New Yorker Herausgeber, der der Mode- und Zeitgeistpresse zugerechnet wurde, mit eigenen Romanen erst zehn Jahre nach der Anthologie in Erscheinung trat, hat man im Jahr 1996 wohl nicht ganz ernst genommen.
Und dann bekam ich ein offensichtlich niemals wirklich gelesenes Exemplar! An der Stelle muss ich ein wenig Wasser in den Wein gießen. Für ein Taschenbuch haben diese fast 550 Seiten übergroßes Format; das Papier ist stabil und absolut alterungsbeständig, die gewählte Schrifttype großzügig und schön lesbar. Es entsteht ein überraschend mächtiger und schwerer Buchblock, in irgendeine „Tasche“ an der Kleidung kann man den gewiss nicht stecken. Allerdings hat man das sehr schwarz erscheinende Buch außen mit einer unsichtbaren Plastik- oder Lackschicht überzogen, die sich, wenn man, wie ich, es in mehreren Monaten immer wieder weglegt und immer nur eine einzelne Geschichte liest, irgendwann von den Rändern her abzulösen und aufzurollen anfängt. Was weiß aussieht und auf dem schwarzen Hintergrund störend erscheint.
Ruff legt Wert auf Gleichberechtigung, hat daher etwa so viele lesbische wie schwule Seiten; ein schwules Buch ist es also nicht; aber die lesbischen Texte sind nicht von schlechten Eltern, spiegeln, naturgemäß, öfters dieselben Problemlagen und Zwickmühlen. Stichwort: Eltern und Kinder. Jeder bekannte Klassiker des 20. Jahrhunderts sollte drin sein und somit bekommen wir: James Baldwin, Toni Morrison, Richard Wright, Amiri Baraka, Audre Lord, Alice Walker, Samuel R. Delaney, E. Lynn Harris, Gloria Naylor, Jacqueline Woodson, Randall Kenan.
Insgesamt könnten wir, aber das dürfte für groß angelegte Anthologien über Literatur schwarzer Autoren in den USA seit dem Ersten Weltkrieg nahezu immer so sein, ein bisschen Missbehagen entwickeln wegen der oft feststellbaren Tendenz, so zu schreiben, als müsse man vorzeigen, dass man die Stimme einer größeren Gruppe, einer unterdrückten Minderheit ist. Das hat dann aber gern etwas Bemühtes und Betuliches. Gerade von Homosexuellen erwarte ich, dass sie so irre, durchgeknallt, verschüchtert oder egoistisch pervers schreiben, wie man sie im Leben nun mal immer wieder erlebt. Also ohne Frage im Hinterkopf: Darf ich das schreiben oder fällt das auf „mein Volk“ zurück? Obwohl, wie die Namen Delaney oder der des seither ziemlich vergessenen Fellow Travellers der Harlem Renaissance Richard Bruce Nugent (1906-1987), auf dessen Ausgrabung der Herausgeber stolz ist, vielleicht andeuten: Auch die Freaks kommen zum Zug. Unter Aufbietung einer Million „drei Punkte“ und sehr vieler Halbsätze bewegt sich Nugent durch seinen privaten Erinnerungskosmos um Langston Hughes und Zora Neale Hurston, hemmungslos avantgarde-elitär, kokettierend mit seiner Vertrautheit mit H.L. Mencken, George Gurdjieff, Arthur Schnitzler, Countee Cullen, Thomas Mann usw.
Wie schon der Kollege sagte: Man bekommt ziemlich unterschiedliche Sachen und alles davon kann einem gar nicht gefallen. Ich tat mich erneut schwer mit jenen Autoren, die fast nichts erzählen, sondern mit weihevoll aufgeladenen Wörtern jonglieren, atemberaubende Collagen türmen, so etwas wie schwarze Messen des Nonkonformismus veranstalten. So Carolivia Herron (geb. 1947) mit „Epithalamion“ oder der seit 1989 aktive Songwriter Carl Hancock Rux in „Asphalt“. Andere Geschichten kamen mir zu durchsichtig und auf Message hin gearbeitet vor. So „Babylon“ von Max Gordon, in dem ein Grundschüler aus einem reichen Haus mit dysfunktionalem Elternpaar im Dauer-Gamen so „entmenscht“ wird, dass er die Ermordung eines Schwulen, deren Zeuge er zufällig wird, nur als Game aufnehmen kann und vollkommen ungerührt bleibt. Oder „The Two“ von Gloria Naylor (geb. 1950), wo ein altes schwarzes Lesbenpaar in ein Viertel von lauter, netten, alten weißen Damen zieht, anfangs hofiert, dann, als ihre Homosexualität sich herumspricht, zu unerwünschten Personen erklärt wird.