Unsere Gesellschaft befindet sich in einer Identitätskrise. Alle Systeme, die Sicherheit, Zukunft und Gerechtigkeit versprachen, scheinen versagt zu haben, und nun herrschen Zweifel und Verunsicherung. Identitätskrisen haben einen schrecklichen Ruf. Sie sind anstrengend für alle Beteiligten. Doch sie sind unbedingt notwendig – denn nur so können sich Menschen und Gesellschaften weiterentwickeln.
Alice Hasters stellt sich den größten Ängsten der Jetztzeit und bietet einen Ausblick – erhellend, persönlich und vor allem tröstlich.
Alice Hasters was born in Cologne in 1989. She studied journalism in Munich and works for broadcasters such as Tagesschau and RBB. She discusses feminism and pop culture with Maxi Häcke in the monthly podcast Feuer&Brot. Alice Hasters lives in Berlin.
So klug und gut, habe ich richtig gerne gelesen und denke immernoch darüber nach! Ich kann vor allem das Hörbuch, gelesen von Alice Hasters selbst, sehr empfehlen 😊
Auf knapp 200 Seiten geht die Journalistin und Autorin Alice Hasters den Fragen nach, was "der Westen" ist, wie dessen Identität uns alle und die ganze Welt prägt(e) und was es bedeutet, dass diese Identität in einer tiefen Krise steckt.
"Der Westen" ist hier nicht als (allein) geografische Bezeichnung zu verstehen. Historisch gesehen ist "der Westen" Westeuropa, von wo aus sich der Kolonialismus maßgeblich verbreitete. Heute zählen auch Länder dazu, die geografisch nicht "im Westen" liegen. Aber was ist die Identität des Westens und warum ist sie in der Krise? Das veranschaulicht Hasters an verschiedenen Beispielen: Es geht z.B. um den westlichen Freiheitsbegriff, der sich in erster Linie auf die Freiheit des Individuums (gegenüber dem Kollektiv) bezieht und dessen Freiheit zu konsumieren. Die individuelle Kaufentscheidung prägt die Identität, Konsum selbst wird Identität. Und hier beginnt die Krise: Die Grenzen des Wachstums sind spätestens seit den 1970er Jahren bekannt, heute können wir die Folgen des vermeintlich grenzenlosen Konsums sehen und fühlen - die Ausbeutung der globalen Ressourcen, der Müll(!!!!!!!!), die damit verbundene Klimakatastrophe und Migrationsbewegungen - die Illusion des grenzenlosen Wachstums ist kaum mehr aufrechtzuerhalten.
Die Identitätskrise des Westens zeigt sich aber auch an der zunehmenden Erosion von Geschlechterrollen (und dem erbitterten Kampf derjenigen, die das binäre System mit aller Macht aufrechterhalten wollen) oder an der Krise der Erwerbs- und Care-Arbeit. Alice Hasters zeigt die vielfältigen Krisen so kompakt und nachvollziehbar auf und führt die "Lebenslügen" des Westens gnadenlos vor.
Das ist vor allem für alle interessant, die bislang den gedanklichen Reach noch nicht vollzogen haben, wie Kapitalismus, Patriarchat und Rassismus miteinander verwoben sind, sich gegenseitig bedingen und stützen. Ich bin absolut sicher, dass dieses Buch vielen Menschen neue Perspektiven eröffnen und denen, die zwar verstehen, aber noch nicht so recht beschreiben und benennen können, eine Sprache an die Hand geben kann.
Mir hat auch an Hasters zweitem Buch wieder sehr gut gefallen, wie es ihr gelingt, die Themen verständlich zu machen ohne zu stark zu vereinfachen und das Ganze noch mit persönlichen Anekdoten und Erfahrungen nahbar rüberzubringen. Wer sagt, dass das Lesen kluger Bücher nicht auch Spaß machen darf?
Im zweiten (deutlich kürzeren) Teil des Buchs widmet sich Alice Hasters der emotionalen Auseinandersetzung mit dieser Identitätskrise. Sie orientiert sich dabei am Modell des Trauerprozesses der Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross (5 Phasen: Verleugnung, Wut, Verhandlung, Trauer und Akzeptanz). Die Idee gefällt mir, aber die Umsetzung stellte mich nicht so richtig zufrieden, hier hätten gern noch mehr Zeit(?) und Gedanken einfließen können, aber am Ende ist das auch Jammern vom hohen Ross. Wir können nicht erwarten, dass Alice Hasters mal eben die Lösung der westlichen Identitätskrise, der Klima- und Care-Katastrophe, der Zuspitzung globaler Krisen (basierend auf Rassismus und Ausbeutung) zwischen zwei pinke Buchdeckel packt. Meiner Meinung nach braucht es hier auch gar keine Lösungsorientierung, die angesprochenen Punkte in Teil 1 stehen für sich.
Einfach nur WOW. Ich würde diesem Buch gerne mehr Sterne geben. So 10 von 5.
Alice Hasters hat wirklich ein großes Werk geschaffen - klug, messerscharf, brutal ehrlich, empathisch.
Der erste Teil ist die Genese des Jetzt. Wer unser Hier und Jetzt verstehen möchte, MUSS diesen Teil lesen. Warum sind die Deutschen so und warum ist Deutschland so weit nach rechts gerückt? Hier werden Aspekte der westlichen Identität beleuchtet, wie das Streben nach Fortschritt, die deutsche Erinnerungskultur, der Wunsch nach bzw. das Versprechen auf Freiheit. Und vieles mehr.
Der erste Teil sucht nach einer konsistenten Herleitung unserer Identität, indem die deutsche Geschichte betrachtet und analysiert wird - ganz rational ohne Befindlichkeiten.
Hingegen ist der zweite Teil geprägt von Gleichzeitigkeit und Emotionen. Es sind Aspekte der Bewältigung der Identitätskrise, die nicht zwingend aufeinander aufbauen und nebeneinander existieren können.
„Dieser Trauerprozess ist individuell, denn wir werden nicht alle das Gleiche verlieren, wenn wir uns vom westlichen System verabschieden. Doch emotional wird es für uns alle.“
Dieses Buch ist persönlich und politisch. Es hat mich ganz persönlich in meiner eigenen Identitätskrise berührt, aber mir auch in meiner Ohnmacht der gesellschaftlichen Entwicklung Worte gegeben.
Das Buch hat mich leider etwas enttäuscht. Die grundlegende Idee des Buchs gefällt mir gut, die Diagnose, dass sie unsere Welt in einer Identitätskrise befindet. Danach hat sie die unterschiedlichen Geschichten aufgeführt, die wir uns erzählen. Hier ging es um die Leistungsgesellschaft, Kapitalismus bis hin zur Kolonialisierung. Aber daraus hat sich für mich nicht viel Neues ergeben, es waren keine neue Ideen, sondern nur die Zusammenfassung des bereits Bekannten. Die fiktiven Essays zum Schluss haben mir wieder gut gefallen, aber alles in allem hat mir de rote Faden gefehlt. Es gab keinen wirklichen Mehrwert für mich.
ich hab „identitätskrise“ bei der litpop in köln nach alice hasters‘ wunderbaren lesung gekauft. hasters führt den begriff der identitätskrise als (westliche) selbsterzählung ein, deren narration nicht (mehr) aufgeht. denn: wie frei und demokratisch ist unser kapitalistisches, patriarchales system wirklich? dabei dekonstruiert sie vor allem die letzten zweihundert jahre und zeigt den westlichen bias auf, dem ich hundertprozentig unterlag und durch dieses buch beginne, zu reflektieren. sie führt geopolitische zusammenhänge an und zeigt die performativität deutscher post-kolonialer erinnerungskultur auf. hasters ist dabei so poetisch, stellt fragen und systeme infrage, argumentiert logisch und zeigt all die feuer, die aktuell brennen sowie deren brandstifter:innen auf, ohne dass mensch dabei den mut verliert. eine 10000%ige empfehlung!
Holzschnittartiges, ungebildetes, typisch neulinks-wokes Blablabla einer Autorin ohne erkennbaren explanatorischen oder epistemischen Mehrwert. Anspruch ("Identitätskrise" benennen, definieren, analysieren, erklären und Auswege aus selbiger skizzieren) und Wirklichkeit (der tatsächliche Inhalt des Textes) klaffen auseinander wie das sprichwörtliche Tor zur (peudo-)intellektuellen Hölle. Man kann nicht sagen, dass die Autorin es nicht versucht hätte... Angesichts des allgemein vorfindlichen eklatanten Niveau-Abfalls zeitgenössischer journalistischer Texte bedient Alice Hasters jedoch das durchschnittliche Unterdurchschnittsniveau einer dekadenten Zunft von selbstgerechten Welterklärer_Innen, die mit einem ganzen Buch gerade mal die geistige Höhe eines Aufsatzes der Oberstufe erreichen...
P. S.: "Wenn es darum geht, den Kapitalismus zu retten, wendet der Westen auch mal sozialistische Maßnahmen an." XD XD Immerhin halbwegs lustig, erheiternd kommt bisweilen dieses übersprühende Gedankengulasch daher...
„Identität ist eine Geschichte, die man über sich selbst erzählt. Eine Identitätskrise ist die Erkenntnis, dass diese Geschichte nicht mehr aufgeht.“
In ihrem neuen Buch „Identitätskrise“, wie der Titel bereits vermuten lässt, beschäftigt sich die Autorin Alice Hasters mit der Frage, ob die Welt am Kochen oder am Überkochen ist. Steht die Welt in einer Krise oder sind es nur die Menschen? Werden wir früher sterben, als gedacht? Wann hat die Identitätskrise eigentlich begonnen bzw. ab wann spricht man überhaupt von einer Identitätskrise?
Viele dieser Fragen waren mir irgendwie präsent und doch sehr vernebelt. Ich denke, das liegt daran, dass eine Krise nicht unbedingt die schönsten Antworten liefert. Denn eine Krise bedeutet, sich mit der Tatsache zu beschäftigen, dass wir uns Geschichten erzählen, die nicht ganz der Wahrheit entsprechen.
Alice Hasters wirft nicht nur mit Wörtern um sich, sondern erklärt sie auch, sodass man nicht mit Fragezeichen dasteht. Und das ist das Besondere an Alice: Sie holt (im besten Fall) jede Person ab.
Wie Toni Morrison mal gesagt hat „Wenn es ein Buch gibt, dass du lesen möchtest, das aber noch nicht geschrieben wurde, musst du es schreiben.“ Und ich denke, das hat Alice getan. Eine sehr lehrreiche, intime und teilweise persönliche Lektüre, die ich allen ans Herz lege.
„Außerdem braucht es Bereitschaft, sich umeinander zu kümmern. Ich schließe mich dem Chor an, der für eine so genannte Care-Gesellschaft plädiert. Eine Gesellschaft, die in ihrer Gestaltung die Frage der Fürsorge zentriert. Eine, die Fürsorge nicht zur Dienstleistung reduziert, sondern sie zu einer Kultur erhebt, einer gesamtgesellschaftlichen Fähigkeit ausdehnt. Ich möchte eine Gesellschaft, in der Fürsorge wichtiger ist als Profit.“
2,5/5 Unpopular opinion, aber das war nix für mich. Habe schnell gemerkt, dass hier nix neues für mich dabei ist, habe aber weiter gehört, weil ich die Art, wie Alice Hasters schreibt und liest, sehr mag. Bis hier hin wären es 3-3,5 Sterne gewesen. Dann kam der zweite Teil, dessen Grundidee ich cool fand, der mir aber zu verkürzt und sprunghaft war. Ein ganzes Buch mit dem Aufbau und dann mehr Tiefgang in die Analysen & Überlegungen wäre wohl eher meins gewesen. Ich glaube, das ist eher was für Leute die sonst keine Sachbücher lesen/hören.
Das ist das Buch, das momentan eigentlich alle Menschen brauchen und lesen sollten, um zu verstehen, wie wir uns dahin manövriert haben, wo wir als Dominanzgesellschaft gerade stehen und warum es so nicht weitergehen kann. Es ist gleichzeitig persönlich und super sachlich und auch „einsteigerfreundlich“.
Hatte mal wieder Lust auf non-fiction und Politik und mit „Identitätskrise“ habe ich bekommen, was ich erwartet hatte. Hat mir gut gefallen, aber mich auch nicht vom Hocker gehauen. Die Idee, das Konzept der individuellen Identitätskrise auf westliche Gesellschaften anzuwenden, fand ich spannend. Alice Hasters erzählt im ersten Teil die Geschichte, die der Westen über sich selbst erzählt und warum diese nicht aufgeht und wir als Gesellschaft mittlerweile stehen, wo wir stehen. Den Teil fand ich sehr informativ, meistens auch gut nachvollziehbar und spannend geschrieben, manchmal musste ich mich aber ein paar Seiten lang „durchquälen“. Der zweite Teil war viel lockerer zu lesen, weil Hasters hier die verschiedenen Umgangsweisen, die wir uns so aneignen, um mit der westlichen Identitätskrise im Alltag umzugehen, fiktiv und essayistisch erzählt. Der Teil hat mich überrascht und ich mochte die Idee. Insgesamt mag ich Hasters Schreibstil und wie sie komplexe Zusammenhänge gut verstehbar macht - 3-3,5⭐️
dicke Empfehlung! neben den extrem gut fundierten Themenverknüpfungen, den direkten Fakten und einem extrem logischen Aufbau, der dennoch nichts ungesagt lässt, spricht die Rhetorik Bände! Durch Hervorheben der eigenen Erzählperson wird ein Band geschlagen zwischen dem Individualismus, welcher im Thema Identitätskrise steckt und der gesellschaftlichen Universalgeschichte, in der alles mit allem zusammenhängt und so auch jedes Individuum. Das Werk hat mich inhaltlich sowie literarisch absolut überzeugt, ich würde 10 Sterne geben, wenn das möglich wäre!
Alice Hasters' Identitätskrise ist ein Buch, das mich zwiegespalten zurücklässt. Einerseits finden sich einige spannende Konzepte, wie z.B. „Das Ende der Geschichte“ oder der „Nazihintergrund“ – Aspekte, die die Herausforderungen der deutschen Identität gut einfangen. Doch gleichzeitig löst das Buch bei mir entmutigende Gefühle aus.
Hasters legt den Finger in die Wunde und wirft Provokationen auf, die mir als Leserin teils schwer im Magen liegen. Ihre Thesen über die Erinnerungskultur, die sie als „Vergessenskultur“ bezeichnet, oder die Darstellung des Westens als „Weihnachtsmann“ im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit, die angeblich nur dazu dient um die westliche Dominanz zu wahren, mögen eine harte Wahrheit transportieren, sind aber definitiv auch zugespitzt und einseitig.
Insgesamt fehlt dem Buch für meinen Geschmack die Balance. Es gibt viele zu pauschale Urteile, etwa Aussagen wie „Wohlstand steht immer auf dem Rücken von Ausbeutung“ (S. 32) oder „Politischen Entscheidungsträgerinnen geht es vor allem darum, den Sektor der Sorgearbeit effizienter statt menschlicher zu machen“ (S. 62) oder „Die Deutschen sehnen sich nach einem Deutschland als Land der Dichter und Denker - eine Vergangenheit ohne Nationalsozialismus“ (S. 129). Solche Thesen könnten wertvolle Denkanstöße geben, erscheinen mir aber oft zu generalisierend und populistisch.
Hasters spricht von „der deutschen Selbsterzählung“ – ein Begriff, den ich persönlich herausfordernd finde. Gibt es überhaupt eine einheitliche Geschichte oder Erzählung, die für alle Deutschen zutrifft? Deutschland befindet sich, wie viele (alle) andere Staaten, in einem ständigen Prozess der Umstrukturierung und Neuorientierung. Ihre Auseinandersetzung damit war für mich wenig aufschlussreich.
Dennoch fand ich einige Zitate sehr prägnant, z.B. „Gäbe es keinen Rassismus, hätten schwarze Menschen keinen Grund, sich miteinander zu identifizieren“ (S. 78) oder „Das Einzige, was Bestand hat, ist Wandel“ (S. 202).
Interessant fand ich das Gesamtkonzept des Buches. Die grundlegende Idee, die Identitätskrise des Westens zu diagnostizieren, hat Potenzial. Doch die einzelnen Geschichten und Themen – ob Kapitalismus, Patriarchat oder Rassismus – ergeben für mich nichts wirklich Neues. Vielmehr erscheinen sie wie eine Sammlung von bereits oft diskutierten Gedanken und es fehlte mir ein roter Faden.
Hasters formuliert die Frustration und Ohnmacht, die viele Menschen (auch ich) in einer Welt voller struktureller Probleme empfinden, sehr persönlich und politisch – das ist eine Stärke des Buches. Doch insgesamt fehlt es mir an Tiefgang und innovativem Gedankengut. Die Forderungen, z.B. den Kapitalismus abzuschaffen und eine Care-Gesellschaft zu etablieren, wirken auf mich wie linke Wolkenschlösser ohne echten Lösungsansatz. Identitätskrise hat mich letztlich nicht vom Hocker gehauen.
Voller spannender Gedanken Krisen gibt es aktuell mehr als genug – hohe Inflation, Kriege und Klimakrise, um nur einige zu nennen. Und in Angesicht schwindender Sicher-und Gewissheiten sowie teils kaputten Systemen und Strukturen befindet sich laut Alice Hasters‘ neustem Sachbuch auch unsere Gesellschaft in einer Identitätskrise.
Im ersten Teil des Buchs liefert uns die Autorin eine zwar recht kurz gehaltene und dadurch auch teils vereinfachte, aber dennoch durchaus zutreffende Geschichte des Westens bzw. dessen, was wir unter der sogenannten westlichen Welt und ihren Werten verstehen. Kurzweilig und gut verständlich geschrieben, beleuchtet Hasters‘ die verschiedenen Phasen und Narrative des Westens bzw. des Kapitalismus in seiner aktuellen Form. Im zweiten Teil des Buchs nimmt uns die Autorin mit durch die fünf Phasen der Trauer – Verdrängung, Wut, Verhandeln, Depression und Akzeptanz – und gibt uns so einen Denkanstoß zur Überwindung der aktuellen Identitätskrise.
Alice Hasters‘ Stil ist kurzweilig und leicht verständlich, ihre Argumente und Ideen spannend und wichtig. Alles in allem eine klare Leseempfehlung, vor allem für Menschen die sich bisher noch wenig mit den Themen auseinandergesetzt haben.
"... meine Identität ist als schwarze Deutsche ein Widerspruch in sich, insbesondere in den Geschichten, die ich weitererzählen und in mir vereinen muss. Ich bin Opfer und Täterin in der Vergangenheit, ich bin Besiegte und Siegerin, Versklavte und Unterdrückerin. Der Finger, den ich auf dich richte, zeigt immer auch auf mich selbst." Für mich ist Alice Hasters eine beeindruckende Frau mit sehr klugen Gedanken.
Ein nicht enttäuschendes Buch, das sehr gut und fundiert geschichtliches systematisch herausarbeitet, um den rechten Diskurs über „Identitätspolitik“ und alle damit einhergehenden Miskonzeptionen als auch Überzeugungen zu entkräften. Ich fand es super und kann es allen nur weiterempfehlen. Alice hat mal wieder ein richtig gutes Buch geschrieben um die systematischen Unterdrückungssysteme und deren heutigen Auswirkungen analysierend darzustellen.
Ich tue mich schwer hier eine Review zu schreiben. Einerseits hinterlässt mich das Buch mit vielen neuen Einsichten, Denkanstößen und Lust mich weiter einzulesen. Was mich jedoch nur 3 Sterne abgeben lässt, ist dass mich einige der Säulen des Buchs einfach nicht überzeugt haben.
Es wären an vielen Punkten die Argumente auch tragfähig gewesen, ohne dass eine gesellschaftliche Identitätskrise zwangsläufig die logische Erklärung gewesen wäre. (Und diese zugrundeliegende These schien mir argumentativ etwas wacklig) Wenig überzeugend fand ich auch das Argument, dass die westliche Identitätskrise zu großen Teilen durch ein diskontinuierliches Selbstbild begründet ist, also dem Hang dazu, schlimme Teile der eigenen Vergangenheit einer völlig separaten Welt jenseits der Gegenwart zuzuordnen. (Ich glaube, dass das, wenn es denn stimmt, für jede Gesellschaft gilt) Und die Anwendung der 5 Phasen der Trauer fand ich gegen Ende ebenfalls schwach, da die 5 Phasen der Trauer theoretisch so beliebig formuliert sind, dass sie sowohl theoretisch quasi unwiderlegbar, als auch empirisch meines Wissens nach nicht nachweisbar (und damit auch nicht widerlegbar) sind.
Trotzdem: Ich habe mehr aus dem Buch gelernt, als mich Dinge gestört haben, halte es für ein sinnvolles Buch für Leser:innen die das erste Buch von Hasters noch nicht gelesen haben und werde auch das nächste Buch höchstwahrscheinlich lesen.
sehr schönes buch. der erste teil beschäftigt sich mit den nicht eingehaltenen versprechen des westens. ich mochte ihre teils autobiografische sichtweise auf die ganzen ereignisse der letzten 30 jahre. dadurch bekam diese ganze krise die persönliche note, die es braucht um zu verstehen, wie sehr man als mitteleuropäisch geprägter mensch mit "dem westen" verbunden ist- ob man will oder nicht. ich mag die teils ironische und doch ehrliche absage an alle neoliberalen erzählungen von wohlstand, freiheit und wahrheit (sind eigentlich die 3 apokalyptischen reiter des neoliberalismus find ich) und noch weiteren. jedes kapitel lohnt sich. im zweiten teil gefielen mir die essay-artigen oder auch einfach sehr kurzen texte, die fast romanhaft waren. ich hab das gefühl ich muss es gleich alles nochmal lesen um keinen klugen gedanken wieder zu vergessen. mutig find ich's auch immer, wenn leute actually mal über ihre vorstellungen von gutem leben oder utopien schreiben. anfänglich bin ich immer skeptisch, aber hier gibt es schon gerade am ende einiges worüber es sich nachzudenken lohnt.
Hilft zu verstehen, wie Deutschland und der Westen sich in die momentane Krisenlage manövriert hat und bietet trotzdem ein paar gute Tools, wie wir als Gesellschaft mit den Identitätskrisen unserer Zeit umgehen können
Alice Hasters rechnet mit dem Westen ab und entlarvt kognitive Dissonanzen. Wir sind bereits über den Abgrund gerannt und müssen dies nun schmerzlich anerkennen. Wie können wir auf Besserung hoffen, wenn wir uns nicht selbst für sie einsetzen? Ein großes Buch!
hmmm, ich war bisher so oder so nicht unbedingt der typ für sachbücher, und trotzdem fand ich den ersten teil (auch wenn ziemlich geschichtlich und doch einiges an wiederholung) teilweise echt gut, aber danach hat’s mich irgendwie nicht mehr so abgeholt
Das Buch gibt den Eindruck, dass die Autorin im Verlauf ihres Lebens ihre eigenen idealistischen Ansichten über die Welt in Frage gestellt hat. Ihre Enttäuschung und Desillusionierung drückt sie in diesem Buch aus, wobei sie scheinbar wenig reflektiert davon ausgeht, dass ihre Erkenntnisse bahnbrechend sind und bisher in Politik, Geschichte und soziophilosophischem Diskurs unserer Gesellschaft unbemerkt geblieben sind. Das Buch reflektiert auf gewisse Weise das, was ich bereits im Alter von 13 Jahren durchdacht und erlebt habe – das Gefühl dieser unbehaglichen Ohnmacht auf der Welt zu leben und warum genau dieses Gefühl ausgelöst wird. Allerdings vermisse ich in dem Werk viele wissenschaftliche Diskurse, die die Autorin dazu nutzen könnte, ihre Standpunkte zu untermauern und ihre Ideen in einem tieferen Kontext zu verankern. Ein stärkerer Einbezug von wissenschaftlichen Erkenntnissen könnte dem Buch eine zusätzliche Dimension verleihen und die Leserschaft zu weiterführenden Überlegungen anregen. Das Buch würde ich daher jedem empfehlen, der/die gerade dieses Gefühl von Ohnmacht empfindet und sich diesem Gefühl noch nicht ausgesetzt hat und eventuell neue Erkenntnisse darüber gewinnen möchte.
"Ich lehre euch den Übermenschen. Der Mensch ist Etwas, dass überwunden werden soll."
Abgesehen von ein paar nervigen wie unnötigen FUNKismen, vereint dieses Buch als historischer Essay, gesellschaftliche Bestandsaufnahme und persönliche Meditation viele wichtige Gedanken in einem kompakten Band.
Wenn man aus der ganzen Angelegenheit eine lebensbejahende Erkenntnis herausziehen kann, dann die, dass die Dinge nicht ewig so weitergehen können, dass der Kapitalismus irgendwann verhungern oder an sich selbst ersticken muss.
Wann auch immer das passieren wird und was auch immer danach kommen mag, es wird auf jeden Fall anders sein.
Bis dahin bleibt die spannende Frage, wie lange uns die Genügsamkeit noch bei Laune halten kann.
"'Wir haben das Glück erfunden', sagen die Letzten Menschen und blinzeln."
Hasters zufolge steckt der Westen in einer Identitätskrise. Sein Selbstbild als reich und fortschrittlich beruht auf Kolonialismus, Rassismus und kapitalistischer Ausbeutung. Heute zwingen globale Ungleichheiten, Migration, Klimakrise und postkoloniale Kritik ihn dazu, diese Widersprüche und die eigene Verantwortung anzuerkennen. Alte Erzählungen von Überlegenheit verlieren an Glaubwürdigkeit, gesellschaftliche Vielfalt und historische Aufarbeitung werfen neue Identitätsfragen auf. In Deutschland dient Identität, rechts wie links, oft dazu, Lager zu bilden. Hasters plädiert stattdessen dafür, ihre Vielschichtigkeit zu sehen und darin eine Basis für Solidarität zu finden.
Im ersten Teil des Buches zeichnet die Autorin die Geschichte Deutschlands nach und erklärt, warum wir in einer Identitätskrise stecken. Diesen Teil fand ich absolut brillant. Auf den Punkt, kluge Gedanken, nicht zu oberflächlich, aber auch nicht im Detail verloren. Im zweiten, kürzeren Teil beschreibt sie die emotionalen Auswirkungen - das war gut, konnte aber leider nicht ganz mit dem ersten Teil mithalten.
Ich will diesem Buch keine Sterne geben, weil ich es irgendwie noch nicht einordnen kann. Alice Hasters schreibt simpel, echt und sehr nah am Leser. Sie versucht nicht durch ihre Wortwahl oder Schreibweise Eindruck zu verschaffen. Der Aufbau des Buches ist mega kreativ. Und vor allem sind die Gedanken verdammt wichtig. Die Anti-Westen Perspektive war für mich auf eine so klare Weise in einem Buch neu. Ich belasse es Mal bei diesem unvollkommenen Kommentar…
Richtig stark! Diese Buch trifft absolut einen Nerv, stellt eine kluge Gegenwartsdiagnose her und regt zum Nachdenken an. Ein must-read und ich hoffe ganz doll, dass die Autorin angesichts der weiteren Entwicklungen seit Veröffentlichung bald noch etwas schreibt!