Der Klappentext erzählt schon alles viel detaillierter als ich es auf den Punkt bringen kann: Korruption war systemimmanent im Nationalsozialismus, Hitler, Goebbels und Göring hinterzogen Einkommenssteuer in großem Stil, der Führer erkaufte sich die Loyalität mit Geldgeschenken, die schon mal für Schulden oder strafrechtlich wirksame Fehlbeträge aufkamen. Die SA-Leute, die nach dem Wahlerfolg im März 1933 eine Bank ausraubten, weil das Land jetzt ohnehin der Bewegung gehörte, sind nur ein besonders krasses Beispiel, das exemplarisch bestraft wurde. In die Ära nach dem Wahlerfolg gehörten auch erpresste Stellen in Industrie und Handel für alte Straßenkämpfer, die nichts Rechtes gelernt hatten. Ein umfangreiches Kapitel widmet sich der Korruption in den KZs und Himmlers Kampf gegen persönliche Bereicherung im Heiligen Vernichtungswerk. Morde an Juden aus Habgier wurden sogar im Dritten Reich mit der Todesstrafe geahndet. Fazit: So prickelnd wie die Werke von Querdenkern, die gewisse Schulweisheiten zum Zweiten Weltkrieg ad absurdum führen, ist Bajohrs Darstellung zwar nicht, aber der Autor belegt seine Chronik der Doppelmoral im Dritten Reich überaus gründlich aus Klassikern (Eugen Kogon: Der SS-Staat) und Fachpublikationen, für die man eine Fakultätsbibliothek in der Nachbarschaft haben müsste.
Viel schneller zu lesen als erwartet. Ein interessanter Blick auf ein Thema, das man zwar oft im Hinterkopf hat (wenn man mit sich wissenschaftlich mit dem Nazionalsozialismus beschäftigt), aber sonst nicht so genau anguckt.