Dieser Band bietet eine anregende Einführung in die Geschichte der Völkerwanderung. Es werden die Völker und ihre bedeutendsten Persönlichkeiten vorgestellt, die an dem Geschehen beteiligt waren, das zum Untergang des weströmischen Reiches führte. Auch der ideologische Missbrauch der Völkerwanderung wird beschrieben, der im National sozialismus seinen Höhepunkt erreichte.
Der Kirchenvater Hieronymus zeichnete im Jahr 396 ein bewegendes Bild aus jener Epoche, die wir Völkerwanderung "Es sind nun zwanzig und etwas mehr Jahre, dass zwischen Konstantinopel und den Julischen Alpen römisches Blut vergossen wird. Skythien, Thrakien, Makedonien, Thessalien, Dardanien, Dakien, Epirus, Dalmatien sowie alle Teile Pannoniens verwüsten, entvölkern und plündern der Gote, der Sarmate, der Quade und der Alane, die Hunnen, die Vandalen und die Markomannen. Mit wie vielen Ehegattinnen und gottgeweihten Frauen, freigeborenen und adligen Personen haben diese Untiere ihren Spott getrieben! Bischöfe wurden gefangen, Priester und Kleriker der verschiedenen Ränge getötet, Kirchen wurden zerstört, Altäre Christi zu Pferdeställen gemacht und Gebeine der Märtyrer ausgegraben. Überall Trauer, überall Seufzen, und weit und breit ein Bild des Todes." Hieronymus "Der römische Erdkreis stürzt." Was aber waren die Ursachen solcher Völkerbewegungen, in deren Verlauf das weströmische Reich tatsächlich unterging? Welchen Gang nahmen die Ereignisse, wer waren die Protagonisten - und welcher Missbrauch sollte später einmal mit der Geschichte der Völkerwanderung getrieben werden? Vertraut mit den Quellen und in anschaulicher Darstellung behandelt der Verfasser diese und andere Fragen.
Die Völkerwanderung war für die Geschichte Europas von zentraler Bedeutung, hat sie doch den Grundstein für das Mittelalter und somit indirekt auch der Neuzeit gelegt und gleichzeitig das Ende des (West)-Römischen Reiches hervorgebracht. Es wäre allerdings unfair diese jahrhundertlange Epoche komplexer Veränderungen nur von ihren Konsequenzen her zu betrachten. Klaus Rosen gelingt es gut auf dem begrenzten Platz der sich ihm hier bietet einen den Umständen entsprechend umfassenden Überblick über die Völkerwanderungen der verschiedenen, doch auch innerlich alles andere als homogen aufgebauten Stämme der Goten, Burgunder, Hunnen, Franken, Sachsen, Alemannen usw. zu geben. Dabei wird auch auf die Bedeutung der germanischen Stämme und ihrer mal weniger und mal mehr erfolgreichen militärischen Auseinandersetzungen mit den Römern für die Ausformung eines deutschen Nationalismus ab dem 18. Jahrhunderts eingegangen.
Eine informative Einführung, die dankbarerweise nicht nur die Abfolge der Geschehnisse, sondern auch die Rezeption und die Begriffsgebung behandelt. Rosen zeichnet nach, wie "Völkerwanderung" entstand und zur Bezeichnung der Ereignisse gebraucht wurde und wie dieses Konzept später dazu diente, rassistische und nationalsozialistische Konzepte zu rechtfertigen. Die geschichtliche Darstellung selbst lässt, natürlich auf begrenztem Raum, wenig zu wünschen übrig. Es kann schwer sein, zu folgen, was aber hauptsächlich am Chaos der Ereignisse selbst liegt: Kaum ein Bündnis wurde nicht wenig später gebrochen, kaum ein Machthaber wurde nicht nach wenigen Jahren ermordet. Aus Feinden wurden Verbündete und umgekehrt. Sicherlich eine der wildesten Epochen in der europäischen Geschichte.
War ein wenig zäh zu lesen, aber ich habe mal wieder ein paar Puzzlesteine "zusammengesetzt". Ich versuche ja zwischendurch immer wieder mal ein Sachbuch zu lesen. Meist sind es ja eher Naturwissenschaftliche Abhandlungen