De sa petite boîte en bois enterrée sous la fenêtre, Huitième Frère - mort prématurément à seize jours - observe et raconte les heurts et malheurs de sa famille. Et quelle famille ! Entassés à onze dans une minuscule cabane secouée par le passage du train, dominés par le père, un colosse docker et ivrogne, plus porté aux coups qu'à la tendresse paternelle, forcés de voler le charbon pour se chauffer et de déterrer des racines de lotus pour se nourrir. Cahin-caha, les neuf frères et sœurs traverseront la Révolution culturelle puis la libéralisation de la Chine, essayant de toutes leurs forces de connaître un avenir meilleur. L' intense originalité de ce roman, qui a fait sensation en Chine lors de sa parution en 1987, tient tout entière dans ce franc-parler de l'innocent Petit Huitième, qui dit tout sans souci de convenances ni jugements de valeur, les choses les plus terribles et les plus crues comme les plus émouvantes. Sous le regard ingénu de ce petit bout de fantôme, l'album de famille des dockers de Wuhan oscille entre Zola et les Pieds Nickelés, et le pathétique fait rire aux larmes
Fang Fang graduated from the Department of Chinese Language and Literature, Wuhan University in 1982. She has published nearly seventy novels, novellas and essay collections. Many of her novels and novellas were published overseas in English, French, Japanese, Italian, Portuguese, Korean and other languages. Her representative works include the novels Chronicle of Wuni Lake and Water under the Time, and novellas The Scenery and Grandfather in the Heart of Father.
Inhalt: 5/5 Sterne (Bewegende Einzelschicksale) Form: 4/5 Sterne (strenge Stilistik, etwas restriktiv) Erzählstimme: 5/5 Sterne (Ich-Erzähler aus dem Grab) Komposition: 4/5 Sterne (zusammenfließende Lebenspfade) Leseerlebnis: 5/5 Sterne (intensive Nachlese von Welt)
Fang Fangs Roman Glänzende Aussicht stammt aus dem Jahr 1986 und wurde 1987 das erste Mal publiziert. Es steht im Zusammenhang mit anderen Versuchen, die Ästhetik des Sozialistischen Realismus, bspw. Nikolai Ostrowskis Wie der Stahl gehärtet wurde, zu überwinden, also der literarischen Aufarbeitung der real-existierenden sozialistischen Gegenwart neue Impulse zu verleihen. Ein vergleichbarer Versuch fand durch Christa Wolf und ihr Romanexperiment Nachdenken über Christa T. statt, nur hier, bei Fang Fang rollt der narrative Faden durchweg flüssig, wohingegen dieser bei Wolf holpert und stolpert. Fang fällt mit der Tür ins Haus. Zu viel gibt es zu erzählen, als dass sie hinter dem Berg halten könnte:
Bruder Sieben ist inzwischen groß und dick geworden. Auf seinem Gesicht liegt gewöhnlich ein öliger roter Glanz. Sein Bauch wölbt sich auf angemessene Weise ein wenig vor. Ich kann es mir schwer vorstellen, dass dieser Fleischberg noch immer von seinem ursprünglichen Knochenklappergerüst getragen wird und hege den Verdacht, dass man bei der Operation, der er sich als Zwanzigjähriger unterziehen musste, nicht seinen Blinddarm entfernt, sondern seine Knochen ausgetauscht hat. Anders lässt sich die Tatsache, dass er danach immer fettleibiger wurde, kaum erklären.
Selbstredend erklärt die Erzählstimme es dennoch "anders", nämlich indem sie die Familiengeschichte von Bruder Sieben aufarbeitet. Sie gehört dem Bruder 8, der begraben, vor dem Haus der Eltern liegt, und die Ereignisse um sich herum aufzeichnet, also das Schalten und Walten in Sicherheit aus dem Jenseits betrachtet, und an die Unbekümmertheit von Ulrich Plenzdorfs Jenseits-Erzähler Edgar Wibeau aus dem DDR-Roman Die neuen Leiden des jungen W. erinnert. Nur geht es in Glänzende Aussichten nur selten um Liebe. Eher stehen sehr materielle Interesse der elfköpfigen Familie im Wege:
Bruder Zwei und Bruder Drei gingen Tag für Tag an die Bahnstrecke oder auf den Frachtplatz, um Kohlen zu klauen. Seit jeher wurden die Kohlen für die Familie auf diese Weise beschafft. Zu überlegen, ob dieses Vorgehen rechtmäßig war oder nicht, kam den Dieben gar nicht in den Sinn. Die Familie brauchte Kohlen und die Familie hatte kein Geld, Kohlen zu kaufen. Sie sich ohne Hemmungen von draußen anzueignen, war die natürlichste Sache der Welt. […] m Winter, wenn das Kohlenfeuer im Ofen prasselte, lobte Vater lauthals die Intelligenz und Fähigkeit von Bruder Drei: Er sei aus dem richtigen Holz geschnitzt.
Kompositorisch wird das Leben der sieben verbleibenden Brüder und der beiden Schwestern Großer Duft und Kleiner Duft nacherzählt, bis hin zu Bruder Sieben, der eine Karriere als Parteifunktionär durchläuft und so, als anfänglicher Außenseiter und in der Familienhierarchie an unterster Stelle Stehender, über die Familie zu gebieten beginnt. Die vielen Brüder und Lebensgeschichten, die narrativ hoch-verdichtet rekapituliert werden, zeichnen ein realitätsgesättigtes Alltagsbild Chinas in den 1970er Jahren nach. Jeder Satz, jedes Wort beleuchtet Augenblicke, lebensentscheidende Aussagen, Hoffnung und Träume, die sich einfach so in Luft auflösen.
Wie viele Menschen sind in der Lage, derart friedlich und ruhig ein selbstgenügsames Leben zu führen? Lag es daran, dass die Geräusche einer chaotischen und lärmenden Welt nicht bis in ihr Inneres dringen konnten? War das die Ursache ihres harmonischen und stabilen Lebens? Bruder Vier war taubstumm.
Fang Fangs Glänzende Aussicht zeichnet vor allem eine narrative Dichtheit aus, die keine Zeit zum Auswalzen, Verwalzen, Zerfalzen von Betroffenheit hat. Sie geht direkt aufs Innerste des Lebens und lässt blitzlichtartig ganze Lebenswege in einem dialektischen Bild des Stillstands aufleuchten. Ihr Roman lässt sich als Erzählung im ursprünglichen Sinne verstehen, als ein Mitteilen von Leben, Erfahrung, als ein Miterleben von Welt, die durch das Erzählen und Weitergeben solcher Werke bereichert und erweitert wird.
--------------------------------- --------------------------------- Details – ab hier Spoilergefahr (zur Erinnerung für mich): --------------------------------- ---------------------------------
Inhalt: Nacherzählung des Werdeganges einer zwölfköpfigen Familie in Hankou, in den Henan-Baracken. Der jüngste Sohn, Bruder 8, stirbt jung, berichtet. Der erste Sohn, der große Bruder, Bruder 1, verlässt früh die Schule, wird Fabrikarbeiter. Bruder 2 verliebt sich in eine Arzttochter unglücklich und begeht Selbstmord; Bruder 3, nachdem er Matrose wird, aber zusehen muss, wie sein Kapitän ertrinkt, wird Schuhnagler und bleibt Junggeselle, weil er nach dem Tod seines Bruders 2 nicht mehr an die Liebe glaubt. Bruder 4 lebt glücklich als taubstummer Transportarbeiter. Bruder 5 und 6 werden Unternehmer und gründen eine eigene Familie. Bruder 7 wird Funktionär. Bewegende Einzelschicksale. --> 5 Sterne
Form: Teilweise sehr malerisch, seltsam über die Szenerie hinaus schießende Sprachklischees, ungewohnt Kitschiges, aber dadurch interessante Sinngebungsverfahren, romantisch-eingefärbt, naturalistische Empfindsamkeit nachspielend, insgesamt poetisch, flüssig, intensiv, obgleich mit allzu durchsichtiger Satzfrequenz und wenig variabler Satzlänger und Satzkonstruktion. --> 4 Sterne
Erzählstimme: Stimmige, selbstreflektierte Ich-Erzählweise aus dem jenseitigen Off mit Allwissenheit. Bruder 8 sieht durch seine Familienmitglieder hindurch, spürt ihre Gefühle, erfährt ihre Gedanken, ihre Träume als Unbeteiligter. Die Allwissenheit erklärt sich durch eine gewisse, ruhige Zeitlosigkeit, die das fingierte Spiel mit dem Tod des Erzählers selbst erlaubt. D.h. erst im Nachhinein konnte erzählt werden, und das Gedächtnis, die Aufzeichnung hebt sich mit der Irrealität der Erzählposition auf. Bruder 8 wirkt wie ein Wesen, das unsichtbar durch die Zeit fliegt und Zeugnis ablegt. Selbstimmunisierung des Zeitporträts, hierdurch aber reflektiert. --> 5 Sterne
Komposition: Anhand des Lebensweges von Bruder 7 werden nach und nach die Einzelschicksale der anderen Geschwister nacherzählt, dadurch wenig Langeweile, aber sehr durchsichtig, als Rahmenführung die Metapher, die zu Anfang des Romanes steht. Etwas gewollt, aber dennoch sinnstiftend, auch die Trauer um die verlorene Kindheit, das Verlegen des Grabes von Bruder 8, die Melancholie der Vergeblichkeit. --> 4 Sterne
Fang Fang ist eine der wichtigsten modernen chinesischen Stimmen, die immer mit dem Zeitgeist gegangen ist und sich nicht hat mundtot machen lassen. In diesem schmalen Buch zeigt sie anhand einer zwölfköpfigen Familie eine Zeit der gigantischen Umbrüche zwischen den Sechzigern und Achtzigern und zeigt mehrere mögliche Lebenswege an den Geschwistern auf. Ich bin immer wieder beeindruckt, wenn so wenig Seiten so komplexe Charaktere hervorbringen, mit denen man mitfiebert oder die man leidenschaftlich verachtet.
In distanzierter, schnörkelloser Sprache und aus der Perspektive des verstorbenen jüngsten Sohnes erzählt Fang Fang die Geschichte einer Arbeiterfamilie in Wuhan im Schatten von Kulturrevolution, Armut und Gewalt.
Bruder sieben ist der jüngste noch lebende Sohn einer armen Familie aus Wuhan. Der Vater führt ein gewalttätiges Regiment, die Mutter flirtet mit anderen Männern und schreitet nicht ein. Die Söhne entwickeln sich sehr unterschiedlich, doch es ist der Jüngste, der von allen immer wieder gequält wird, weil er zu weich ist und zu wenig aufbegehrt. Nur der sanfte Bruder Drei spendet ihm hin und wieder etwas Trost. Die beiden Töchter der Familie haben ihrerseits nur wieder die Aufgabe, selbst Söhne zu gebären und versuchen durch ihr kaltes Verhalten ihren Stand zu festigen
Fang Fangs neuster Roman „Glänzende Aussicht“ erschien in China bereits im Jahr 1987, die deutsche Übersetzung stammt von Michael Kahn-Ackermann. Man spürt deutlich, dass die Autorin es hier dabei belässt, das Schicksal einer armen Familie zu beschreiben, anstatt – wie in ihren späteren Werken – dies in eine Kritik des Systems einzubinden. Erzählt wird rückblickend aus der Gegenwart, wobei zwischen unterschiedlichen Zeiten gesprungen wird. Der Erzähler an sich ist dabei sehr besonders, wenn auch realistisch gesehen nicht ganz klar ist, woher er all diese Informationen eigentlich hat.
Nach und nach erfahren wir das Schicksal jedes einzelnen Familienmitglieds und werfen dabei einen Blick in das China der 60er bis 80er Jahre und damit auf die Nachwehen der Kulturrevolution. Zu Beginn hausen alle in einem einzigen Raum in den Henan-Baracken, am Ende ist dem Vater nur noch der vor der Hütte begrabene Sohn Nummer acht geblieben. Jedes Kind versucht auf ganz eigene Weise, dem Schicksal zu entkommen und etwas aus sich zu machen. Sie schlagen zurück, tun sich zu zweit zusammen, träumen von eigenen Familien, Geschäften und Reichtum. Nur Bruder sieben bleibt dabei, wie üblich, außen vor – doch alles ändert sich, als er die Familie endlich verlässt.
„Glänzende Aussicht“ ist ein schmaler Roman von gerade einmal 176 Seiten. Dahinter verbirgt sich jedoch ein starkes Familienporträt, in dessen Fokus ein Sohn steht, dem sein Leben lang mit Gewalt und Ablehnung begegnet wurde. Dennoch ist er, wie zum Trotz, am Ende der einzige, der es im Leben zu etwas gebracht hat.
Ich hatte ein bisschen Angst vor dem Buch, schliesslich erzählt ein verstorbener Neugeborener, Bruder Acht aus dem Leben einer völlig armen Familie in den Zeiten nach der sog. Kulturrevolution. Ja, es ist brutal, aber der liebevolle Tonfall des Erzählers macht es leicht zu lesen. Dass es von 1987 ist hätte ich nie gedacht. Es liest sich sehr heutig.
Sprachlich toll (die Übersetzung!) und wie sagt man insightful auf Deutsch? Das. Von der Autorin gibt's in deutscher Übersetzung noch mehr, u.a. Die Wuhan Diaries, von denen ich auch schon gehört hatte. Möchte mehr lesen.
Dieser schmale Roman über eine wüste, gewalttätige und doch enorm lebendige Familie hat mich sehr beeindruckt. Zehn Kinder müssen mit dem irrwitzigen Regiment ihrer Eltern und dem sich rasch wandelnden Leben draußen zurechtkommen. Die Erzählerfigur spielt dabei eine besondere Rolle. Empfehlung! (Übrigens glänzend übersetzt)
Schon gut wegzulesen, dieser chinesische Roman aus den 1980ern, doch sehr viele Erzähltechniken misslangen in meinen Augen: - Die Erzählstimme stellt sich als der Bruder 8 vor (die Personen des Romans haben keine Namen), der als Baby starb und in der winzigen Wohnung dieser chinesischen Arbeiterfamilie begraben wurde. Damit wird nichts gemacht, sie wird auch nicht weiter erklärt. - Männer und Frauen werden mit Männlichkeits- und Weiblichkeitsklischees beschrieben - was mich schon seit vielen Jahren müde macht. - Fast ausschließlich Telling statt Showing; nie darf Handlung, nie darf Dialog für sich sprechen. - Ungelenke Ausdrucksweise - die könnte ich zur Not noch dem Übersetzer unterschieben.
Inhalt des Buches ist die Geschichte einer 12 köpfigen Familie aus einem Armenviertel in Wuhan, China im 20. Jahrhundert. Die Geschichte wird erzählt aus der Sicht des toten „achten Sohns“ der besagten Familie. Aus dieser Perspektive erfahren wir Teile vom Leben des Vaters, der Mutter, der sieben Söhne und zwei Töchter.
Ich konnte die Geschichte nicht mehr aus der Hand legen, als ich sie begonnen habe. Fang Fangs Werk hat mich gleichzeitig verstört und fasziniert. Die Ereignisse in der Familie werden rücksichtslos in all ihrer Härte beschrieben.
Das Leseerlebnis ist auf jeden Fall herausfordernd und ich würde empfehlen, sich bewusst zu machen, dass man unschöne und gewaltgeprägte Dinge lesen wird.
Mir persönlich ist bewusst geworden, wie privilegiert ich lebe und wie dankbar ich für mein eigenes Leben bin. Die Geschichte in diesem Buch hat auf eine harte Weise verdeutlicht, wie verarmte Familien in China im 20. Jahrhundert teilweise gelebt haben. Auch die Werte und hierarchischen Ansichten werden greifbar.
Ein geniales Werk, über welches ich sehr froh bin, es gelesen zu haben.
Ein für mich sehr schwer zu lesendes und verdauendes Buch. Nicht wegen der Sprache oder weil die Message schwer zu verstehen war, sondern weil so viel Gewalt, Lieblosigkeit, Frauenfeindlichkeit, Armut und Hoffnungslosigkeit in diesen wenigen Seiten gezeigt wurde, dass ich nach jedem Kapitel erstmal eine kleine Pause brauchte. Keine Frage ist Fang Fang eine begnadete Autorin und ich bin froh dieses Werk gelesen zu haben, aber es hat mich jedes Mal gegraust weiterzulesen und wollte sogar ein paar Mal abbrechen.
Vielleicht versuche ich es in Zukunft nochmal mit Fang Fang, jetzt wo ich ihren Schreibstil und Geschichte einordnen kann.
9 Kinder auf 13 Quadratmetern, Schnaps, Gewalt und Eiseskälte im Umgang miteinander. Kein schönes Leseerlebnis sollte man meinen, doch der Autorin gelingt es, diese üble Darstellung derart zu verpacken, dass sie lesbar bleibt. Ich war zwar größtenteils geschockt und betroffen, aber nie so stark um abzubrechen. Ganz im Gegenteil, irgendwie steckt hier auch eine seltsame Leichtigkeit drin, über die man einiges vom China vor der Glitzer-Weltmacht-Ära erfährt.
Die Wechselwirkungen zwischen Politik und Familienstruktur wurden auch schon im Roman „Weiches Begräbnis“ der Autorin angedeutet. Das durch die „Große Proletarische Kulturrevolution“ verursachte Leid und die Art, wie die einzelnen Romanfiguren, Geschwister einer kinderreichen Familie, mit ihrer Situation umgehen, ist eines der zentralen Themen in „Glänzende Aussicht“.