»Nichts bannt mich mehr, als der Schrei eines Menschen.« - Kim
Die junge Kim und ihre drei Freunde spielen ein ungewöhnliches Spiel. Sie sammeln die Gefühle anderer Menschen. Bewaffnet mit der Kamera suchen sie nach dem großen Kick, und wenn der Zufall nicht mitspielt, helfen sie eben ein bisschen nach. Dabei hofft Kim, die Gefühlskälte, die sie seit dem Verlust ihres Vaters plagt, beim Anblick aufgewühlter Menschen vertreiben zu können. Bald merkt sie: Die wirklich überwältigenden Gefühlsausbrüche liefern Angst, Entsetzen und Verzweiflung. Was als harmloses Spiel beginnt, in dem Kim noch die Fäden in der Hand hält, nimmt immer bösere Züge an und entgleitet ihr mehr und mehr.
Nach ihren beiden Erfolgsromanen DER TOD KANN MICH NICHT MEHR ÜBERRASCHEN und NOTIZEN EINER VERLORENEN legt Heike Vullriede mit EMOTION CACHING einen erneut thematisch extrem spannenden Roman vor, der den Leser nur so über die Seiten fliegen lässt. Dabei beginnen ihre Erzählungen meist so harmlos und alltäglich, dass der Schrecken umso intensiver nachhallt. Lassen Sie sich in die Abgründe der menschlichen Seele entführen ...
Inhalt: Kim empfindet selbst nichts - außer, sie bekommt die Emotionen bei anderen mit. Also erfindet sie Emotion Caching. Gemeinsam mit drei Freunden sammelt sie ab sofort Emotionen. Doch das Spiel läuft schon bald aus dem Ruder und Kim verliert die Kontrolle über alles - auch über ihre eigenen Gefühle.
Meine Meinung: Kim ist kalt. Zumindest hat sie das Gefühl, keine echten Emotionen zu empfinden. Gemeinsam mit ihren Freunden Benni, Nico und Lena lebt sie in den Tag hinein, ohne Job, ohne Perspektive, ein trostloses Leben, das sie dadurch aufpeppen, andere Menschen zu reizen. Sei es der Autofahrer, der jeden Tag um die gleiche Zeit irgendwo vorbeifährt oder die Rassisten, die den Inhaber ihres zweiten Zuhauses bedrohen. Doch was, wenn man diese Menschen bis zum Äußersten treibt? Sie blankes Entsetzen lehrt, sie zur panischen Angst führt? Sie zum schreien bringt … Jeder hat einen emotionalen Schutzwall, ist der überschritten, kommen die tiefsten Emotionen hervor, derer wir fähig sind. Und genau darauf hat es Kim abgesehen: den perfekten Schrei.
Um den zu erlangen, überschreiten sie jede Grenze, fordern alles. Und der Leser hat jede Szene bildlich vor Augen. Heike Vullriede lässt einen die Trostlosigkeit im Leben der vier spüren, zeigt einem, was jeder von ihnen zu ertragen hat. Kleineres Leid, größeres Leid - und alles umgeben von einer Aura des Untätigen, der Hoffnungslosigkeit, was dazu führte, dass ich mich als Leserin relativ unwohl fühlte und ein flaues Gefühl im Magen hatte. Mich verband nichts mit ihnen, ich mochte die vier nicht wirklich, obwohl auch sie ihre guten Seiten haben.
Die Idee hingegen ist toll - statt dem bekannten Geo-Caching Emotionen cachen, jemanden so lange reizen, bis er bereit ist, "abgeholt" zu werden. Die Methoden sind simpel, aber hart, tun einem als Leser weh, wenn man sich in die Opfer hineinversetzt. Die Umsetzung dieser Szenen ist sehr hart, gefühlvoll - man sieht, was die Autorin kann.
Der Stil war einfach, aber bildhaft, so flüssig zu lesen, dass man ob der Spannung das Buch wirklich in einem Rutsch lesen muss - es geht gar nicht anders.
Und dann das Ende … Platt, konstruiert, vorhersehbar. Und wirklich 08/15. Alles, was sie vorher aufgebaut hatte, jede geniale Idee, jeder sorgsam umgesetzter "Streich" war in Anbetracht dessen fast bedeutungslos geworden - sehr schade.
Dennoch: Fesselnde neue Ideen braucht das Land - Heike Vullriede kann es!
Beim Geo-Caching handelt es sich um eine Art Schnitzeljagd, die in erster Linie durch die Unterstützung anhand GPS-Daten vorgenommen wird. Ziel ist dabei das Auffinden von Gegenständen zum Tausch und zumeist ein darin befindliches Logbuch, in dem sich der Entdecker eintragen kann. Heike Vullriedes Clique im vorliegenden Buch entwickelt jedoch eine Abwandlung dieses Prinzips: Sie möchten die Emotionen von Menschen aufnehmen und entwicklen dafür boshafte Spielchen, um aus völlig unbeteiligten Menschen Emotionsausbrüche heraus zu locken und heimlich zu filmen. Mehr und mehr nimmt dieses Spiel jedoch Ausmaße an, die Anfangs eigentlich nicht wirklich geplant waren. Selbst Todesfälle sind nicht mehr ausgeschlossen - anfangs noch eher versehentlich, später driftet dies jedoch in bewusste Begebenheiten. Die Clique selbst besteht aus recht unterschiedlichen jungen Erwachsenen, die teils recht unterschiedlich sind, andererseits selbst genug häusliche Probleme aufweisen, um die notwendige Fürsorge zu vermissen. Heike Vullriede lässt ihre Geschichte rasant losgehen. Gibt ihr aber gleichzeitig auch genug Zeit, um eine verstörende Entwicklung aufzubauen und dabei die vier Hauptteilnehmer immer detaillierter zu zeichnen. Man ist als Leser mitten im Geschehen und mehr und mehr kann man sich bereits denken, dass sich hier eine Entwicklung anbahnt, die sich in immer weitere ungeahnte Ebenen hochschraubt. Die Jugendlichen gehen definitiv einige Schritte zu weit und darüber hinaus beginnen sie plötzlich Racheakte, die nicht nur Familienmitglieder betreffen, sondern auch Personen gegenüber, bei denen man kurz denkt, das sie es eigentlich nicht anders verdient hätten - das Ergebnis ist jedoch immer einen Schritt zu viel des Guten. Heike Vullriedes Thriller ist definitiv ein echter Pageturner und ein Thriller, dessen Inhalt den üblichen Klischees geschickt ausweicht. Vullriede zeigt uns sprachbegabt die Entwicklung der vier beteiligten Freunde und man erkennt deutlich, wie sich mancher versucht, gedanklich von den boshaften Spielchen zu distanzieren und mancher hier noch weiter gehen möchte und wird. Emotion Caching ist somit ein sehr geschickt geschriebener Thriller mit einer Thematik, die mir bisher noch nicht untergekommen ist. Angereichert mit der Gefühlswelt der noch nicht fest im Leben stehenden end-pubertierenden Jugendlichen entsteht ein Roman, der mit boshaften Ideen glänzt und sehr spannend wirkt. Man kann nur noch hoffen, dass niemand auf diese Idee kommt und plötzlich heimliche Spiele mit völlig Unbeteiligten durchführt. Heike Vullriedes EMOTION CACHING ist jedenfalls ein absolut einwandfrei erzählter und emotionsgeladener Thriller, der seines gleichen sucht. Für mich eine durchweg uneingeschränkte Empfehlung. Perfekte Unterhaltung!
Die Jugendlichen Kim, Nico, Benni und Lena sind Freunde, die sich regelmäßig treffen und denen aus scheinbarer Langeweile auch einiges an Blödsinn einfällt. Anfangs ist es ja noch relativ harmlos, denn es werden einfach "nur" Leute geärgert und zum Ausrasten gebracht. Doch für Kim, die seit dem Verschwinden ihres Vaters vor vielen Jahren, Emotionen nicht mehr so richtig wahrnehmen kann, ist dies nicht genug. Sie erfindet "Emotion Caching" und so geht die Clique auf die Jagd nach Emotionen ihrer Mitmenschen und hält diese mit einer Videokamera fest.
Jeder der Jugendlichen nennt eine Person aus dem Umfeld, die er aus irgendeinem Grund nicht mag und die als Opfer für Emotion Caching auserkoren werden. Bald kristalisiert sich immer mehr heraus, dass vor allem Benni richtig Freude daran entwickelt, andere Menschen das Grauen zu lehren und dass er dabei auch nicht vor Gewalt zurück schreckt.
Emotion Caching gerät so immer mehr aus dem Ruder und die Jugendlichen immer tiefer in den Abgrund. Sie bereiten den Menschen nicht nur Angst und Schrecken, sondern löschen Leben aus.
Viel zu spät erkennen Kim, Nico und Lena wie gefährlich Benni ist und dieser hält schließlich auch vor seinen Freunden nicht zurück.
Der Schreibstil hat mir sehr zugesagt und ich fand das Buch flüssig zu lesen. Mir ging die ganze Geschichte sehr nahe und es wurden auch in mir als Leserin viele Emotionen wach. Zwischendurch fand ich es sogar schwierig, weiterzulesen, da mich das Buch emotional sehr mitgenommen hat. Dies ist der Autorin wirklich sehr gut gelungen.
Ich hätte mir an machen Stellen noch ein bisschen mehr Aufklärung gewünscht, aber im Großen und Ganzen fand ich das Buch sehr gut, allerdings nichts für schwache Nerven!