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Grand Tour oder die Nacht der Großen Complication

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Für Angestellte der europäischen Schlafwagengesellschaft Compagnie International des Wagons-Lits gibt es per definitionem nur drei Zustände: Man ist unterwegs, man befindet sich auf einem kurzen Zwischenstopp -- Passage genannt -- oder man hat irgendwo Aufenthalt. Etwas anderes gibt es nicht. Selbst wenn sich jemand 40 Jahre lang aus seinem Dorf nicht hinausbewegt -- für die Schlafwagenschaffner ist das nicht mehr als ein langer Aufenthalt.

Der junge Leo Pardell war bislang eher ein Mensch der langen Aufenthalte, bis er im Frühjahr 1999 zu solch einem Schlafwagenschaffner wird. Eigentlich hatte er seinem Architektur-Studium mit einem Praktikum in Argentinien den letzten Schliff verleihen wollen, doch noch vor dem Abflug werden ihm Ticket, Geld und Gepäck gestohlen -- völlig abgebrannt und ohne Dach über dem Kopf verdingt er sich daraufhin als Aushilfsschlafwagenschaffner. Bei seinen von mehr oder minder kurzen Passagen und Aufenthalten unterbrochenen nächtlichen Reisen kreuz und quer durch Europa tut sich dem ahnungslosen Pardell eine völlig neue Welt auf, bevölkert von Trickbetrügern, Schmugglern, Beischlafdiebinnen und zahllosen anderen skurrilen Nachtgestalten. Sein neuer Job hindert ihn freilich nicht daran, seiner Mutter und seiner Angebeteten per gelegentlicher Anrufe vorzugaukeln, er wäre tatsächlich in Buenos Aires -- deshalb ist seine Armbanduhr auch auf argentinische Ortszeit eingestellt.

Eine Armbanduhr spielt auch die Hauptrolle im zweiten großen Handlungsstrang des Buches: Unter Sammlern geht das Gerücht, dass die mythische, für Liebhaber unschätzbar wertvolle Ziffer à Grande Complication 1924, die erste mechanische Uhr mit Jahrtausendanzeige, aufgetaucht sei -- sofort setzen sich der schwerreiche Friedrich Baron von Reichhausen und noch ein paar andere Gestalten in Bewegung, um die Uhr in ihren Besitz zu bringen oder zumindest dem einmaligen Moment beizuwohnen, in dem die Jahresanzeige am 31. Dezember 1999 auf das neue Jahrtausend umspringt. Auch hier beginnt eine wilde Jagd quer durch Europa, und die Wege der Uhrensammler und die der Schlafwagenschaffner kreuzen sich ein ums andere Mal.

Steffen Kopetzkys neuer, kiloschwerer Roman wartet mit einer barocken Fülle von Figuren und Handlungsfäden auf. "O nein, nicht noch einer!", ist man jedes Mal zu schimpfen versucht, wenn wieder eine neue Figur eingeführt wird -- 50 sind es locker. Doch binnen kurzem hat man jede einzelne von ihnen ins Herz geschlossen und freut sich über die zusätzliche Verkomplizierung des Geschehens, die sie mit sich bringt. Es ist zugegebenermaßen nicht ganz einfach, den Überblick zu bewahren, und viel Geduld muss man auch mitbringen -- doch wenn man sich der Herausforderung der -- nomen est omen! -- Grand Tour stellt, wird man mit einem ungewöhnlich packenden Leseerlebnis belohnt, das in einem furiosen Finale kulminiert. --Christoph Nettersheim

Paperback

First published February 1, 2002

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About the author

Steffen Kopetzky

15 books18 followers

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Displaying 1 - 6 of 6 reviews
Profile Image for Letterrausch.
289 reviews21 followers
September 15, 2025
Ich bin es einfach nicht mehr gewöhnt, so dicke Schinken zu lesen - schon gar nicht in einer angemessenen Zeit. Ziemlich traurig, aber davon ab war das ein Highlight. Es geht eine Automatik-Uhr, um den europäischen Schienenverkehr, Anbandelungen zwischen Männern und Frauen, Intrigen und, äh Derrick.

So viele Handlungsfäden und sie alle sind gleichermaßen gut und finden sich zusammen. Ein herrliches Panorama, das sich immer weiter verschachtelt und in seiner Detailversessenheit einfach nur Spaß macht.
7 reviews
April 10, 2014
Leicht war es nicht ... und das ist dem wahrlich nicht "so einfach nebenbei Lesen"-Schreibstil geschuldet.

Die immer wieder überraschend auftauchenden Protagonisten wissen zu verwirren - aber nach dem Beenden wurde ich davon überzeugt, daß dies einem durchdachten Handlungsstrang folgt.
Zugegebenermaßen "kämpfte" ich ein wenig - aber was mich bereits von Anfang an zu begeistern weiß und nun wußte, ist die hervorragende Wortgewalt des Autors.

Zudem weiß endlich einmal ein Schriftsteller auch auf die Begehrlichkeiten von Uhrenbegeisterten einzugehen ... ;-)
Profile Image for Thomas.
121 reviews
February 13, 2017
"Er war etwas geworden. Er hatte über dreißig Jahre vor sich, wo er etwas sein würde, das er geworden war. Nach diesen dreißig Jahren...würde er jemand sein, der etwas gewesen war..."
Profile Image for Jule.
284 reviews6 followers
December 2, 2016
Interessante Lektüre, jedoch nicht leicht zu lesen.
Für mich ein wenig zu "literarisch", jedoch bin ich froh einen Kopetzky-Roman mal gelesen zu haben bzw rein gelesen zu haben.
Die ersten Kapitel waren durchaus reißend zu lesen und bestimmt geht es auch so weiter. Mir jedoch waren die einzelnen Passagen zu lang und viel zu viele Personen kommen in diesem Buch vor.
Vllt werde ich mir dieses Buch irgendwann einmal wieder zur Hand nehmen, jetzt jedoch lege ich es erst einmal zur Seite ;)
Profile Image for Natascha.
321 reviews
December 23, 2023
Eine Geschichte über das Ankommen und Abreisen, übe Liebe und Hass, Habgier und Sehnsucht. Ein Buch, das die Wege unterschiedlichster Personen beschreibt, ihre Art perfekt darstellt und einem das Gefühl gibt, mitten unter ihnen zu sein. Jeder der Charaktere hat seine Eigenarten und eigenen egoistischen ziele, die dennoch auf eine faszinierende Art und Weise zusammenhängen. Eine großartige Mischung aus Lehrreichem über mechanische Uhren und diversen menschlichen Makeln.
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