ULYSSES___James Joyce (Leserunde) discussion
5. Kapitel: Lotophagen
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Nur sein kurzzeitiger Gedanke "Eunuch" als Option zu sehen erschien mir etwas unpassend für ihn.

Die Seife wird ihn auch den ganzen Tag begleiten, wie eine permanente Erinnerung an seine Frau.
Ich fand es ein wenig irritierend, dass er in ein Hamam geht und nicht daheim badet, da habe ich eine Weile gebraucht.
Insgesamt fand ich es extrem faszinierend, durch Dublin zu gehen und die Welt durch die Augen eines Mannes zu sehen und welche Gedanken ihm durch den Kopf gehen. Obwohl das Kapitel ja nur Gedanken wiedergibt, sieht man doch alles vor sich und ja, auch wenn man selber durch die Stadt schlendert, springen die Gedanken so von einem Thema zum anderen und man denkt über Werbeanzeigen seltsame Dinge.


Der erste Eindruck, den ich von diesem Buch hatte war, dass jedes Buch ein schwerer Brocken wird, wenn man
1. Jegliche Beschreibungen streicht (vor allem wo und wann sich der Leser befindet).
2. Jegliche Kapitelunterteilungen streicht.
3. Nicht gescheit formatiert und inneren Monolog kursiv druckt, Beschreibungen normal Druckt und direkte Rede in Anführungszeichen verbannt. Das Buch wirkt zunächst einfach nur grausam unformatiert.
Erst nach und nach wurde mir klar, dass es all das nicht braucht, um eine Geschichte zu erzählen. Und diese Erkenntnis, wie wenig es wirklich braucht, um wirklich zu erzählen, kam mir in diesem Kapitel. Da platzte der Knoten. Ich hatte bei seinem Gang durch Dublin zum ersten Mal seit langem wieder so ein Leseflow Erlebnis. Man versinkt vollkommen, es kommt nicht auf Interpunktion an, man lässt sich mit dem Text und dem Protagonisten treiben. Es ist, als wenn er über dem Kopf eine Kamera montiert hat, man sieht was er sieht und er kommentiert das, was er sieht, locker, politisch unkorrekt und süffisant. Eine extrem moderne Erzählweise, fast wie ein youtube video.

Das ist eine schöne Beschreibung von dir. Der Knoten ist bei mir bei diesem Kapitel auch geplatzt. Ich hoffe es geht halbwegs so weiter.

Aber eine Sache hat mich schon etwas irritiert. Die Sprache ist in Kapitel 5 im Vergleich zu den anderen völlig unterschiedlich. Keine määndernden Beschreibungen mit tausend Adjektiven im Gegenteil, fast nur Hauptsätze und manchmal nicht einmal mehr das. Weiß jemand warum dieser plötzliche Stilwechsel erfolgt? Hat dies einen dramaturgischen Grund? Steht da irgendwas in Eurer Interpretationssekundärliteratur, was Joyce damit sagen will?
Schliesslich haben nicht mal die Personen und Szenen gewechselt von Kapitel 4 zu 5.

Genau!!! Das ist bei jedem Kapitel so. Jedes Kapitel verwendet eine andere Stilform, die teilweise die Handlung unterstreicht. Teilweise ist das wirklich bis ins Extrem getrieben, wie im 14. Kapitel.

Gilbert-Schema:
Szene - Bad
Stunde - 10.00
Organ - Genitalien
Kunst - Botanik, Chemie
Symbol - Eucharistie
Technik - Narzissmus