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Sprache und Sein

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Kübra Gümüşay beschreibt wie Sprache unser Denken prägt und unsere Politik bestimmt.

„Ein beeindruckendes Buch, poetisch und politisch zugleich.“ Margarete Stokowski

Dieses Buch folgt einer Sehnsucht: nach einer Sprache, die Menschen nicht auf Kategorien reduziert. Nach einem Sprechen, das sie in ihrem Facettenreichtum existieren lässt. Nach wirklich gemeinschaftlichem Denken in einer sich polarisierenden Welt. Kübra Gümüşay setzt sich seit langem für Gleichberechtigung und Diskurse auf Augenhöhe ein. In ihrem ersten Buch geht sie der Frage nach, wie Sprache unser Denken prägt und unsere Politik bestimmt. Sie zeigt, wie Menschen als Individuen unsichtbar werden, wenn sie immer als Teil einer Gruppe gesehen werden – und sich nur als solche äußern dürfen. Doch wie können Menschen wirklich als Menschen sprechen? Und wie können wir alle – in einer Zeit der immer härteren, hasserfüllten Diskurse – anders miteinander kommunizieren?

208 pages, Hardcover

First published January 27, 2020

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About the author

Kübra Gümüşay

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624 (11%)
2 stars
110 (2%)
1 star
26 (<1%)
Displaying 1 - 30 of 347 reviews
Profile Image for Semjon.
634 reviews324 followers
April 14, 2022
Ich fange mit dem Positiven an: Das Buch von Kübra Gümüsay behandelt interessante Sachverhalte rund um die großen Themenbereiche Soziologie und Sprachwissenschaft. Wer macht die Sprache? Wer gibt sie vor? Woher kommen die Neuschöpfungen an Wörter? Wer benennt andere Menschen und wer befindet sich nur in der Rolle des Benannten? Die Sprache der Autorin ist klar und flüssig, sie umnebelt sich nicht mit Fachbegriffen, so dass das Buch gut geeignet ist für Einsteiger/innen zu diesen Themenkomplexen. Wo bestimmte Sachbücher über Rassismus und sprachlicher Unterdrückung pauschalisieren, versucht sie durchaus reflektiert und situationsabhängig zu argumentieren, z.B. bei der Frage einer weißen Person nach der Herkunft eines Gegenüber, welcher offensichtlich andere Wurzeln hat.

Gümüsay brachte auch manche Aspekte zur Sprache, die ich vorher noch nie unter ihrem Gesichtspunkt betrachtet hatte. Mir fällt da insbesondere das Beispiel der dummen Gauland-Aussage über Jerome Boateng ein: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“ Rassistisch, keine Frage. Aber warum nehmen TV-Sender diese Aussage auf, führen Straßeninterviews durch, in dem sie Menschen die Frage stellen, ob sie gerne Boateng als Nachbarn hätten? Fragen ehemalige Nachbarn Boatengs, wie es denn so war, als Nachbar mit ihm. Man nimmt die Sprache der Rechten auf, versucht sie satirisch zu bearbeiten, aber hält dadurch die rassistische Aussage immer wieder in den Köpfen der Menschen präsent. Sprache beeinflusst tatsächlich unsere Wahrnehmung.

Im Grunde kann man aber sagen, dass das Buch nicht viel Neues bietet, trotz einer Buchtitel-Verpackung, die an ein philosophisches Essay erinnert. Kernaussage ist: habt euch mehr lieb, respektiere die Andersartigkeit deines Mitmenschen, seid tolerant, seid weltoffen und überlegt ab und zu mal, was ihr so unbedacht zu anderen Menschen sagt. Finde ich alles richtig und wichtig. Könnte aber auch so von Pater Anselm Grün kommen. Die Autorin nennt die Probleme, aber hat keine konkreten Ideen, wie eine Lösung geschafft werden kann. Gegen Ende wird es dann nebulös, wenn die Forderung nach einem Raum für eine neue Sprache gestellt wird. Schön, Problem erkannt, aber wie soll dieser Raum aussehen? Wie lässt sich Sprache verändern, wenn die Bereitschaft bei einem Großteil der Bevölkerung dafür fehlt, wenn man überhaupt nicht verstehen kann, warum es in feministischen Kreisen jetzt einen Streit über Binnen-I und Gender-* entsteht?

Die Forderung nach einem Wegfall von Kategorisierungen und Pauschalisierungen ist verständlich, aber die Missachtung dieses Gebots allzu menschlich. Da ist auch die Autorin nicht gefeit vor, denn nachdem sie sich in mehreren Passagen dafür stark gemacht hat, dass sie als Kopftuchträgerin in Talkshows nicht für ALLE Frauen mit Kopftuch sprechen kann, schreibt sie über die Polizei: "Damals konnten die Beamten mit dem Internet noch viel weniger anfangen als heute." Dieser Satz stellt für mich fast alles in Frage, was sie sich so mühsam auf den ersten 100 Seiten aufgebaut hat. Kein Beamter ist so dumm, dass er über einen Zeitabschnitt noch weniger weiß, wie zuvor. Keine Berufsgruppe hat es verdient, pauschal so diskriminiert zu werden. Und warum gendert sie nicht diesen Satz, wo sie doch versucht bei allem Positiven das generische Maskulin nicht gelten zu lassen und konsequenterweise über Beamt*innen ihre Aussage treffen muss? Und so gab es auch noch weitere Beispiele, wo ihr Blickwinkel sehr verengt ist.
Profile Image for Meike.
1,473 reviews2,307 followers
May 6, 2020
...and THIS is how you write a popular science book about language and its political implications. Kübra Gümüşay is the granddaughter of Turkish immigrants to Germany, she has studied political science in Hamburg and London and is now working as an author, speaker and activist. Her bestseller "Sprache und Sein" ("Language and Being") discusses how language shapes our perception of the world and of ourselves and how public discourse emerges and transforms - especially focusing on the way right-wing forces have managed to hijack the public agenda via social media and outrage tactics.

What I particularly enjoyed about the book is that while it is accessible to people who are new to language theory, those of us who have been studying Derrida, Foucault, Benjamin etc. pp. will also find a lot to like and think about - it's an intelligent book written in a very clear, precise language that allows the thoughts to stand bare, without being covered by an excessive amount of specific jargon or complicated sentence structures. That's the kind of writing a non-fiction author can afford when the content is strong enough to shine. Granted, many ideas will sound familiar to people who have studied languages and/or literature, but the way Gümüşay applies them to our current situation, how she makes connection to her own multi-lingual experience and how she refers to writers and thinkers from different eras to make herself clear, among them Ta-Nehisi Coates and James Baldwin, is captivating and a joy to read.

Gümüşay adresses many dire experiences of people who do not look like the German stereotype and thus have to endure endless questioning, who are cornered into representing a whole group of individuals ("women wearing a headscarf"), who are gaslighted and humiliated by insane public discussions (e.g. the question whether white Germans would like to live next to soccer star Jérôme Boateng, a black German - yes, this discussion was successfully started by the extremist party AfD). We can use language to defend our society against extremism, to raise awareness about intersectionality and injustice, and the author makes some suggestions regarding how to do that.

"Hate is no opinion", writes Gümüşay. One of her camapigns is #organisierteliebe (#organizedlove), to counter the hate on the internet - you can hear her talk about it here. If you want to learn more about the book, you can listen to our new podcast episode (in German) here.
Profile Image for Friederike.
390 reviews107 followers
June 28, 2020
Lesen! Lesen! Lesen! Lesen! Lesen! Lesen!
Bis dato wichtigstes Buch in 2020 für mich.
Was ich gelernt habe:
• Hass ist keine Meinung, aber wir haben es der AfD erlaubt zu sein.
• Islamophobie -phobie allgemein - ist keine gute Bezeichnung, weil sie die gedankliche Einstellung verharmlost. Nennt es -feindlichkeit, weil das ist es.
• Wir sehen manche Mauern nicht, weil wir nie gegen sie gelaufen sind. Das heißt aber nicht, dass es sie nicht gibt.
• Wir entmenschlichen mit Prinzip.

Und es gehört noch so viel mehr dazu. Melde mich da nochmal genauer.
Profile Image for leynes.
1,083 reviews2,930 followers
May 6, 2021
Hmmm. I seem to be in the minority here but Gümüşay's book didn't really do anything for me. It wasn't bad by any means, and all in all, I agree with her core message, however, it didn't put ANYTHING new on the table, and so I have to wonder whether this book was really necessary??

I have voiced my frustrations with the discourse on racism (and other forms of discrimination) here in Germany, as we seem to go round in circles. We are moving nowhere. All sides are clear, their arguments voiced through various channels and people. And now Gümüşay is adding her voice to the choir. And I am, quite frankly, tired. Tired of hearing the same arguments (most of which I wholly agree with, don't get me wrong!), tired of hearing a long litany of problems, with no solution in sight, except for a lukewarm "we all need to love each other more" and "empathy and respect are sooooo important". YOU. DON'T. SAY?? Who would've thought.

I know I sound bitter, and I probably am, and I shouldn't let it out on Gümüşay, since she wrote a perfectly fine book, but it's a book I wouldn't recommend to anyone who has even remotely engaged in discussions surrounding racism, privilege, othering, and other connected topics. Sprache und Sein offers no new perspectives—which I find all the more confusing, since Gümüşay herself stresses that "new stories" aren't really necessary since every-fucking-thing "is already known":
Es haben sich schon so viele nackt in die Mitte gestellt, ihre Wunden gezeigt und wurden dafür verhöhnt. Es braucht keine neuen Geschichten, es ist alles bekannt. Der Hass ist für alle sichtbar, sie müssen nur hinsehen.
Like, YES GIRL! 100%. But doesn't that render your own work redundant? Anyways, I wouldn't have picked this book up for myself, since I already suspected that it wouldn't teach me anything new (and educating myself is the main reason why I pick up nonfiction), and because there have been some allegations against this author in regards to certain anti-Kurdish statements that she made in the past, and her support of Erdogan. The situation seems quite diffuse and she has apologised, so do with that information what you will (aka: please research it for yourself). But I got this from my mom's friend (who is my friend by extension) as a late birthday present, and so I had to give it a go.

Judging from the title, which would translate as "Language and Being", I was expecting a much more linguistically driven book. And it definitely started out that way. In the first chapter, Gümüşay compared different languages across various linguistic dimensions, e.g. she mentions that certain languages like Finnish, Turkish and Indonesian don't use gender-specific pronouns. She then poses the question if this circumstance has an effect on how people who grow up with these languages perceive gender. And there is some evidence which suggests that for these native speakers the gender of a person isn't as important when they're reading a text or having a conversation, which I find fascinating. However, it doesn't have a direct influence on the role of women in these various cultures. Gender-neutral language isn't a cure for sexism, but I don't think any of us expected that.

When it comes to discussions about gender-neutral or gender-inclusive language, e.g. in German, the discussion about no longer using generic masculine nouns and pronouns (that phenomenon is a bit hard to explain since English, with a few exceptions, works differently in this regard; but when you're referring to a group of people, let's say teachers, there are two different words in German, depending on whether the group consists of only male teachers (then the word would be "die Lehrer") or only of female teachers (then it would be "die Lehrerinnen") ... however, if the group would consist of one male teacher and 99 female teachers you would still use the masculine noun "Lehrer"), that discussion is more about inclusion, and how language shapes what (and how) we perceive. Studies show that when filling out a questionnaire, women were more often omitted in answers when the questions were asked with a generic masculine (e.g. "Who are your favorite actors?") as opposed to questionnaires with gender-inclusive questions (e.g. "Who are your favorite actors and actresses?").

In the first chapter, she also mentions the Pirahã people, indigenous people of Amazonas, Brazil, who live in isolation along the Maici River. Their language has no words for numerals, except for "one", "two" and "many". They also have no concept of and words for past in their language. It's clear that they perceive the world very differently from people who grew up in languages in which counting (from one to a hundred, or one to one hundred thousand) is the most natural thing, and talking about past events is possible. However, Gümüşay only scratches the surface here, since these considerations aren't the main focus of her essay. [Which is so fucking sad because I find this topic - comparing languages and analysing and researching how differently they impact people's sense of self and reality – soooo interesting, and I would've loved this book considerably more had it focused more on that.]

But instead of losing her breath on linguistic cross-examinations of phonology, morphology, and syntax, Gümüşay focuses, in the remaining chapters of her book, solely on semantic and pragmatic questions, namely how othering and labelling the marginalised are tools for racism and oppression. Yawn. Again, I apologise for being so bitter, but like I said: books, articles, talks have been done on this topic to the thousands. There was nothing new that Gümüşay could bring to the table. And so, unsurprisingly, she didn't. She spends the rest of the book showing mechanism of discrimination, and how they are tied in with the language we use, e.g. terms such as "Flüchtlingskrise" ("refugee crisis" ... which is problematic because it implies that refugees are the problem) or "Islamophobie" ("islamophobia" ... which is problematic because it's ableist).

She examines who gets to speak in German discourse, who has interpretive dominance, power, and authority (= white men, and women by extension). How this leads to a hierarchal structure that disadvantages all that are not on the top. A structure in which people with power are seen as individuals, and everybody else as a collective. And to all of that I have to say: I know. We all know. We have been riding this horse to the death.

And I think the reason why this book "bothered" me so much is the fact that I couldn't shake the feeling that Gümüşay really thought she was doing something here, when in fact she was just rehashing well-known arguments, and wrapping them in beautiful language. And, more often than not, oversimplifying and generalising them, which was frustrating af as well. And the fact that she provides the corny solution of LOOOVE being the only way to overcome all of this (...what about systemic solutions for systemic problems, buddy?), was just the cherry on top.

But to maybe end on a more positive note (because again, it's not a shit book ... it's just kinda redundant), here are three things that I actually LEARNED or learned to consider from a new perspective through reading her book: 1) the importance of Thilo Sarazzin's racist af book Deutschland schafft sich ab (2010), and how it marked a shift in German society in regards to what and how it's possible to talk about BIPOC and racism, with little to no consequences. I was too young when the book was first published to have understood the scope of it back then, but in retrospect, it makes a lot of sense. 2) She mentions the Palestinian poet Ghayath Almadhoun, with whom I was wholly unfamiliar with before reading this book, and now I want to check out one of his collections. Ha! And 3) she mention a study by Monitor which analysed all political talk shows from ARD and ZDF in 2016, and I didn't know that over half (!) of those shows had topics such as refugees, refugee policies, Islam, and terrorism etc. as their focus. I know that the media plays a huge role in how we perceive certain "problems", but it's good to have some hard data to back this up!

So, all in all, don't be put off by my minor rant if you planned on picking up Sprache und Sein. Depending on how deep you are into learning about racism and other forms of discrimination, you might take a lot from this book. Otherwise, it doesn't hurt to hear some arguments for the second – or 100th – time. Cheers! ;)
Profile Image for Lea.
830 reviews170 followers
June 9, 2020
Spätestens beim Foucault Zitat wusste ich, dass ich und das Buch keine Freunde mehr werden würden (die deutschen Intellektuellen und ihre schreckliche Poststrukturalismus Obsession...).

"Sprache und Sein" ist eine Aneinanderreihung von Zitaten von Schriftstellern und anderen schlauen Leuten auf der einen und Anekdoten der Autorin und anderen Menschen auf der anderen. Die Themen sind lose miteinander verknüpft Dabei wird einem das Gefühl vermittelt, es gäbe eine "These", die jedoch nur impliziert ist und nie direkt ausgesprochen wird.

Ich frage mich , was genau diese These sein soll: Dass Sprache einen Einfluß auf unser Wahrnehmen hat? Geschenkt. Dass eine fehlende Vorsicht mit dem Umgang zur Sprache negative Konsequenzen haben kann? Ja, natürlich. Dass die Deutsche Sprache und die unvorsichtige Nutzung von ihr gerade sowieso Benachteiligte schädigt? Glaub ich auch. Aber das Buch gibt keine Argumente, das Buch stellt keine klar kritisierbaren Analysen, sondern es erzählt einfach so. Aus "dem Herzen".

Das ganze las sich wie eine Pflichtessay einer 1er Schülerin, und war für mich stilistisch wirklich nur schwer auszuhalten. Vielleicht gibt das Buch ja ein paar Leuten, die noch nie über die Verknüpfung von Sprache und Gesellschaft nachgedacht haben, ein paar Denkanregungen; das will ich nicht ausschließen. Es war einfach nicht mein Buch.
Profile Image for Cule.Jule.
75 reviews56 followers
February 14, 2022
https://www.youtube.com/watch?v=xT_Jn...

Kapitel um Kapitel auf 187 Seiten greift die Autorin die Bedeutung von Sprache für unser Denken und für die Gesellschaft auf. Ihr Schreibstil ist dabei sehr modern und liest sich angenehm und flüssig. Den Aufbau des Buches mochte ich sehr, denn schrittweise geht Kübra Gümüsay auf die Fragen: "Was kann Sprache in uns auslösen?", "Was für Auswirkungen hat Sprache überhaupt auf unser Sein und auf andere Menschen?" und "Wie beeinflusst uns die Sprache auf die Welt und auf unsere Einstellung?" ein. Abwechselnd greift sie auf ihre eigenen Erfahrungen, den Beispielen aus ihrer Umgebung und ihrer Recherche zurück, um die Kernpunkte zu erläutern und Antworten auf die Fragen zu finden.

Wer sich hoffentlich schon länger mit dieser wichtigen Thematik beschäftigt hat, wird nach Beenden der Lektüre definitiv noch neue Erkenntnisse für sich mitnehmen.

Ein Buch, das den Leser zum Innehalten und Nachdenken einlädt und die Sichtweise des Lesenden verändern wird.

Absolute Leseempfehlung.
Profile Image for Annenas.
61 reviews5 followers
March 25, 2022
Vor einer halben Ewigkeit gelesen, geliebt und großen Bammel vor der Rezension gehabt. Wie soll ich dieses großartige Sachbuch gescheit rezensieren?

Als ich „Sprache und Sein“ von Kübra Gümüşay im Bloggerportal angefragt habe, wusste ich eigentlich, auf was ich mich da einlasse. Anfang 2021 habe ich das Hörbuch dazu bereits gehört und mir war sofort klar: Das brauche ich unbedingt auch in gedruckter Form in meinem Regal. So klug, so treffend.

„Sprache und Sein“ dreht sich – wer hätte es ahnen können – um die Themen Sprache und Sein. Doch hinter und zwischen den Begriffen steckt so viel mehr, das Kübra Gümüşay in ihrem Buch aufdeckt und miteinander verwebt. Ich gebe euch zumindest mal einen kleinen Vorgeschmack: Benannte und Benennende, Bürde der Repräsentation, ewige Dankbarkeit und „Gast“-sein, Andersartigkeit, Sprache als Existenzräume, Zugehörigkeit, Rechtsextremismus und Hass ist keine Meinung, Absolutheitsglaube (zu denken, dass man einen Menschen in seiner ganzen Komplexität verstehen kann) und die Verantwortung der Medien - und eben viel, viel mehr.

„Wir, die Fremden, wachsen auf in einer Sprache, in der wir als Sprechende nicht vorgesehen sind. In einer Sprache, in der unsere Perspektiven nicht vorkommen, sondern nur die Perspektiven derer, die über uns sprechen. In deren Macht es steht, uns zu kategorisieren, zu markieren, auszusortieren.“ (S. 42).

Zu vielem habe ich mich mit einer Freundin ausgetauscht, mit der ich schon öfter Gespräche über Erfahrungen geführt habe, die sie oder ihre muslimischen Freundinnen machen mussten. Sie konnte sich in alldem so gut wiederfinden und war froh, dass Kübra Gümüşay Worte für das gefunden hat, was in ihr vorging und sie selbst erlebt hat. Wie wertvoll! Und da geht es eben genau *nicht* um meine Meinung, sondern um die der davon betroffenen Personen. Daher mache ich den Mund zu und lasse ihr Wort stehen.

Auch sprachlich war es ein Genuss. Ich erlebe selten, dass ein Sachbuch nicht nur informativ und gehaltvoll daherkommt, sondern auch so viel Freude bereitet zu lesen. Ich habe es von vorne bis hinten geliebt.
Profile Image for Esther Niffenegger.
124 reviews4 followers
March 3, 2021
Der Titel "Sprache und Sein" ist irreführend

Ich bin der Autorin dankbar für die erneute Sensibilisierung auf die Thematik und anerkenne die Herausforderungen der Autorin, welche sich erlebt hat und noch immer erlebt.

Am Anfang beschreibt Kübra Gümüsay eine Szene am Meer um ein türkisches Wort zu erklären, für das es keine deutsche Übersetzung gibt. An diesem Beispiel wird deutlich, wie Sprache unsere Wahrnehmung verändert. Dieser Einstieg hat mich berührt und neugierig gemacht. Aber leider hat die Autorin diesen eingeschlagenen Pfad danach verlassen.

Der Titel "Sprache und Sein" ist aber irreführend. Das Buch erzählt mehrheitlich von rassistischen Alltagserfahrungen in Deutschland. Diese Situation kann ich als Schweizerin nicht beurteilen und es fehlen mir wissenschaftliche Erklärungsansätze, die ihre Aussagen untermauern. Ich weiss nicht, ob ich dem Text wirklich trauen kann.

Die Autorin ist der Meinung man solle die Kategorisierungen vergessen ich hatte beim Lesen mehrmals das Gefühl, dass sie selber auch nicht davon befreit ist.
Profile Image for Tobias.
185 reviews8 followers
February 17, 2021
Ich bin an dieses Buch mit bestimmten Erwartungen herangegangen, deren Nichterfüllung kurz für Irritation gesorgt hat. Es geht hier nicht um Sprache an sich, sondern eher um Diskurs - wie kann man miteinander sprechen in einer Zeit, in der durch veränderte Kommunikationskanäle immer härtere Fronten entstehen, Polarisierung zunimmt, und manchen Menschen dabei gar nicht erst die Redeerlaubnis erteilt wird, während aber viel über sie geredet wird.
Diesem Problem widmet sich das Buch mit Hilfe vieler persönlicher Erzählungen, Erfahrungsberichten und Beispielen aus der Medienwelt und macht das Thema so weniger wissenschaftlich, dafür aber sehr publikumswirksam und aktuell sichtbar und greifbar. Was - vielleicht - an Tiefgang fehlt wird durch Kurzweile wieder gutgemacht.
Profile Image for Anna.
20 reviews4 followers
May 31, 2021
Der Buchtitel "Sprache und Sein" löst Erwartungen nach sachlich-nüchterner/ philosophisch-linguistischer Analyse aus. Diese kann Kübra Gümüşay aufgrund ihrer Lebensgeschichte nicht erfüllen. Sie ist keine Sprachwissenschaftlerin, sondern engagierte Journalistin und Betroffene. In dieser Eigenschaft legt sie jedoch den Finger in die Wunde von alltäglich vorkommendem Rassismus, Sexismus etc. und benennt diese weitgehend noch immer offen oder verdeckt tolerierten Missstände intellektuell sehr einprägsam. Im zweiten Teil muss man sich allerdings damit abfinden, dass die Autorin die Metaebene verlässt und die biographische Komponente überwiegt. Insofern ist der Titel vielleicht weder zutreffend, noch irreführend.
Profile Image for Jenny-007.
11 reviews1 follower
January 28, 2020
„Die Anforderung in jeder Situation ‚vorbildlich’ zu handeln, makellos aufzutreten, durchdringt unseren Alltag und nimmt uns die Menschlichkeit. Denn erst unsere Makel und Eigenarten machen uns zu Menschen“. Jedes einzelne Wort in diesem Buch möchte hinausschreien.
Kübra Gümüşay schreibt in „Sprache und sein“ von all den Hürden, die sie im Laufe ihres Lebens erleben musste, weil sie oft nur Repräsentantin einer Gruppe und selten sie selbst sein konnte, weil sie für viele oft nicht mehr war als als ein Objekt im Käfig. Jemand, über die man redete, die man bewertete, ohne sie selbst sprechen zu lassen. Bis sie sich dieses Recht nahm.
Klug und empathisch beschreibt sie, was für ein Privileg es ist, in einer Sprache lachen, weinen, denken, sprechen und in ihr zuhause sein zu dürfen und was dies bedeutet, nicht nur für einen selbst, sondern für all die anderen, die es ihr und vielen anderen absprechen, in dieser Sprache zuhause sein zu dürfen.
„Sprache und sein“ ist ein Plädoyer dafür, eine gemeinsame Sprache zu sprechen. Eine Sprache, in der die Individualität und Komplexität der einzelnen Menschen anerkannt wird. Denn, wie Kübra schreibt: unsere Makel und Eigenarten machen uns zu Menschen, nicht die Schublade, in die wir gesteckt werden. Die Schubladen, in denen wir stecken, werden nie all unsere Individualität aufzeigen können und das gilt es immer wieder deutlich zu machen. Auf, dass jedes „Stellen Sie sich vor...“ in diesem Roman die Perspektiven und Herzen der Leser*innen erweitert.
Profile Image for Emma.
488 reviews20 followers
June 6, 2021
Wow, wow, wow, wow.
Wie kann es sein, dass ich einen Master in Linguistik und einen Bachelor in Psychologie habe und nach all den vielen Seminaren und Vorlesungen zum Thema, nach meinen Auslandssemestern und Erfahrungen als Ausländerin, als Fremde, als Andere, mich so fühle, als hätte mir jemand dieses Buch über den Kopf gezogen? Ich bin betroffen.

Aber vor allem habe ich gelernt. Dieses Buch ist so lehrreich - auch wer noch nie mit Sprachtheorie oder Sozialpsychologie in Berührung kam, vielleicht dann umso mehr. Weil man unvorgenommener dran geht und nicht schmerzhaft erkennen muss, wie klinisch, wie distanziert all diese Bildung war.
Dieses Buch ist voller kluger Zitate, es lässt so viele Menschen zu Wort kommen. Kübra Gümüşay erzählt immer wieder von eigenen Erfahrungen und ordnet so ein, aber vor allem fordert sie. Von uns allen, die es lesen.

Ich habe gar keine richtigen Worte für ein Review. Nur: lest dieses Buch. Kauft es euch, lasst euch darauf ein, streicht die Sätze an und nehmt sie euch zu Herzen.
Ich kaufe mir jetzt erst mal mein eigenes Exemplar, weil dieses gelesene geliehen war, aber die Worte in "Sprache und Sein" mich nicht loslassen.
Profile Image for Fernwehwelten.
313 reviews194 followers
June 7, 2020
„Eine Frau mit Kopftuch, die an einer Schule putzt, führe zu keiner Grundsatz-Debatte. Eine Frau mit Kopftuch, die an einer Schule unterrichten möchte, werde hingegen als ein Problem empfunden.“ – Kübra Gümüşay gemäß El-Mafaalani in „Sprache und Sein“
Als ich dieses Buch zur Hand genommen habe, hatte ich Erwartungen, für deren Höhe ich nicht einmal den genauen Grund kannte. Andere Rezensionen, die dafür die Verantwortung hätten tragen können, hatte ich nicht gelesen. Da war nur dieses Gefühl, dass dieses Buch irgendetwas in mir auslösen würde. Und ich wurde nicht enttäuscht. Im Gegenteil.
Wer heutzutage mit offenen Augen durch die Welt geht, kommt nicht umhin, die durch Diskriminierung entstehenden Missstände zu bemerken – selbst, wenn man davon, wie in meinem Fall, glücklicherweise nicht direkt betroffen zu sein scheint. Doch das Werk von Kübra Gümüşay gab mir einen neuen Blickwinkel und machte deutlich, was eigentlich jedem klar sein sollte: Diskriminierung geht uns alle an. Wir alle gehören zu dem dunklen Spinnennetz, dass sich manchmal deutlicher, manchmal weniger deutlich durch die Gesellschaft zieht. Wir sind es, die im Bezug darauf jeden Tag Entscheidungen treffen – es aber vielleicht nicht einmal bemerken. Kübra Gümüşay hat sich mit ihrem Werk geradewegs in mein Herz geschrieben, hat Hebel in Bewegung gesetzt, Gedanken und Gefühle angestoßen, von denen ich im Nachhinein beinahe enttäuscht bin, dass ich sie nicht schon zuvor hatte. Mir wurde bewiesen, dass auch offene Augen blinde Flecken tragen können. Aber jetzt habe ich das Gefühl, ein Stück weit klarer zu sehen. Und ich wünschte wirklich, ich könne dieses neue Sehvermögen auch jedem anderen mit auf den Weg geben. Jeder Mensch, mit dem ich mich in den letzten Tagen unterhalten habe, durfte bereits von diesem Buch erfahren. Die Botschaften, die auf diesen Seiten zu finden sind, sollten nicht nur gelesen werden: Sie MÜSSEN gelesen werden. Dieses Buch lehrt einen so viel… Toleranz und Akzeptanz, Nächstenliebe, Verständnis, Bewusstsein und Offenheit. Und ich hoffe, dass ein paar von euch sich ebenfalls zwischen diese Seiten wagen, um zu hören, was Kübra Gümüşay zu sagen hat.
Profile Image for Anka Räubertochter.
889 reviews38 followers
November 3, 2022
Ehrlich, ich wollte dieses Buch lieben! Niemand findet es schlimmer als ich, dass es sich als ein Flop entpuppt hat...

Ich habe mit einer Freundin, die durch mich auf dieses Buch aufmerksam geworden ist, gestern schon etwas über unsere Meinungen zum Buch diskutiert.
Einigkeit bestand dabei allein darin, dass wir "Sprache und Sein" schlecht gegliedert fanden, da oft scheinbar zusammenhangslos von einem Thema zum nächsten gesprungen wurde.

Inhaltlich fand sie das Buch aber insgesamt gut, allerdings hatte sie bisher noch keine andere Bücher in diese Richtung gelesen.

Ich habe aber schon einige der Bücher gelesen, auf die Kübra Gümüşay Bezug nimmt bzw. aus denen sie teilweise wörtlich zitiert und Ansätze übernimmt. Und genau darin lag für mich das Problem. Fast alle Inhalte wurden meiner Meinung nach bloß wiedergekäut, ohne irgendeinen Mehrwert zu bieten, da keine Vertiefung stattfindet.

Sauer aufgestoßen ist mir auch, dass Meinungen oft als Fakten dargestellt wurden, wobei die Autorin dies bei anderen natürlich selbst kritisiert. Auch manche Vergleiche haben für mich nicht funktioniert.

Ich glaube, als Podcast hätte es mir besser gefallen und ich hätte die Oberflächlichkeit verzeihen können.

Ich würde das Buch auch nicht als Einstiegslektüre empfehlen, da man meiner Meinung nach besser gleich zu den zitierten Büchern greifen kann.
Profile Image for Frank.
432 reviews65 followers
February 18, 2021
Ich gebe zu, ich stehe ratlos vor diesem Buch. Was soll ich dazu sagen? Sachlich ist zu kritisieren, dass es den Anspruch des Titels und der einführenden Passagen nicht einlöst. Es geht nicht um Sprache, sondern höchstens um die Art, wie über Fremde gesprochen wird. In dieser Hinsicht sind viele Eindrücke über - so scheint mir - alle durch Machtverhältnisse der unterschiedlichsten Art hervorgerufenen Einschränkungen und Betroffenheiten versammelt. Das scheint "rote Faden" zu sein. Allerdings fehlt das aus meiner Sicht wichtigste, weil uns alle (!) in Knechtschaft zwingende Kapitalverhältnis. Deshalb spielt "Klassimus" keine Rolle. Das Unecht, das die Gesellschaft in ihrer ökonomischen Verfasstheit auch weißen - und womöglich noch - Cis- Männern (!) antut, fällt unter den Tisch, denn das ist ganz offensichtlich nicht das Problem der Autorin, die als Journalistin auch privilegiert ist, jedenfalls kein Hartz IV bezieht. Aber das reflektiert sie nicht. Damit soll die Berechtigung des vorgeführten Betroffenheitsdiskurses nicht in Frage gestellt, aber seine Relevanz relativiert werden: Das Buch verbleibt insofern an der Oberfläche, als es Vieles (richtig) beschreibt, aber nur wenig halbwegs einsichtig erklärt. Ist das alles vom Himmel gefallen? Resultiert es wirklich nur aus den moralisch- patriarchalischen Unvollkommenheiten der deutschen weißen Cis- männlichen- Mehrheitsgesellschaft gegenüber dem Weiblichen und Fremden? Nach der Lektüre denke ich, ja, das ist die einzige Erklärung, die angeboten wird. Sie taugt aber nichts. Moralische Appelle haben wir in Sonntagsreden aller Art schon genug.
Aber ratlos macht mich das Buch auch aus einem Aspekt, der mich gleichzeitig traurig macht: Warum müssen Menschen von dem, was das Buch beschreibt, überzeugt werden? Eigentlich wären die Folgerungen, also das, was die Autorin fordert, doch völlig einsichtige und absolut nicht zu bestreitende Lebensmaximen. Der Wert des Buches bestünde also darin, eindrücklich zu zeigen, wie weit wir von einer Normalität entfernt sind, die ich für mich allerdings in Anspruch nehme. Ich habe nichts gelernt. Können andere daraus lernen, oder wird das Buch eh nur von denen gelesen werden, die sowieso die Weltsicht der Autorin teilen? Vielleicht stamme ich wirklich aus einer Zeit, in der man Völkerverständigung und Solidarität, Humanität und Aufeinanderzugehen so propagiert hat, dass zumindest ich daran glauben und es verinnerlichen konnte? Ich weiß, spätestens seit Sarazin ist klar, dass ich mit Blick auf die wirkliche Verfasstheit Deutschlands einer Illusion aufsaß. Trotzdem (oder gerade deshalb) muss mich Kübra Gümüsay nicht davon überzeugen. Insofern lief das Buch bei mir ins Leere und ich fand es zunehmend ermüdend. Andere Leser/innen, vielleicht die Jüngeren?, mögen es spannender finden. Wer sich nie für die Befindlichkeiten von PoC und Migrantinnen interessiert hat und das nachholen möchte, dem sei das Buch empfohlen. Alle anderen können es auch beiseite lassen.
Profile Image for Julia.
41 reviews1 follower
February 21, 2022
„Sprache ist mächtig. Und Macht bedeutet Verantwortung.“ - aber wie übernehmen wir diese Verantwortung und wie übergeben wir sie denjenigen, der sie aktuell noch nicht ausreichend und gerecht zugeteilt wird?

In Sprache und Sein geht es um Sprache, deren Wirkung, deren Stärke und Einfluss sowie um die Erfahrungen der Autorin, die sie in diesem Zusammenhang gemacht hat. Es geht außerdem um Sexismus, Feminismus, Fehlerkultur, Rassismus, Extremismus und Faschismus. Ganz schön viel - fand ich. Das Buch ist gefüllt mit anregenden Zitaten, gleicht mehr einem Essay als einem strukturierten Sachbuch und hinterlässt mich etwas zwiegespalten. Einerseits für mich ein sehr wichtiges, durchaus lesenswertes Buch, andererseits ein wilder Haufen an Gedanken, die, ohne ihnen ihre Daseinsberechtigung und Wichtigkeit absprechen zu wollen, etwas mehr Struktur und an der ein oder anderen Stelle einen roten Faden gut gebrauchen könnten, auch wenn die Interdependenzen auch im wahren Leben natürlich nicht immer strukturiert auftreten.

Die ZEIT beschreibt das Buch als „leidenschaftliche Verteidigungsrede kultureller Vielfältigkeit“ und ich finde, dass es das ganz gut trifft. Die Erwartungen an das Buch waren recht hoch, möglicherweise war ich deshalb etwas gedämpft, als die Themen des Buchs nach einem echt spannenden Start etwas zu wuchern begannen und am Ende doch recht weit von dem Punkt entfernt waren, von dem aus man als Leser ins Buch startet. Vielleicht muss das aber auch gar nicht sein und ich sollte mich gerade bei solchen Themen gedanklich von einem Vollkommenheitsansatz distanzieren. Eine wirklich positiv gemeinte 3,5 ⭐️ Bewertung eines Buchs, dessen Hype ich zwar verstehe, aber nicht so richtig gefühlt habe. Ich hoffe, ihr versteht, was ich meine :)
Profile Image for Franziska Nyffenegger.
128 reviews24 followers
December 28, 2020
Ich dachte, in dem Buch gehe es um Sprache, darum, wie Mehr- und Fremdsprachigkeit Weltwahrnehmung bestimmt und was sich wie (überhaupt) sagen lässt – Fragen, die mich auch als Schreibende interessieren. Im ersten Kapitel und an einigen weiteren Stellen geht es denn auch um genau das, doch über weite Strecken ist „Sprache und Sein“ nicht Analyse sondern Pamphlet und das mit meines Erachtens unnötig vielen Redundanzen. Ein schlechtes Buch ist es deswegen nicht und auch kein unnötiges, aber halt nicht das, was ich gerne gelesen hätte. – Irritiert haben mich sich wiederholende Formulierungen wie „Jahre später“ oder „mein ganzes Leben lang“, die bei mir das Bild einer älteren Dame evozieren und nicht das einer knapp über Dreissigjährigen. Vielleicht und vermutlich sind sie aber genau richtig und stimmig, weil sich die zehn oder fünfzehn Jahre, auf die sich Gümüsay bezieht, für sie unendlich lang angefühlt haben müssen. – Fazit: eine schnelle, wenn auch leicht enttäuschende Lektüre.
Profile Image for Julia Bügel.
59 reviews16 followers
January 5, 2022
"Menschen so zu bezeichnen, wie sie bezeichnet werden wollen, ist keine Frage von Höflichkeit, auch kein Symbol politischer Korrektheit oder einer progressiven Haltung - es ist einfach eine Frage des menschlichen Anstands."

Ein Buch, das jeder gelesen haben sollte. Wirklich ausnahmslos jeder.

Ich muss sagen, dass ich auf der theoretischen Seite nichts Neues gelernt habe. Die linguistischen, postkolonialen, feministischen und intersektionalen Ansätze, die Kübra Gümüşay aufgreift, waren mir alle bereits (durch mein Studium) bekannt. Aber darum soll es nicht gehen: Denn es sind vor allem die Geschichten, Erfahrungen und Denkanstöße mit denen sie diese Themen bereichert, die das Buch so wertvoll machen. Gleichzeitig bietet es für Menschen, die sich in diese Themen vielleicht noch nicht so sehr eingelesen haben, eine gute Einstiegsmöglichkeit mit vielen Literaturangaben im Anhang, um sich weitergehend zu informieren.
Profile Image for Janna.
311 reviews247 followers
April 8, 2021
3.5/5: Ich habe irgendwie mehr erwartet. Das Buch hatte in vielen Teilen leider wenig mit Sprache/Linguistik zu tun. Ich stimme mit jeglichen Meinungen der Autorin über ein, deswegen gab es aber auch nicht viel Neues für mich, da ich dieses Wissen schon vorher besaß. Dies heißt allerdings nicht, dass dieses Buch nicht super wertvoll sein kann für jene, die sich noch nicht viel mit Rassismus, Sexismus etc. in Deutschland auseinandergesetzt haben. Kübras eigene Erfahrungen und die ihrer Freund:innen haben diese Eindrücke noch einmal vertieft. Schade fand ich, dass (vor allem) in einem Buch über Gender, eine transphobic Schreibweise für die Beschreibung von trans Frauen genutzt wurde. Da "trans" ein Adjektiv ist, sollte "trans" und "Frau" auch nicht zusammengeschrieben werden.
Profile Image for Yvonne.
109 reviews14 followers
January 21, 2021
In dem Buch “Sprache und Sein” beschreibt Kübra Gümüşay anhand von ihren eigenen Erlebnissen, wie Sprache unser Denken beeinflusst und wie Menschen sich durch die Sprache sichtbarer machen können. Ein wundervolles Sachbuch, das verständlich und dennoch präzise geschrieben ist. In diesem Buch werden auch diverse Ismen besprochen und wie Menschen durch die Sprache auf ihre “Fremdartigkeit” reduziert werden. ⚠️ [CN: S. 60 Suizid]

Bereits der Titel verrät uns, worum es in dem Buch geht. Was Sprache alles kann, wie Menschen Sprache verwenden, unterschiedliche Begriffe in anderen Sprachen, die nicht zu übersetzen sind und schließlich dem Sein. Wie können wir existieren und wie machen wir uns verständlich? Insbesondere, wenn wir zu einer marginalisierten Gruppe gehören. Gümüşay erzählt, wie sie selbst oft als Repräsentantin für eine Gruppe angesehen und dementsprechend behandelt wird. Sie wird ihrer Individualität beraubt. Wenn sie etwas Falsches tut, dann ist das keine individuelle Handlung, dieser Fehler wird dann auf alle ausgeweitet, die ebenfalls Türkisch sind.

Ganz oft habe ich mich selbst wieder entdeckt. Ich habe selbst bemerkt, dass ich mich anders verhalte und mich anders ausdrücke, wenn ich bspw. Englisch oder Kantonesisch spreche. Es ist total interessant zu bemerken, dass ich anscheinend in anderen Sprachen auch andere Persönlichkeiten habe. Für mich war es wie eine kleine Erleuchtung, als ich schwarz auf weiß lesen konnte, wie anstrengend es ist mit anderen Menschen zu sprechen, denen ich quasi erstmal meine Zugehörigkeit beweisen muss. Damit sind Fragen, wie “woher kommst du wirklich?” gemeint. Denn wie Gümüşay schreibt “Neugier ist nicht gleich Neugier.” Wenn eine andere Person mich das fragt, ist es nicht nur reine Neugier. Ich werde dabei inspiziert und der andere Mensch und ich begegnen uns nicht auf Augenhöhe. Deshalb sind Safer Spaces so wichtig. Dort müssen Menschen sich nicht “entkleiden” und interview-mäßig Fragen beantworten. Dort können wir sein.

Ganz oft habe ich mich selbst wieder entdeckt. Ich habe selbst bemerkt, dass ich mich anders verhalte und mich anders ausdrücke, wenn ich bspw. Englisch oder Kantonesisch spreche. Es ist total interessant zu bemerken, dass ich anscheinend in anderen Sprachen auch andere Persönlichkeiten habe. Genauso auch das schwarz auf weiß zu lesen, wie anstrengend es ist mit anderen Menschen zu sprechen, denen ich quasi erstmal meine Zugehörigkeit beweisen muss. Damit sind Fragen, wie “woher kommst du wirklich?” gemeint. Denn wie Gümüşay schreibt “Neugier ist nicht gleich Neugier.” Wenn eine andere Person mich das fragt, ist es nicht nur reine Neugier. Ich werde dabei inspiziert und der andere Mensch und ich begegnen uns nicht auf Augenhöhe. Deshalb sind Safer Spaces so wichtig. Dort müssen Menschen sich nicht “entkleiden” und interview-mäßig Fragen beantworten. Dort können wir sein.

Was mir auch sehr gut an dem Buch gefallen hat: Es wird durchgehend gegendert, es werden viele andere Sprachen genannt, unterschiedliche marginalisierte Gruppen und auch non-binäre Personen, die so oft nicht beachtet werden, werden erwähnt, als es um das Kategorisieren von Menschen geht. Es gibt so viele gute Stellen in dem Buch und ich bin so froh, dass ich es gelesen habe. Ganz große Leseempfehlung!
Profile Image for Natalie Pampelmuse.
76 reviews1 follower
January 9, 2022
Vorab: Dieses wundervolle Buch bekommt eine klare Leseempfehlung meinerseits. Wer es nicht lesen mag, verpasst einiges.

In „Sprache und sein“ beschreibt Kübra Gümüşay, wie sie immer wieder nur als Repräsentantin einer großen, vielseitigen Gruppe, anstatt als sie selbst, als Individuum, wahrgenommen wurde.
Es wurde über sie gesprochen, anstatt mit ihr zu sprechen, womit man ihr ihre Sprache abgesprochen hat, ihre Existenz.

In diesem Buch geht es darum, dass unsere Sprache der Schlüssel zum gegenseitigen Verständnis ist. Klingt logisch, doch nur weil wir glauben, die Sprache des anderen zu beherrschen, bedeutet es noch lange nicht, dass wir einander wirklich sehen und verstehen.

Wie sehr bestimmt die Sprache, die Wahl unserer Worte, aber ebenso das Schweigen und unsere Existenz? Wie sehr kann Sprache ausgrenzen, wie führt sie uns zusammen? Wie drückt Sprache die Macht und die damit verbundene Unterdrückung anderer aus? Mit den Worten von Kübra Gümüşay: „Wie sehr beeinflusst die Sprache unser Wahrnehmen und Denken?“

Dieses Buch hat sich für mich wie nach Hause kommen angefühlt. Obwohl der Inhalt so eindringlich ist und damit die bittere Realität beschreibt, habe ich mich geborgen gefühlt. Ich wurde verstanden. Denn obwohl ich durch mein europäisches Aussehen und meinen Glauben häufig nicht auffalle, so wurde mir von klein auf immer wieder meine Identität abgesprochen. Diese wundervolle Lektüre hat genau dieses Gefühl beschrieben. Es ist ein Privileg mehrere Sprachen zu beherrschen. Doch in manchen Sprachen fühle und empfinde ich anders, als in anderen. Auch wenn Deutsch die Sprache in meinem Alltag ist, so empfinde ich meinen Schmerz in einer anderen.
Die Autorin beschreibt, dass man in der einen Sprache lachen und weinen kann, während die andere das Denken und Sprechen beeinflusst. Es ist jedoch ein Privileg, sich in einer Sprache wirklich zu Hause zu fühlen und verursacht eine Leere, wenn einem genau dieses Gefühl abgesprochen wird.

Dieses Buch hat einen Platz in meinem Herzen gewonnen.
Profile Image for Mathis Sötje.
22 reviews2 followers
February 2, 2022
Solid 4.
Die Autorin schreibt essayistisch und stellenweise poetisch über das Verhältnis von Sprache und Denken, von Sprache und Gesellschaft, Sprache und Politik.
Hierbei geht sie vor allem auf Kategorien in der Sprache ein, die von Privilegierten erschaffen werden und Benannte kategorisieren und damit unfrei machen, aber auch darauf, wie Benannte (mehrsprachige Menschen, deren Muttersprachen nicht prestigeträchtige Sprachen wie Englisch oder Französisch sind, sondern stigmatisierte Sprachen wie Türkisch oder Arabisch) sich in solchen gesellschaftlichen Konstellationen fühlen und in was für drastische Konsequenzen diese Dynamiken resultieren. Weitere Themen sind zB wie extreme Positionen den öffentlichen Diskurs verzerren.
Die Autorin schreibt sehr reflektiert und denkt wissenschaftlich. Sie schlägt vor, freie Diskurse zu führen - unter Einnahme mehrerer Perspektiven, mit ernsthaftem Verständnis und einer Kultur, die Fehler nicht negativ, sondern positiv bewertet.
Profile Image for Sonja.
417 reviews28 followers
May 1, 2020
This was a very good and thought-provoking read on language and how to exist in it if you are in any way marginalized. The author speaks from her background as a second-generation immigrant, as a woman, as a Muslim, and it was absolutely fascinating, sad, and educational. Would recommend!
Profile Image for Wiebke (1book1review).
870 reviews495 followers
February 9, 2021
This wasn't what I had expected to get about labelling language, but a very good and informative book on how labels are used in language and influence our way of seeing the world and labeled people. This also opened a discussion on how labeling people, and thus limiting them to one aspect of their personality, affects the conversations we have. It also looked at public discourse and how this limited and simplistic view shapes the landscape of discussions and opinions. Furthermore pointing out how easy this is used to manipulate public perception of reality.
I can highly recommend this book.
Profile Image for Elena.
695 reviews206 followers
April 14, 2020
"Deshalb können wir gesamtgesellschaftlich den Hass nicht ignorieren. Wir müssen Menschenfeindlichkeit in ihre Schranken verweisen. Wir dürfen sie nicht dulden und zu "Meinungen" erheben, die neue Impulse in die Debatte bringen, sondern müssen sie benennen: Rassismus. Menschenfeindlichkeit. Faschismus. Hass ist keine Meinung."
- Kübra Gümüsay in "Sprache und Sein"

Kübra Gümüsays Buch "Sprache und Sein" öffnet Augen. Es öffnet das Herz des Lesers und füllt es mit Akzeptanz, Toleranz und Offenheit. Bei "Sprache und Sein" handelt es sich um so ein Buch, dessen Inhalt man gerne hinausschreien möchte. Das man gerne jedem in die Hand drücken würde, jedem empfehlen würde. Es ist sprachgewaltig und berührend, sensibilisiert LeserInnen für die Sprache und regt an, sich mehr mit ihr auseinander zu setzen und das auf unter 200 Seiten.

Mir war vor dem Lesen des Buches gar nicht klar, wie hart es für die "Benannten" ist, wie Frau Gümüsay sie bezeichnet, sich dauernd rechtfertigen zu müssen. Zu allem eine Meinung haben zu müssen. Auf den Rassismus, die Ausgrenzung, den Hass reagieren zu müssen.

Das Buch hat eine ganz wunderbare Botschaft. Es ist ein Plädoyer dafür, eine gemeinsame Sprache zu sprechen, die die Individualität und Komplexität aller Menschen zulässt, die in ihr zu Hause sein möchten. Ich bin begeistert.
Profile Image for Dan Richter.
Author 15 books40 followers
November 12, 2020
Aneinanderreihung von Anekdoten und Zitaten anderer Autoren. Was will die Autorin eigentlich? Dass wir nett zueinander sind? Zeigen, dass Sprache durch die Rahmung die Wahrnehmung beeinflusst?
Zu viel Geschwafel, zu wenig Analyse.
Profile Image for Julia.
200 reviews69 followers
September 5, 2021
Definitiv ein gutes Buch, besonders als Einstiegslektüre. Für mich war es aber viel zu oberflächlich, ich hatte mich mit den Themen schon beschäftigt und dadurch war hier nicht wirklich etwas Neues für mich dabei.
Profile Image for Erlesenes.Zerlesenes [Berit] .
117 reviews17 followers
February 25, 2021
Unpopular Opinion
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Auf vielen Blogs und Rezensionsportalen wird „Sprache und Sein“ von Kübra Gümüşay als eines der wichtigsten Bücher aus dem Jahr 2020 gehandelt. Der Klappentext verspricht eine Diskussion über „das Potenzial, das Sprache und Sprechen innewohnt“ – immer in Bezug auf (Alltags)Rassismen, Schubladendenken, Vorurteile und Missverständnisse.
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Unabhängig von meinen nachfolgenden Kritikpunkten ist „Sprache und Sein“ ein enorm wichtiges Buch: Politisch, aufklärend, brandaktuell. Aufgrund seiner klaren Sprache und des flüssigen Schreibstils perfekt geeignet für Einsteiger*innen in die o.g. Themenkomplexe. Kommen wir nun zum berühmten ‚aber‘: Die Gewichtung sprachlicher Aspekte fiel nicht aus, wie von mir erwartet. Von einem Buch mit diesem Titel hätte ich viel mehr linguistische Backgrounds erwartet. Die ersten Kapitel erfüllen diese Prämisse noch, dann allerdings nimmt der wissenschaftliche Anteil immer stärker ab, das (von mir erwartete) Sachbuch las sich mehr und mehr wie ein emotionaler Essay. Die Dringlichkeit und damit auch meine „Okay, krass, danke für den Hinweis“-Momente gingen bis zum Ende nahezu komplett verloren. Meine Erwartungshaltung, über den Zusammenhang zwischen Sprache und internalisierten Rassismen aufgeklärt zu werden und Strategien zu deren Überwindung präsentiert zu bekommen, wurde demnach enttäuscht. Gestört habe ich mich auch an dem repetitiven Charakter einiger Aussagen. Ich _glaube_ verstehen zu können, dass der Autorin die entspr. Themen sehr am Herzen liegen und daher oft wiederholt (also in unser Leserhirn eingehämmert) werden sollten, aber da unterschätzt sie ihre aufmerksamen und wissbegierigen Leser einfach und erzeugte bei mir eher ein genervtes „Ich hab’s verstanden!“. Was ich am meisten vermisste – und was die hochintelligente Autorin sicherlich hätte leisten können – ist der sprichwörtl. nächste Schritt. Das Buch bleibt über lange Strecken hinweg leider sehr oberflächlich. Ein gewisses „Geschmäckle“ kam spätestens an dem Punkt auf, als über Beamt*innen hergezogen und damit genau die Art Pauschalisierung bemüht wird, gegen die die Autorin sich in ihrem Werk so vehement ausspricht. 🤷🏼‍♀️
Profile Image for Marlene.
68 reviews
April 7, 2022
Das Buch zeigt wieder einmal, welchen impact Sprache hat & ist mehr als empfehlenswert für alle die, die immer noch meinen, dass Themen wie „gendern“ und „political correctness“ Quatsch sind.
Hat mir Spaß gemacht zu lesen, gute Beispiele vorgebracht und mein Denken bereichert.
Es ist schwierig für die Problematik konkretere Lösungsansätze zu finden, doch finde ich, dass die Autorin gute Denkansätze liefert und die Problematik ausführlich beleuchtet.
Wirkt jedoch trotzdem nicht belehrend und repetitiv und lässt sich schnell und flüssig lesen.

(Habe die Autorin danach natürlich mal gegoogelt & denke, dass sich an ihr in einigen Aspekten sicherlich Kritik äußern lässt, aber nur auf das Buch bezogen, habe ich wenig zu beanstanden)
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