English summary: We fear nothing more than our very own angst. Our angst however in all its shades is what makes us develop mentally and emotionally. Only angst provokes a stress-reaction process which establishes the precondition for arranging one's life mentally, emotionally and bodily. Gerald Huther presents the latest scientific findings of stress reactions in the biological functions of the brain and gives surprising insights of basic emotional patterns like trust, belief, love, dependence, hate and aggression. Neuronal connection patterns which we learn in our early childhood development and which are structured in our brains create need for love and acceptance and enables us to love more than just ourselves. Psychology and psychoanalysis have drawn their own conclusions from observations and established theories which have been used for diagnosis and therapy. This book supports them on a neurobiological level. The book is a comprehensive read due to various examples given by the author. It opens up a new horizon of human development for laypeople and experts alike. Highly complex issues become evident, vague become concrete and natural science is reconciled with our old idea of the soul.
German description: Nichts furchten wir so sehr wie unsere ureigenen Angste. Und doch sind es gerade unsere Angste in all ihren Schattierungen, die unsere geistige und emotionale Entwicklung in Bewegung bringen. Angst und immer wieder nur Angst bewirkt im Menschen einen Stress-Reaktions-Prozess, der die Voraussetzungen schafft fur die Lebensgestaltung auf geistiger, emotionaler und korperlicher Ebene.Gerald Huther fuhrt die neuesten Erkenntnisse uber die biologische Funktion der Stressreaktionen im Gehirn zu uberraschenden Einsichten uber die Herausbildung emotionaler Grundmuster wie Vertrauen, Glaube, Liebe, Abhangigkeit, Hass und Aggression. Die neuronalen Verschaltungsmuster, die der Mensch in der fruhkindlichen Entwicklung erlernt und in seinem Hirn gleichsam gebahnt hat, schaffen sein Verlangen, geliebt und anerkannt zu werden, und befahigen ihn erst dazu, etwas anderes als sich selbst lieben zu konnen.Die Psychologie und die Tiefenpsychologie haben aus eigenen Beobachtungen Theoriegebaude aufgeturmt und damit diagnostiziert und therapiert. Dieses Buch gibt ihnen eine neurologische Untermauerung. Es ist geschrieben in einer leicht lesbaren Sprache, es erklart in eingangigen Beispielen, weil es uber Fachgrenzen hinweg verstanden werden will. Es gibt jedem, Fachleuten wie Laien, einen neuen Horizont im Verstandnis menschlicher Entwicklung. Hochkompliziertes wird sinnfallig, Vages wird konkret und Naturwissenschaft versohnt sich mit unseren alten Vorstellungen von der Seele.
Eigentlich wollte ich noch einmal Die Grundformen der Angst von Fritz Riemann zur Hand nehmen, da stieß ich im Netz auf ein Vortragsskript von Franziska Geiser, die auf den 63. Lindauer Psychotherapiewochen Riemanns Aussagen an dem aktuellen Stand der Forschung maß. Sie erwähnte Gerald Hüthers Biologie der Angst in ihrem Text und voilá - so landete das Buch in meinem Kindle.
Die Erstveröffentlichung geschah 1997 - somit ist die Biologie der Angst zwar nicht mehr brandaktuell - dafür zeigt sie einen Meilenstein der Gehirnforschung auf. Nämlich dass, was passiert, wenn ein Mensch Angst empfindet, und natürlich auch, warum wir überhaupt Angst empfinden. Dieses Wissen macht die Erkenntnisse der anderen Wissenschaften, allen voran der Psychologie, nicht obsolet, es bildet jedoch ein ordentliches Fundament der Verständnis.
Für Leser, die nicht vom Fach sind, denen sei die Biologie der Angst besonders ans Herz gelegen: Gerald Hüther versteht es meisterlich, verständlich, teilweise poetisch, über die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu berichten. Und er schiebt immer wieder Passagen in kleinerer Schriftgröße ein, in der die Fachleute zu ihrem Recht kommen. Ein sehr umfangreiches Stichwortverzeichnis und - selbstverständlich - ein Literaturverzeichnis runden das Werk ab.
Fazit: Hier ist es einem Wissenschaftler gelungen, Erkenntnisse aus seinem Fachgebiet einem breiten Publikum verständlich und spannend darzulegen. Allein der Preis von 18 Euro für einen Band von knapp 150 Seiten ist aus meiner Sicht, zumal nach 25 Jahren, leicht prohibitiv, obwohl Wissenschaftsverlage hier wohl widersprechen dürften. Aber das ist ein anderes Thema.
Gerald Hüther nimmt die LeserInnen mit in die Welt der (Neuro)Biologie und beschreibt anschaulich die Zusammenhänge zwischen neurobiologischen Prozessen, Entwicklungspsychologie und dem Weg, den wir als Gesellschaft eingeschlagen haben. Das Buch ist ein "must read" für diejenigen, die eine fundierte, aber händelbare Zusammenfassung, einiger relevanter Studien (bis Anfang der 90er Jahre) zum Thema Angst, Trauma, Stress und den damit einhergehenden neuronalen Verschaltungen, lesen möchten.
Doch das Buch ist noch viel mehr als eine wissenschaftliche Abhandlung: Als Advokat für Veränderung, als (vorsichtiger) Wachrüttler beleuchtet Hüther die ausgetretenen Pfade (oder Autobahnen), die wir als Gesellschaft noch immer (und immer mehr?) beschreiten. Der Autor arbeitet mit zwei Erzählebenen: Auf der einen handelt er die wissenschaftlichen Prozesse ab und auf der anderen zeichnet er eine Landkarte der menschlichen Irr- und Abwege. Zu Beginn eines jeden Kapitels regt er mit philosophischen Zitaten zum Nachdenken an, was den Lesefluss noch einmal erleichtert. Besonders informativ ist meiner Meinung nach auch die Legende von Fachausdrücken, die im Buch benutzt werden.
"Wir haben Stressreaktionen nicht deshalb, damit wir krank werden, sondern damit wir uns ändern können. Krank werden wir erst dann, wenn wir die Chance, die sie uns bietet, nicht nutzen." Dieses Zitat aus den Abschlussworten des Autors beschreiben die Kernbotschaft dieses knappen Werkes. Unsere Natur ist nicht dafür da uns zu zerstören, sondern um uns - im wahrsten Sinne des Wortes - zu erlösen. Am Ende bleibt die Frage: Sind wir wirklich bereit für Veränderung? Und wenn nein, warum nicht?